Protokoll der Sitzung vom 14.05.2009

Ich erteile der Fraktion der NPD das Wort; Herr Apfel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur kurz zur Richtigstellung: Es ist bezeichnend, welche philosemitischen Beißreflexe bei Herrn Bandmann sofort hervorgerufen werden, wenn man überhaupt nur den Namen der Zentralratsvorsitzenden in den Mund nimmt.

Ich habe kein einziges antisemitisches Wort gesagt, oder darf man, Herr Bandmann, nicht einmal mehr sagen, dass es sich bei Herrn Bernd Knobloch um den Sohn von Charlotte Knobloch handelt? Ich habe gesagt: „Wenn Bernd Knobloch, der Sohn der Präsidentin des Zentralrates der Juden, als Vorstandsmitglied der Hypo Real Estate ausgerechnet für den Bereich Risikomanagement mitverantwortlich für einen Schaden von gegenwärtig 283 Milliarden Euro ist, dann ist dies in den Auswirkungen extremistischer als so mancher Schaden, der durch umgeworfene Parkbänke oder selbst umgestürzte Polizeiwagen entsteht.“

(Volker Bandmann, CDU: Genau das ist falsch!)

Meine Damen und Herren! Kein einziges Wort, außer, dass ich auf die Verwandtschaft hingewiesen habe. Man wird ja wohl noch Tatsachen ansprechen dürfen, auch wenn es einen jüdischen Mitbürger betrifft. Wenn das, meine Damen und Herren, nicht mehr möglich sein soll, dann zeigt das in der Tat, dass die Union wahrlich nur noch Steigbügelhalter und Büttel des Zentralrates der Juden ist.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der NPD – Volker Bandmann, CDU: Unerhört!)

Für diese Äußerung erteile ich Ihnen einen Ordnungsruf!

Meine Damen und Herren, wird weiterhin das Wort gewünscht? – Herr Flath, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mein Fraktionskollege Volker Bandmann

(Dr. André Hahn, Linksfraktion:... hat nur Unfug erzählt!)

hat einige Ereignisse des Jahres angesprochen, was auch unsererseits der Grund war, diese Debatte zu beantragen. Ich halte sie für notwendig; und nach dem, was ich hier gehört habe, halte ich es für noch notwendiger, dass wir auch in diesem Hohen Hause von Zeit zu Zeit dazu Stellung nehmen.

Nun zunächst zur NPD. Wir haben erlebt, was am 13. und 14. Februar in Dresden los war. Offensichtlich hielten Sie es seitens der NPD für notwendig, europaweit Leute, die bis heute nicht aus der Geschichte lernen wollen – die gibt es in vielen Ländern in Europa, leider auch bei uns –,

(Zuruf des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

hierher in die Landeshauptstadt Dresden einzuladen, und Sie tragen die Verantwortung dafür, dass an diesem Tag die Stadt regelrecht im Belagerungszustand war; und die Dresdnerinnen und Dresdner, die über viele Jahrzehnte eine ausgeprägte Kultur des Erinnerns entwickelt haben, haben Sie dabei gestört. Dafür tragen Sie die Verantwortung.

(Beifall bei der CDU, der Linksfraktion, der SPD und der Staatsregierung)

Außerdem tragen Sie von der NPD noch für eine Sache Verantwortung, die der Entwicklung des Freistaates Sachsen außerordentlichen Schaden zufügt.

(Zuruf von der NPD: Oh!)

Das wissen Sie, und auch deshalb laden Sie nach Dresden ein: weil Sie wissen, dass weltweit darüber berichtet wird. Es gibt gar nicht wenige Firmen in Dresden, die sich damit herumschlagen, dass sie für die Firmenentwicklung dringend Ingenieure aus allen Teilen dieser Welt brauchen. Wissen Sie, wie häufig Ingenieure schon zugesagt hatten, nach Sachsen bzw. nach Dresden zu kommen? Und dann erleben sie die Berichterstattungen und sagen: In ein solches Land gehe ich nicht –

(Jürgen Gansel, NPD: Wenn sie die Krawalle sehen, denken sie, sie sind zu Hause! – Zuruf des Abg. Alexander Delle, NPD)

weil ich möglicherweise vielleicht auch selbst Ausländer bin oder eine Frau oder Kinder habe, die vielleicht eine andere Hautfarbe haben. Dafür, das will ich heute einmal deutlich sagen, trägt die NPD in Sachsen die Verantwortung.

(Beifall bei der CDU, der Linksfraktion und der SPD – Alexander Delle, NPD: Das ist doch jetzt reiner Wahlkampf!)

Wenn Sie jetzt im Wahlkampf wieder unterwegs sind und die Menschen verführen wollen, dann will ich heute darauf hinweisen, dass jeder, der NPD wählt, mit ein Stück Verantwortung dafür übernimmt,

(Alexander Delle, NPD: Das ist eine reine Wahlkampfrede! – Zurufe des Abg. Jürgen Gansel, NPD)

dass die wirtschaftliche Entwicklung in Sachsen nicht so vorankommt, wie wir das im Hohen Haus gern möchten.

(Beifall bei der CDU)

In den mir verbleibenden anderthalb Minuten Redezeit noch eine Anmerkung zur linken Seite:

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion: Ich habe es schon vermisst!)

Ihr Verhalten war doch wieder einmal typisch. Genau das wollten wir mit dieser Debatte deutlich machen. Es kann nicht sein, so wie es Kollege Martens ausgedrückt hat, dass mit dem edelsten Anliegen eines Antifaschismus Gewalt gerechtfertigt wird.

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

Das kann nicht angehen. Man stelle sich im Hohen Haus nur Folgendes vor: Ein Mitglied der CDU-Fraktion hätte eine Demonstration angemeldet, bei der es anschließend zu Gewalt gekommen wäre,

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion: Ja, anschließend! – Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

wie oft Sie uns bis heute aufgefordert hätten, dass wir uns distanzieren.

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion: Sie nehmen doch an keinen Veranstaltungen teil!)

Frau Ernst, ich habe von Ihnen nicht einmal ein Wort des Bedauerns gehört.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Sie waren nie auf der Straße!)

Herr Hahn, ich habe nicht einmal von Ihnen ein Bedauern gehört.

(Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion: Das ist nicht wahr!)

Sie unterstützen das bis heute und Ihnen ist es recht. Darauf wollten wir heute hinweisen. Es kann nicht sein, dass es, wenn Gewalt gegenüber der Polizei oder der Bundeswehr von Links kommt, nicht ganz so schlimm ist, als wenn sie von Rechts kommt.

(Starker Beifall bei der CDU – Beifall bei der FDP und der Staatsregierung)

Darauf wollten wir mit der heutigen Debatte hinweisen.

Vielen Dank.

Wird von den Fraktionen weiterhin das Wort gewünscht? – Das ist nicht erkennbar. Dann bitte Herr Innenminister.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Ereignisse des 1. Mai 2009 in Deutschland haben deutlich gemacht, wie wichtig es ist, extremistischen Kräften mit aller Entschiedenheit entgegenzutreten.

Beispielhaft möchte ich folgende Ereignisse erwähnen: In Ulm, in Dortmund und insbesondere in Berlin gab es massive Ausbrüche von Gewalt, die sowohl von Links- als auch von Rechtsextremisten ausgeübt wurden. Die Polizei geriet allerorten zwischen die Fronten. Anhänger

beider politischer Lager griffen massiv die eingesetzten Polizeikräfte an. Die Folgen waren erheblich. So sind in Dortmund fünf und in Ulm 38 Polizeibeamte verletzt worden. Mit besonders gravierenden Folgen ist der polizeiliche Einsatz in Berlin abgelaufen. Bei dem Einsatz am 1. Mai 2009 sind dort 440 Polizeibeamte Opfer von gewalttätigen Übergriffen geworden. Daneben ist eine Vielzahl von polizeilichen Einsatzmitteln zerstört oder zumindest beschädigt worden.

Auch in Sachsen hat es im Umfeld von rechtsextremistischen Demonstrationen Übergriffe auf Polizeibeamte gegeben. So wurden in Freiberg Polizisten gezielt angegriffen. Insbesondere in Dresden, in Leipzig und in Freiberg waren massive Polizeikräfte erforderlich, um die Lage unter Kontrolle zu halten. Insgesamt waren in Sachsen zusätzlich zu den Kräften des täglichen Dienstes 1 391 Polizeibeamte erforderlich, um Ausschreitungen zu verhindern. Das ist uns erfolgreich gelungen; leider haben wir aber auch zwei verletzte Polizisten zu beklagen. Ich möchte mich daher erneut bei den Kolleginnen und Kollegen der sächsischen Polizei, des Bundes und der Länder, die um den 1. Mai eingesetzt wurden, für den Einsatz bedanken und wünsche allen Verletzten eine baldmögliche Genesung.

(Beifall bei allen Fraktionen und der Staatsregierung)

Was mich besonders bedenklich stimmt, ist die zunehmende Brutalität der Übergriffe. Die Angreifer nehmen offenbar bedenkenlos schwerste Verletzungen der Polizisten in Kauf. Die Ereignisse vom 1. Mai zeigen, dass wir es mit einer veränderten Lage im Umgang mit Extremisten beider Lager zu tun haben. In der Vergangenheit waren es fast immer linksextremistische Autonome, die Demonstrationen als Ausgangspunkt militanter Aktionen wählten,

(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Autonome sind Autonome und keine Linken!)

während sich Rechtsextremisten bei diesen Gelegenheiten aus taktischen Gründen bewusst defensiv verhielten. Man wollte sich als wählbare Alternative im Kampf um die Parlamente präsentieren, aber hier erleben wir derzeit einen Strategiewechsel im Verhalten bei Demonstrationen. Nunmehr sind auch Akteure am Werk, die sich nicht mehr primär an möglichen Erfolgen bei anstehenden Wahlen orientieren.