Protokoll der Sitzung vom 19.03.2009

(Beifall bei der CDU und der Staatsregierung)

Ich hoffe, dass das, was uns ein Gewerkschaftsführer bei der Verabschiedung von Herrn Jurk und mir zum Plenum zugerufen hat, nicht zutrifft, nämlich dass wir hier angeblich viel Spaß im Sächsischen Landtag haben sollten. Dazu ist die Situation viel zu ernst. Dazu sind auch Sondersitzungen nicht geeignet.

Lassen Sie uns also gemeinsam versuchen, den Mitarbeitern und ihren Familien eine Zukunft zu geben, und unterstützen Sie uns, die Sächsische Staatsregierung, weiterhin auf diesem Weg.

Danke.

(Starker Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Die zweite Runde ist noch nicht zu Ende. Die FDP hätte als Nächste die Gelegenheit; bitte schön, Herr Morlok.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nachdem das Thema Technologie vom Ministerpräsidenten und vom Staatsminister angesprochen wurde, wollte ich noch einmal auf den Diskussionsstand eingehen, wie er momentan im Raum steht. Wir haben die Situation – so wird gesagt – einer Technologieführerschaft, und wir haben einen Investor, der sich möglicherweise engagieren möchte, weil er strategisches Interesse an einer Technologie hat. So ist es zumindest den Medien zu entnehmen. Er möchte gleichzeitig in einem Markt mit Überkapazitäten ein neues Werk bei sich zu Hause errichten.

Nun frage ich Sie: Geht es dem Investor um die Technologie oder geht es ihm um die Arbeitsplätze in Dresden? Das sollten wir uns bei dieser Frage sehr gut überlegen.

Herr Staatsminister Jurk, Sie können natürlich in einer gesellschaftlichen Struktur den dominanten Einfluss eines Investors aus China verhindern; aber Sie können doch nicht die Situation verhindern, dass mit der Technologie das Know-how nach China abfließt. Glauben Sie denn allen Ernstes, dass, wenn der Investor im Besitz des Know-hows ist, wir dann weiterhin die Arbeitsplätze in Dresden erhalten können? Die Erfahrung, der Umgang mit chinesischen Investoren lehrt uns doch das Gegenteil.

(Beifall bei der FDP)

Ein letzter Punkt: Der Investor, so wie wir ihn bisher kennen, ist ein Staatsunternehmen aus der Provinz Shangdong. Diese Provinz hat 90 Millionen Einwohner, ist also größer als die Bundesrepublik Deutschland. Wenn sie wirklich ein Interesse an der Technologie haben, dann frage ich mich, warum sie nicht selbst als China, als der Staat, investieren. Das Geld sollte vorhanden sein. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die wirtschaftliche Lage China so hart getroffen hat, dass das ZK inzwischen pleite ist.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Wir eröffnen eine dritte Runde mit der Linksfraktion. Frau Lay, Sie sind schon angekündigt worden; bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass wir jetzt zum ersten Mal in diesem Hohen Hause den Ministerpräsidenten zu diesem wichtigen Thema gehört haben. Ich freue mich auch überaus, dass er die europäische Bedeutung von Qimonda betont hat. Diese Erkenntnis scheint mir reichlich spät zu kommen – aber immerhin.

Ich hoffe nur, Sie haben das nicht deswegen betont, um am Ende die Verantwortung auf Europa abzuschieben.

Wenn wir uns die überregionalen Medien anschauen, dann muss ich einfach feststellen, Herr Tillich, dass Sie offensichtlich wenig erfolgreich darin waren, die Bedeutung des Standortes Qimonda zu kommunizieren.

In den überregionalen Medien reden alle von Opel; nur sehr wenige sprechen von Qimonda. Dazu kann ich nur sagen: Das war keine gute Lobbyarbeit für Qimonda, keine gute Lobbyarbeit für Sachsen und auch keine gute Lobbyarbeit für den Osten.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Wenn Sie wiederholt nach einem starken Investor rufen oder, jetzt, nach einem starken Insolvenzverwalter, dann kann ich nur sagen: Was wir in dieser schwierigen Phase vor allen Dingen gebraucht hätten, das wäre ein starker Ministerpräsident gewesen, und den kann ich in diesem Verfahren einfach nicht erkennen.

Außer der Vielzahl der Möglichkeiten und wirklich salbungsvollen Worte habe ich auch heute von Ihnen nichts Konkretes gehört. Das ist sicherlich nicht das, was heute angemessen wäre.

Meine Damen und Herren! Bei aller überregionalen Bedeutung geht es an dieser Stelle auch um den Standort Dresden und um den Erhalt von Arbeitsplätzen in Dresden. Hier stelle ich fest, dass auch die Verantwortungsträger der Stadt nicht viel besser waren. Die Oberbürgermeisterin der Stadt Dresden hat jetzt endlich verkündet, Qimonda müsse gerettet werden. Ich werte das einmal positiv, als Zustimmung zu unserem Antrag. Ich hätte aber erwartet, dass Frau Orosz von der CDU oder auch der Dresdner Wirtschaftsbürgermeister Hilbert von der FDP heute auf der Demo ganz vorne, in der ersten Reihe, zu sehen gewesen wären. Wo waren sie heute, wo waren sie in den letzten Wochen, um die Beschäftigten zu unterstützen?

(Holger Zastrow, FDP: Arbeiten! Nicht das, was Sie machen!)

Herr Jurk – das erkenne ich durchaus an – war gemeinsam mit den Abgeordneten der Linken da. Das möchte ich an dieser Stelle noch einmal würdigen. Jetzt, bei der anstehenden Abstimmung, geht es aber auch darum, an der richtigen Stelle die Hand zu heben.

Meine Damen und Herren! Wenn wir einen Blick auf die Homepage der Stadt Dresden werfen, dann lesen wir dort viele Dinge, die voller Stolz verkündet werden: Von 1 200 Firmen mit mehr als 43 000 Mitarbeitern im Bereich Mikroelektronik ist die Rede. Qimonda wird als einer der ganz Großen bezeichnet. 12 Milliarden Euro seien in Dresden allein in der Mikroelektronik investiert worden. „Silicon Saxony“ wird gepriesen.

Meine Damen und Herren! Deswegen müsste Einigkeit bestehen. Es geht jetzt um Tausende von Arbeitsplätzen, und es geht um Milliarden investierter Euro. Wir dürfen

nicht dabei zusehen, wie alle diese Dinge in den Sand gesetzt werden.

Ich muss auch ganz klar sagen: Wenn das politische Führungspersonal an dieser Stelle versagt und nichts zur Entscheidung anzubieten hat – selbstverständlich sind dann wir als Parlamentarier gefragt.

Deswegen möchte ich an dieser Stelle noch einmal deutlich an die Abgeordneten appellieren, die in Dresden oder im Dresdner Umland leben oder hier ihre Wahlkreisbüros haben: Kommen wenigstens Sie Ihrer Verantwortung für diesen Standort und auch für die Arbeitsplätze, die zur Rede stehen, nach und stimmen Sie gemeinsam mit Linken und Grünen für die Zukunft dieses Standortes.

Herr Zastrow, Sie sind ja auch aus Dresden. Sie wurden nicht müde, von der „staatsbürgerlichen Verantwortung“ zu schwadronieren, als es um die Bürgschaften für die Landesbank ging. Die „Stunde der Patrioten“ hätte geschlagen, hörte man Sie da raunen. Dann muss ich mich einfach fragen: Wo ist denn jetzt Ihre staatsbürgerliche Verantwortung, wenn es darum geht, die Beschäftigten von Qimonda zu retten? Gerade bei diesem Tagesordnungspunkt erwarten das natürlich die Menschen, vor allem die Dresdnerinnen und Dresdner, und rechnen mit Ihrer Stimme.

Oder nehmen wir den Abg. Rohwer. Sie sind immerhin Vorsitzender der Dresdner CDU und Dresdner Landtagsabgeordneter. Auch Ihr Engagement für diesen Standort und für Ihre Stadt kann ich an dieser Stelle einfach nicht erkennen. Frau de Haas, Herr Grapatin – viele weitere könnte man hier ansprechen.

Zu guter Letzt möchte ich auf Sie eingehen, Herr Dulig und Herr Brangs, nicht nur weil Ihre Wahlkreise gleich in der Nähe sind, sondern auch, weil Sie zum Teil durchaus Positionen vertreten haben, denen wir inhaltlich zustimmen können. Aber ich muss mich schon fragen: Wenn Sie kritisieren, dass wir hier einen Antrag gestellt hätten, obwohl hier nicht entschieden werde, dann frage ich Sie: Wo bitte schön dann, wenn nicht hier, wird darüber entschieden? Wo ist denn der Änderungsantrag, von dem Sie heute gesprochen haben, Herr Brangs? Es raunte schon durch die Gänge, dass einer käme. Bis jetzt liegt er nicht vor. Wo ist denn hier das entschiedene Handeln der Koalition? Sie hätten heute durchaus die Möglichkeit gehabt, dem Parlament einen eigenen Beschlussvorschlag vorzulegen. Dieser Verantwortung sind Sie bislang nicht nachgekommen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Meine Damen und Herren! Es ist heute schon mehrfach zitiert worden: „Jeder Arbeitsplatz hat ein Gesicht.“ – Das haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Qimonda am Dresdner Werk plakatiert. Sie haben heute hier die Möglichkeit, jedem dieser ganz konkreten Menschen wieder eine Perspektive zu geben.

Noch etwas anderes war heute Morgen auf einem Plakat zu lesen: „Verantwortung tragen heißt Entscheidungen treffen“. Sie werden jetzt die Möglichkeit haben, Ent

scheidungen zu treffen. Ich bitte Sie nachher um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der Linksfraktion und des Abg. Michael Weichert, GRÜNE)

Danke schön. – Meine Damen und Herren! Nur noch eine Fraktion hat Redezeit. Diese Fraktion weiß das. – Die Redezeit wird nicht genutzt. Danke schön.

Damit kommen wir zu den beiden Schlussworten.

Wir beginnen mit der Linksfraktion. Herr Dr. Hahn, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das, was der Ministerpräsident hier vorgetragen hat, waren nette, wohlfeile Worte. Aber er ist im Kern die Antwort wieder schuldig geblieben. Sie, Herr Ministerpräsident, sagen: Ein Investor muss das Fundament legen. – Das Problem besteht doch darin, dass sich kein Investor finden wird, wenn nicht der Freistaat vorher eindeutig seine Bereitschaft signalisiert, auch durch eine Beteiligung für das Unternehmen und den Standort zu garantieren. Das ist die entscheidende Frage, und dazu haben Sie nichts gesagt.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Herr Präsident, ich möchte gern noch etwas zu den Ausführungen von Martin Dulig und Stefan Brangs sagen. Das war eine ziemlich schwache Vorstellung und teilweise einfach peinlich.

(Stefan Brangs, SPD: Was?)

Wenn Sie uns wegen der Einberufung einer Sondersitzung kritisieren, dann hätten Sie vielleicht auch dem Landtag und der Öffentlichkeit mitteilen können, wann Sie das letzte Mal einen Dringlichen Antrag der Opposition auf die Tagesordnung gelassen haben. Das ist Jahre her! Sie wissen ganz genau, dass das nicht passiert.

Wir haben gehandelt, als der Insolvenzverwalter erklärt hat, zum 1. April die Schotten dicht zu machen. Darauf haben wir reagiert, weil eine Sondersitzung die letzte Möglichkeit war, zu einer Entscheidung des Landtages zu kommen.

Ich verstehe auch nicht, Herr Flath, wenn Sie sagen, für eine Entscheidung sei es jetzt zu früh. Wie lange wollen Sie denn noch warten? Am 31. März, in zwölf Tagen, gehen bei Qimonda die Lichter aus. Insofern müssen wir eine Entscheidung treffen. Deshalb ist auch der Antrag jetzt genau zum richtigen Zeitpunkt erfolgt.

Herr Flath, Sie haben weiter gesagt – mit einem etwas verunglückten Bild –, der Staat sei so etwas wie ein Schiedsrichter und müsse sich heraushalten. Ich sage: Der Staat ist handelnder Akteur und hat auch einen wirtschaftspolitischen Auftrag. Auch der Sächsische Landtag hat den Auftrag, sich in einer solchen Frage zu positionieren.

Im Übrigen gab es in der gesamten Debatte nur einen einzigen Redner, der den Ministerpräsidenten als „Pro

vinzpolitiker“ bezeichnet hat – das waren Sie, Herr Kollege Flath. Wenn Sie nachlesen, werden Sie feststellen, dass ich in meiner Rede von der „wirtschaftspolitischen Provinzialität“ des Ministerpräsidenten gesprochen habe. Das ist dann doch noch ein kleiner Unterschied.

(Beifall bei der Linksfraktion – Lachen bei der CDU)