Protokoll der Sitzung vom 22.06.2005

Verschiedentlich wurde eine Erhöhung dieses Betrages unter Verweis auf die bekannten Berechnungen des Bundes diskutiert. Diese Berechnungen haben für 2005 von etwa 170 Millionen Euro an Einsparungen gesprochen. Für Sie nur zum Vergleich, wie sicher oder wie unsicher diese Zahlen sind: Diese Summe übersteigt nämlich die gesamten Wohngeldausgaben des Vorjahres, und das, obwohl nur ein Teil der bisherigen Wohlgeldempfänger in den Hartz IV-Leistungsbezug gewechselt ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich glaube, allein an dem Beispiel wird deutlich, wie unsicher im Moment mit diesen Zahlen agiert wird und dass ein klares, realistisches Bild der Einsparungen wirklich noch nicht wiederzugeben ist.

Auch wenn im Moment noch jede Festlegung mit Unsicherheiten verbunden ist, lässt sich damit aus Sicht der Staatsregierung nicht einfach eine freihändige Erhöhung ins Blaue hinein als Einsparung für einen weiterzuleitenden Betrag rechtfertigen.

Meine Damen und Herren! Die Situation gerade in dieser Finanzierungskonstellation ist fast von allen Rednern heute hier angesprochen worden. Ich kann das auch teilen, aber ich möchte darauf verweisen, dass der Freistaat an dieser Stelle seine Verpflichtungen zu 100 % umgesetzt hat. Wir haben mehrfach darauf hingewiesen, dass wir im Moment das einzige Land sind, das sowohl die SoBEZs als auch die Einsparungen beim Freistaat eins zu eins an die Kommunen weiterleitet. Ich glaube, die Zustimmung der Spitzenverbände zeigt,

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und Beifall der Abg. Margit Weihnert, SPD)

dass hier ein Einvernehmen in der Verfahrensweise hergestellt worden ist.

In diesem Zusammenhang gebe ich Ihnen Recht, dass eine gewisse Unsicherheit in diese Debatte aktuell dadurch entstanden ist, dass die Bundesregierung im Gegensatz zu ihren Zusagen angekündigt hat, sich wegen nicht nachweisbarer Zahlen von der Finanzierungsbeteiligung 29,1 % zurückzuziehen. Es war vor wenigen Wochen und Monaten noch die Summe von 4,1 % in Rede. Jetzt hat man sich schon wieder bis auf 7,9 % hochgearbeitet. Wir hoffen, dass die angegebene Terminierung für die nächsten Gespräche im Rahmen des Revisionsverfahrens, die eigentlich für den Juni angekündigt worden sind, nachdem im März die Gespräche gescheitert waren, auch wirklich mit dem Wissen der derzeitigen Problemlage im Rahmen der Regierungsverantwortung realisiert wird.

Meine Damen und Herren! Es wurde unter anderem auch gefordert, in Artikel 1 des Gesetzentwurfes festzuschreiben, dass die Nettobelastung der Kommunen auf Basis der tatsächlichen Be- und Entlastungen ermittelt werden soll. Die tatsächlichen Entlastungen sind aber der Statistik nicht zu entnehmen und können nur mit einem geeigneten Verfahren abgeschätzt werden. Dieses Verfahren wiederum soll in der schon heute genannten Rechtsverordnung nach der Bestätigung dieses Gesetzes fixiert werden. Auch damit haben wir ein weiteres Instrument, realistisch die Finanzierung mit den Spitzenverbänden abzustimmen.

Zu den Belastungen hat sich der Staatsminister der Finanzen mit den beiden kommunalen Spitzenverbänden im harten Ringen, aber einem fairen Miteinander darauf verständigt, den Betrag als Belastung zugrunde zu legen, der sich aus der Multiplikation der jeweiligen Zahl der Bedarfsgemeinschaften mit den im Landesdurchschnitt entstehenden Ausgaben pro Bedarfsgemeinschaft ergibt. Auch hier gibt es noch eine Abstimmung für die so genannte Härtefallklausel oder den Härtefallfonds. Auch dieser wird in einer Verwaltungsvorschrift regeln, dass überproportional belastete Kommunen – es sind heute Namen wie Dresden und Leipzig gefallen – nach einem entsprechenden Nachweis ihres Problems einen Anspruch haben, weiter entlastet zu werden.

Ich glaube, damit wird deutlich, dass die von der PDS und anderen heute hier geäußerten Diskussionsbeiträge, dass dieses Gesetz oder der Gesetzentwurf nicht tragfähig sei und nicht die Interessen der Kommunen vertrete, ad absurdum geführt wird.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, noch einige Ausführungen zum zweiten Teil dieses Gesetzes, der sich mit dem Landeswohlfahrtsverband befasst. Herr Dr. Pellmann, ich möchte an der Stelle die von Ihnen gemachte Aussage oder Unterstellung, dass sich die Regierung aus der Verantwortung für den Landeswohlfahrtsverband bzw. deren Geschäfte zurückzieht, zurückweisen. Ich möchte darauf hinweisen, dass im Zuge der FAG-Gespräche vereinbart wurde, dass die Landkreise und Kreisfreien Städte eine weitere Aufstockung der allgemeinen Schlüsselzuweisungen in Höhe von jeweils 55 Millionen Euro zur Absicherung der Aufgabenerfüllung erhalten. In der Summe beteiligt sich der Freistaat darüber hinaus mittelbar bereits zu über 60 % am ungedeckten Finanzbedarf des Verbandes.

Völlig unabhängig davon werden natürlich auch die kommunalen Ausgaben bei der Überprüfung der Finanzmassenverteilung zwischen Land und Kommunen berücksichtigt.

Noch eine kurze Anmerkung zu den Ausführungen von Kollegin Herrmann. Frau Herrmann, die Formulierung, die Sie gegenüber dem Gesetzgeber in Ihren Ausführungen etwas kritisch gebracht haben, nämlich die „überflüssige Förmelei“ die Beteiligung sozial erfahrener Bürger im Rahmen ihrer Arbeit betreffend, möchte ich an der Stelle zurückweisen. Das ist keine Bewertung des Ministeriums für die Arbeit der Betroffenen, sondern das ist eine Formulierung aus einem Standardkommentar des BSHG.

Zum anderen Ihre Kritik, auch die möchte ich noch einmal aufgreifen, betreffend die Informationspflicht nach Artikel 1 des Gesetzentwurfes. Lassen Sie uns hier noch einmal einen Blick in das Sozialgesetzbuch werfen. Im Gesetzentwurf ist von Vereinbarungen nach dem 10. Kapitel des SGB XII die Rede. Dieses Kapitel beginnt mit § 75 Die Einrichtungen und Dienste. Im dritten Absatz dieses Paragrafen sind die abzuschließenden Vereinbarungen genannt. Ich zitiere: „Eine Vereinbarung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistung, eine Vereinbarung über die Vergütung, die sich aus den pauschalen Beträgen für die einzelnen Leistungsbereiche zusammensetzt und eine Vereinbarung über die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen“, also die so genannte Prüfungsvereinbarung.

Die im Gesetz statuierte Informationspflicht bezieht sich auf alle diese Vereinbarungen. Ich gehe davon aus, dass sich das diesbezügliche Anliegen von Ihnen damit erledigt hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich bitte deshalb um Zustimmung zu diesem Gesetz.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Damit, meine Damen und Herren, ist die allgemeine Aussprache beendet. Bevor wir in die Einzelabstimmung gehen, hatte Herr Gerlach als Berichterstatter um das Wort gebeten. Sie bekommen das natürlich zugestanden. Bitte, Herr Gerlach.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Keine Angst, ich will

das nicht ausweiten. Die wichtigen Diskussionspunkte im Ausschuss – Zeitpunkt der Behandlung, Namensänderung, Beteiligung des Freistaates an Kostensteigerungen und die Weitergabe der eingesparten Wohngeldanteile – sind ja schon reichlich hier besprochen worden. Aber da nicht alle, die hier im Raum – und da hebe ich den Blick einmal etwas an – sitzen, auch über die umfangreichen Ausschussunterlagen verfügen, die alle Abgeordneten haben, möchte ich, weil ich es für wichtig halte, weil das ein zentraler Punkt der ganzen Verhandlungen ist, gern noch einmal die Protokollerklärung verlesen, die als Anlage 2 der Beschlussempfehlung beiliegt: „Protokollerklärung zu § 18 Abs. 2 Satz 4 des Gesetzes zur Umsetzung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch.“

Mit Blick auf die aktuellen bundespolitischen Entwicklungen wird für die CDU-/SPD-Koalition folgende Erklärung zu § 18 Abs. 2 gegeben:

Ziel der gesetzlichen Bestimmung ist es, die Weitergabe der eintretenden Wohngeldentlastungen an die Kommunen sicherzustellen.

Der Bund hat das Revisionsverfahren zu Hartz IV eingeleitet. Der Bund hat in einer Besprechung am 28.04.2005 ausdrücklich eingeräumt, dass die nach der Anlage zu § 46 Abs. 9 SGB II ermittelten Einsparungen nicht die tatsächlichen Wohngeldentlastungen der Länder abbilden. Vor diesem Hintergrund verhandeln derzeit alle Bundesländer mit dem Bund über eine Neuregelung des Berechnungsverfahrens. Es ist nicht absehbar, ob ein anderes Berechnungsverfahren erreicht werden kann, das die tatsächlichen Einsparungen des Landes sachgerecht darstellt.

Es ist zwischen allen Beteiligten unstrittig, dass es sich bei der Kann-Bestimmung des § 18 Abs. 2 Satz 4 des Gesetzentwurfs mit Ihrem Verweis auf Großbuchstaben C Nr. 1 der Anlage zu § 46 Abs. 9 SGB II um einen dynamischen Gesetzesverweis handelt und die sich daraus ergebenden Berechnungsmethoden das Ob der Anwendung der Kann-Bestimmung regeln.

Die Höhe der Beträge für die Weitergabe der mit den kommunalen Landesverbänden auszuhandelnden Wohngeldentlastungen an die Kommunen ab dem Jahr 2007 bleibt letztlich dem Gesetzgeber auch im Interesse der kommunalen Ebene mit einer gesetzlichen Regelung vorbehalten.

Ich hoffe, dass ich mit dem Verlesen dieses Protokolls noch etwas zur Klarheit beigetragen habe, da dies von vielen angesprochen und nur teilweise zitiert wurde und damit auch die hier Zuhörenden einmal den kompletten Inhalt gehört haben.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Gerlach, über diese Protokollerklärung ist aber im Ausschuss nicht abgestimmt worden.

Nein, sie ist zu Protokoll gegeben worden.

Meine Damen und Herren! Entsprechend § 44 Abs. 5 Satz 3 der Geschäftsordnung schlage ich Ihnen vor, über den Gesetzentwurf artikelweise in der Fassung, wie Sie durch den Ausschuss vorgeschlagen wurde, zu beraten und abzustimmen. Wenn es dagegen keinen Widerspruch gibt, verfahren wir so.

Aufgerufen ist das Gesetz zur Umsetzung des Gesetzes zur Einordnung des Sozialhilferechts in das Sozialgesetzbuch, das ist die Drucksache 4/0800, Gesetzentwurf der Staatsregierung. Wir stimmen ab auf der Grundlage der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Soziales, Gesundheit, Familie, Frauen und Jugend in der Drucksache 4/1919.

Wir stimmen zunächst über die Überschrift ab. Wer der Überschrift zustimmen kann, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei Stimmenthaltungen und Gegenstimmen ist der Überschrift mehrheitlich zugestimmt worden.

Ich rufe auf Artikel 1, Änderung des Sächsischen Gesetzes zur Ausführung des Sozialgesetzbuches. Hier können wir über die Ziffern 1 bis 7 im Block abstimmen. Wer dem seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Danke. Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer größeren Anzahl von Gegenstimmen ist dem Artikel 1 unter den Nummern 1 bis 7 mehrheitlich zugestimmt worden.

Ich rufe auf die Nr. 8. Dazu gibt es eine Reihe von Änderungsanträgen. Zunächst zur Drucksache 4/2350, Änderungsantrag der FDP-Fraktion. Wer möchte ihn einbringen? – Frau Abg. Schütz, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich hatte es vorhin bereits in meinen Ausführungen gesagt: Die FDP lehnt die Umbenennung des Landeswohlfahrtsverbandes in Kommunalen Sozialverband ab. Wir beziehen uns dabei ebenso auf die Äußerungen des Sächsischen Städte- und Gemeindetages bzw. des Sächsischen Landkreistages, die dies mittragen. Begründen wollen wir es tatsächlich so, dass es in diesem Sinne keine Begründung für diese Umbenennung gibt. Es wurde nirgendwo etwas Stichhaltiges gesagt. Auch in der heutigen Diskussion konnte nirgendwo dargestellt werden, warum der Landeswohlfahrtsverband einer Umbenennung bedarf. Ich denke, die Klarheit hat sich in den letzten zwölf Jahren seines Bestehens bereits herausgebildet, was der Landeswohlfahrtsverband in Sachsen bedeutet.

Wir haben uns ebenso darüber abgestimmt, dass wir diese Notwendigkeit insgesamt nicht sehen. Wir sind noch einmal auf die Kostenfrage eingegangen, und wenn wir sehen, wie viele Gesetze allein schon wegen dieser Umbenennung geändert werden müssen, dann ist der Aufwand hier sehr deutlich zu sehen und mit den Zahlenangaben, die vom Ministerium genannt wurden, nicht in Übereinstimmung zu bringen.

Wir lehnen daher diese Umbenennung ab.

(Beifall bei der FDP, der PDS und den GRÜNEN)

Gibt es dazu Wortmeldungen? – Herr Prof. Schneider.

Frau Präsidentin! Wir werden diesen Änderungsantrag wie alle weiteren Änderungsanträge, die auf Ablehnung der Namensänderung abzielen, ablehnen. Frau Schütz hat den Sachverständigen Jacob vom Landkreistag zitiert. Richtig ist, dass Herr Jacob geäußert hat, der Name sei keine Erfindung des Sächsischen Landkreistages. Derselbe Sachverständige hat allerdings in der öffentlichen Anhörung auch ausgeführt: „Die Grundkonzeption eines kommunalen, überörtlichen Trägers hat sich bewährt. Die Qualität der Versorgung ist im bundesdeutschen Maßstab sehr gut.“ Er hat auch von einer fairen Partnerschaft – wie im Übrigen auch alle anderen Sachverständigen – gesprochen.

Wenn er selbst schon vom kommunalen und überörtlichen Träger redet, dann ist natürlich die Namensänderung, wie im Gesetz angelegt, folgerichtig und die Beibehaltung des Namens „Landeswohlfahrtsverband“ wäre nichts anderes als ein Missverständnis. Soweit es um Zahlen geht, die vom Ministerium in aller Deutlichkeit genannt worden sind, hat Frau Schütz auch keine signifikant anderen Daten genannt, das muss man auch sagen.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt weitere Wortmeldungen dazu. Herr Abg. Hahn.

Frau Präsidentin! Wenn ich noch Zweifel gehabt hätte, ob der FDP-Antrag richtig ist, dann bin ich nun nach den Ausführungen des Kollegen Schneider überzeugt, dass es notwendig ist, den Namen beizubehalten. Deshalb wird die PDS-Fraktion zustimmen.

(Zurufe der Abg. Rita Henke, CDU, und Volker Bandmann, CDU)

Ich kann keine weiteren Wortmeldungen erkennen, meine Damen und Herren. Dann rufe ich zur Abstimmung den Änderungsantrag der FDP-Fraktion in der Drucksache 4/2350 auf. Wer diesem Antrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke. Wer stimmt dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einer großen Anzahl Für-Stimmen ist dieser Änderungsantrag dennoch mehrheitlich abgelehnt worden.

Es gibt einen weiteren Änderungsantrag in der Drucksache 4/2352. Es ist ein Antrag der PDS-Fraktion. Ich bitte um Einbringung. Herr Abg. Scheel, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sie erlauben mir, dass ich von vorn spreche. Ich würde auch gleich alle vier Änderungsanträge der PDS-Fraktion einbringen bzw. zumindest die drei Änderungsanträge zum Artikel 1 – nur, damit uns nicht wieder vorgeworfen wird, wir würden Verzögerungstaktik betreiben. Meine Damen und Herren! Die PDS-Fraktion hat in diesem Antrag vorgeschlagen, den in Rede stehenden

Betrag in Höhe von 50 Millionen Euro für die Kommunen als Ausgleich für die Wohngeldzahlungen auf 100 Millionen Euro aufzustocken.