Protokoll der Sitzung vom 06.10.2005

Für den Fall, Frau Abg. Falken, dass ich Sie persönlich verletzt habe, entschuldige ich mich hiermit. Darüber hinaus steht es, glaube ich, auch einem Minister zu, Hoffnungen zu äußern. Das war eine Hoffnung, die ich hier im Hohen Hause geäußert habe.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Gibt es weiteren Aussprachebedarf? – Das ist nicht der Fall. Dann kommen wir zum Schlusswort. Frau Kollegin Falken, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Minister, ich nehme die Entschuldigung an, weil es mich wirklich getroffen hat. Ich bin schließlich schon 28 Jahre Lehrerin. Ich bin nicht vor 15 Jahren, sondern erst vor einem Jahr in den Landtag gekommen. Wenn wir schon Wünsche und Hoffnungen aussprechen – ich glaube mich erinnern zu können, dass Sie noch nicht vor einer Klasse gestanden haben. Vielleicht sollten Sie das einmal eine Woche lang tun. Ich würde Ihnen dann auch sagen, vor welcher, damit Sie nachvollziehen können, was ich hier heute gesagt habe.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Jetzt aber zum Schlusswort. Nach unserer Auffassung ist unserem Antrag überhaupt nicht Genüge getan, weil hier weder ein Bericht noch Maßnahmen klar und deutlich benannt worden sind, die dazu führen, dass die Bildungsarmut in Sachsen zukünftig wesentlich geringer sein wird. Deshalb gehen wir davon aus, dass dieser Antrag nicht für erledigt erklärt wird. Wir gehen sogar noch einen Schritt weiter, was sich in den nächsten Anträgen der Linksfraktion.PDS niederschlagen wird. Wir sind der Auffassung, dass eine Studie notwendig ist, um auch einmal territorial zu schauen, wie es in Sachsen aussieht, und dann gezielt und sinnvoll Möglichkeiten und Maßnahmen einzuleiten.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Danke schön. – Wir kommen zur Abstimmung. Da keinerlei Änderungsanträge vorliegen, stimmen wir jetzt ab über die Drucksache 4/1834. Wer dieser Drucksache zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön. Wer ist dagegen? – Danke schön. Es ist knapp, aber ich sehe von hier, dass es eine Mehrheit war, die diesen Antrag ablehnte, obwohl in großer Zahl zugestimmt wurde.

Damit ist der Tagesordnungspunkt 5 abgeschlossen.

Meine Damen und Herren! Es ist 13:09 Uhr. Wir sehen uns hier 14:10 Uhr nach der Mittagspause wieder. Ich werde pünktlich beginnen.

(Unterbrechung von 13:09 Uhr bis 14:10 Uhr)

Meine Damen und Herren! Die Mittagspause ist zu Ende. Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 6

Reform der Einstufung benachteiligter Gebiete in der Landwirtschaft

Drucksache 4/2384, Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD

Auswirkungen der Milchquotenpolitik im Freistaat Sachsen

Drucksache 4/2389, Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD

Hierzu können die Fraktionen wie gewohnt sprechen. Der Einreicher beginnt, und das ist in dem Fall die CDUFraktion. Bitte schön, Herr Abg. Heinz.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Benachteiligte Gebiete – das ist ein Fachbegriff, mit dem nur die wenigsten etwas anzufangen wissen. Hätte man im Frühjahr des Jahres 1990 die Bundesbürger danach befragt, hätten sicherlich viele diesen Begriff auf die zukünftigen neuen Bundesländer bezogen und damit in Verbindung gebracht. Genauso wie es damals erklärtes Ziel war und heute noch ist, aus diesen Gebieten blühende Landschaften zu machen, ist es natürlich auch heute wieder notwendig, daran festzuhalten. Um dies zu erreichen, wurde ein reichhaltiges Instrumentarium geschaffen, mit welchem die aufgelaufenen Defizite beseitigt werden sollen. Ich erinnere an Investitionszulage, Aufbauhilfe, Sonderbedarfszuweisungen, Solidarpakt bis hin zur so genannten Buschzulage.

Da ich als Vorsitzender des Arbeitskreises für ländlichen Raum, Umwelt und Landwirtschaft zu diesem Thema spreche, ist es nicht nur für Insider erkennbar, dass die benachteiligten Gebiete etwas mit der Landwirtschaft zu tun haben müssen. In der Tat wurde die Ausgleichszulage für die benachteiligten Gebiete vor rund 30 Jahren als Instrument geschaffen, das für eine gewisse Gerechtigkeit sorgt. Diese gewährt – gestaffelt nach den landwirtschaftlichen Vergleichszahlen – einen bestimmten Betrag, um die höheren Aufwendungen bzw. niedrigeren Erträge zu kompensieren, was nichts mit Gleichmacherei, wohl aber damit zu tun hat, dass das Land auch in den für agrarische Zwecke weniger geeigneten Gebieten weiter bewirtschaftet wird. Es wird offen gehalten – wie die Fachleute sagen – und droht nicht zu „verbuschen“, sodass die Ausgleichszulage scherzhafterweise eher als „Entbuschungszulage“ bezeichnet werden kann.

Zugleich lässt sich so ein Einkommen für die in der Landwirtschaft Beschäftigten sichern, die wiederum unverzichtbar für den Erhalt einer lebensfähigen Gemeinschaft im ländlichen Raum sind. Dies nützt nicht nur den Landwirten, sondern vor allem auch der Gesellschaft durch die Pflege und Erhaltung der Kulturlandschaft und die Sicherung einer tragfähigen Wirtschaftsstruktur in den ländlichen Räumen als Voraussetzung für andere Wirtschaftszweige, wie zum Beispiel den Landtourismus.

Allerdings sind die Mittel für die Ausgleichszulage in der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz im Zeitraum zwischen 1998 und 2004 von rund

335 Millionen Euro auf 205 Millionen Euro zurückgegangen. Gleichzeitig wurden die Fördertatbestände erheblich erweitert. Dies bedeutet, dass der deutliche Einkommensrückstand der Landwirte in den benachteiligten Gebieten zu einem immer kleineren Teil durch die Ausgleichszulage aufgefangen wird.

Der Freistaat Sachsen gab im vergangenen Jahr 13,79 Millionen Euro für benachteiligte Gebiete aus, denn derzeit treffen die EU-Kriterien für benachteiligte Gebiete auf ein knappes Drittel unserer landwirtschaftlichen Nutzfläche – das sind rund 356 000 Hektar – zu. Derzeit erhält also ein Landwirt in den benachteiligten Gebieten Sachsens eine Ausgleichszulage von durchschnittlich 39 Euro pro Hektar. Dies dürfte kaum mehr die Einkommensnachteile aufgrund der schwierigen Standortbedingungen ausgleichen.

Da in manch anderem Bundesland wie zum Beispiel Niedersachsen keinerlei Mittel für diesen Zweck ausgegeben werden, obwohl die Hälfte der Fläche benachteiligtes Gebiet ist, kann man daraus erkennen, dass für uns die flächendeckende Landbewirtschaftung nach wie vor ein wichtiges politisches Ziel ist. So wie sich die Lebensverhältnisse langsam angleichen und damit auch die Ursachen der Benachteiligung verschwinden, so sind natürlich auch die Förderinstrumente ständig zu überprüfen und anzupassen. So haben sich bereits – um auf das anfangs erwähnte Beispiel zurückzukommen – nach relativ kurzer Zeit die Lebensverhältnisse in diesem Teil Deutschlands so entwickelt, dass man auch nicht hier geborenen und aufgewachsenen Menschen zumuten konnte, ohne zusätzliche Erschwerniszulage hier zu arbeiten und zu leben, während auf anderen Gebieten – zum Beispiel bei der Infrastruktur – weitere Hilfen notwendig sein werden.

So ist es natürlich auch angebracht, die Zweckmäßigkeit der Ausgleichszulage zu hinterfragen, zumal mit der Einführung von Cross Compliance eine Mindestpflege vorgeschrieben wird, um die Landschaft offen und als Kulturgut zu erhalten. Damit wäre der Teil Entbuschung eigentlich nicht mehr über die Ausgleichszulage abzugelten.

Mindestpflege bedeutet aber lediglich, dass alle zwei Jahre einmal gemulcht werden muss. Damit ist jedoch keinerlei Wertschöpfung im ländlichen Raum verbunden. Somit gehört nicht die Zulage an sich auf den Prüfstand, sondern die Art und Weise der Umsetzung. Unbedingt dabei berücksichtigt werden sollten immens hohe Wirtschaftserschwernisse durch natürliche und klimatische Bedingungen. Unverzichtbar dürfte zudem eine stärkere

Investitionsförderung der Betriebe in diesen Regionen sein, die Arbeitsplätze gerade durch den Tierhaltungsbereich sichern. Denn jene Gebiete bedürfen größter Zuwendung, die mangels anderer Erwerbstätigkeiten eine hohe Abwanderung und damit einhergehend eine rückläufige Bevölkerungsentwicklung aufweisen.

Die EU hat im Juni 2004 Vorschläge zur Förderung für die zweite Säule ab 2007 vorgelegt. Danach soll sich die Förderung an drei so genannten Schwerpunktachsen orientieren. Die meisten bisherigen Fördermaßnahmen werden vom Grundsatz her fortgeführt und an einigen Stellen erweitert. Die EU-Kommission möchte aber auch eine Überprüfung bzw. Eingrenzung der benachteiligten Gebiete vornehmen und die Marktstrukturförderung auf kleinere Unternehmen bis zehn Millionen Euro Jahresumsatz begrenzen.

Durch den EU-Rechnungshof wurde die deutsche Festlegung von EU-benachteiligten Gebieten nicht gerügt, sodass unsere Forderung, sich bei der Neuabgrenzung an diesem System zu orientieren, berechtigt ist. Damit wären dann auch solche Horrorszenarien wie die Reduzierung von ursprünglichen 356 000 Hektar auf 16 000 Hektar in Sachsen vom Tisch.

Meine Damen und Herren, die Ausgleichszulage hat sich für uns als Ausgleich für Mehrkosten und Mindererträge in naturräumlich benachteiligten Gebieten bewährt und hat weiter ihre Berechtigung. Deshalb lohnt es sich dafür zu kämpfen, worum ich Sie herzlich bitte.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. – Für die SPD-Fraktion spricht Frau Dr. Deicke; bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit zwei großen EUReformen wurde in jüngster Vergangenheit einiges getan, um die Landwirtschaft der europäischen Region auf die kommenden Jahrzehnte vorzubereiten. Dabei geht es um die Frage einer stärkeren Marktorientierung, also vor allem um den Abbau marktverzerrender Subventionen, die nachteilige Auswirkungen auf die Weltmärkte und die Entwicklungsländer haben.

Klar ist, dass diese stärkere Marktorientierung auch einen zunehmenden Strukturwandel nach sich zieht. Natürlich muss dieser Strukturwandel auch finanziell abgefedert werden. Diese Abfederung erfolgt durch die so genannte Ausgleichszulage. Sie ist Ausgleich für Mehrkosten und Mindererträge für die Bewirtschaftung von Flächen und hat aus unserer Sicht grundsätzlich weiter ihre Berechtigung.

Aber sie hilft nicht nur den Landwirten, sondern auch der Gesellschaft, weil sie die Pflege und Erhaltung der Kulturlandschaft sowie die Sicherung einer tragfähigen Wirtschaftsstruktur im ländlichen Raum garantiert.

Meine Damen und Herren, im Rahmen der laufenden Beratung der ELER-Verordnung ist auch eine Reform der Einstufung der benachteiligten Gebiete in der Landwirtschaft geplant, für deren Bewirtschaftung Landwirte die Ausgleichszulage erhalten. Finanzielle Einbußen sind sehr wahrscheinlich, weil die EU-Kommission bereits eine Einschränkung der Förderung der Ausgleichszulage bzw. der Gebietskulisse für benachteiligte Gebiete und hier besonders der so genannten sonstigen Gebiete angekündigt hat.

Nach Plänen, die bis April 2005 gültig waren, hätten nur 5 % der landwirtschaftlichen Nutzflächen in Sachsen den besonderen Förderstatus erhalten. Den sächsischen Landwirten wären auf dieser Grundlage 12,5 Millionen Euro weniger an Ausgleichszulage gezahlt worden als im Moment.

Ich spreche im Konjunktiv, weil die EU-Kommission im Frühjahr ihren umstrittenen Vorschlag zur Neuabgrenzung der benachteiligten Gebiete zurückgezogen hat. Man kann sich sicher sein, dass die heftige Kritik der berufsständischen Organisationen und der Regierungen der Mitgliedsstaaten diesen Schritt verursacht hat. Die Neuregelung soll nun bis zum Jahre 2008 ausgesetzt werden. Damit behalten die Landwirte in benachteiligten Gebieten zunächst ihren Förderstatus.

Meine Damen und Herren! In Deutschland erfolgt die Kalkulation der Ausgleichszulage anhand der landwirtschaftlichen Vergleichszahl und ist so objektiv nachvollziehbar. Die Bemessung der Ausgleichszulage nach diesem System, das heißt nach der natürlichen Ertragsfähigkeit, wird sowohl von den Landwirten als auch von der Fachwelt akzeptiert, und das seit Jahrzehnten.

Das allein rechtfertigt aber nicht ein „Weiter so!“, vor allem nicht vor dem Hintergrund der EU-Osterweiterung. Dieses langjährig praktizierte und akzeptierte Verfahren der Bemessung sollte aber nicht, wie momentan von der EU-Kommission, grundsätzlich infrage gestellt werden.

Mittlerweile gibt es einen neuen Arbeitsstand bei der EU, der in unserem Antrag noch nicht berücksichtigt werden konnte. Nichtsdestotrotz ist es selbstverständlich, dass neuere Entwicklungen in die Betrachtungen einbezogen werden. Das sage ich in Richtung Linksfraktion.

Auch spricht nichts gegen eine komplexe Betrachtungsweise, was die Neuregelung im Gesamtzusammenhang der Förderinstrumente anbelangt. Deshalb bedarf es Ihres Änderungsantrags an dieser Stelle unseres Erachtens nicht. Stattdessen gilt es die Neuerarbeitung der entsprechenden EU-Richtlinie aktiv zu begleiten und sich im Sinne der sächsischen Landwirte einzusetzen. Ganz allgemein gilt es den Anforderungen der Zukunft offensiv und konzeptionell zu begegnen.

Das gilt speziell auch für den Milchsektor. Ohne eine Reform in diesem Bereich werden sich, wie eine Marktuntersuchung der Kommission zeigte, in den kommenden Jahren erneut große Überschüsse anhäufen. In zwei Schritten, mit der Agenda 2000 und der EU-Reform 2003,

wurden die Stützpreise unter anderem für Milch gesenkt und im Gegenzug direkte Einkommensbeihilfen für die Landwirtschaft eingeführt.

Der Anpassungsprozess steht uns bei der Milch aber noch bevor. Es ist allgemein bekannt, wie schwierig die Situation der Milchbauern ist. Nur sind auch hier die Konsequenzen der WTO-Beschlüsse zu sehen. Man kann den Leuten nicht die Philosophie einreden, über Mengenbegrenzungen ließen sich höhere Preise erzielen, zugleich aber in der WTO den Marktzugang erweitern. Hinsichtlich der Milchquote muss man sicherlich noch einmal intensiv über Vor- und Nachteile reden.

Auch wenn wir im Freistaat Sachsen an einem verhältnismäßig kurzen Hebel sitzen, ist es unser Ziel – und das wollen wir mit den vorliegenden Anträgen unterstützen –, die unternehmerische Seite der Landwirtschaft zu stärken. Deshalb lautet unser Fazit: Einfach nur „Weiter so!“ darf nicht die Devise der sächsischen Agrarpolitik sein; denn nichts ist so beständig wie die Veränderung.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Danke schön. – Die Linksfraktion wird – wie immer bei diesen Themen – durch Frau Altmann vertreten.