Protokoll der Sitzung vom 24.06.2009

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bandmann, Ihre Unwissenheit ist immer wieder frappierend. Man denkt immer, sie sei nicht zu überbieten, aber dann kommt immer noch etwas hinzu. Wenn man solche Reden hört, fragt man sich, welchen Stellenwert eigentlich dieses Hohe Haus für die Bevölkerung haben soll.

Herr Bandmann, in diesem Hause gehört Folgendes normalerweise zum Grundschulwissen: Wir haben Gesetze, und diese schreiben etwas vor. Wenn ich das, was im Gesetz steht, ändern will, dann muss ich das Gesetz ändern und kann das nicht qua Erlass tun, weil – zum Glück! – in der parlamentarischen Demokratie die Gesetze des Parlaments vor Erlassen der Regierung gehen. Ich sage es noch einmal schlicht: Der Erlass vom 06.12.2006 widerspricht dem Kommunalabgabengesetz und kann das Gesetz nicht brechen.

(Beifall der Abg. Prof. Dr. Peter Porsch und Klaus Tischendorf, Linksfraktion)

Das ist das Problem. Deshalb haben wir 2005 einen Gesetzentwurf eingebracht – da hat Herr Bandmann recht –, den wir heute aus folgendem Grund zur 2. Lesung aufrufen: Wir, Herr Bandmann, machen in diesem Hause Gesetzgebungsangebote, um Menschen zu helfen. Wir haben vom Vorstand des Landesverbandes Sachsen der Kleingärtner (LSK) den Hinweis bekommen, dass auch aufgrund der Aktivitäten der PDS-Fraktion – und anderer Fraktionen – im 3. Sächsischen Landtag die Staatsregierung inzwischen auf entsprechende Bemühungen, die Kleingärtner von Kommunalabgaben und sonstigen überbordenden Forderungen freizuhalten, aufgeschlossen reagiert habe und dass man in der Verhandlung mit der Staatsregierung sei. Das war noch unter der Regierung Georg Milbradt. Einer der Unterhändler war der heutige Ministerpräsident, der damals Landwirtschaftsminister war.

Angesichts dessen haben wir gesagt: Dann erzwingen wir nicht die Behandlung des von uns eingebrachten Gesetzentwurfs im Parlament, sondern wir warten zu, ob sich die Regierung bewegt. Wir bringen nicht mit großen Leibesübungen im Parlament die Verhandlungen der Kleingärtner mit der Staatsregierung in Gefahr.

So sind wir herangegangen, Herr Bandmann. Sie aber rufen jetzt, kurz vor Ende der Legislatur, das Thema Kleingärtner noch einmal in populistischer Weise auf. Was Sie machen, ist ja der Gipfel!

(Beifall bei der Linksfraktion)

Man muss sich einmal vorstellen, was Ihr Gesetzentwurf beinhaltet. Der jetzige Gesetzeswortlaut in § 2 Satz 3: „Die Kleingärtnerorganisationen sollen wenigstens einmal innerhalb von 3 Jahren der Anerkennungsbehörde einen Tätigkeitsbericht vorlegen.“

Jetzt soll nur ein Wort geändert werden: „Die Kleingärtnerorganisation sollen wenigstens einmal innerhalb von 5 Jahren der Anerkennungsbehörde einen Tätigkeitsbericht vorlegen.“ Das ist die ganze Änderung!

„… wenigstens einmal innerhalb von …“ heißt: „mindestens einmal“. Sie können also nach wie vor auch alle zwei Jahre einen Bericht abholen. Sie haben im Gesetz eine Zahl ausgetauscht, stellen sich aber hier hin und gerieren sich, also ob Sie den Kleingärtnern sonst welche Wohltaten herüberschieben würden. Nein, Sie wissen, dass die Kleingartenvereine 230 000 Mitglieder haben, und die wollen Sie vor der Wahl noch erwähnt wissen. Das ist doch Ihre Übung.

Ich sage es noch einmal: Wir wollen, dass Kleingärtner von der Kurtaxe und der Zweitwohnungsteuer freigehalten werden. Wir wollen, dass es ein Moratorium gibt, dass so lange keine Straßenausbaubeiträge und Ähnliches mehr erhoben werden können, solange die Gartenflächen kleingärtnerisch genutzt werden.

(Volker Bandmann, CDU: Kleingärtner nach dem Bundeskleingartengesetz zahlen keine Kurtaxe!)

Sie ist doch aber erhoben worden! Um Gottes und Himmels willen, Sie sind doch ohne Ahnung! Sie sind doch heute bloß in Vertretung da.

(Volker Bandmann, CDU: Es ist ja schön, dass Sie der Einzige mit Ahnung sind!)

Im Kreis Borna zum Beispiel wurden 16 verschiedene Kommunalabgaben erhoben. Das war doch die Not der Kleingärtner. 16 verschiedene Gebühren wurden ihnen aufgebürdet. Deshalb haben wir gesagt: Das muss qua Gesetz geregelt werden.

Wir haben Ihnen wirklich bis zum Rand, bis zur letzten Sitzungsperiode, Zeit gegeben, es qua Gesetz selbst zu regeln, sich mit Ruhm und Glanz zu umgeben und zu sagen: Wir, die CDU bzw. die Koalition, haben es getan.

Sie aber kommen mit diesem dürftigen Kram hierher – dünn wie der Pfiff einer Maus.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Angesichts dessen haben wir gesagt: Was bleibt uns denn dann übrig? Dann müssen wir den Gesetzentwurf ziehen und es wieder in der entsprechenden handwerklichen Art machen.

Sie hatten alle Chancen der Welt. Es fehlt Ihnen bloß, wie man so schön sagt, an Überblick, Verständnis und entsprechendem Respekt vor denjenigen, an die Sie adressieren wollen.

Ein Erlass der Staatsregierung – das weiß doch jeder in diesem Haus – kann in jeder nachfolgenden Sitzung der Staatsregierung jenseits des 30. August, nachdem der neue Landtag gewählt ist, wieder geändert werden. Das Parlament braucht mitnichten beteiligt zu werden. Der Erlass wird aufgehoben, umgeschrieben, und die Kleingärtner stehen wieder voll im Regen. Da wir aber auf eine Zeit zusteuern, in der die Kommunalfinanzen noch enger, die Kassen noch geringer bestückt sein werden und damit die Begehrlichkeiten, Geld einzutreiben, noch größer werden, ist uns dieses dünne Brett des Gnadenaktes „Erlass“ viel zu unsicher.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Jede!

Ist Ihnen in Erinnerung, dass dieser Erlass als Grundlegendes aussagt: „Bundesrecht gilt!“? Es wird nämlich auf das Bundeskleingartengesetz verwiesen. Bundesrecht bricht Landesrecht. Es sind also grundsätzlich noch einmal alle darauf hingewiesen worden, dass die Regelungen so, wie sie im Bundeskleingartengesetz stehen, auch von der kommunalen Ebene, die ja eine Selbstverwaltung hat, zu der wir nur bedingt gesetzliche Regelungen treffen können, einzuhalten sind. Ist Ihnen das so erinnerlich?

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Frau Kollegin Weihnert, ich weiß nicht, ob Sie begriffen haben, was Sie soeben kund und zu wissen gegeben haben. Sie sagen demzufolge: Wir haben ein bundesgesetzwidriges Kommunalabgabengesetz. Genau das haben Sie gesagt, wenn Sie darauf hingewiesen haben, dass nicht unser eigenes Kommunalabgabengesetz, sondern das Bundeskleingartengesetz gelte.

(Volker Bandmann, CDU: Das haben aber nur Sie so verstanden!)

Bitte schön, das nehme ich jetzt so entgegen. Dann aber haben wir dringenden Handlungsbedarf, wenn wir seit zig Jahren mit einem – wegen des Bundeszwangs – verfassungswidrigen Kommunalabgabengesetz umgehen. Wir müssen es ändern, und das genau das schlagen wir vor. Umso mehr müssen Sie unserem Gesetzentwurf zustimmen. Sie haben doch gerade das schlagendste Argument geliefert, dass Sie heute nur Ja sagen können.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Wenn Ihre Aussage zutrifft, dann widerspricht die jetzige Gesetzeslage dem Bundesrecht. Damit kann es der Erlass nicht interpretieren. Wenn Sie sagen: „Wir haben zwar ein Kommunalabgabengesetz, das mit dem Bundeskleingar

tengesetz nicht zusammengeht, lassen unser Gesetz aber so stehen und machen einen Erlass“, dann ist das so etwas von dürftig und macht uns zum Frühstücksdirektorium. Das würde ich wirklich gern vermeiden.

(Beifall des Abg. Klaus Tischendorf, Linksfraktion)

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Selbstverständlich!

Herr Bartl, würden Sie bitte Folgendes zur Kenntnis nehmen: Ich habe gesagt, dass dieser Erlass noch einmal auf das Bundeskleingartengesetz hinweist.

Unser KAG ist mitnichten in Konfrontation mit dem Bundeskleingartengesetz. Das habe ich soeben auch nicht gesagt. Ich bitte darum, richtig zuzuhören und das klarstellend noch einmal aufzunehmen.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Frau Weihnert, noch einmal klarstellend: Auf der Grundlage des jetzigen Kommunalabgabengesetzes haben eine ganze Reihe von Landkreisen gegenüber den Kleingärtnern Kommunalabgaben erhoben. Sie haben Zweitwohnungsteuer, Uferrandzonen- und Niederschlagsgebühr erhoben, 16 Gebühren teilweise – auf der Grundlage des jetzigen Kommunalabgabengesetzes!

Wir haben gesagt, dass das so nicht weitergeht, und deshalb den Gesetzentwurf eingebracht. Dieser brachte in der Fatalität die Staatsregierung dazu, sich zu bewegen, zu Verhandlungen bereit zu sein, mit den Kleingärtnern zu reden. Das ist Tillichs Verdienst, überhaupt keine Frage. Ich habe gesagt, dass ich das respektiere.

Dann ist der Erlass gekommen. Er ist im Grunde genommen schadlos, widerspricht aber dem Kommunalabgabengesetz, das damit nicht aus der Welt ist. Deshalb muss man doch einfach mal, ganz egal aus welcher Ecke so ein Gesetzentwurf kommt, die ideologischen Scheuklappen ablegen und sagen: Okay, wenn etwas rechtswidrig ist, müssen wir es eben auf der Gesetzesebene ändern.

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Gern, Herr Präsident.

Herr Kollege Bartl, stimmen Sie mir zu, dass ein deutsches Bundesland in einer sehr merkwürdigen Situation sein muss, wenn es erst eines Erlasses der Staatsregierung bedarf, um Bundesgesetze einzuhalten?

Dann muss etwas faul sein im Staate Sachsen/Dänemark.

Wenn Sie, Frau Weihnert, als Vorsitzende des Innenausschusses tatsächlich meinen, man müsse qua Erlass darauf hinweisen, dass in Sachsen Bundesgesetze gelten, dann steckt irgendein Rad schon tief im Dreck.

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?

Wenn der Herr Bandmann es will.

Herr Bartl, haben Sie zur Kenntnis genommen, dass der klarstellende Erlass auf die Rechtslage hingewiesen hat und Sie mit Ihrem Gesetzentwurf den Versuch unternehmen, die Menschen glauben zu machen, dass das Bundeskleingartengesetz unterlaufen werden könnte und Regelungen im Gesetz vorhanden sind, die die Leute am Ende im Grunde genommen schlechter stellen als das, was sie wollen?

(Heiterkeit bei der Linksfraktion)

Herr Bandmann, das Problem ist, dass Sie keine Kenntnisse haben, und Sie nehmen auch nichts zur Kenntnis. Das ist die Not. Seit 18 1/2 Jahren, seitdem ich Sie kenne, erlebe ich das immer wieder.