Wir brauchen also, liebe Kolleginnen und Kollegen, nach meiner Auffassung keinen blinden Aktionismus, sondern müssen eine ganz klare Analyse über die Auswirkungen der Finanzkrise haben und wir müssen natürlich auch schauen, wie wir dann die reale Wirtschaft in Sachsen stärken können.
Wir haben als Politik die Aufgabe, dass wir natürlich Wirtschafts- und Arbeitsmarkt nicht schlechtreden dürfen. Aber wir haben auch nicht das Mandat, die Lage schönzureden oder schönzufärben; denn es bedarf vielmehr einer klugen Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik, die auch erwarten lässt, dass man dort differenzierter herangeht und sich genau überlegen muss, an welcher Stelle der Staat mit welchen Summen auch Unterstützungsleistungen zur Verfügung stellt. Deshalb ist es richtig, dass wir auf der Basis des Gutachtens des Sachverständigenrates auf eine konjunkturgerechte Wachstumspolitik setzen und dass wir damit auch gleichzeitig die gesamtwirtschaftliche Nachfragesituation erhöhen. Wir wissen, dass der Freistaat im Moment richtig handelt, dass er Gespräche führt, dass er versucht abzuwägen, ob die Steuergelder bei einer Hilfeleistung richtig angelegt sind. Aber wir dürfen nicht Ursache und Wirkung verkennen und müssen auch die Schuldigen benennen, die für die Krise verantwortlich sind.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist unter Wirtschaftsexperten unbestritten, dass die Finanzkrise im nächsten Jahr eine handfeste Wirtschaftskrise zur Folge haben wird mit möglicherweise massiven Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. Von der größten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten ist die Rede. Deshalb, meine Damen und Herren, müssen wir als Politiker auch alles daransetzen, die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt so gering wie möglich zu halten. Es geht also darum, Unternehmen zu stabilisieren, Arbeitsplätze zu sichern und – ich betone das – neue zu schaffen. Vor diesem Hintergrund ist das Mittelstandsstabilisierungsprogramm der Staatsregierung vielleicht gut gemeint, kann aber wahrlich nicht die einzige Antwort auf das Problem sein.
Wenn wir uns dessen Zustandekommen ansehen, darf man auch skeptisch sagen: Der letzte Beschluss des Haushaltsausschusses Anfang Dezember war nicht einmal 24 Stunden alt, da verkündeten Sie, Herr Prof. Unland, dass die Sächsische Staatsregierung ein Mittelstandsstabilisierungsprogramm auflegen wird.
Nein, meine Damen und Herren, wir haben nichts dagegen, den Mittelstand zu stabilisieren. Ja, wir wollen, dass möglichst viele sächsische Unternehmen die Krise überleben. Aber formal wäre sicher angemessen gewesen, den Haushaltsausschuss zu informieren und auch im Parlament darüber zu befinden; denn die Auflage des Programms ist sicherlich nicht die Privatsache eines einzelnen Ministers oder des Kabinetts. Es gehört schlichtweg ins Parlament.
Meine Damen und Herren! Weiterhin kann es sicherlich nicht nur um Bürgschaften gehen, entscheidend sind Investitionen. Wenn man dabei in die vergangenen Haushaltspläne schaut, dann darf man sich angesichts der Selbstbeweihräucherung der Koalition in dieser Frage schon die Augen reiben, denn die Investitionsquote der Staatsregierung lag im letzten Jahr noch bei 26,1 %; es wurden über 4 Milliarden Euro investiert. 2009 sinkt diese Summe um über eine Milliarde Euro, und das halten wir, meine Damen und Herren, für ein fatales Zeichen angesichts der Krise. Es ist alles andere, nur kein Konjunkturprogramm.
Meine Damen und Herren! Auch uns ist bewusst, dass man auf Landesebene Konjunktur nicht in Größenordnungen ankurbeln kann. Aber es ist schon bemerkenswert, dass Sie sich jetzt von der Linksfraktion vorrechnen lassen müssen, dass mehr möglich gewesen wäre. Unsere Investitionsquote liegt bekanntlich über 22 %.
Meine Damen und Herren! Auch der DGB Sachsen ist der Ansicht, dass das Mittelstandsstabilisierungsprogramm der Regierung allein nicht ausreicht, um der Wirtschaftskrise Herr zu werden. Ich zitiere: „Gerade angesichts der Notlage brauchen die Unternehmen qualifizierte Unterstützung und finanzielle Überbrückungshilfen, die mit
dem vorgelegten Programm der Staatsregierung nicht erreicht werden.“ Auch Sachsen muss etwas für die Stabilisierung der Konjunktur und zur Sicherung von Arbeitsplätzen tun.“
Meine Damen und Herren! Wir sind der Ansicht, dass wir in unserem alternativen Haushalt mit einer hohen Investitionsquote, mit der Förderung der Konjunktur durch Innovation – ich betone: durch ökologische Innovation und Investition – und mit unserem Landesarbeitsmarktprogramm, mit dem wir viele tausend neue Arbeitsplätze geschaffen hätten, die besseren Voraussetzungen zur Bewältigung der Wirtschaftskrise geschaffen hätten.
Meine Damen und Herren! Das alles haben Sie abgelehnt. Dabei wäre ein Landesarbeitsmarktprogramm sicherlich das Gebot der Stunde gewesen. Es ist doch völlig absurd, in dem Moment, in dem Arbeitsplätze wegfallen, auf öffentlich geförderte Beschäftigung zu verzichten. Wann, meine Damen und Herren, wenn nicht jetzt in der Krise, muss man diesen absurden Vorsatz aufgeben, nur Arbeitsplätze im sogenannten ersten Arbeitsmarkt zu schaffen? Gerade jetzt in der Krise brauchen wir öffentlich geförderte Beschäftigung und die Stabilisierung des zweiten Arbeitsmarktes.
Meine Damen und Herren! Noch etwas anderes unterscheidet unseren Ansatz von den anderen Fraktionen: Wir sehen in der mangelnden Binnenkonjunktur, in mangelnder Kaufkraft und Nachfrage eine der wesentlichen Ursachen für die Krise. Es ist viel zu lange auf eine exportorientierte Wirtschaft, moderate Tarifabschlüsse und den Aufbau eines Niedriglohnsektors gesetzt worden. Das fällt Ihnen jetzt auf die Füße. Deshalb sind unsere Forderungen nach einer Erhöhung des Regelsatzes für Hartz-IV-Empfänger, nach Einführung eines Mindestlohnes und nach einer Verbesserung der Renten Instrumente zur Stärkung der Massenkaufkraft und deswegen auch Instrumente zur Bewältigung der Krise.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Inzwischen setzt sich nach und nach zum Glück die Erkenntnis durch, dass es gegenwärtig nicht ausreicht, Maßnahmenpakete allein für die Finanzmarktteilnehmer zu schnüren, sondern vor allem geboten ist, der produzierenden Wirtschaft Hilfestellungen zu geben.
Nachdem diese Erkenntnis sogar innerhalb der Staatsregierung gewonnen wurde, hat das Kabinett ein sogenanntes Mittelstandsstabilisierungsprogramm beschlossen.
Nun ist es natürlich nicht so, dass sich die NPD-Fraktion gegen diese Staatsbürgschaften aussprechen würde, doch warnen wir davor zu glauben, damit hätte man jetzt den strategischen Hebel gefunden, um der gegenwärtigen und drohenden Probleme Herr zu werden. Die NPD-Fraktion befürchtet vielmehr, dass es mit Bürgschaften allein nicht getan sein wird.
Natürlich ist es wünschenswert, dass der Zugang kleiner und mittlerer Unternehmen zu Krediten erleichtert wird. Das ändert nichts am nach wie vor stark unterkapitalisierten Eigenkapitalanteil vieler Mittelständler in Sachsen. Weiter darf nicht vergessen werden, dass die Investitionstätigkeit der mittelständischen Betriebe natürlich nicht allein den Zugang zu Fremdkapital voraussetzt, sondern wesentlich auch von der Auftragslage und der zu erwartenden Geschäftsentwicklung abhängig ist.
Aus diesem Grund ist es nach unserer Auffassung vonnöten, dass der Staat Nachfrageimpulse setzt, und zwar indem er aktiv Konjunkturpolitik bei der Ausweitung seiner Investitionstätigkeit betreibt.
Wenn das aber, was die Staatsregierung in Aussicht stellt, alles sein sollte, dann, meine Damen und Herren von der Regierungsbank, ist das weder Fisch noch Fleisch.
Der NPD-Fraktion drängt sich vielmehr der Eindruck auf, dass Sie sich zwar die Mittelstandspolitik ans Revers heften wollen, aber nach Möglichkeit bestrebt sind zu vermeiden, dafür auch tatsächlich Geld in die Hand nehmen zu müssen. Daher nehmen Sie in Ihrem Programm Unternehmen in Schwierigkeiten gemäß EU-Definition aus und gestehen damit ein, dass Ihr Programm weniger mit dem Blick auf die wirtschaftliche Belebung als vielmehr mit Blick auf eine maximale Minimierung des Bürgschaftsrisikos gestrickt ist.
Zu einem erfolgversprechenden Mittelstandsprogramm hätte neben der nur Ausweitung des Bürgschaftsrahmens nach Auffassung der NPD ebenso eine Ausweitung des Angebots an staatlichem Beteilungskapital gehört. Dies würde insbesondere aus Sicht des Fremdkapitalzugangs auf der Basis von Bankkrediten das staatliche Bürgschaftsangebot harmonisch ergänzen, da dadurch die Ratingbewertung der betreffenden Betriebe verbessert würde.
Das Entscheidende wären jedoch die staatlichen Investitionen zur Nachfragebelebung. Ein Mittelstandsstabilisierungsprogramm, das keine deutliche Anhebung der Investitionsquote in Aussicht stellt, ist eigentlich kein solches Programm, weil es eben keine tatsächlichen Mittel zur Stabilisierung bereitstellt.
Genau an dieser Stelle möchte ich in diesem Zusammenhang noch einmal kurz auf die vergangenen zwei Plenartage der Haushaltsendberatung zu sprechen kommen. Hierbei haben Sie es versäumt, den Mittelstand effektiv zu stützen, indem Sie Möglichkeiten für staatliche Hilfen wie auch Investitionen, für die die NPD ja konkrete Vorschläge unterbreitet hat, unterlassen haben. Es war zum Beispiel ein großer Fehler, dass Sie es abgelehnt
Meine Damen und Herren! Es ist für die NPD-Fraktion auch nicht nachvollziehbar, warum die Staatsregierung ausgerechnet für die kommenden beiden Jahre das Engagement bei der Förderung zur Rettung und Umstrukturierung von sächsischen Unternehmen herunterfährt. Dafür wurden in früheren Jahren weitaus mehr Mittel zur Verfügung gestellt, als es künftig der Fall ist. Sieht so Ihre Unterstützung des heimischen Mittelstandes in Rezessionszeiten aus?
Neben einbrechender Nachfrage und der UnterKapitalisierung sowie erschwertem Zugang zu Fremdfinanzierungsmitteln leidet der sächsische Mittelstand auch an einem sich verschärfenden Fachkräftemangel. Doch die Staatsregierung übt sich ausgerechnet bei der staatlichen Ausbildungsförderung in Haushaltskonsolidierung. Wo bleiben hier die Programme, der mittelständischen Wirtschaft im Freistaat politisch entgegenzukommen?
Den größten Bärendienst allerdings, meine Damen und Herren, würde Ministerpräsident Tillich dem Freistaat erweisen, indem er die Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit gegenüber den jüngeren EU-Mitgliedern aufheben möchte. Eine Schwemme gering qualifizierter Lohndrücker, die die Nachfrage aus dem Land hinaustragen, sind aber das Letzte, was der sächsische Mittelstand jetzt brauchen würde.
Meine Damen und Herren! Die NPD-Fraktion erachtet die Erweiterung des Bürgschaftsprogramms über das Programm BBS Liqui und das Stabilisierungsprogramm nicht für falsch, aber als einzige Maßnahme bei Weitem nicht für ausreichend. Wir fordern die Staatsregierung auf, hier schleunigst nachzuarbeiten und weitere Mittelstandsprogramme aufzulegen. Der Sächsische Handelstag, der immerhin 58 000 Betriebe mit etwa 330 000 Beschäftigten vertritt, meldete ohnehin seine Zweifel an, ob das Kreditvolumen ausreiche, um überhaupt Wirkung zu erzielen.
Für den Fall, dass Sie wie gewohnt den Worten der NPDFraktion kein Gehör schenken wollen, weise ich vorsorglich darauf hin, dass auch SHT-Präsident Dirschka fordert, die Investitionen des Staates zu erhöhen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich sehe, der Minister ist schon in froher Erwartung auf meine Rede.
Das freut mich natürlich, dass Sie der Fraktion der FDP ein solches Gewicht beimessen. Es wäre auch ganz gut, wenn Sie das, was wir vorschlagen, nicht nur hier im Plenum verfolgen, sondern nachher auch tatsächlich
Wir wissen ja seit Ludwig Erhard, dass Wirtschaftspolitik zu einem beträchtlichen Teil, zu einem Großteil auch Psychologie ist. Nicht nur die realen Daten sind wichtig, sondern auch die Erwartungshaltungen. Deswegen ist es auch sehr wichtig, wie sich Politik in der Krise verhält. Wir brauchen keine Schönfärberei der Probleme, aber wir sollten auch nicht alles schwarzmalen, denn Politik kann Wirtschaft auch in die Krise reden.