Die Krankenkassenbeiträge sind in Deutschland und gerade in Sachsen auf Rekordniveau gestiegen, und soeben hat die OECD wieder einmal festgestellt, dass besonders Berufstätige mit mittlerem und niedrigem Einkommen in Deutschland wie kaum sonst irgendwo auf der Welt vom Staat zur Kasse gebeten werden. Nicht zuletzt beschloss die CDU/CSU/SPD-Regierung im März 2007 die Erhöhung des Renteneintrittsalters in Deutschland von 65 auf 67 Jahre.
Wir teilen im Übrigen die Auffassung, dass angesichts der demografischen Entwicklung tatsächlich über das Renteneintrittsalter nachgedacht werden muss, und wir wissen auch, dass viele jenseits der 65 noch lange nicht zum alten Eisen gehören und mit ihrer Kraft und ihren Ideen keinesfalls auf die Ruhebank gehören, meine Damen und Herren. Deshalb tragen wir das, was die Bundesregierung beschlossen hat, grundsätzlich mit, auch wenn wir als FDP uns anstatt dieser starren 67 ein Modell gewünscht hätten, welches sich an den persönlichen Umständen jedes einzelnen Menschen und vor allem an der Lebensarbeitszeit insgesamt orientiert und somit jedem einen flexiblen Renteneintritt innerhalb eines bestimmten Korridors ermöglicht.
Aber wie auch immer: Die Rente mit 67 ist für viele Menschen natürlich ein Einschnitt. Das gilt vor allem für die junge Generation, für die es eine zusätzliche Belastung ist; denn alle, die etwas jünger sind, müssen auf jeden Fall länger arbeiten. Das Verständnis für dieses höhere Renteneintrittsalter in der Bevölkerung hält sich sicherlich in Grenzen; aber irgendwie trägt es doch jeder mit – und trägt es auch mit Fassung, weil jeder wahrscheinlich denkt, dass es ja für alle gleichermaßen gilt.
Genau das ist der Punkt: Es gibt leider in dieser Frage „Gleichere unter Gleichen“; denn nicht alle, von denen man es erwarten würde, und nicht alle, die es auch verkraften könnten, müssen in unserem Land erst mit 67 in Rente gehen. Für einige Berufsgruppen gilt nach wie vor das Renteneintrittsalter mit 65. Da wären zum Beispiel unsere Beamten – übrigens im Gegensatz zu den Angestellten im öffentlichen Dienst –, das ist, nur zur Erinnerung, die Berufsgruppe, die sich trotz Krise, trotz Einbruchs der Steuereinnahmen, trotz Massenentlassungen und Kurzarbeit in der Privatwirtschaft seit der gestrigen Entscheidung hier im Landtag über zusammengerechnet 142 Millionen Euro zusätzlich auf den Lohnzetteln freuen darf.
Wer gehört noch dazu? Natürlich unsere sächsischen Staatsminister; denn auch für diese gilt mehr als zwei Jahre nach der Rentenreform noch nicht einmal, meine Damen und Herren, die 65 als das Maß aller Dinge; denn bis zum heutigen Tag haben Staatsminister in Sachsen bereits nach knapp vier Jahren Mindestamtszeit einen Anspruch auf eine lebenslange Rente, die man schon mit 55 – also 12 Jahre, bevor ein „Normalsterblicher“ das Renteneintrittsalter erreicht – als Pension geltend machen kann. Das ist eine Ungleichbehandlung, meine Damen und Herren, die wir als FDP nicht akzeptieren können.
Ich möchte es noch etwas stärker untermauern. Ist beispielsweise ein sächsischer Staatsminister mehr als acht Jahre im Amt, so kann er in Rente gehen, wann immer er will, auch wenn er deutlich jünger ist, und zwar mit mehr als 5 000 Euro monatlich. Die Summe ist mir gar nicht so wichtig, aber ich möchte trotzdem erwähnen, dass diese 5 000 Euro nach acht Jahren Berufstätigkeit als Minister erworben sind. Dafür müsste ein normaler Arbeitnehmer, wenn er überhaupt solch ein hohes Einkommen hat, ungefähr 103 Jahre arbeiten. Auch hieran sehen Sie die aus unserer Sicht völlig ungerechtfertigte Ungleichbehandlung.
Ich will, davon abgesehen, unseren Ministern überhaupt nichts wegnehmen. Aber müssten es nicht in einer Gesellschaft, die den Bürgern in Krisenzeiten sehr viel abverlangt, gerade Politiker, Minister, Beamte und Staatsbedienstete sein, die mit gutem Beispiel vorangehen und den Gürtel zunächst bei sich selbst ein klein wenig enger schnallen? Ich denke, das sollte so sein. Wenn die Politik von den Bürgern fordert, dass sie kürzer treten sollen,
dann ist es nur recht und billig, dass Politiker und Minister zuerst bei sich selbst beginnen; und wenn die Politik konkret beschließt, dass die Menschen künftig bis 67 arbeiten müssen, dann ist es eben auch recht und billig, dass diese Altersgrenze für Politiker und Minister und eben auch in Sachsen gilt.
Uns selbst in diesem Raum möchte ich übrigens in Schutz nehmen, denn für Abgeordnete in Sachsen ist das längst umgesetzt. Wir haben die Reform – auch was die Altersgrenze betrifft – längst umgesetzt, aber sie wurde eben nicht für unsere Staatsminister umgesetzt. Die Frage, die ich heute stellen möchte, ist, warum sie zwei Jahre nach der Rentenreform in Sachsen immer noch nicht umgesetzt worden ist. Wir bekommen in Sachsen regelmäßig viele, viele Gesetzesinitiativen, viele, viele Änderungsvorschläge aus den Staatsministerien in den Landtag gereicht. Allein im letzten Jahr war es, glaube ich, so, dass alle drei Tage eine neue Verordnung aus einem Staatsministerium herausgekommen ist, und ich frage Sie, wieso unter diesen ganzen Vorschlägen, unter dieser ganzen Bürokratie nicht einmal ein Vorschlag zur Neuordnung der Ministerpensionen hier in Sachsen dabei gewesen ist. Fehlte tatsächlich die Kraft, oder war es am Ende doch der Wille, der zu einer Reform der Ministerpensionen in Sachsen fehlte?
So schwer kann es beim besten Willen nicht sein. Ich habe es vorhin bereits erwähnt, der Bund ist vorgeprescht. Er hat eine aus unserer Sicht recht praktikable Lösung gefunden. Seit Oktober 2008 ist dort die Reform umgesetzt, und dann gilt auch dort schrittweise 67 für Minister als Renteneintrittsalter. Wir sehen überhaupt keinen Grund, warum das, was in Berlin klappt, nicht auch hier in Dresden klappen sollte.
Deshalb bitte ich Sie recht herzlich, diesen Schritt heute hier und jetzt zu tun. Sollten Sie das nicht wollen und diese Ungleichbehandlung zwischen Bürger und Staatsapparat weiter zementieren, darf ich Ihnen schon jetzt ankündigen, wenn wir ab September – Herr Dr. Hahn, hören Sie gut zu! – hier auf der Regierungsbank Platz nehmen werden – anstelle meiner Kollegen von der SPD natürlich –,
dass wir genau dieses Thema angehen werden, und zwar ganz schnell und umgehend. Irgendwelche Rentensonderprivilegien für Minister wird es mit einer FDP ganz gewiss nicht mehr geben. – So viel übrigens zum Thema politische Moral, Glaubwürdigkeit und Worthalten.
Ich erteile der CDU-Fraktion das Wort. Wird es gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Ich frage die Linksfraktion. – Frau Lay, bitte.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist ja nun schon das zweite Mal, dass uns die FDP dieses Thema auf die Tagesordnung des Sächsischen Landtages setzt. Zweifellos handelt es sich dabei um ein populistisches Wahlkampfmanöver, wie wir es von der FDP gewohnt sind. Allerdings muss ich sagen, Ihr Anliegen hat durchaus einen realistischen Kern.
Sie haben ja die entsprechenden Fakten an dieser Stelle noch einmal benannt. Es ist wirklich durch nichts zu rechtfertigen, dass solch eklatante Unterschiede zwischen Renten für Minister(innen) und denen, die den Bürgerinnen und Bürgern, der Mehrheit der Bevölkerung, zugemutet werden, bestehen. Diese Regelungen zeugen von einer gewissen Selbstbedienungsmentalität und von einer ungerechten Privilegierung von Politikerinnen und Politikern. Auch DIE LINKE kann mit solchen Regelungen nicht leben.
Die FDP hat recht, wenn sie feststellt, dass diese Änderungen vor zwei Jahren durch den damaligen Finanzminister Herrn Metz in der entsprechenden Debatte angekündigt wurden. Es wurde damals sogar gesagt, man könne heute nicht zustimmen, weil man ein ganzheitliches Gesamtkonzept vorlegen wolle. Was ist seitdem passiert? Eigentlich nichts! Man hat wahrscheinlich darauf gehofft, dass es niemandem auffallen wird und man sich die großzügigen Pensionsregelungen noch weiter in die Tasche stecken kann.
Die beschlossene Tarifanpassung hingegen wird auch den Ministern zugute kommen. Vor diesem Hintergrund müssen auch wir als Linke feststellen, dass Nachbesserungen bei den Rentenregelungen für Ministerinnen und Minister dringend geboten sind. Als Linke sagen wir klar: Wir fordern die konsequente Gleichbehandlung von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit Politikern, mit Abgeordneten und mit Ministern.
Diesem Anliegen, meine Damen und Herren, wird der vorliegende Antrag nicht gerecht, denn das hieße Einzahlung in die gesetzliche Rentenkasse ohne Wenn und Aber. Die rentenpolitischen Konzepte der Linken auf der einen Seite und der FDP auf der anderen Seite liegen so weit auseinander, dass trotz der geteilten Kritik einer bestehenden Regelung unsere Vorstellungen über zukünftige sozial gerechte Regelungen sehr weit auseinandergehen.
Zustimmen können wir Ihrem Antrag schon allein deshalb nicht, weil DIE LINKE grundsätzlich gegen die Rente ab 67 ist.
Wir haben schon immer gesagt: Es ist das falsche Instrument, und es ist aus unserer Sicht die falsche Antwort auf die demografische Frage. Die Einführung einer Bürgerversicherung, in die alle einzahlen, in der alle Einkommensarten berücksichtigt werden, wäre aus unserer Sicht eine zeitgemäße Antwort. Wir fordern eine Rentenversicherung für alle, auch für Ministerinnen und Minister.
Die FDP hingegen orientiert sich bekanntermaßen an der Privatisierung sozialer Sicherungssysteme. Das wollen wir selbst Ministern nicht zumuten.
Manchmal – das kann ich mir nach Ihrem Beitrag nicht verkneifen – kann eine solche Regelung, nach der die Minister sehr früh die Möglichkeit haben auszuscheiden, durchaus Vorteile haben. Herr Zastrow, Sie haben bei der letzten Debatte vorgerechnet, dass der damalige Minister Tillich schon in sehr jungen Jahren – im Grunde genommen nach wenigen Monaten, jetzt seit circa zwei Jahren – Anspruch auf eine sehr üppige Rente hätte. Diesbezüglich muss man sich fragen, ob es nicht vielleicht Schaden vom Freistaat abgewendet hätte, wenn er diese üppigen Rentenansprüche in Anspruch genommen hätte. So haben wir ihn jetzt als Ministerpräsidenten. Als solcher kostet er den Steuerzahler deutlich mehr. Mir würde es gefallen, wenn Herr Tillich die üppigen Rentenansprüche ab September in Anspruch nähme und Platz für einen neuen Ministerpräsidenten André Hahn machte.
Ich darf Ihnen versichern, dass DIE LINKE in Regierungsverantwortung sicherlich auch für eine gerechte Rentenversorgung der Ministerinnen und Minister sorgen wird.
Meine Damen und Herren! Ich mache es kurz. Es ist ein ernstes Thema, das es nicht wert ist, populistisch zerredet zu werden. Mir erschließt es sich auch nicht, was eine Tarifanpassung mit einer Ministerpension zu tun hat. Wir lehnen den Antrag ab. Ich gebe meine Rede zu Protokoll.
(Beifall bei der SPD und der CDU – Zuruf von der CDU: Bravo! – Caren Lay, Linksfraktion: Schade, wir hätten gern öffentlich Argumente gehört!)
Herr Pecher, darf ich noch die Überschrift ergänzen: „Sehr geehrter Herr Präsident, verehrte Abgeordnete!“
Gut. Weil man sonst im Protokoll als Außenstehender nichts ändern darf. – Meine Damen und Herren! Ich erteile jetzt der NPD das Wort. Herr Apfel, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist Wahlkampf, und deshalb hat die FDP kurz vor Ende der Wahlperiode noch einmal einen älteren Antrag vom Mai 2007 umgeschrieben und erneut eingebracht. Um es vorweg zu sagen: Das Anliegen, um das es geht, ist richtig, und die NPD wird deshalb diesem Antrag zustimmen.
Was uns aber damals schon verwundert hat, ist die Form Ihres Anliegens. Warum haben Sie keinen eigenen Gesetzentwurf eingebracht, nachdem Sie gemerkt haben, dass die sogenannte sachliche Prüfung durch die Staatsregierung zu nichts geführt hat, obwohl das der ehemalige Finanzminister Dr. Metz seinerzeit zugesagt hatte?
Nein, Sie kommen wieder mit Ihrer Forderung, die Regierung möge selbst einen Gesetzentwurf vorlegen. Es ist klar, was dahintersteht. Sie wollen populistisch sein und sich nicht viel Arbeit machen. Glauben Sie im Ernst, dass vonseiten der Union irgendein vernünftiger Vorschlag kommt, der diese üppigen Altersbezüge abschafft, wo die Partei den Freistaat Sachsen seit zwei Jahrzehnten beherrscht und Dutzende Minister gestellt hat? Aber nicht nur bei der Union haben wir Zweifel, sondern auch bei Ihnen, meine Dame, meine Herren von der FDP, muss man die Frage stellen, wie es um die Glaubwürdigkeit Ihrer Partei bestellt ist. Ihre Forderung nach einer Verlängerung der Regelaltersgrenze wird immer nur dort erhoben, wo Ihre Partei selbst keine Minister hat.
Mein Kollege Petzold wies bereits in der Debatte zu Ihrem Antrag am 8. Juni 2007 darauf hin, dass Ihr eigener Parteifreund, Prof. Dr. Ulrich Goll, seines Zeichen Justizminister von Baden-Württemberg, solche Forderungen für Populismus hält. Dieser Hinweis passt Ihnen damals wie heute nicht.
Möglicherweise wird die FDP-Fraktion beweisen können, wie ernst es ihr mit dem Heraufsetzen der Altersgrenze ist. Mithilfe der Ministerialbürokratie könnte Ihnen dann im Herbst ein solcher Gesetzentwurf gelingen, wenn die Union mitspielen sollte. Ich bin gespannt, ob Sie im Zweifelsfall an dieser populistischen Forderung die Koalitionsverhandlungen mit der Union scheitern lassen würden.
Wie ich schon zu Beginn sagte, werden wir dem Antrag trotz seines durchsichtigen Charakters zustimmen, vor allem deshalb, weil es nicht sein kann, dass sächsische Minister nach acht Jahren Amtszeit und bereits ab 55 Jahren eine üppige Pension bekommen, während nicht wenige Sachsen von 345 Euro im Monat leben müssen.