Aufgerufen ist die Drucksache 4/14828, Antrag der Fraktion GRÜNE. Ich bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist diese Drucksache dennoch nicht beschlossen.
Ich hätte gern Ihr Einverständnis, dass wir den Punkt 4 der Tagesordnung vor der Mittagspause noch anschließen und behandeln. – Dann verfahren wir so und ich rufe auf
Haushaltsrechtliche Umsetzung des Zukunftsinvestitionsgesetzes (ZuInvG) im Haushalt 2009 des Freistaates Sachsen
Das Präsidium hat dafür eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion festgelegt. Die Reihenfolge in der ersten Runde: CDU, Linksfraktion, SPD, NPD, FDP, GRÜNE und die Staatsregierung. – Von der CDU-Fraktion Herr Dr. Rößler, bitte.
Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Haushalts- und Finanzausschuss hat seine Aufgabe bei der haushaltsrechtlichen Umsetzung des Zukunftsinvestitionsgesetzes im Haushalt 2009 erfüllt und legt Ihnen heute Beschlussempfehlung und Bericht vor.
Der Bund stellt den Ländern und den Kommunen zusätzliche Mittel ausdrücklich zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts für zusätzliche Investitionen zur Verfügung.
Die Staatsregierung und die sie tragenden Koalitionsfraktionen hätten drei Wege der Umsetzung gehen können:
Erstens. Der Staatsminister nutzt die Ermächtigung – die oft kritisierte – und holt die Zustimmung des HFA für die notwendigen Umschichtungen und Verstärkungen ein. Der Landtag wäre dann den für unser deutsches Volk und den Freistaat Sachsen so wichtigen Entscheidungen zur Umsetzung des Konjunkturprogramms etwas fern geblieben. Er wäre nicht beteiligt worden. Deshalb und nicht aus Angst vor Verfassungsklagen schied dieser Weg für uns aus.
Zweitens. Die Staatsregierung hätte einen Nachtragshaushalt einbringen können, wie es die Linkspartei wollte. Nun halte ich – anders als Wladimir Iljitsch Lenin und mancher von der rechten und linken Seite dieses Plenums – den Sächsischen Landtag für keine Schwatzbude. Ich wiederhole: Anders als Lenin halte ich den Sächsischen Landtag für keine bürgerliche Schwatzbude.
Trotzdem bestand die Gefahr, dass besonders die orthodoxen Kräfte in der Linkspartei unser Zukunftsinvestitionsgesetz zerreden und seine Umsetzung im Haushalt verzögern könnten. Aus Verantwortung für Sachsen und seine Menschen mussten wir dieses Risiko vermeiden.
Drittens. Die Sächsische Haushaltsordnung sieht im § 42 entsprechende konjunkturpolitische Maßnahmen vor, sodass man hier bei besonderer Eilbedürftigkeit zur schnellstmöglichen Stimulierung einen Weg in Verbindung mit § 3 Sächsisches Haushaltsgesetz gehen kann.
Die Staatsregierung kann mit den Finanzhilfen des Bundes zusätzliche Ausgaben beschließen, um die bereits genannte Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts abzuwehren. Zur Abwehr der Störung aus der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise wird nun der Landtag um Zustimmung zu entsprechenden Ausgaben gebeten.
Eine abschließende Mittelaufteilung auf konkrete Maßnahmen ist wegen der Einbeziehung der Kommunen noch nicht möglich. Antje Hermenau hat eben noch einmal begründet, warum das so ist. Trotzdem muss die Hälfte aller Mittel aus dem Konjunkturpaket – wir hörten es bereits – noch im Jahr 2009 abfließen. Deshalb wurde ein flexibles und eher pauschales Verfahren gewählt, über dessen Fortgang im Haushalts- und Finanzausschuss – wir haben es gerade beschlossen – und damit auch in diesem Hohen Haus permanent berichtet wird. Für unsere Beschlüsse schaffen wir heute zunächst die notwendige haushaltsrechtliche Handlungsbasis und erwarten eigentlich auch viele Stimmen der Oppositionsparteien.
Mit dem ersten Beschluss erhöhen wir die Verstärkungsmittel für Investitionen um das hübsche Sümmchen der vom Bund eingezahlten fast 600 Millionen Euro. Die im Haushalt 2009 nicht verausgabten Mittel – das sollte alle beruhigen – können nach 2010 übertragen werden.
Mit dem zweiten Beschluss schaffen wir zusätzliche Haushaltsstellen als Leertitel und die dazugehörige Ausgabebefugnis für Landes- und kommunale Maßnahmen – 20 %, 80 %, Sie wissen Bescheid.
Gleichzeitig sorgen wir für die notwendige Kofinanzierung. Zu den kommunalen Maßnahmen kommen 20 Millionen Euro aus den zusätzlichen unvorhergesehenen Mitteln des Vermögens der Parteien und Massenorganisationen der DDR, kurz PMO-Mittel genannt. Es ist eine Art Wiedergutmachung, wenn man so will. Der Rest kommt aus bereits im Titel vorgesehenen Verstärkungsmitteln.
Für die Baumaßnahmen im Landesbereich sind Bundesmittel von etwa 60 Millionen Euro eingeplant. Hierfür hat der HFA, wie Sie unserem Bericht entnehmen können, aus dem Bauhaushalt genannten Einzelplan 14 schon 20 Millionen Euro umgeschichtet. Das haben wir für Sie getan; das müssen Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen, nicht noch einmal beschließen. Die verbleibenden Bundesmittel in Höhe von weiteren 60 Millionen Euro werden mit weiteren etwa 20 Millionen Euro aus schon genannten PMO-Mitteln kofinanziert.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen, bitte stimmen Sie unserer Beschlussempfehlung und dem Bericht zu, damit 800 Millionen Euro zusätzlich in unsere Kommunen, in Bildungs- und Sozialeinrichtungen des Freistaates Sachsen fließen können. Ich könnte mir nicht vorstellen, dass sich jemand diesem sinnvollen Unterfangen verschließt.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Rößler, das mit der Schwatzbude war bei Engels, da haben Sie etwas verwechselt, es war nicht der Kollege Lenin. Er hatte seinerzeit von Sachsen wenig Ahnung.
Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Rößler, in diesem Jahr, in dem wir den Jahrestag feiern, kommen wir darauf zurück, welchen Stellenwert die Verfassungen gerade in den neuen Ländern haben, und damit auf die erlebte Möglichkeit, im Parlament Gewaltenteilung zu praktizieren. Unter diesem Aspekt muss ich die Botschaft, die Sie jetzt für die Koalition verkünden, dass der Weg des Nachtragshaushaltes nicht gegangen wird, damit wir nichts unnötig zerreden, „störend“ irgendetwas begleiten, natürlich für eine Situation werten, die ich etwa 1989/1990 im Übergang zum Parlamentarismus hatte. Ich habe es inzwischen gelernt. Sie sind um Längen hinter dem zurück, was Ihnen die Verfassung eigentlich aufgibt.
Wir haben eine Finanzverfassung, die mit dem Grundgesetz kompatibel ist, die in dieser Verfassung niedergeschrieben ist, die sich zum Beispiel in den Artikeln 93, 94 und 96 widerspiegelt und die klipp und klar sagt: Die Hoheit dafür, was in diesem Lande eingenommen und ausgegeben wird, hat das Parlament. Es heißt nicht, dass wir Zahlen oder einen Vierzeiler hingeworfen bekommen, wie es jetzt mit der Beschlussfassung geschieht, und dann darf das Parlament den Vierzeiler noch – ohne dass es weiß, was in den Leerstellen im Konkreten dahintersteht – abnicken. Dieses Verständnis von Parlament lehnen wir rundweg ab!
Die Politik, dass der Zweck jedes Mittel heiligt, kenne ich auch aus meinem ersten Leben. Diesen Weg wieder zu gehen und zu glauben und zu erzählen, das deutsche Volk braucht die Ausschaltung des Parlaments bei der Beratung dieser Titel, damit es zu seinem Nutz und Frommen ist, wie Sie es mir vorhin erklärt haben, hält nach meiner festen Überzeugung nun wiederum vor der Geschichte nicht stand.
Erklären Sie mir doch, warum das, was alle 16 Bundesländer an Problemen hatten – nämlich dieses zweite
Konjunkturgesetz umzusetzen –, in einem Gutteil der Länder über Nachtragshaushalt funktioniert – in Niedersachsen, in Rheinland-Pfalz, in Sachsen-Anhalt, in Berlin und dergleichen mehr, wo das Parlament ganz selbstverständlich in verfassungskonformer Art und Weise beteiligt wird –, was bei uns ohne Not über den § 43 der Geschäftsordnung mit dem vereinfachten Verfahren für Ergänzungsvorlagen und Nachtragshaushaltsgesetze möglich gewesen wäre. Wir hätten uns als Parlament nach der Geschäftsordnung maximal fünf Wochen Zeit bis zum Abschluss lassen dürfen. An dem Tag, da diese entsprechende „Unterrichtung“ an den Präsidenten kam, konnte sie sofort in den Haushalts- und Finanzausschuss eingebracht werden – 24.02., fünf Wochen Zeit insgesamt –; wir wären Mitte März genauso fertig gewesen und der Haushalts- und Finanzausschuss hätte ohne Not im Akkord gearbeitet. So viel Disziplin und so viel Interesse bestehen immer.
Warum ist dieser Weg nicht gegangen worden? Warum gehen Sie den Weg des § 42, der nach unserer Überzeugung bei dem, was hier Gegenstand ist, und bei dieser Summe von 600 Millionen Euro etc. pp. völlig am Budgetrecht des Parlaments vorbeigeht?
Es war nicht und zu keiner Zeit die Absicht irgendeiner Fraktion in diesem Hause – gleich gar nicht der Linksfraktion –, nicht alles Denkbare zu tun, um dieses Konjunkturpaket II schnellstens zugunsten der Kommunen zum Tragen zu bringen. Da kann man viele Möglichkeiten finden, die sich im geschäftsordnungs- und verfassungskonformen Weg über die Fraktionen finden lassen. Aber dieser Weg, der jetzt angeboten wird und der das Parlament tatsächlich zu einer Abnickbude macht, ist letzten Endes für uns nicht hinnehmbar, er ist nicht akzeptabel und wir halten ihn auch für nicht rechtsförmig.
Meine Damen und Herren, ich möchte mich kurzfassen und möchte betonen: Wir halten die Vorgehensweise nach § 42 Sächsische Haushaltsordnung in Verbindung mit § 3 Haushaltsgesetz für verfassungskonform und genauso für rechtens wie einen Weg über den Nachtragshaushalt. Beides ist rechtlich zulässig und möglich und, wie ich denke, auch verfassungskonform. Das hat uns der Juristische Dienst im Haushalts- und Finanzausschuss bestätigt – –
(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Der hat sich oft geirrt in den letzten Monaten! Der Verfassungsgerichtshof hat es immer wieder zurückgeholt!)
Sie können gern ans Mikrofon gehen, dann können wir uns darüber austauschen und ich kann auf die Fragen antworten.
Wir haben im Haushalts- und Finanzausschuss auch den Rechnungshof gefragt, und er hat diesen Weg bestätigt. Das sind erst einmal zwei Fakten.
Danke schön. – Kollege Pecher, geben Sie mir darin recht, dass die Bundesregierung mit dem Konjunkturgesetz zunächst einen ähnlichen Weg gegangen ist; aber dass dann Ihr Parteikollege Steinbrück einen Nachtragshaushalt eingebracht hat – das, was sich die Koalition hier sparen will? Und wie erklären Sie sich diese unterschiedliche Verfahrensweise?