Protokoll der Sitzung vom 11.03.2005

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich freue mich über die allgemeine Zustimmung unter den demokratischen Parteien für unseren Antrag. Herr Kosel zwingt mich, noch einige Bemerkungen zu seinen Äußerungen zu machen.

Herr Kosel, es sei Ihnen unbenommen, dass Sie auf den Trümmern des proletarischen Internationalismus die Reste der Freundschaft aus DDR-Zeiten retten wollen. Ich will Ihnen aber sagen, die Zusammenarbeit der letzten Stalinisten in Tschechien, Polen und Ihnen wird nicht zum vereinten Europa beitragen.

(Zuruf des Abg. Heiko Kosel, PDS)

Ich hatte auch vor der friedlichen Revolution Freunde in Tschechien und Polen, aber ich bin durch die DDR nicht unterstützt, sondern von der Stasi beschattet worden. Das war die Art und Weise der Freundschaft, die wir nicht haben durften. Und noch ein Wort, Herr Kosel. Sie sollten die Charta der deutschen Vertriebenen studieren, die bereits kurz nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges zu Verständigung und Versöhnung aufgefordert haben.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU – Heiko Kosel, PDS, steht am Mikrofon)

Sie sollten endlich damit aufhören, die Menschen, die dieses schwere Leid erdulden mussten, sicherlich infolge des Krieges, den Deutschland begonnen hat, zu Revanchisten zu erklären.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Das haben Sie 40 Jahre lang zu DDR-Zeiten gemacht, aber das lassen wir uns einfach nicht mehr bieten!

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Meine Damen und Herren, eine kommunale Selbstverwaltung, wie sie bei uns in Deutschland praktiziert wird, gibt es in Polen und Tschechien leider noch nicht. Woher Herr Kosel diese Information hat, weiß ich nicht.

(Heiko Kosel, PDS: Ich habe das Gesetz gelesen!)

Bei meinen Kontakten mit Bürgermeistern, Landräten und Hetmännern habe ich erfahren, dass es das noch nicht gibt. Wir wollen gemeinsam darauf hinarbeiten. Deswegen brauchen wir ein Abkommen ähnlich dem Karlsruher Abkommen.

Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um Zustimmung zum Antrag der Koalitionsfraktionen.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der FDP)

Meine Damen und Herren! Ich stelle nun die Drucksache 4/0840 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei einigen Gegenstimmen ist der Antrag mit großer Mehrheit angenommen worden.

Der Tagesordnungspunkt ist beendet.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 4

Lage des Textilunternehmens NEU ERBA LAUTEX GmbH, Oberlausitz; Insolvenzgefahr und drohender Verlust von über 200 Arbeitsplätzen in der Oberlausitz aufgrund von Forderungen der EU-Kommission auf „Rückzahlung“ von früheren Beihilfen der Sächsischen Aufbaubank und der BvS

Drucksache 4/0752, Antrag der Fraktion der NPD, mit Stellungnahme der Staatsregierung

Die Reihenfolge in der ersten Runde lautet: NPD, CDU, PDS, SPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Ich erteile nun der Fraktion der NPD, Herrn Abg. Müller, das Wort.

Frau Präsidentin! Werte Damen und Herren Kollegen! Sehr verehrte Gäste! Der Antrag in der Drucksache 4/0752 ist vom Prinzip her ein Auskunftsbegehren gewesen. Diesem Auskunftsbegehren ist die Sächsische Staatsregierung formal nachgekommen. Der Antrag wurde am 08.02.2005 gestellt, die Antwort der Staatsregierung kam bei uns am 07.03.2005 an. Wir haben sie umfangreich studiert, empfinden sie allerdings immer noch als unbefriedigend.

Allerdings muss ich sagen, dass wir heute nicht hauptsächlich zu diesem Antrag sprechen wollen, denn wir haben heute noch einen Änderungsantrag vorgelegt. Die Rede, die ursprünglich zum Antrag in der Drucksache 4/0752 gedacht war, möchte ich zu Protokoll geben. Herr Präsident, ich möchte Sie bitten, dass ich gleich den Änderungsantrag einbringen kann.

Bitte, wenn Ihnen danach ist.

Dann möchte ich jetzt zur Einbringung des Änderungsantrages in der Drucksache 4/1002 mit heutigem Datum kommen. Ich bitte darum, diesen als Punkt 2 im anderen Antrag ergänzend einzufügen. Wie gesagt, wir waren nicht einverstanden mit der Berichterstattung, die bis jetzt vorliegt. Der Antrag in der Drucksache 4/0752 soll Teil 1 sein, der Antrag in der Drucksache 4/1002 Teil 2.

Meine Damen und Herren Kollegen, kommen wir jetzt zu dem Unternehmen NEU ERBA LAUTEX GmbH Neugersdorf. Ich möchte einen Kurzabriss zur Geschichte machen. Die Tradition dieses Unternehmens reicht mindestens bis 1834 zurück. Es war damals, verbunden mit dem Namen Karl Gottlieb Hoffmann, eine Textilfabrik in Neugersdorf. Seitdem ist dort ununterbrochen eine Textilfabrik in Arbeit gewesen, zu DDR-Zeiten als VEB Oberlausitzer Textilbetriebe, nach der Wende zunächst als LAUTEX, dann als ERBA LAUTEX. Übrigens hat man diesen Betrieb zur Wende mit 610 Mitarbeitern in Treuhandverwaltung übernommen. Jetzt sind es noch rund 200.

Die ERBA LAUTEX wurde durch die Treuhandgesellschaft mit Millionen-Zuschüssen unterstützt. Sie hat am Anfang handwerkliche Mängel gehabt. Das ist unstrittig.

Ende der neunziger Jahre wurde ein Vertrag geschlossen mit der Firma Daun, einem großen Textilunternehmen aus den alten Bundesländern. Man hat also die Geschäftsgrundlagen wesentlich verbessert. Herr Werner Matt ist 1999 als Geschäftsführer dieses Unternehmens eingestellt worden. Dann kam, nachdem langsam eine Konsolidierung des Unternehmens eingetreten war, der große Schreck. Die Risiken, die seitens der ursprünglich gewährten Beihilfen bestanden, wurden unterschätzt: Die EU forderte eine Rückzahlung der Beihilfen. Auch der niedrige Kaufpreis wurde im Sinne verdeckter Beihilfen behandelt. Eine budgetäre Notifikation wurde abgelehnt.

Das hatte zur Folge, dass die Firma Daun, die schon vier Millionen investiert hatte, dann ausgestiegen ist – sie hatte eine entsprechende Vertragsklausel aufgenommen –, so dass das Unternehmen ERBA LAUTEX im Oktober 1999 Insolvenz anmelden musste.

Bereits im Dezember ist unter dem Konkursverwalter eine Neugründung der ERBA LAUTEX als NEU ERBA LAUTEX entstanden. Damit dieses Unternehmen, das schon am Markt positioniert war, auch weiter existieren konnte, wurde eine Rettungsbeihilfe von 7,83 Millionen Euro gezahlt, wie gesagt, nicht wegen schlechter wirtschaftlicher Leistungen, sondern weil diese wirtschaftliche Misere in dem Moment durch Intervention der EUKommission entstanden war.

Jetzt besteht ein gutes Wirtschaftskonzept. Die Firma ist am Markt etabliert. Sprechen Sie ruhig einmal auch mit Konkurrenten. Der Name ERBA LAUTEX wird auch bei den Textilunternehmen der Konkurrenz mit Hochachtung beachtet.

Dennoch: Nun steht man wieder vor dem Aus. Warum? Die EU-Kommission hat diese Rettungsbeihilfe als nicht zulässig anerkannt, weil sie bereits ausgezahlt war, bevor sie der EU-Kommission angezeigt worden ist. Jetzt droht eine Rückzahlung von 4,5 Millionen Euro. Wenn diese erfolgen sollte, dann ist die Firma wahrscheinlich nicht mehr zu retten.

Meine Damen und Herren! Ich appelliere jetzt wirklich an Sie. Dieser Antrag ist in keiner Weise parteipolitisch, er ist im Prinzip unpolitisch. Es geht um 200 Arbeitsplätze in der Oberlausitz. Haben Sie bitte so viel Verständnis und fordern Sie mit uns die Staatsregierung auf, alle die Dinge, die in ihrem Ermessen möglich sind, anzuwenden, damit diese Rückzahlung nicht fällig wird, dass die budgetäre Notifikation durch die EU-Kommission doch noch erteilt wird.

Im Moment ist eine Klage anhängig, aber die wird gegenwärtig nicht weiter verfolgt. Lassen Sie bitte alle Ihre Möglichkeiten zur Geltung kommen, meine Damen und Herren Staatsminister, Herr Ministerpräsident – der jetzt nicht anwesend ist –, dass in der Lausitz dieses traditionsreiche Unternehmen mit einer Geschichte, wie ich Ihnen sagte, von 1834 an und 200 Arbeitsplätzen erhalten bleibt!

Ich bitte um Zustimmung zu dem Antrag.

(Beifall bei der NPD)

Für die Koalition spricht Herr Abg. Lehmann, CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Dr. Müller, ich war so ein bisschen geschockt von dem Vortrag, den Sie hier gehalten haben, in dem Sie sich nur auf Ihren Änderungsantrag bezogen haben.

(Unruhe auf der Zuschauertribüne. Es soll ein Plakat hochgehalten werden, was aber gleich von Saalkräften verhindert wird.)

Sie haben versucht,

(Glocke des Präsidenten)

den Eindruck, den Ihr Antrag – –

Herr Kollege Lehmann, eine Sekunde bitte. – Meine Damen und Herren auf der Tribüne: Bitte keine Demonstrationen irgendwelcher Art, sonst müssen Sie leider den Raum verlassen. – Herr Lehmann, bitte.

Mit Ihrer Rede haben Sie versucht, den Eindruck, der durch Ihren Antrag erweckt wird, weichzuspülen, sozusagen das Trojanische Pferd, das Sie uns unterschieben wollen, so darzustellen, als ob Sie sich mühten, in Sachsen irgendwelche Arbeitsplätze zu erhalten.

Herr Lehmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

(Dr. Johannes Müller, NPD, steht am Mikrofon. – Zuruf von der NPD: Rekordarbeitslosigkeit!)

Ihr Kollege bittet schon um das Wort. Herr Lehmann, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Darf ich nicht erst einmal beginnen? Lassen Sie mich erst einmal anfangen. Meine sehr verehrten Damen und Herren! Oben drüber stand Textilkombinat Lautex, sozialistischer Großbetrieb, 11 000 Beschäftigte, beeindruckend.