Protokoll der Sitzung vom 12.12.2008

Im Anschluss schon.

Damit ist die Bundesregierung aufgefordert, Lösungsmöglichkeiten vorzuschlagen. Im Bundesrat werden wir an dieser Position festhalten.

Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Wünscht die Linksfraktion einen Debattenbeitrag zu halten oder das Schlusswort?

Einen Debattenbeitrag.

Einen Debattenbeitrag. Bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe noch einmal zu der Möglichkeit eines Debattenbeitrages gegriffen, um eine Frage an Frau Staatsministerin Clauß zu stellen, damit sie auch die Möglichkeit hat, hier am Pult darauf zu antworten.

Am nächsten Freitag wird es im Bundesrat einen Antrag von Berlin geben. Wird Sachsen dem zustimmen?

(Alexander Krauß, CDU: Selbstverständlich nicht!)

Ah, Herr Krauß antwortet für Frau Clauß. Okay. Diese Frage möchte ich also noch von Ihnen beantwortet haben.

Die Frage ist gehört worden. Es reagiert keiner. Dann gebe ich Ihnen, Herr Neubert, die Gelegenheit zum Schlusswort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Entschuldigen Sie, ich möchte wissen, wie sich Sachsen am nächsten Freitag bei dieser Fragestellung positioniert. Mich hat die Diskussion hier insgesamt etwas irritiert. Es gibt nämlich einen einstimmigen Beschluss der Sozialministerkonferenz, der sich genau für das ausspricht, was wir heute hier beantragt haben.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Das müssen Sie sich einmal vor Augen führen: Es gibt einen einstimmigen Beschluss, also auch mit Zustimmung Sachsens! Und dann stellt sich die Sozialministerin hier vorn hin und sagt, unser Antrag sei Schwachsinn. Das ist einfach vollkommener Blödsinn.

(Zuruf des Abg. Alexander Krauß, CDU)

Also, Herr Krauß, sie kann nicht in der Sozialministerkonferenz dies sagen und dann hier etwas anderes darlegen. Oder? Ich meine, darüber sind wir uns wohl einig. Also, schizophrene – – Gut, ich will das nicht weiter ausführen. Deswegen habe ich diese Frage hier noch einmal gestellt.

Es wird nächste Woche diesen Antrag von Berlin geben. Ich gehe davon aus, dass Sachsen zustimmt, weil es in der Sozialministerkonferenz diese Zusage gegeben hat.

Noch etwas zu dieser Diskussion: Ich war etwas irritiert über die Art und Weise, wie die Dinge hier vorgetragen wurden. Ich dachte nämlich ähnlich wie Frau Herrmann, dass wir in dieser Frage eigentlich d’accord sind, auch anschließend an die Diskussion, die wir damals zu dem Antrag der GRÜNEN geführt haben.

Ich finde es auch ziemlich anmaßend, wie Sie, Herr Krauß, hier Neiddebatten unterstellen, obwohl Sie selbst eine solche Neiddebatte in einer unverfrorenen und unverschämten Art und Weise führen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Sie reden über ein kostenloses Vorschuljahr, über Bildung, über Fußball. Ich weiß aber nicht, warum Sie unseren Antrag ablehnen wollen. Das mag vielleicht auch damit zusammenhängen, dass Sie zu dessen Inhalt eigentlich gar nichts gesagt haben.

Ich habe es in meiner Rede gesagt: DIE LINKE ist für eine Kindergrundsicherung. Da reden wir über ganz andere Dimensionen. Das wollten wir aber hier nicht an

erster Stelle diskutieren, weil es jetzt um den 1. Januar nächsten Jahres geht. Alle Fraktionen sind darüber d’accord – Basisantrag der GRÜNEN –, dass es eine neue Bedarfssatzermittlung geben muss. Wir alle sind dafür. Das erschien uns jetzt aber unpassend, weil am 1. Januar 2009 die Kindergelderhöhung ansteht, und dort ist das Problem.

Ganz nebenbei – das wurde hier schon angesprochen –: Es ist schon eine ganze Weile her, dass man sich darauf verständigt hat, den Bedarfssatz anzupassen. Aber warum kommt denn nichts? Wann kommt denn endlich etwas?

Deswegen bezieht sich unser Antrag auf den 1. Januar 2009, wo die Kindergelderhöhung ansteht, von der eine Gruppe von Menschen ausgeschlossen ist. Und Sie stellen sich hin und sagen: Es ist okay, dass die Ärmsten in dieser Gesellschaft von dieser Erhöhung nicht profitieren.

(Beifall bei der Linksfraktion – Caren Lay, Linksfraktion: So ist es!)

Damit ist die Aussprache beendet. Ich kündige jetzt die Abstimmung an. Ich stelle die Drucksache 4/13901 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – –

Pardon. Hier gibt es noch den Änderungsantrag der NPDFraktion. Er ist schon eingebracht worden. Er hat die Drucksachennummer 4/14168 und soll den Antrag ersetzen. Ich frage, ob es dazu Diskussionsbedarf gibt.

(Heike Werner, Linksfraktion: Er ist schon eingebracht worden! – Dr. Johannes Müller, NPD: Man kann ja darüber sprechen!)

Das ist nicht der Fall. Dann stimmen wir darüber ab. Wer diesem Änderungsantrag, Drucksache 4/14168, zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Bei Stimmen dafür ist dieser Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt.

Wir kommen noch einmal zurück zum Ausgangspunkt, zur Drucksache 4/13901. Ich bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Bei Stimmen dafür und Stimmenthaltungen ist dieser Antrag nicht beschlossen.

Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Wir kommen zum

Tagesordnungspunkt 5

Schrankenlose Arbeitnehmerfreizügigkeit verhindern – Schutzfristen für den heimischen Arbeitsmarkt verlängern

Drucksache 4/13926, Antrag der Fraktion der NPD

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Es beginnt die NPD-Fraktion, danach die gewohnte Reihenfolge. Herr Apfel beginnt.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch wenn sich auf der Straße noch keine Schlangen von Arbeitslosen bilden und sich noch keine

Spekulanten erschießen wie in der Weltwirtschaftskrise nach 1929, es droht eine Rezession, wie sie die Bundesrepublik noch nicht gesehen hat. So meldete Michael Hüther, der Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft, in der vorletzten Woche, dass in einigen Branchen die Aufträge um bis zu 60 % eingebrochen seien. Die Unternehmen kommen gar nicht so schnell hinterher, ihre Kapazitäten anzupassen. Täglich erreichen uns neue Schreckensmeldungen. Die Lektüre des Wirtschaftsteils der Tageszeitungen ist zum Albtraum geworden. Opel steht am Abgrund, BASF schließt vorübergehend 80 Anlagen. Selbst bislang als Gewinnbringer eingestufte Unternehmen wie Daimler, BMW und Porsche verkünden Kurzarbeit. Im nächsten Jahr stehen Massenentlassungen bevor, wie es sie seit Jahrzehnten nicht mehr gegeben hat. Jede dritte Firma will Stellen streichen, selbst die Bundesbank spricht vom größten Abschwung der Nachkriegsgeschichte.

Dieser Abschwung, meine Damen und Herren, macht selbstredend auch um Sachsen keinen Bogen. Wer in den letzten Wochen in die Presse schaute, wurde von Entlassungsmeldungen geradezu erschlagen. In Zschopau besteht für den Motorradhersteller MZ so gut wie keine Hoffnung mehr auf eine Weiterführung. Der Betriebsrat hat den Mitarbeitern nahegelegt, sich nach einem neuen Arbeitsplatz umzuschauen. Die seit April 2008 unter dem Namen Sachsenbank firmierende ehemalige SLB hat in diesem Jahr in Leipzig bereits 60 Mitarbeiter entlassen und will ihre Beschäftigtenzahl unter 300 drücken. In Radebeul muss jeder vierte Mitarbeiter beim Druckmaschinenwerk KBA Planeta gehen. Insgesamt verlieren hier über 500 Angestellte ihren Arbeitsplatz. Im Leipziger BMW-Werk wird es künftig nur noch eine Schicht geben. 500 Leiharbeiter sind nach Betriebsratsangaben bereits nach Hause geschickt worden. Leiharbeiter sollen auch in den Conti-Werken in Limbach-Oberfrohna und Stollberg abgebaut werden.

Am dramatischsten stellt sich aber mittlerweile die Situation bei Ostsachsens größtem privatem Arbeitgeber dar, beim Chiphersteller Infineon, der in Dresden inklusive seiner Tochter Qimonda rund 5 600 Menschen beschäftigt. Für 1 800 Mitarbeiter will der Konzern ab Februar 2009 Kurzarbeit anordnen. Die Kurzarbeiter haben freilich noch Glück gehabt, denn in Dresden werden von März 2008 bis März 2009 insgesamt rund 1 350 Jobs gestrichen. Gerade bei Qimonda reiht sich so jedes Jahr eine Entlassungsrunde an die nächste. Es sind natürlich nicht nur die großen Werke von Infineon, Qimonda oder AMD, in denen die Arbeitsplätze wackeln, sondern auch die vielen kleinen Unternehmen des Halbleiterstandorts Dresden, die den Bach heruntergehen.

Meine Damen und Herren! Es ist vor allem eines klar: Wenn der Arbeitsmarkt vor unser aller Augen mit einem großen Knall implodiert, darf er vor allem nicht mit neuen Arbeitsuchenden geflutet werden. Deshalb grenzt es nach unserer Auffassung an Wahnsinn, nein, es ist Wahnsinn, wenn ausgerechnet in einer solchen Situation der Ministerpräsident mit einer Presseerklärung hervorprescht und

fordert, die noch bestehenden Beschränkungen der Arbeitnehmerfreizügigkeit mit sofortiger Wirkung aufzuheben, so wie es Herr Tillich am 6. November 2008 tat. Am 4. Dezember 2008 legte Herr Tillich noch einmal nach. Obwohl die Wirtschafts- und Finanzkrise inzwischen weiter eskaliert, fordert der Ministerpräsident vor einer Delegation der Wojewodschaft Niederschlesien in der Landesvertretung Berlin erneut die schnellstmögliche Einführung der vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit für Arbeitskräfte aus Osteuropa. Wortwörtlich sagte Herr Tillich: „Wir brauchen so schnell wie möglich die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit, am besten schon im kommenden Jahr, jedenfalls nicht erst 2011.“ Diese Forderungen sind angesichts der historisch einmaligen Entlassungswelle einfach unverständlich.

(Beifall bei der NPD)

Aber geradezu eine Verhöhnung der Arbeitslosen und abhängig Beschäftigten, meine Damen und Herren, ist es, wenn Herr Tillich behauptet, dass die Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit auch noch den Interessen der sächsischen Arbeitnehmer schadet. Herr Tillich, mit solchen Äußerungen zeigen Sie nur, dass Sie eben nicht der verwurzelte, heimatverbundene Landesvater der Sachsen sind, als der Sie sich nach außen gern darstellen, sondern dass Sie einseitig die Interessen der Wirtschaft gegen die Interessen der überwältigenden Mehrheit der sächsischen Bürger vertreten.

(Beifall bei der NPD)

Sie, meine Damen und Herren der CDU, und Sie, Herr Tillich, im Besonderen, wissen natürlich genau wie wir, dass Sie mit Ihrer Forderung vor allem den Menschen Ihrer Heimat, gerade der Lausitz, schwersten Schaden zufügen. Denn gerade diese wirtschaftlich immer noch äußerst schwache Region hätte wegen ihrer doppelten Grenznähe zu Polen und Tschechien ganz besonders unter der Aufhebung der Arbeitsmarktbeschränkungen für Osteuropäer zu leiden.

(Heinz Lehmann, CDU: So ein Quatsch!)

Gerade für die Lausitz wäre eine Lockerung der Übergangsfristen in ihrer momentanen Situation wirtschaftlicher Selbstmord. Sie, Herr Tillich, wollen in dieser Situation auch noch den Sterbehelfer spielen.

(Heinz Lehmann, CDU: Das ist totaler Unsinn!)