Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die NPD-Fraktion hat einen Antrag gestellt. Herr Abg. Apfel, Sie haben in Ihrem ersten Redebeitrag provozierend die Hoffnung geäußert, dass Sie Zustimmung zum
Antrag bekommen. Sie haben in Ihrem zweiten Redebeitrag eigentlich selbst die Begründung gegeben, warum im Hohen Haus Ihrem Antrag nicht zugestimmt werden kann und warum auch die Staatsregierung nicht empfehlen kann, Ihrem Antrag zuzustimmen. Ein Antrag besteht nicht nur darin, etwas abzuschreiben, sondern auch zu sagen, welches Anliegen man damit verbindet. Das haben Sie hier sehr deutlich zum Ausdruck gebracht.
Dass sich die Staatsregierung überhaupt zu Wort meldet, geht darauf zurück, dass Sie, Herr Dr. Hähle, darum gebeten haben, dass ich als zuständiger Minister mich dazu äußere. Es ist in der Tat so, dass Sie offene Türen einrennen. Ich halte es, und das erkläre ich für alle sächsischen Schulen, für eine Selbstverständlichkeit, dass die Schüler an sächsischen Schulen die Nationalhymne behandeln, lernen, auch singen. Genauso ist es eine Selbstverständlichkeit, und das Vertrauen sollten wir in unsere gut ausgebildeten Pädagogen haben, dass sie es altersgerecht tun. Dazu gehört die Grundschule, überhaupt keine Frage. Ich denke, auch ein Grundschüler, der gerade den Schulanfang hinter sich gebracht hat, sollte wissen, was mit dem 3. Oktober zusammenhängt. Er sollte natürlich auch wissen, welche Nationalhymne wir haben. So bieten unsere Lehrpläne ausreichend Möglichkeiten, mehrfach, jeweils altersentsprechend, die Geschichte und die Hintergründe den Schülern nahe zu bringen.
Das sage ich auch in Übereinstimmung mit den Schulleitern. Ich hatte gestern Abend Gelegenheit, in Chemnitz auf einer Konferenz mit 250 Schulleitern zu vielen Themen zu sprechen, unter anderem auch zum Thema Nationalhymne. Das ist eine Selbstverständlichkeit.
Ich will noch eines hinzufügen. Wir sollten immer beachten, dass Schüler auch das Vorbild Erwachsener suchen. So kann ich mich an manche Veranstaltung erinnern, auch im Hohen Hause, zum Beispiel am 3. Oktober, wo die Nationalhymne gespielt und gesungen wurde, bei Sportveranstaltungen ohnehin und bei Parteitagen. Ich besuche CDU-Parteitage. Auch dort ist es eine Selbstverständlichkeit. Ich glaube aber schon, dass es mehr Anlässe gibt, wo die Nationalhymne wieder eine Rolle spielen sollte. Mir fällt auch auf, dass es nur noch wenige Radiosender gibt, die im Programm auch einmal die Nationalhymne haben. Es ist nicht damit getan, dass Schüler die Nationalhymne an der Schule erlernen und singen, sondern ich glaube, Schüler suchen auch danach, dass sie tatsächlich in unserem Leben vorkommt. So verstehe ich im Übrigen auch die angestoßene Patriotismusdebatte meiner Partei.
Ich denke, das müsste an klaren Aussagen als Zusammenfassung ausreichen. Mit allem anderen, was hier an Debatten geliefert wurde, sollten wir am besten unsere Schulen verschonen, denn damit könnten unsere Schüler noch nicht entsprechend umgehen, zumindest in der Grundschule nicht.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn man sich den Verlauf der zurückliegenden Debatte ansieht, könnte man fast den Eindruck gewonnen haben, dies wäre eine Vorstellung des Zirkus Roncalli gewesen.
Ein Sozialdemokrat möchte ungerührt das Horst-WesselLied vortragen. Herr Hähle versucht, diesem Plenum zu erklären, warum seine Partei am letzten Wochenende einen völlig sinnidentischen Antrag wie den unseren gestellt hat, und versucht jetzt in haarsträubender Rabulistik, die einem fast Leid tun kann, zu erklären, warum seine Partei zurückrudern muss. Herr Hähle, ich kann nur feststellen: Sie haben das Rückgrat einer Amöbe, und Sie sind so glitschig wie ein fangfrischer Aal.
Was ich anführen möchte, um noch einmal auf unser Anliegen zurückzukommen: Wir erleben hier das traurige Beispiel für einen etappenweisen Verfall jeden Geschichts- und Kulturbewusstseins in diesem Land.
Ich möchte daran erinnern, dass 1952 in einem Briefwechsel zwischen Theodor Heuss und Konrad Adenauer beschlossen wurde, dass das dreistrophige Deutschlandlied die Deutsche Nationalhymne wird, wobei allerdings bei offiziellen Anlässen nur die 3. Strophe gesungen werden soll. 1991 gab es einen Briefwechsel zwischen Helmut Kohl und Richard von Weizsäcker, in dem festgelegt wurde, dass fortan nur noch die 3. Strophe Nationalhymne sein solle. Wie wir es wahrscheinlich in Kürze erleben werden, wird das „Hohe Haus“ noch nicht einmal in der Lage sein, sich dazu durchzuringen, unseren Grundschülern die Vermittlung des Deutschlandliedes zu ermöglichen. Das ist wirklich ein Ausdruck der Erbärmlichkeit dieser Geisteshaltung.
Die CDU-Fraktion mit ihrer Umfaller-Haltung hat wirklich die Hosen heruntergelassen. Was wir da sehen, ist ein politisch beschämender Anblick.
Ich möchte zum Abschluss sagen – obwohl das sicherlich niemanden in diesem Plenum umstimmen wird: Wenn Joseph Haydn und Hoffmann von Fallersleben diese Debatte verfolgt und dieses Maß an verächtlicher nationaler Verklemmtheit hätten miterleben müssen,
wären sie in tiefer Traurigkeit versunken. Aber das ist halt Ausdruck des Geisteszustandes in diesem Lande.
Ich möchte noch einmal dafür werben, endlich ein gesundes Verhältnis zur eigenen Nation und ihren Symbolen zu finden, politische Verklemmtheiten irgendwann einmal, gerade 60 Jahre nach Kriegsende, zu überwinden und ein Zeichen für einen gesunden Patriotismus zu setzen,
Damit jeder Abgeordnete noch einmal in sich gehen kann, beantrage ich namens meiner Fraktion eine namentliche Abstimmung. Ich möchte es Herrn Hähle anheim stellen zu prüfen, ob seine Fraktion eventuell noch einen fünfzehnminütigen Aussprachebedarf hat.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben das Ergebnis der namentlichen Abstimmung zu Drucksache 4/3220 vorliegen. Sie haben alle gehört, dass es keine Enthaltungen gab. Es gab 12 Jastimmen und 95 Neinstimmen. Demzufolge ist der Antrag mit übergroßer Mehrheit abgelehnt worden und dieser Tagesordnungspunkt ist beendet.
Der Einreicher hat wie immer das erste Wort, Herr Kollege Zastrow von der FDP-Fraktion. Danach folgen CDU, Linksfraktion.PDS, SPD, NPD, GRÜNE und die Staatsregierung, wenn sie das wünscht. – Herr Zastrow, bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich lade Sie zum Schluss dieses interessanten Tages ein, noch einmal ein Stück in die Realpolitik einzutauchen. Konkret geht es um die Steuerpolitik. Ich kann nur eines sagen: Thomas de Maizière hat Recht; zumindest wenn ich mich an seinen Auftritt gestern Abend bei Sandra Maischberger erinnere. Er hat nämlich gesagt: „Unser Land ist Pleite.“ Genau das stimmt.
Das ist unser Problem: Unser Land ist pleite. Wir haben in den letzten Jahren über unsere Verhältnisse gelebt. Wir haben schlichtweg mehr ausgegeben, als wir eingenommen haben.
Ich will Ihnen eins sagen: Wenn ein privater Haushalt so wirtschaften würde, wie es die Bundesrepublik Deutschland in den letzten Jahren gemacht hat, dann müsste dieser private Haushalt private Insolvenz anmelden. Wenn eine Firma so wirtschaften würde, wie es die Bundesrepublik seit vielen Jahren macht, würde es diese Firma mit Sicherheit nicht mehr geben. Dann wäre sie nämlich längst pleite.
Nun, meine Damen und Herren, ist guter Rat teuer, um die Staatsfinanzen wieder in den Griff zu bekommen. Die Ideen, die wir gerade jetzt dazu aus Berlin von den Koalitionsverhandlungen hören, gehen ja quer durch den
Gemüsegarten. Wir hören das, was wahrscheinlich kommen wird, nämlich eine Mehrwertsteuererhöhung, unter Umständen nicht nur 18 %, sondern man will gleich richtig zuschlagen. Wir werden wahrscheinlich 20 % bekommen. Ein weiteres Grusliges, was es gibt, ist die Einführung einer so genannten Reichensteuer. Interessant, was die bringen soll! Da muss man auch einmal ein bisschen darüber aufklären. Die Pendlerpauschale soll wahrscheinlich abgeschafft werden, auch die Eigenheimzulage. Vielleicht gibt es eine Pkw-Maut und, und, und. Das ist eine ganze Menge.
Eins sollte uns aber klar sein – wer es nicht weiß –: Unsere Staatseinnahmen werden nur relevant und nachhaltig steigen können, wenn unsere Wirtschaft wieder floriert, wenn wir Unternehmen haben, die wieder Steuern zahlen, wenn wir Unternehmen haben, die mehr Arbeitsplätze anbieten, und dort Menschen arbeiten, die, weil sie einen gut bezahlten Job haben, in die sozialen Sicherungssysteme einzahlen und am Ende auch über die Lohnsteuer Steuern bezahlen. Das sei hier nur am Rande bemerkt.
Während alle Welt also über neue Einnahmequellen nachdenkt, vergessen wir völlig, dass das Geld in einigen Bereichen eigentlich – ich möchte fast sagen: sprichwörtlich – auf der Straße liegt. Während wir über die Pendlerpauschale und anderes diskutieren, haben wir völlig aus dem Blick verloren, dass wir in der Bundesrepublik Jahr für Jahr Milliardensummen durch Steuerbetrug verlieren. Nicht so sehr durch die Trickserei des Einzelnen, die gibt es natürlich auch, sondern vor allem durch organisierte
Kriminalität im Bereich der Umsatzsteuer und da besonders durch die Umsatzsteuerkarusselle, die schlichtweg durch Scheinfirmen und Scheinrechnungen Jahr für Jahr den Staat um Milliardenbeträge betrügen. Genau in diese Richtung zielt unser Antrag.
Sehr geehrte Damen und Herren! Nach allgemein anerkannten Schätzungen werden dem Fiskus in der Bundesrepublik Deutschland pro Jahr etwa 20 Milliarden Euro durch Umsatzsteuerbetrug vorenthalten. Zum Vergleich: Die CDU hat im Bundestagswahlkampf die Mehrwertsteuererhöhung von 16 auf 18 % gefordert. Wenn die Mehrwertsteuererhöhung genau in diesem Maße kommen würde, würden theoretisch etwa 16 Milliarden Euro mehr in der Bundesrepublik eingenommen werden. Man sieht also, dass es sich bei diesen 20 Milliarden Euro keinesfalls um Peanuts handelt. Es ist eine ganz entscheidende Summe, die vielleicht die eine oder andere Belastung, die jetzt auf uns zukommt, unnütz machen würde, wenn man diesem Steuerbetrug vernünftig nachgehen würde.
Wie aus unserer Kleinen Anfrage – ich sage einmal die Nummer – 4/2674 hervorgeht, rechnet die Sächsische Staatsregierung damit, dass dem Landeshaushalt und den sächsischen Kommunen gemeinsam durch Umsatzsteuerbetrug etwa 500 Millionen Euro verloren gehen. Das sind 6 % der gesamten Steuereinnahmen, die wir im Freistaat Sachsen haben.