Herr Weichert ist gerade nicht anwesend, aber er hatte vorhin gesagt, dass die AKP-Länder jetzt mehr Möglichkeiten haben, ihre Produkte international besser vermarkten zu können, also mehr Zugänglichkeit zu erhalten. In den Dritte-Welt-Ländern herrschen bei der Landwirtschaft noch feudalistische Zustände, die wir aus dem Mittelalter kennen. Es gibt Großgrundbesitzer, die die Menschen für Hungerlöhne arbeiten lassen. Ich finde es nicht gerade besonders grün, wenn wir diese Zustände noch fördern wollen.
Meine Damen und Herren, merken Sie sich eines: Stirbt der Bauer, stirbt das Land. Dieser Politik werden wir von der NPD-Fraktion ganz vehement widersprechen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich komme gleich zu den angesprochenen AKP-Ländern. Sie haben gar keine Chance, etwas anderes zu exportieren und Geld zu verdienen. Das hat Herr Günther vorhin angesprochen. Deshalb ist in der Zuckermarktreform ein Zugang für diese Länder eingebaut worden. Die Befürchtungen sind meiner Meinung nach unbegründet. Zur Überproduktion, die auch Herr Weichert angesprochen hatte. Soviel ich weiß, liegen zurzeit 270 000 Tonnen Zucker in europäischen Lagern. Das sind, wenn man es einmal umrechnet, 600 Gramm pro Einwohner. Ob das so eine Riesenüberproduktion ist, weiß ich nicht. Jeder sollte einmal zu Hause in seinen Schrank schauen. Vielleicht lagert dort sogar noch mehr. Diese Feststellung möchte ich also etwas zurückweisen.
Wir müssen uns ganz einfach entscheiden. Dabei geht es nicht zuerst um die AKP-Länder, sondern der größte Zuckerexporteur der Welt ist inzwischen Brasilien mit extrem steigenden Zuwachsraten. Dort wird wirklich unter Raubbau an der Natur, am Boden und auch unter schlimmen Arbeitsbedingungen Zucker produziert. Wir müssen einfach entscheiden: Ist es uns, ist es unserer Gesellschaft etwas wert, den Zucker bei uns unter hohen Qualitätskriterien und auch unter sozialen Aspekten zu produzieren, oder wollen wir den billigen brasilianischen Zucker importieren? Ich bin der Meinung, wir sollten dem Antrag der beiden Fraktionen der CDU und SPD zustimmen, damit das Letztere nicht eintritt.
Meine Damen und Herren, wir kommen zu den Abstimmungen. Wir haben bekannterweise zwei Anträge. Wir beginnen mit dem Antrag der Fraktion der NPD. Dazu gibt es einen Änderungsantrag, und zwar eine Ergänzung. Herr Paul, möchten Sie den Antrag einbringen? – Jawohl. Herr Abg. Paul.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den beiden eingereichten Änderungsanträgen der NPD-Fraktion – ich bringe gleich beide ein – können Sie entnehmen, dass wir einen Kurswechsel wollen und uns auch nicht scheuen, das konkret zu sagen. Wir fordern dazu auf, der übernationalen, überstaatlichen Institution WTO den Gehorsam aufzukündigen und deren
Weiterhin fordern wir, mittelfristig die heimische Zuckerwirtschaft zunehmend unter dem Gesichtspunkt energiewirtschaftlicher Nutzeffekte zu betreiben. Ich denke insbesondere an die Bioäthanolgewinnung zur Beimischung bei Otto-Kraftstoffen und eine damit einhergehende Konzentration auf den Ausbau der Marktanteile des Biokraftstoffes. Als Marktregulierungsinstrument möge dafür eine nationale Zuckermarktordnung beschlossen werden, um von fremdbestimmtem Diktat unabhängig zu sein.
Wir wollen also den Kurswechsel und bitten trotz der vorhergehenden ablehnenden Äußerungen einiger Fraktionen um Zustimmung.
Wir haben zwei Änderungsanträge mit gleichem Inhalt eingebracht, einen zum Antrag der NPD-Fraktion und einen zum Antrag der CDU-Fraktion. Bevor jemand anders „Hier!“ ruft, möchte ich darauf hinweisen, dass uns in der Begründung des Änderungsantrages zum Antrag der NPD ein kleiner Fehler in der Formulierung unterlaufen ist. Es handelt sich um unseren Antrag und nicht um den der Koalition. Das bitte ich dabei zu berücksichtigen.
Gibt es Aussprachebedarf zu diesem Änderungsantrag? – Das ist nicht der Fall. Dann stelle ich den Änderungsantrag der NPDFraktion, der Ihnen in der Drucksache 4/2600 vorliegt, zur Abstimmung. Wer diesem Änderungsantrag folgt, melde sich bitte jetzt. – Die Gegenstimmen! – Die Stimmenthaltungen! – Ohne Enthaltungen und bei einigen ProStimmen wurde der Änderungsantrag mit großer Mehrheit abgelehnt.
Wir kommen zum Originalantrag der NPD-Fraktion in der Drucksache 4/0751. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe! – Die Enthaltungen! – Gleiches Abstimmungsverhalten. Der Antrag ist mit großer Mehrheit abgelehnt worden.
Meine Damen und Herren, wir kommen zur zweiten Drucksache, zum Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD in der Drucksache 4/2187. Dazu hat die NPDFraktion ebenfalls einen Änderungsantrag eingebracht. Gibt es hierzu Aussprachebedarf? – Dann stimmen wir über den Änderungsantrag in seiner Neufassung ab. Er liegt Ihnen in der Drucksache 4/2601 vor. Wer diesem Änderungsantrag folgt, den bitte ich um das Handzeichen. – Die Gegenprobe! – Die Stimmenthaltungen! – Es gibt keine Enthaltungen. Zum dritten Mal haben wir das gleiche Stimmverhalten. Der Änderungsantrag ist abgelehnt.
Wir kommen zum Original. Ich lasse abstimmen über die Drucksache 4/2187, also den Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Die Gegenstimmen! – Die Stimmenthaltungen! – Bei einer größeren Anzahl von Stimmenthaltungen und einigen Gegenstimmen ist diesem Antrag zugestimmt worden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte mein Abstimmungsverhalten begründen. Ich habe mich der Stimme enthalten, obwohl ich zunächst dazu neigte, dem Antrag der Koalition zuzustimmen im Sinne einer Hilfe für Bauern, die einem doch ziemlich gravierenden Strukturwandel ausgesetzt sind. Herr Weichert hat mich aber mit seinem Beitrag nachdenklich gemacht. Es ist keine wirkliche Hilfe und man
kann nicht, nur weil man es sich leisten kann, permanent auf Kosten anderer leben. Herr Schmidt, wenn wir Überproduktion weiter so subventionieren, dann wird Brasilien immer gezwungen sein, in dieser unsäglichen Art und Weise Zucker auf den Weltmarkt zu bringen. Auf eine solche Weise werden wir dieses Vorgehen nicht beenden.
Die Zuckermarktordnung der Europäischen Union ist 37 Jahre alt. In diesen 37 Jahren unterlagen die internationalen Handelsbeziehungen fundamentalen Veränderungen. Der in der EU gezahlte Zuckerpreis liegt um ein Vielfaches über dem Weltmarktpreis. Im Lichte der heutigen Globalisierung ist ein abgeschotteter Markt, wie ihn der europäische Zuckermarkt fast vier Jahrzehnte darstellte, nicht mehr zu halten. Insofern kam es nicht überraschend, dass die Welthandelsorganisation WTO im April zumindest Teile der europäischen Zuckermarktordnung als unzulässig eingestuft hat. Ich stimme deshalb Frau Kommissarin Fischer-Boel grundsätzlich zu, dass eine Reform des europäischen Zuckermarktes – auch im Hinblick auf die Reform der europäischen Agrarpolitik – überfällig war. Will man die Zuckerproduktion in der EU noch halten, muss man sich bewegen. Einzig in der Umsetzung der Reform bestehen noch einige Meinungsverschiedenheiten. Die EU plant beispielsweise Preissenkungen für Zucker und Zuckerrüben von über 40 %. Man muss weder Prophet noch Fachmann sein, um vorauszusagen, dass dies die Existenz der deutschen Rübenanbauer und Zuckerfabriken bedrohen wird. Ich – und da sind sich auch die Landwirtschaftsminister der unionsgeführten Länder einig – halte eine Preissenkung von 40 % für zu hoch. Gleichwohl sage ich aber auch, dass die Rübenanbauer um eine Preissenkung nicht herumkommen werden. Aber man muss Ihnen die Chance geben, dass sie ihre Betriebe darauf einstellen können, und zwar etappenweise. Vor allem müssen die Einkommensausfälle angemessen ausgeglichen werden. Ich begrüße es daher, dass die EU vorschlägt, 60 % der Einkommenseinbußen der Rübenerzeuger über entkoppelte Direktzahlungen auszugleichen. Aber dieser Ausgleich muss auch eine angemessene Zeit lang gezahlt werden. Man kann ein Unternehmen nun einmal nicht von heute auf morgen komplett umorganisieren. Ich fordere Ausgleichszahlungen bis mindestens 2013 – für den Zeitraum der finanziellen Vorausschau.
Landwirtschaft braucht verlässliche Rahmenbedingungen. Dafür und für eine Korrektur des bestehenden Vorschlags der Kommission werde ich mich gemeinsam mit den Unionsagrarministern auf EU-Ebene massiv einsetzen.
Schon in Kürze werden viele Zuckerproduzenten aus Drittländern auf den europäischen Markt drängen, insbesondere aus den Entwicklungsländern. Es muss auch unser Anliegen sein, einen unkontrollierten und ruinösen Zuckerhandel zu vermeiden, auch im Interesse der Entwicklungsländer. Deshalb plädiere ich dafür, dass die EU mit den Entwicklungsländern Mengenbegrenzungen vereinbart.
Ich begrüße im Übrigen, dass die Kommission darüber nachdenkt, über einen Umstrukturierungsfonds den Herauskauf von Quoten auf dem europäischen Zuckermarkt zu erreichen. Damit wird es der Zuckerwirtschaft ermöglicht, Zuckerquote gegen Entschädigung in Höhe von 730 Euro je Tonne abzugeben. Auf diese Art und Weise will die EU erreichen, dass die Zuckerquote auf freiwilliger Basis gesenkt wird.
Durch die aktuellen Vorschläge des Entwurfes der Kommission zur Reform der Zuckermarktordnung wird die Zuckerrübe gegenüber dem ersten Reformvorschlag noch weiter an Wettbewerbskraft verlieren. Nach dem derzeitigen Kenntnisstand ist aber kein landwirtschaftlicher Betrieb in Sachsen allein deshalb von Stilllegung bedroht.
Die sächsischen Zuckerfabriken Delitzsch und Löbau wurden aufgrund von Rationalisierungsmaßnahmen der Südzucker AG Mannheim/Ochsenfurth bereits 2001/ 2002 geschlossen und damit gibt es in Sachsen keine Zuckerindustrie im eigentlichen Sinne. Unsere Landwirte liefern ihre Zuckerrüben an Zuckerfabriken in anderen Bundesländern. In Sachsen erwarte ich deshalb keine betrieblichen Verwerfungen.
Unabhängig davon setzt sich die Staatsregierung dafür ein, dass eine Zuckergrundquote in Deutschland und damit auch in Sachsen verbleibt, um ebenfalls die für Sachsen relevanten Zuckerfabriken zu erhalten.
Der Einbringer erhält zuerst das Wort. Danach folgen CDU, PDS, SPD, NPD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie möchte.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf der Uhr sind noch 15 Minuten angezeigt. Keine Angst, ich werde nur einen Bruchteil dieser Zeit benötigen.
Über das Thema „Längeres gemeinsames Lernen und Gemeinschaftsschulen“ haben wir hier schon oft diskutiert. Das war sicherlich auch einer der umstrittenen Punkte bei der Suche der beiden Koalitionspartner nach einem gemeinsamen Weg in der Bildungspolitik. Aber dieser Punkt wurde in der Koalitionsvereinbarung festgeschrieben. Dort ist festgelegt, dass Gemeinschaftsschulen mit unterschiedlichen Formen längeren gemeinsamen Lernens in der Sekundarstufe I und schulformübergreifende Kooperationen ermöglicht werden.
Wir sind der Meinung, dass bei diesem Thema schnell Klarheit geschaffen werden muss, denn es ist zu Irritationen gekommen. Die Schulen, die Schulträger und auch die Eltern fordern Klarheit über die Rahmenbedingungen. Das ist aus unserer Sicht zu bewerkstelligen, indem wir über die Mindestanforderungen für das pädagogische Konzept, über die schulrechtlichen Anforderungen für die Einrichtung und den Betrieb informieren – ich nenne als Stichworte Abschlüsse entsprechend den Vorgaben der Kultusministerkonferenz und die Einhaltung der Regeln des Schulgesetzes – und natürlich über die generelle Einordnung des Schulversuchs in das bestehende Schulsystem inklusive der Regelung des Übergangs zu anderen Schulformen.
Ich will für die FDP klar betonen, dass das längere gemeinsame Lernen für uns nur ein Baustein für eine nachhaltige Qualitätsverbesserung und auch für den Abbau sozialer Benachteiligungen ist. Schulversuche – und ich glaube, auch in diesem Punkt sind wir uns einig – werden das Schulsystem nicht revolutionieren, aber sie sind ein richtiger Schritt, der in der Praxis erfolgt.
Wir als FDP wollen nicht vorgeben, wie etwas im Detail realisiert werden soll, sondern wir wollen einen Rahmen für das vorgeben, was selbstständig an einer Schule im Falle eines längeren gemeinsamen Lernens entwickelt und umgesetzt wird. Die Schulen bekommen damit ein hohes Maß an Freiheit, aber auch eine hohe Verantwortung. Damit das funktioniert – das sage ich auch klar –, müssen aber die pädagogischen Konzepte vor Ort entwickelt werden, denn auch nur dort werden sie mit Leben ausgefüllt. Dafür benötigen wir Eckpunkte.
Rein zufällig natürlich am heutigen Tag. Aber wir unterstützen natürlich gern die Regierungskoalition und helfen etwas, damit man vorankommt und sich vielleicht nicht so lange streitet. Wir hoffen, dass damit die Schulversuche pünktlich zum Beginn des Schuljahres 2006/ 2007 gestartet werden. Für uns ist das, wie gesagt, jetzt ein kleiner Schritt zur Weiterentwicklung des Schulsystems, der aber dennoch richtig und wichtig ist.