Protokoll der Sitzung vom 11.12.2008

Frau Schütz, wenn Sie mir das Wort im Mund herumdrehen und sogar fast mit erhobenem Zeigefinger warnen – ich habe meine Rede vor mir liegen –, so muss ich eines sagen: Es war e i n Argument, warum wir den Kolleginnen und Kollegen im Haushalts- und Finanzausschuss beim Sozialhaushalt, aber auch im Parlament gesagt haben: Wir wollen Geld für die künstliche Befruchtung aus diesem und aus jenem Grund. Und hier war ein Grund die Demografie. Also bitte drehen Sie mir nicht das Wort im Munde herum. Wir sind stolz auf uns.

(Beifall bei der CDU)

Dass diese Möglichkeit dabei nur für Ehepaare und nicht für Lebensgemeinschaften und für gleichgeschlechtliche Partnerschaften gilt, ist durchaus legitim, durch das Bundesverfassungsgericht gut begründet und von unserer Fraktion auch so gewollt.

(Beifall bei der CDU)

Die Ehe ist wegen ihres besonderen rechtlichen Rahmens als eine Lebensbasis für ein Kind anzusehen, in der den Kindeswohlbelangen besonders Rechnung getragen wird. Das soll auch so bleiben.

(Beifall bei der CDU)

Die eheliche Bindung bietet einem Kind grundsätzlich mehr rechtliche Sicherheit, von beiden Elternteilen betreut zu werden.

Meine Damen und Herren! Mit der Verabschiedung dieses Doppelhaushaltes wurden die Grundlagen für den Freistaat geschaffen. Auf Bundesebene besteht noch Handlungsbedarf. Sie können sicher sein, dass wir Sachsen

beim Bund etwas nachhelfen. Das haben wir schon oft getan, und das werden wir wieder tun.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Abstimmung. Zum Antrag der Koalition gibt es Änderungsanträge. Zunächst stimmen wir über die Änderungsanträge ab.

Ich rufe den Änderungsantrag der Fraktion GRÜNE, Drucksache 4/14142, auf. Frau Herrmann wird ihn einbringen.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Pfeiffer, es stimmt eben nicht, was Sie sagen. Im Haushalt stand nur ein Grund, und das war der demografische. Kein anderer Grund stand dort.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Und es stimmt nicht ganz, dass die Zahlen so zurückgegangen sind. Schauen Sie auf die von mir schon erwähnte Internetseite. Dort können Sie sehen, dass zum Beispiel 1998 reichlich 24 000 Erstbehandlungen pro Jahr vorgenommen wurden. Die Zahl stieg dann bis zum Jahr 2003 sehr stark an. Der Grund dafür ist, dass bereits bekannt war, dass durch die Gesundheitsreform nur noch die Hälfte finanziert wird. Danach sind die Zahlen abgefallen, da viele Paare die Behandlung vorverlegt haben. Im Jahre 2007 gab es 22 000 Erstbehandlungen. Also, 1998 reichlich 24 000, heute 22 000.

(Alexander Krauß, CDU: Da müssen Sie mal mit den Betroffenen reden!)

Das habe ich auch gemacht. – Mit unserem Änderungsantrag möchten wir den Zugang zu reproduktionsmedizinischen Leistungen öffnen, da wir nicht der Ansicht sind, dass einzig die Ehe ein Garant für gutes Aufwachsen von Kindern ist. Wenn Sie das hier so voranstellen, bedeutet das gleichzeitig, dass Sie allen anderen Partnerschaften unterstellen, dass sie kein guter Hort für das Aufwachsen von Kindern sind. Das ist einfach nicht so. Die Tatsache ist, dass mehr Kinder in diesem Land in nicht ehelichen als in ehelichen Partnerschaften geboren werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Ob einem das nun gefällt oder nicht, man muss es zur Kenntnis nehmen. Frau Orosz hat an dieser Stelle immer wieder gesagt: Familie ist dort, wo Kinder sind.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Wenn Sie diesen Paaren die künstliche Befruchtung verweigern und wenn diese Definition die Ihre ist, verweigern sie gerade diesen Paaren, dass Familien entstehen können.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Sehr richtig!)

Was ist, wenn der Partner gänzlich unfruchtbar ist? Eine Behandlung der Frau mit fremdem Sperma wird von den Krankenkassen nicht finanziert. Wir müssen uns darüber unterhalten, ob wir das wollen oder nicht.

Es gibt Paare, die dann eine sogenannte heterologe Insemination vornehmen lassen. Die Kosten tragen sie selbst. Das Problem aber ist, dass wir keine rechtliche Regelung dazu haben, sodass Kinder, die aus diesem Verfahren hervorgegangen sind, nicht wissen, wer ihr Vater ist. Genau dafür brauchen wir eine Regelung. Dazu haben Sie auch nichts gesagt.

Nach unserer Auffassung brauchen wir ebenso eine umfassende psychosoziale Beratung und Begleitung. Dazu habe ich schon gesprochen. Die Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen, die für Beratung rund um Schwangerschaft, Kinder und Familien zuständig sind, sind unserer Meinung nach in der Lage, Paare auf diesem Weg zu begleiten.

Als letzter Punkt ist mir wichtig: Die Ursachen ungewollter Kinderlosigkeit – das sagte ich schon –, aber auch ihre Folgen sind weitgehend ungeklärt. Ich habe eine Studie gelesen, in der auf die erhöhte Gefahr von Gebärmuttertumoren nach Hormonbehandlung hingewiesen wird. Bei dem Verfahren ICSI – Intracytoplasmatische Spermieninjektion – ist eine erhöhte Gefahr von Fehlbildungen zu verzeichnen.

(Unruhe im Saal)

Häufig kommt es bei künstlicher Befruchtung zu Fehlgeburten. Deshalb ist es für unsere Entscheidung notwendig, dass wir über den Stand der Forschung informiert werden.

(Alexander Krauß, CDU: Gehen Sie mal zu den Betroffenen!)

Wir wollen darüber informiert werden. Genau das kann eine Studie leisten. Deshalb wollen wir mit unserem Änderungsantrag erreichen, dass eine Studie vorgelegt wird, die den derzeitigen Forschungsstand zusammenfasst.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir müssen uns, abseits von demografischen Überlegungen, des Themas der ungewollten Kinderlosigkeit annehmen. Das ist die Unterstützung, die sich Menschen in einer solchen Situation wünschen.

Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion)

Zu diesem Änderungsantrag kann jetzt Stellung genommen werden. Frau Pfeiffer, bitte.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir werden die Punkte 1 bis 4 ablehnen; wir werden also nicht zustimmen.

Punkt 1. Wie ich vorhin ausgeführt habe, sind wir der Meinung, dass künstliche Befruchtung nur bei verheirateten Ehepaaren infrage kommt.

Punkt 2. Die Richtlinien sind von der Bundesärztekammer vorgegeben. Das kann in Sachsen nicht ausgehebelt werden.

Punkt 3, Rechtsanspruch für Menschen auf psychosoziale Beratung. Wer jemals in einer Kinderwunschpraxis war, weiß, dass, bevor überhaupt alles losgeht, er mindestens fünfmal an einem Beratungsgespräch teilnehmen muss. Die Beratung ist also gegeben.

Punkt 4. Es gibt bereits einige gute Studien. Wir werden uns im Gesundheitsausschuss sicher darüber unterhalten, sodass wir dann gemeinsam darüber diskutieren können.

Wir werden den Antrag ablehnen.

(Beifall bei der CDU)

Frau Schütz, bitte.

Die FDP-Fraktion wird sich beim Antrag der GRÜNEN der Stimme enthalten. Wir unterstützen natürlich, dass die Finanzierung der attestierten Reproduktion auch für unverheiratete Paare möglich sein sollte. Allerdings legen wir Wert darauf, dass es eine Partnerschaft ist und dass Kinder ihre Bezugspersonen haben.

Wir unterstützen ausdrücklich Ihren Punkt 3, dass die psychosoziale Beratung und Begleitung in diesem Fall erfolgen sollte.

Von daher werden wir uns insgesamt enthalten.

Danke schön.

Zum gleichen Antrag spricht Frau Lay; bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Linksfraktion kann diesem Änderungsantrag zustimmen.

Die Punkte 1 und 2 dieses Änderungsantrages haben die gleichen Intentionen wie der Änderungsantrag der Linksfraktion, den wir gleich noch einbringen werden.