Protokoll der Sitzung vom 06.10.2005

(Dr. Fritz Hähle, CDU: Das hat der Duktus gezeigt!)

Frau Falken, Sie haben Ihre Rede mit der Äußerung begonnen, dass Sie den Beitrag von Herrn Colditz nicht nachvollziehen können. Da ging mir durch den Kopf, dass das nicht an Herrn Colditz liegen muss, sondern auch an Ihnen liegen kann.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Das kann aber auch an Herrn Colditz liegen! Das ist doch kein Stil!)

Sie haben weiter ausgeführt, dass die großen Defizite im sächsischen Schulsystem unbestreitbar seien und hier in der Vergangenheit viel versäumt worden wäre. Das waren sinngemäß Ihre Aussagen.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Können denn die Lehrer etwas dafür?)

Als Begründung kommt immer die gleiche Platte vom Teilzeitvertrag. Hier sollten Sie mal eine neue auflegen. Der Teilzeitvertrag gilt seit 1. August dieses Jahres.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Bei Grundschullehrern schon länger!)

Ich gebe zu, dass wir damit noch Schwierigkeiten haben. Das kann doch aber nicht für Defizite, die Sie in den vergangenen Jahren sehen, herangezogen werden.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Bei Grundschullehrern gilt der Vertrag seit Jahren!)

Über Verbesserungen lasse ich immer mit mir reden. Aber die Pisa-Studie 2003 bescheinigt uns in Sachsen, was

Bildungsergebnisse und soziale Herkunft betrifft, ein außerordentlich gutes Ergebnis.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Man muss sich das international anschauen! – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Deutschland ist da am Ende!)

Ihren Zwischenruf nehme ich zum Anlass, eines zu erklären: Sie vermitteln in der Öffentlichkeit immer den Eindruck, Deutschland sei Mittelmaß und Sachsen würde behaupten, unter den Blinden der Einäugige zu sein. Dann stellen Sie es immer so dar, als würden wir uns unter dem Mittelmaß der Bundesrepublik einordnen, als seien wir also noch ein bisschen schlechter. Ein Durchschnitt bildet sich aber in Deutschland aus vielen, vielen Werten. Die Unterschiede der einzelnen Bundesländer sind dabei riesengroß.

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage von Frau Bonk?

Ja.

Bitte, Frau Bonk.

Herr Kultusminister, sind Sie bereit zur Kenntnis zu nehmen, dass, wenn man die Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund und die Einflüsse davon herausrechnet, sich Sachsen nicht auf dem 3. Platz im deutschlandweiten Vergleich, sondern auf dem 7. Platz befindet, also nicht einmal unter den Einäugigen führend ist, und dass das eigentlich Anlass sein sollte, mit dem Lobgesang aufzuhören, sondern Maßnahmen zu ergreifen? Ist Ihnen das bekannt, und was tun Sie dagegen?

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Wie immer, Frau Bonk, versuche ich Ihnen zu folgen, auch wenn es mir nicht immer gelingt.

Jetzt wollen wir trotzdem noch einmal Folgendes festhalten. Ich verstehe ja, dass es Sie unheimlich ärgert, dass Sachsen gemeinsam mit Bayern und Thüringen, was Bildungsergebnisse – –

(Zuruf von der Linksfraktion.PDS)

Jetzt lassen Sie mich den Gedanken einmal ausführen und hören Sie zu!

und soziale Herkunft anbetrifft, in Deutschland führend ist und nicht nur in Deutschland. Sehen Sie sich die PisaStudie wirklich einmal an! Ich habe immer den Eindruck, Sie reden darüber und Sie sehen sie sich überhaupt nicht an.

(Beifall bei der CDU)

Wenn Sie sich diese einmal ansehen würden, dann würden Sie feststellen, dass inzwischen Sachsen mit Finnland, Japan, Kanada und Schweden in der Weltspitzengruppe ist.

(Beifall bei der CDU – Frau Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS: Wir sind die Besten!)

Damit stelle ich doch nicht in Abrede, dass andere Länder wie zum Beispiel Berlin oder Frankfurt ganz andere Probleme zum Beispiel auch mit Migranten haben als Sachsen. Das stelle ich doch nicht in Abrede. Dennoch ist es so, dass wir zunächst einmal in Sachsen ein sehr gutes Ergebnis erzielt haben. Das heißt für mich nicht auszuruhen, sondern das heißt, sehr darauf zu achten, dass wir in Zukunft nicht zulassen, dass Chancen für Kinder verbaut werden.

Wir haben mit unserem sächsischen zweigliedrigen Bildungssystem – ob das jemandem gefällt oder nicht; ich will dem nicht vorgreifen, denn in vier Wochen ist die Detailauswertung der Pisa-Studie von 2003 – durchaus ein geeignetes System, solchen Entwicklungen entgegenzuwirken, sie nicht auszugleichen, sondern entgegenzuwirken.

Ich will einmal auf Ihren Beitrag, Frau Schüßler, eingehen, das nun wieder einmal mit Schulschließungen in Verbindung zu bringen. Auch da gilt, dass Sie eine neue Platte auflegen könnten, denn wenn Sie schon über Schulschließungen in dem Zusammenhang sprechen – –

(Holger Apfel, NPD: Das war Ihre Platte!)

Meinen Sie vielleicht, es war Spaß, im ersten Halbjahr dieses Schulnetz anzupassen? Meinen Sie wirklich, das hat ja auch Freude gemacht?

(Holger Apfel, NPD: Man hätte ja das Schulgesetz ändern können!)

Ja, freilich, man könnte das Schulgesetz jedes Jahr ändern und die Zahl anpassen, bis wir irgendwann bei einer Klassengröße von fünf Kindern angekommen sind. Wenn man dort angekommen ist, wissen Sie, was dann passiert? Dann fällt die Schullandschaft auseinander, dann entwickeln sich insbesondere im ländlichen Raum Schulen, in die Kinder gehen, deren Eltern eben nicht so sehr auf die Chancen achten. Das wird dann zu einer Hauptschule und zu einer richtigen Schule mit allen sozialen Problemen, die sich damit ergeben. Die Eltern sagen dann, der Schulweg interessiert sie überhaupt nicht, weil das Kind nie wieder in seinem Leben nach dem Schulweg gefragt wird. Es wird nach seiner Ausbildung gefragt, und die Eltern würden dann die Kinder in die Kreisstadt bringen. Das ist der Grund, warum wir unsere Schulnetzanpassung durchgezogen haben. Das hat etwas mit Qualität und mit dem Thema dieses Tagesordnungspunktes zu tun.

(Beifall bei der CDU)

Noch ein Wort dazu. Wenn Sie jetzt vielleicht ausgerechnet im „Pressespiegel“ gesucht haben, wo Sie hier noch etwas mit Ausländern hineinpacken könnten, da haben Sie sich völlig vergriffen.

Ich habe mir viel Zeit genommen für Stiftungen. Es geht nicht um staatliches Geld. Es geht um Geld von Familien,

die Sie, aber vielleicht auch die Linkspartei als die großen Feindbilder sehen. Das waren Familien in Deutschland, die wirtschaftlich außerordentlich erfolgreich waren. Ausgerechnet diese Familien haben ihr Vermögen in eine Stiftung gelegt – diese Stiftungen werden selbstverwaltet – und sie sind auf die Idee gekommen, einen Wettbewerb um gute schulische Ergebnisse unter Migrantenkindern auszuloben. Ich habe lediglich diesen Wettbewerb im Freistaat Sachsen begrüßt und angeboten, dass wir die Infrastruktur der Schulbehörden nutzen können, um diesen Wettbewerb zu unterstützen. Aber das Geld, das dort eingesetzt wird, stammt aus Stiftervermögen. Das halte ich für sehr vorbildlich, und ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich zu bedanken.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Wir setzen hier genau an, Frau Bonk, dass nicht eines Tages unsere guten sächsischen Ergebnisse dadurch gemindert werden, dass das einmal zum Problem wird, denn Migrantenfamilien gehören auch dazu.

Somit schließt sich der Kreis. Ich glaube, wir haben in Sachsen bei diesem Thema einen guten Stand. Wir können vieles verbessern, das steht außer Frage.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Aber zum Verändern sind wir da!)

Ich denke, wir sind es den Kindern im Freistaat Sachsen schuldig, denn jeder soll hier eine Chance bekommen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. – Ergibt sich daraus noch einmal ein Aussprachebedarf seitens der Fraktionen? – Herr Dr. Hahn, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte zu einem Punkt gerne noch etwas sagen. Wir können hier politisch hart und kontrovers diskutieren, Argumente austauschen, auch scharf sein. Der Minister, der für Bildung und Schulen zuständig ist, hat eine Kollegin aus meiner Fraktion mit Vorwürfen konfrontiert, die völlig ungerechtfertigt waren, dass sie beispielsweise den Lehrerberuf mit Füßen oder in den Dreck getreten hätte.

Er hat zweitens als für Schulen zuständiger Minister gesagt, er möchte, dass diese Kollegin, die jetzt Mitglied dieses Hauses ist, nie wieder vor einer Klasse stehen bzw. nie wieder als Lehrerin auf eine Klasse treffen möge, wie er es formuliert hat.

Herr Minister, Sie haben das hier öffentlich getan. Ich fordere Sie hiermit auf, sich auch öffentlich bei Frau Falken zu entschuldigen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Für den Fall, Frau Abg. Falken, dass ich Sie persönlich verletzt habe, entschuldige ich mich hiermit. Darüber hinaus steht es, glaube ich, auch einem Minister zu, Hoffnungen zu äußern. Das war eine Hoffnung, die ich hier im Hohen Hause geäußert habe.