Es hat keine besondere Leistungsfähigkeit. Die sozialen Unterschiede sind einfach zu gravierend. Herr Herbst sagte in seinem Beitrag: Es geht uns um die Gleichmacherei.
Herr Herbst, ich habe in Leipzig an einer Schule unterrichtet, an der alle Schüler einer ganzen Klasse in Armut leben. Ich weiß nicht, ob Sie sich das vorstellen können. So etwas gibt es in Sachsen. Wir haben Schulen, in denen ganze Klassenverbände in Armut leben. Schauen Sie sich das bitte einmal an. Bitte, Herr Staatsminister, sehen Sie sich die Schulen an, gehen Sie in die Klassen und schauen Sie, unter welchen Bedingungen diese Schülerinnen und Schüler leben!
Es reicht nicht, wenn wir an unseren Schulen einen Beratungslehrer für diese Aufgaben haben. Diese Lehrer haben noch viele weitere Aufgaben. Es reicht auch nicht, wenn wir die Zuweisungen von Lehrerstunden nur nach der Stundentafel und an den meisten Schulen nur nach dem Grundbereich – wie die Statistik auch in diesem Jahr wieder aussagt – ausreichen.
Der Schwerpunkt, den wir heute in unserem Antrag benennen, muss bei der Zuweisung von Lehrerstunden zunehmend eine größere Rolle spielen.
Solange es uns nicht gelingt, unsere Kinder und Jugendlichen inhaltlich, methodisch und materiell zu fördern, werden wir ihnen keine Chance geben.
Meine Damen und Herren! Wir sind in der zweiten Runde der Abgeordnetenaussprache. Gibt es seitens der Fraktionen jetzt noch Redebedarf? – Ich sehe das nicht. Herr Staatsminister Flath, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist jetzt eine Herausforderung, nach der Abg. Frau Falken zu sprechen.
(Beifall der Abg. Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Das sollte so sein!)
Wir haben den Antrag beantwortet. Der Abg. Colditz ist auf die vielen Möglichkeiten, die wir an unseren Schulen haben, eingegangen. Das Gleiche tat der Abg. Dulig. Ihnen ist wohl auch nicht entgangen, dass es feine Unterschiede gibt. Das ist natürlich so.
Herr Dulig, ich kann mit allem mitgehen. Aber Revolution an Schulen wird es mit mir wohl so nicht geben.
(Heiterkeit bei der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Das ist das Problem!)
Aber über Veränderungen und Verbesserungen kann man reden. Da haben wir auch schon vieles vereinbart.
Frau Falken, jetzt möchte ich auf Sie eingehen. Sie haben aus meiner Sicht ein so katastrophal verzerrtes Wahrnehmungsvermögen der Wirklichkeit,
dass ich nur hoffen kann, dass Sie nicht irgendwann wieder direkt auf Schülerinnen und Schüler treffen.
Natürlich ist Armut ein Problem, und natürlich setzen wir uns damit auseinander. Aber wenn wir den von Ihnen gebrauchten Armutsbegriff auf die DDR übertragen würden, dann wären alle in der DDR nicht nur arm, sondern bettelarm gewesen. Das muss zunächst einmal festgehalten werden.
(Starker Beifall bei der CDU – Zuruf von der CDU: Genau! – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Sie haben die Rechenart nicht begriffen!)
Insofern ist geradezu widersprüchlich, Herr Prof. Porsch, wenn Sie ausschließlich den Zusammenhang zwischen Armut, Einkommenshöhe und Bildungsmöglichkeiten und Bildungschancen herstellen. Diesen Zusammenhang gibt es zunehmend weniger. Vielmehr – und da bin ich sehr dicht bei Ihnen, Frau Herrmann von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – hängt es damit zusammen, wie bildungsnah oder -fern die Elternhäuser sind. Aber das ist nicht nur vom Geldbeutel abhängig.
Herr Staatsminister, Sie haben uns gerade vorgeworfen, wir hätten nur über den Geldbeutel gesprochen. Ist Ihnen entgangen, dass ich darüber gesprochen habe, wie sich Sprachkompetenz und -verhalten in bildungsfernen Schichten ausbilden? Das hat tatsächlich nicht nur etwas mit dem Geldbeutel zu tun. Werfen Sie uns nicht solche Sachen vor, wenn es nicht stimmt!
Wir können das insofern beenden, als ich Ihnen sogar Recht gebe, Herr Prof. Porsch, weil Sie in Ihrem Beitrag durchaus darauf eingegangen sind, dass wir auch aus Ihrer Sicht an den sächsischen Schulen akzeptable Dinge tun. Mich hat aber der Beitrag von Frau Falken so gereizt, weil er für mich wirklich völlig schief gewesen ist. Das wollte ich gerade rücken.
Jetzt komme ich zum Beitrag der Abg. Herrmann. Es ist wichtig, die jetzigen oder künftigen Eltern in Sachsen darauf hinzuweisen, welche Verantwortung sie für die Chancen ihres Kindes haben. Dort können wir für die Elternbildung viel mehr tun, obwohl es immer schwierig ist, genau an die Eltern heranzukommen, die es bitter nötig hätten.
Aber man kann durchaus hier im Hohen Haus einen Appell an die Eltern richten – und das hat nichts mit dem Geldbeutel zu tun –: Der größte Gefallen, den Eltern ihren Kindern tun können, ist eben, keinen Fernseher zur Unterhaltung ins Kinderzimmer zu stellen, sondern ihnen als Eltern die Beschäftigung mit Büchern, Natur und Lernmethoden vorzuleben.
Wir sehen – das ist, glaube ich, im Hohen Haus unstrittig – für den Kindergarten die Aufgabe auszugleichen. Aber – und da stimme ich mit Ihnen überein, Herr Herbst – wir sollten uns von vornherein nicht einbilden, dass der Staat durch sein Handeln in Kindergärten und in der Vorschule zu viel erreichen kann.
Die Vorschule haben wir gerade erst eingeführt. Man muss sie deshalb nicht gleich wieder kritisieren und sagen, dass alles nicht gut und ausreichend wäre. Wir können mit unseren Bestrebungen in Kindergärten und Vorschule bestenfalls erreichen, dass vorhandene Defizite gemindert werden.
Wenn wir einen größeren Schwerpunkt auf die Grundschule legen wollen, dann kann das nur dazu führen, dass wir Probleme mit verwahrlosten Elternhäusern – ich nehme diesen Begriff hier bewusst in den Mund – bestenfalls etwas korrigieren. Wir können es aber nicht ausgleichen. Diese Aufgabe wird natürlich für den Staat bleiben.
Ich kann es mir vorstellen, dass es der PDS Probleme bereitet, dass wir in der Pisa-Studie nun einmal gut abgeschnitten haben. Ich habe gesagt, dass es nicht mein Verdienst als Minister ist, dass wir im Sommer so gut abgeschnitten haben. Das ist vielmehr ein Verdienst der Schule und der Lehrerinnen und Lehrer.
(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD – Beifall der Abg. Cornelia Falken, Linksfraktion.PDS)
Frau Falken, Sie arbeiten seit Jahren im Schulsystem. Niemand sonst im Hohen Haus geht ans Pult und zieht den eigenen Berufsstand so in den Dreck. Das macht niemand sonst.
(Starker Beifall bei der CDU und der SPD – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Das ist doch Unsinn, was Sie erzählen!)