Protokoll der Sitzung vom 22.01.2009

(Beifall bei der CDU und des Abg. Holger Zastrow, FDP)

Eindeutige Erkenntnisse, dass einzelne Anlagenbetreiber, so wie es in anderen Bundesländern aufgetreten ist, Gruben illegal mit Abfällen verfüllt haben, gibt es in Sachsen bisher nicht. Auch die Sondersitzungen des Ausschusses für Umwelt und Landwirtschaft, die auf der Grundlage fragwürdiger Fernsehberichte und bruchstückhafter Informationen anberaumt wurden, brachten dazu keine Erkenntnisse. Dies gilt natürlich insbesondere dann, wenn man an sachdienlichen Informationen gar nicht interessiert ist und die Ausschusssitzung verlässt.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Astrid Günther- Schmidt, GRÜNE, tritt ans Mikrofon.)

Ich gestatte jetzt keine Zwischenfrage.

Sicher, die Arbeit der Ermittlungsbehörden ist in einigen wenigen Fällen noch nicht abgeschlossen, aber darauf hat die Staatsregierung auch in der Antwort auf die Große Anfrage deutlich hingewiesen.

Meine Damen und Herren, die Fragen der Großen Anfrage suggerieren, dass in Sachsen die Abfallwirtschaft nicht ordnungsgemäß funktioniert. Damit wird nicht nur die gesamte sächsische Entsorgungswirtschaft in Misskredit gebracht, sondern das Ansehen Sachsens insgesamt buchstäblich in den Müll getreten. Dagegen, meine Damen und Herren, verwahre ich mich.

Wir haben es in unseren Antworten klar und deutlich formuliert, und ich sage es hier noch einmal: Es gibt in Sachsen eine funktionierende Abfallwirtschaft. Schauen Sie einmal zurück, was wir in den letzten 20 Jahren geschaffen haben: Deponien, die den europäischen Anforderungen nicht entsprechen, wurden bis Mai 2005 geschlossen. Die in Sachsen heute noch betriebenen Deponien liegen auf einem dichten Untergrund und verfügen über zusätzliche Systeme zur Abdichtung und zur Sammlung von Sickerwasser und Deponiegas. Alle Anlagen, die zur Abfallentsorgung betrieben werden, erfüllen schon lange die geltenden umweltrechtlichen Anforderungen. Die Einhaltung des Abfallrechts wird strengstens kontrolliert.

Meine Damen und Herren, wer die Abfallwirtschaft immer an den Pranger stellt, verkennt, dass es für unsere Unternehmen ein großes Plus, ja sogar ein wichtiger Standortfaktor ist, wenn sie funktionierende und kosten

günstige Entsorgungsstrukturen für ihren eben nicht über den Papiercontainer zu entsorgenden Abfall nutzen können.

(Astrid Günther-Schmidt, GRÜNE, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein.

Sachsen ist ein industriell geprägtes Land, und Sachsen liegt mitten in Europa. Europa ist ein Wirtschaftsraum, in dem das Prinzip der Warenverkehrsfreiheit herrscht. Was für Apfelsinen aus Spanien gilt, gilt genauso für Abfälle aus Hessen oder aus Griechenland. Mit der ordnungsgemäßen Verwertung und Entsorgung von Abfällen werden in Sachsen auch Arbeitsplätze gesichert. Das gilt für die produzierende Wirtschaft genauso wie für die Entsorgungswirtschaft.

Meine Damen und Herren! Selbstverständlich müssen die Abfallströme und die Entsorgungsanlagen kontrolliert und überwacht werden. Daran besteht überhaupt kein Zweifel. Die Kontrolle muss die ordnungsgemäße Entsorgung und den Betrieb der Anlagen gemäß den behördlichen Genehmigungen gewährleisten. Die Sächsische Staatsregierung hat von Anfang an Wert darauf gelegt, dass diese Überwachung nicht nur vom Büro aus auf der Basis von Unterlagen und Papier erfolgt, sondern auch vor Ort, und dass sie ohne Ankündigung stattfindet.

Bereits seit 1996 werden Einrichtungen und Anlagen, die umweltrechtliche Vorschriften einhalten müssen, auf der Basis eines Überwachungskonzeptes kontrolliert. Das Konzept betrifft nicht nur Abfallanlagen, sondern auch immissionsschutzrechtliche Anlagen. Abgrabungen, die mit Abfällen verfüllt werden, werden von den Bergbehörden in analoger Weise überwacht.

(Astrid Günther-Schmidt, GRÜNE, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)

Ich möchte keine Zwischenfrage.

Das Überwachungskonzept sieht neben einer regelmäßigen Überwachung auch anlassbezogene Überwachungsgänge oder Kontrollen auf der Basis eigener Erfahrungen der Überwachungsbehörden vor. Solche Überwachungsgänge sind zu protokollieren und die Ergebnisse zusammenfassend in einem jährlichen Überwachungsbericht darzustellen. Wie oft kontrolliert wird, hängt vom absehbaren Umweltgefährdungspotenzial der Abfälle ab. Herr Prof. Mannsfeld hat die Zahlen bereits genannt.

Selbstverständlich können unsere Behörden nicht überall sein. Eine hundertprozentige Überwachung ist nirgendwo möglich. Insofern kann auch ich als Umweltminister einzelne Verstöße gegen umweltrechtliche Bestimmungen niemals ausschließen, so gern ich das auch möchte. Die sächsischen Behörden ahnden jedes aufgedeckte Vergehen gemäß den strafrechtlichen oder umweltrechtlichen

Bestimmungen. Auch dies wirkt präventiv und verringert das Interesse Einzelner, gegen Umweltrecht zu verstoßen.

Meine Damen und Herren! Ströme gefährlicher Abfälle in Deutschland werden mit einem EDV-System dokumentiert. Das System entstand in Gemeinschaftsarbeit aller Bundesländer, da es in der Lage sein muss, die Abfalltransporte zwischen den Bundesländern abzubilden und einen zeitnahen Datenaustausch der Länder zu ermöglichen. Automatisierte Abfragen führen schon bei der Dateneingabe erste Prüfungen der Plausibilität des jeweiligen Entsorgungsvorganges durch. Die Mitarbeiter der Behörden wurden in der Nutzung des Datenverarbeitungssystems mehrfach geschult. Damit haben wir seit Mitte der Neunzigerjahre eine erfolgreiche Abfallüberwachung im Freistaat Sachsen installiert. Dieses Kontrollsystem wird derzeit um die Erfassung aller notifizierungspflichtigen ausländischen Abfallverbringungen erweitert, sodass auch diese in Zukunft kurzfristig mit EDV-Unterstützung und nicht mehr manuell ausgewertet werden können. Damit wird auch der Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden beschleunigt und die Transparenz weiter erhöht.

Um das erreichte Niveau auch nach der Neuordnung der Verwaltung in Sachsen beizubehalten und aktuelle Entwicklungen zeitnah umzusetzen, wurden und werden Schulungen der zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durchgeführt; denn die Sächsische Staatsregierung möchte jetzt und künftig eine gesunde Umwelt für Bürger und Unternehmen gewährleisten und unseren Kindern und Enkeln neue ökonomische und ökologische Altlasten ersparen; und wir räumen auch das weg, meine Damen und Herren, was uns 40 Jahre Sozialismus hinterlassen haben.

Dafür betreiben wir ein so komplexes, mit vielen Anforderungen an die Behörden und Abfallbesitzer versehenes Überwachungssystem für den Bereich der Abfallentsorgung, aber auch für die Überwachung anderer Umweltbereiche. Für Forderungen, dieses System mit weiteren Berichtspflichten für die Unternehmer oder Behörden, zum Beispiel durch den Betrieb einer Internetplattform, zu befrachten, habe ich wenig Verständnis. Der personelle Aufwand, der notwendig ist, um solch ein System mit seiner Vielzahl an Überwachungsdaten zu betreuen und aktuell zu halten, wäre vor dem Hintergrund bereits bestehender Instrumente unverhältnismäßig.

Das Umweltinformationsgesetz gibt jedem Bürger die Möglichkeit, bei den Behörden die vorhandenen Umweltdaten abzufragen und Einblick in die Akten zu nehmen. Dies lässt eine weitaus umfassendere Beurteilung des Einzelfalles zu, als sie durch die Darstellung einiger Daten im Internet erreicht werden kann.

Erlauben Sie mir an dieser Stelle noch eine Klarstellung zum Thema AMAND und Asbestablagerungen. Das ehemalige Bergamt Hoyerswerda hat mit Bescheid vom 02.07.2001 der AMAND Umwelttechnik Lockwitz GmbH & Co. KG für die Lehmgrube Dresden-Lockwitz die Zulassung der Verwertung von Asbestabfällen und

asbesthaltigen Bauabfällen im Rahmen der Wiedernutzbarmachung der Lehmgrube entzogen. Der Bescheid wurde am 10.05.2002 bestandskräftig, nachdem die Firma AMAND auf die Prüfung in einem Gerichtsverfahren verzichtet hat. Das Oberbergamt hat diesen Sachverhalt auf Nachfrage nochmals bestätigt. Seit diesem Termin sind keine Fälle illegaler Asbestablagerungen bekannt geworden. Das Unternehmen hat am 08.01.2009 gegenüber der Staatsanwaltschaft bei einer Begehung vor Ort ausgesagt, dass seit dem 10.05.2002 keine asbesthaltigen Abfälle in Lockwitz eingelagert wurden.

Herr Kollege Lichdi, ich teile ja Ihre Auffassung, dass radioaktives Material nichts im Abfall zu suchen hat. Das hat aber mit der Notifizierung an sich nichts zu tun. Ich darf noch einmal zur Klarstellung sagen, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen: Die Strahlenbelastung, über die wir hier sprechen, lag bei 0,4 Mikro-Sievert. Wenn Sie mit dem Flieger in 10 000 Metern Höhe fliegen, sind Sie einer Belastung von 25 Mikro-Sievert ausgesetzt. Nur damit wir wissen, worüber wir sprechen.

Meine Damen und Herren! Ich fasse zusammen: Umweltrecht wird in Sachsen konsequent vollzogen. Wer sich mit diesem Thema ernsthaft und ohne ideologische Scheuklappen beschäftigt, wird genauso wie ich feststellen: Wir haben in Sachsen eine gut funktionierende Abfallwirtschaft aufgebaut, die den Anforderungen der Unternehmen an günstige Entsorgungsmöglichkeiten und den gesellschaftlichen Anforderungen an eine umweltverträgliche Entsorgung gerecht wird.

Unterstützen Sie, meine Damen und Herren, diesen Weg konstruktiv mit!

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Das war die allgemeine Aussprache zur Großen Anfrage der Fraktion DIE LINKE, „Praxis der Genehmigung und Überwachung der Entsorgung von gefährlichen Abfällen sowie von Bau- und Abbruchabfällen in Sachsen“. Zu dieser Großen Anfrage gibt es einen Entschließungsantrag, der noch eingebracht wird. Frau Roth, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Staatsminister Kupfer, weil die Linksfraktion diesen konstruktiven Weg unterstützt und ihn auch zukünftig unterstützen wird, bringen wir diesen Entschließungsantrag ein.

Im Teil 1 dieses Antrages fassen wir noch einmal die Situation in Sachsen zusammen, wie wir sie bei der Genehmigung und Überwachung der Abfallströme bewerten. Fakt ist, dass das Umweltministerium als oberste Abfallbehörde nur die Informationen öffentlich macht, die von der Opposition dokumentiert werden können. Obwohl die EG-Abfallverbringungsverordnung angemessene Informationen für die Öffentlichkeit fordert, müssen

Bürgerinnen und Bürger sowie Abgeordnete in Sachsen detektivische Fähigkeiten besitzen, um die Fälle von illegalen Abfallablagerungen aufzuklären und die Staatsregierung zum Bekenntnis und zum Handeln zu zwingen. Diese in Sachsen gängige Praxis muss verändert werden. Deshalb zeigen wir im Teil 2 des Entschließungsantrages erste Schritte auf, die sofort gegangen werden können und müssen:

Erstens: engere Zusammenarbeit der Berg- und Abfallbehörden und häufigere – unangekündigte – Kontrollen.

Zweitens: Aufnahme jedes Hinweises aus der Bevölkerung über den Verdacht illegaler Ablagerungen und Bereitstellung des notwendigen fachbehördlichen, polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Personals, um derartige Praktiken zu unterbinden.

Drittens: Vereinbarungen mit dem Bundesamt für Finanzen und den von ihm bestimmten Zolldienststellen sowie dem Bundesamt für Güterverkehr, dass Kontrollen grenzüberschreitender Abfalltransporte in, aus und durch Sachsen verstärkt werden und dabei auch ein Augenmerk auf die Überlastung der Lkws und die damit verbundenen Verkehrsgefährdungen gelegt wird.

Wir fordern die rigorose Einschränkung von Abfallimporten aus Italien, die – und ich bitte, darauf zu achten – zur Ablagerung auf Deponien bestimmt sind.

Viertens: schnellstmögliche Nutzung des Umweltportals Sachsen für die Veröffentlichung der Vor-Ort-Ergebnisse der Überwachung der Abfallentsorgung und -behandlung einschließlich der Überwachungskonzepte im Internet.

Fünftens: die Unterrichtung des Landtages noch vor Ende der Legislaturperiode über den Entwurf des Abfallwirtschaftsplanes, der bis zum 31.12.2009 fortgeschrieben werden muss.

Ich bitte um Ihre Zustimmung.

(Beifall bei der Linksfraktion und den GRÜNEN)

Es gibt nun Gelegenheit, sich zu diesem Entschließungsantrag zu äußern. – Herr Prof. Mannsfeld möchte das tun. Bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu diesem Entschließungsantrag nach einer längeren Debatte noch einige Anmerkungen. Ich will es quasi an den Anfang stellen, dass wir als CDU-Fraktion diesem Entschließungsantrag so nicht zustimmen können und werden.

(Andrea Roth, Linksfraktion: Das hätte ich nicht erwartet!)

Ich möchte das auch in Einzelpunkten noch einmal begründen.

Die verehrte Kollegin Roth hat in ihrer Schlusspassage noch einmal gesagt, dass sie zurückweist, was CDU und FDP geäußert haben. Dazu möchte ich klarstellend sagen: Das Wort Skandalierung der Abfallwirtschaft stammt

nicht aus dem Redebeitrag des CDU-Vertreters. Darauf lege ich Wert.

Meine Damen und Herren! Wir werden hier mit vier Punkten aufgefordert, einem Entschließungsantrag zunächst im Sinne von Feststellungen zu folgen. Allein der Formulierung, dass die Behörden des Freistaates Sachsen erst dann handeln, wenn Hinweise aus der Bevölkerung oder kritische Nachfragen von Mitgliedern des Landtages erfolgen oder – wie man sich hier auszudrücken beliebt – dadurch die Regierung unter Druck gerät, kann man natürlich so nicht folgen, da ich schon durch meine Darstellung von der Dimension der Kontrollen und der Überwachung gezeigt habe, dass es im Lande ein völlig anderes Handeln gibt.

Die Klarstellungen zu Ihrem Punkt 2 zu AMAND hat der Herr Minister in einer ergänzenden Passage eben vorgenommen.

Zu Punkt 3 möchte ich nur sagen, dass wir einiges auseinanderhalten müssen. Die Schießanlage in Sörnewitz ist eine immissionsschutzrechtlich genehmigte oberirdische Anlage. Was nicht dazu passt, sind die dort vorgefundenen Abfälle. Deswegen war es völlig richtig, dass das Ministerium in seiner Antwort auf die Frage 3.15 – diese war es wohl – ausführlich antwortet, was es alles vom zuständigen Landratsamt Nordsachsen verlangt, damit dieser unhaltbare Zustand beseitigt wird und Vorkehrungen gegen eine Wiederholung getroffen werden.