Die Republik und eine neue Bundesregierung, wie auch immer sie aussehen mag, kann sich nicht darauf ausruhen, dass die Ausgaben für Forschung und Bildung, Herr Dr. Schmalfuß, seit 1998 um 37,5 % gestie
gen sind. Wir können uns auch nicht darauf ausruhen, dass wir mit 2,5 % des Bruttoinlandsprodukts bei der Forschungsförderung einen für Industrieländer immer noch akzeptablen Platz erreicht haben. Wir wissen, dass das nicht ausreicht. Der Lissabon-Prozess verlangt hier völlig zu Recht bis 2010 eine viel größere Anstrengung.
Alle jetzt für die Regierungsbildung infrage kommenden Parteien – und deshalb, Herr Dr. Schmalfuß, haben wir Ihre Ausführungen mit dem klaren Plädoyer auch so besonders gern gehört – haben in ihren Programmen die Forschungsförderung an ganz vorderer Stelle formuliert.
Ich denke – da bin ich in Übereinstimmung mit vielen Kollegen aus den anderen Bundesländern und, wie ich nach dieser Debatte sagen kann, auch mit den Meisten von Ihnen –, dass wir darauf zu achten haben und es gemeinsam mit den Forscherinnen und Forschern unseres Landes erwarten, dass sich diese Programme in Regierungshandeln umsetzen. Denn die Bundesländer,
egal ob neue oder alte, haben nur eine Chance, sich im internationalen Wettbewerb durchzusetzen: wenn es gemeinsam mit dem Bund gelingt, eine Forschungspolitik zu machen, die uns in den nächsten Jahren eine Ausgangssituation verschafft, dass wir wirklich in unseren Unternehmen innovative Produkte haben, sodass wir zu einer Weiterentwicklung der Aspekte kommen, die Sie hier angesprochen haben. Dazu braucht es gemeinsame Anstrengungen mit der Bundesregierung und dafür, meine sehr geehrten Damen und Herren, kann der eine oder andere von Ihnen vielleicht noch etwas tun.
Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Damit ist die 1. Aktuelle Debatte, beantragt von den Fraktionen der CDU und der SPD, zum Thema „Forschungslandschaft Sachsen“ beendet.
Als Antragstellerin hat zunächst die Linksfraktion.PDS das Wort. Es folgen CDU, SPD, NPD, FDP, GRÜNE; Staatsregierung, wenn gewünscht. Die Debatte ist eröffnet. Ich bitte, das Wort zu nehmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In den Haushaltsverhandlungen – Sie werden sich daran erinnern, es ist noch nicht so lange her – haben wir als Linksfraktion mit den anderen Oppositionsparteien dafür gestritten, dass nicht so viele, eigentlich gar keine Haushaltsstellen im Lehrerbereich gestrichen werden sollten. Die Regierungsfraktionen, sowohl die CDU als auch leider die SPD, haben uns hier mehrfach im Plenum und im Schulausschuss erklärt, dass aufgrund des dramatischen Schülerrückgangs und der hervorragenden Schüler-LehrerRelationen eigentlich überhaupt keine Notwendigkeit besteht, die Anzahl der Lehrerstellen für die Vorgaben des Haushaltes zu erhöhen.
Wie sieht es nun zu Beginn des Schuljahres aus? Wie ist die Absicherung des Unterrichts wirklich gewährleistet?
Im Berufsschulbereich wurden 5 % planmäßiger Unterrichtsausfall zu Beginn dieses Schuljahres fixiert. Im vergangenen Schuljahr waren es 7 %. Ja, das ist wirklich eine Verbesserung, wie es der Staatsminister benannt hat. Aber eine Verbesserung, die davon ausgeht, dass der
Wir bemängeln in jedem Jahr – und die Wirtschaft unterstützt uns darin –, dass die Ausbildung der jungen Leute in den Berufsschulen nicht so erfolgt, wie die Wirtschaft es braucht. Es ist dringend notwendig, diesen Mangel abzuschaffen.
Sozialpädagogen im Berufsschulbereich sind im Schulgesetz seit einem Schuljahr fixiert. Aber sie stehen auch in diesem Schuljahr wieder nicht zur Verfügung. Ich berichtige mich: Es gibt einen Sozialpädagogen an einer Berufsschule in ganz Sachsen.
Kommen wir zu den Förderschulen. Das ist ein ganz sensibler Bereich. Diesem wird nach unserer Auffassung nach wie vor nicht die Aufmerksamkeit geschenkt, die er eigentlich braucht. 4 % planmäßiger Unterrichtsausfall – das ist im Vergleich zum vergangenen Jahr keine Verbesserung. Auch dort hatten wir diese Größenordnungen des planmäßigen Unterrichtsausfalls. Ein Ergänzungsbereich – ich will es noch einmal benennen: Das sind die Mög
lichkeiten, die den Schulen nach Verwaltungsvorschriften, also vom Gesetzgeber vorgegeben, für Arbeitsgemeinschaften, für Chor, für Sportaktivitäten, für zusätzliche Förderung in diesem Bereich besonders notwendig sind und auch für kleinere Gruppen- und Klassenbildung zur Verfügung gestellt werden sollten – existiert an den Förderschulen auch in diesem Jahr nicht. Auch die pädagogischen Unterrichtshilfen, die zum Unterricht zusätzlich zur Verfügung gestellt werden, um behinderte Kinder ganz besonders zu betreuen, sind in diesem Schuljahr wie auch im vergangenen Schuljahr nicht umfassend und vollständig ausgereicht, so wie es vorgeschrieben ist.
Aber damit es nicht immer heißt, die Linkspartei macht nur negative Zeilen – natürlich gibt es auch Positives im Förderschulbereich. In diesem Schuljahr werden zwei neue Fächer eingeführt: Informatik und Englisch. Das halten wir für sehr gut und unterstützen es ausdrücklich. Es hilft nichts, Herr Staatsminister, aber auch hier gibt es einen Wermutstropfen, denn es gibt an den Förderschulen keine ausgebildeten Pädagogen dafür. Also die Kollegen unterrichten und gleichzeitig gehen sie in eine Fortbildung, bei der sie sich das Wissen und die Qualifikation aneignen. Ich denke, diese Qualifizierung hätte man auch schon im Vorfeld machen können.
Kommen wir zu den Gymnasien, weil ich denke, dass es da am gravierendsten ist. Der Unterricht an den Gymnasien ist abgesichert, der Ergänzungsbereich – ich habe es gerade erläutert – nur zu 55 bis 82 %. Das sind übrigens alles Zahlen, die aus dem Hause des Kultus kommen. Der Ergänzungsbereich ist demzufolge nicht vollständig. Eine Fördernotwendigkeit für Schüler, die im vergangenen Jahr mit einem Durchschnitt von 2,5 an das Gymnasium gekommen sind – Sie werden sich erinnern –, wird überhaupt nicht zusätzlich vorgesehen. Wir sind der Auffassung, dass gerade diese Schüler eine besondere Fördermöglichkeit haben sollten und müssen. Aber jetzt: Die Kursbildung in den 11. und 12. Klassen ist bei 20 Schülern angesetzt. 20 Schüler als Minimum, in der Regel sind die Kurse wesentlich größer gestaffelt.
Jetzt habe ich noch eine Sache, die mir in der letzten Woche aufgefallen ist, weil ich denke, dass dies laut und deutlich gesagt werden muss. Im Gymnasium haben wir auch Kinder, die in Klassen integriert werden, also Integrationsklassen, die mit Behinderungen auch im Gymnasium sind, was wir ausdrücklich unterstützen und auch noch in einem größeren Maße gerne sehen möchten. In diesen Klassen ist nach Integrationsverordnung eigentlich eine Klassenstärke von 20 Schülern festgelegt. Ich habe in der vergangenen Woche bei mehreren Schulen im Gymnasialbereich feststellen müssen, dass 28 Kinder in diesen Klassen unterrichtet werden. Ich denke, dass es hier unbedingt notwendig ist, eine Überprüfung durchzuführen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Falken, ich hätte mir von Ihnen gewünscht, dass Sie auf das Thema Ihrer selbst gestellten Debatte etwas differenzierter eingegangen wären. Sie haben eigentlich nichts anderes gemacht als die Wiederholung einer Haushaltsdiskussion, die wir bereits hinter uns haben und in der wir Dinge, die Sie hier vorgetragen haben, bereits gefordert haben.
Meine Damen und Herren! Das Schuljahr hat mittlerweile vor drei Wochen weitestgehend problemlos und reibungslos begonnen. Insofern ist die Aktualität der von Ihnen beantragten Debatte einfach nicht nachvollziehbar. Die Botschaft, meine Damen und Herren, die sowohl von der Schulverwaltung, vom Kultusministerium wie auch von Praktikern zu Beginn des Schuljahres ausgesandt wurde, war eine ganz andere als die, die Sie hier versucht haben in großer Pauschalität zu vermitteln.
Meine Damen und Herren! Keiner kann leugnen, dass vergleichsweise unter schwierigen Bedingungen das Schuljahr vorbereitet werden musste. Anzumerken ist hier insbesondere der schmerzhafte, aber dennoch notwendige Anpassungsbedarf des Schulnetzes. Dieser wurde trotz der damit verbundenen Problemhaftigkeit, insbesondere auch unter Einbeziehung der Betroffenen vor Ort, mit Augenmaß vollzogen. Wichtig war und bleibt die Tatsache, meine Damen und Herren, dass trotz dieses Anpassungsprozesses in der Schulnetzplanung auch im aktuellen gegenwärtigen Schuljahr ein bedarfsgerechtes und leistungsfähiges Schulangebot vor Ort erhalten bleibt.
Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, einmal grundsätzlich deutlich feststellen: Wir haben keinen Grund, leistungsfähige Schulstrukturen, leistungsfähige schulische Angebote infrage zu stellen. Wir haben diesen Grund noch weniger nach den letzten Veröffentlichungen der Pisa-Studie. Sie haben noch einmal im Juli dieses Jahres eindrucksvoll vermittelt, dass die sächsische Schullandschaft sowohl leistungs- als auch konkurrenzfähig im nationalen und internationalen Vergleich ist.
Der Leistungsabstand Sachsens zu Finnland ist deutlich geringer als der zu Bremen und Nordrhein-Westfalen. Das hat auch Konsequenzen, meine Damen und Herren, für die Fortführung der aktuellen Bildungspolitik.
Herr Präsident, Kollege Colditz hat eben gesagt, dass der Unterricht bedarfsgerecht angeboten wird. Ich möchte von ihm gerne
wissen, ob es bedarfsgerecht ist, wenn es in Sachsen planmäßigen Unterrichtsausfall gibt, ob es bedarfsgerecht ist, dass der Ergänzungsbereich, der vorgesehen ist, nicht angeboten wird, und ob es bedarfsgerecht ist, wenn nicht einmal die Stundentafel, die vorgeschrieben ist, in allen Schulen Sachsens eingehalten wird, und ob das nicht das Mindeste ist, was eine Regierung sicherstellen müsste.
Herr Kollege Dr. Hahn, wir haben in der Haushaltsdiskussion, die von Frau Kollegin Falken angesprochen wurde, Voraussetzungen geschaffen, dass im Förderschulbereich und auch im Berufsschulbereich die Möglichkeit besteht, den Grundbedarf hundertprozentig abzusichern, und zwar einerseits durch die Bereitstellung von Mittelstellen im Berufsschulbereich – die sieben Millionen Euro, die dort ausgebracht worden sind –, und andererseits durch die Möglichkeit der Flexibilisierung in beiden Schularten in der Weise, dass aus anderen Schularten dort Stellen in Anspruch genommen werden können, um der Unterrichtsversorgung gerecht zu werden. Ich gehe ganz einfach davon aus, dass in der Eigenverantwortung der Regionalschulämter und letztlich auch unter Bezugnahme auf die regionalen Gegebenheiten vor Ort Lösungen gefunden werden, um die zurzeit noch vorhandenen Probleme auszugleichen.
Meine Damen und Herren! Ich hatte es gerade gesagt, dass die Bestätigung aus der Pisa-Studie uns veranlasst, auch weiterhin unsere Bildungspolitik im aktuellen Schuljahr fortzusetzen. Wir werden deshalb konsequent an den Prinzipien des Förderns und Forderns sowie der Leistungsorientierung festhalten, zumal damit auch dem vergleichsweise noch zu hohen Anteil leistungsschwacher Schüler am besten entsprochen werden kann.
Eine zweite Herausforderung, die letztlich den Schuljahresbeginn mit geprägt hat – es wurde schon darauf eingegangen –, ist natürlich die im Zusammenhang mit dem Bezirkstarif verbundene Stellenplananpassung. Bei allem Konfliktpotenzial, das eine Anpassung bzw. eine Absenkung des Beschäftigungsniveaus bei Pädagogen von 85 % bzw. nachfolgend 77 % beinhaltet, schafft die Regelung aber dennoch eine Grundlage zur bedarfsgerechten Unterrichtsversorgung und sorgt trotz des vorhandenen Schülermangels für Beschäftigungsgarantie. Gerade das Letztgenannte soll in der öffentlichen Diskussion nicht kleingeredet werden, denn es ist keine Selbstverständlichkeit.