Protokoll der Sitzung vom 11.11.2005

Vor diesem Hintergrund werden die Schulen darauf hingewiesen, darauf zu achten, dass allgemeine Werbung für wirtschaftliche, politische, weltanschauliche und sonstige Interessen unterbleibt.

Da es sich hier um einen konkreten Fall handelt – Sie hatten gesagt, dass sich zwei Eltern beschwert hätten –, würde ich anraten, dass sich die Eltern an den Schulleiter oder an die Ethiklehrerin wenden.

Mir liegen keine Erkenntnisse vor – ich war natürlich nicht dabei –, dass es sich tatsächlich um einen missionarischen Auftritt gehandelt hat. Aus meinen Angaben geht das nicht hervor. Es kann natürlich sein, dass man so etwas unterschiedlich wertet. Ich schlage vor, dass man zunächst versucht, das an der Schule zu klären. – So weit zur Antwort.

Ich bedanke mich für die sehr sachliche Antwort.

(Uwe Leichsenring, NPD: Die wollen vielleicht noch CDs haben!)

Ich möchte aber doch noch nachfragen.

Sie wissen, dass es in dem Vorwort zu diesen Ausgaben und auch in anderen Äußerungen des Gideon-Bundes ausdrücklich als Aufgabe bezeichnet wird zu missionieren. Wenn eine solche Institution an die Schulen geht, noch dazu in den Ethikunterricht, könnte das doch mit der Richtlinie kollidieren, die Sie zu Recht hier vorgetragen haben.

Ich hatte, denke ich, in meiner Antwort anklingen lassen, dass es bei einer Einzelaktion durchaus möglich ist, dass man unterschiedliche Auffassungen hat.

Ich möchte zunächst feststellen, dass der Gideon-Bund weltweit organisiert ist, meines Wissens in mehr als 170 Ländern, und dass er es sich zur Aufgabe gemacht hat, zunächst Geld zu sammeln, um dann kostenlos die Bibel oder das Bändchen des Neuen Testaments insbesondere in Hotels auszulegen – das wird jeder schon einmal festgestellt haben –, sich dabei auf Krankenhäuser konzentriert und ebenso Schulen dazurechnet. Auch ich habe in Vorbereitung auf diese Beantwortung das Vorwort gelesen. Dort ist von missionarischen Anliegen die Rede. Nur heißt das nicht, und darauf hatte ich hingewiesen, dass in dieser Vereinbarung im Jahr 2000 ausdrücklich darauf verwiesen wurde, dass es durchaus im Interesse der Schule ist, wenn die Bibel oder das Neue Testament kostenlos durch den Gideon-Bund zur Verfügung gestellt werden. Das ist in Ordnung und zu begrüßen. Auf der anderen Seite ist eine Missionierung an den Schulen auszuschließen. Deshalb wird man es nur im Einzelfall, das will ich noch einmal sagen, bewerten können.

Danke schön.

Ich bitte Herrn Kosel, Linksfraktion.PDS, seine Frage an die Staatsregierung zu stellen; Frage Nr. 5.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine Frage bezieht sich auf den höheren Kohlendioxydausstoß in Sachsen.

Die Kohlendioxydemissionen in Sachsen sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen.

Daher meine Fragen an die Staatsregierung:

1. Hält es die Staatsregierung für angebracht, die Braunkohlenkraftwerke weiterhin von der Vorgabe des sächsischen Klimaschutzprogramms, den Kohlendioxydausstoß bis 2010 um 2,5 Millionen Tonnen zu senken, auszunehmen?

2. Welche Unterschiede gibt es beim Kohlendioxydausstoß zwischen den einzelnen Regionen, vor allem den beiden Regionen der Braunkohlen- und Energiegewinnung?

Für die Staatsregierung antwortet Herr Staatsminister Mackenroth.

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter! Zu Ihrer ersten Frage, ob die Staatsregierung dies für angebracht hält: Ja, dem ist so; die Staatsregierung hält das für richtig. Die quantitative Zielbestimmung zur CO2-Verminderung wurde 2001 im Klimaschutzprogramm bewusst nur für die Sektoren Verkehr, private Haushalte, Kleinverbraucher und die sonstige Industrie formuliert. Sie bezog sich auf das Vergleichsjahr 1998, für das damals die aktuellsten Emissionszahlen vorlagen. 1998 und 1999 waren bekanntlich die Jahre mit der niedrigsten Stromerzeugung aus Braunkohle in Sachsen. Alte Kraftwerke gingen gerade außer Betrieb und die weltweit modernsten, effizientesten Neubauten in Boxberg und Lippendorf waren bereits im Bau, aber noch nicht am Netz. Es hätte keinen Sinn gemacht, für diese Kraftwerke, bei denen kaum noch technische Reduktionspotenziale für CO2Emissionen vorhanden sind, Senkungsziele zu definieren.

Ähnliches gilt heute wieder. Wenn, wie von Vattenfall öffentlich angekündigt, ein weiterer Block in Boxberg errichtet wird, werden die CO2-Emissionen um jährlich etwa 4,4 Millionen Tonnen ansteigen. Dem könnte nur entgegengewirkt werden, wenn in Sachsen oder anderswo dafür ältere Kraftwerke stillgelegt würden, die wegen ihres ungünstigen Wirkungsgrades weniger wirtschaftlich sind. Sachsen hat sich politisch für die energetische Nutzung der Braunkohle als heimischen Energieträger zur Stromerzeugung entschieden, obwohl wir alle wissen, dass Braunkohle brennstoffbedingt höhere Emissionen als etwa Steinkohle oder Erdgas verursacht.

Dazu steht die Staatsregierung aus drei Gründen.

Erstens: Die Stromerzeugung aus Braunkohle trägt zur Versorgungssicherheit bei.

Zweitens: Sie mindert damit unsere Importabhängigkeit von Erdgas und Erdöl.

Drittens: Sie sichert dringend benötigte Arbeitsplätze in Mittel- und Ostsachsen.

Das sächsische Klimaschutzprogramm sieht allerdings einen Katalog von Möglichkeiten zur Senkung der Kohlendioxydemissionen in anderen Sektoren vor. Damit zeigt die Staatsregierung, dass auch Sachsen seinen Beitrag zum deutschen Klimaschutzziel leistet.

Damit zur zweiten Frage nach den Unterschieden zwischen den einzelnen Regionen. Die vorhandene Datenlage lässt eine regionale Differenzierung des Kohlendioxydausstoßes in Sachsen nicht zu. Wenn auch die Kohlendioxydemissionen der großen Kraftwerke aus dem Brennstoffeinsatz errechnet werden können und damit zuzuordnen sind, verhindern insbesondere die flächenbezogenen Emissionen des Verkehrs und der privaten Haushalte eine solche Betrachtung. Sie ist grundsätzlich wohl auch wenig sinnvoll, da Kohlendioxyd global wirksam ist.

Vielen Dank, Herr Staatsminister.

Herr Kosel, Sie können gleich Ihre nächste Frage an die Staatsregierung stellen; Frage Nr. 6.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine nächste Frage bezieht sich auf die Umsiedlung wegen des Tagebaus Nochten.

Für die geplante Umsiedlung von rund 260 Einwohnern von Trebendorf und Schleife wegen des Tagebaus Nochten wird mit der Standortsuche begonnen, teilte das Energieunternehmen Vattenfall mit. Die Befragung der betroffenen Bürger – siehe meine Kleine Anfrage zum Thema – sei abgeschlossen.

Daher meine Fragen an die Staatsregierung:

1. Welche Schlussfolgerungen ergeben sich aus Sicht der Staatsregierung aus den Antworten der Befragung?

2. Welche Auswirkungen sieht die Staatsregierung auf die Restgemeinden zukommen bezüglich Infrastruktur, Grundwasserstand, sorbische Traditionen etc.?

Es antwortet Herr Staatsminister Jurk.

Sehr geehrter Abg. Kosel! Die von Vattenfall Europe Mining durchgeführte Befragung dient als Grundlage für die Erarbeitung des „Sozialen Anforderungsprofils für die notwendigen Umsiedlungen im Abbaubereich des Tagebaus Nochten“. Die Befragung wurde zwischenzeitlich abgeschlossen. Das darauf aufbauende Anforderungsprofil ist durch Vattenfall Europe Mining bis zum 30. Juni 2006 vorzulegen. Das Ergebnis der Bürgerbefragung wird im Braunkohlenausschuss des Regionalen Planungsverbandes Oberlausitz-Niederschlesien am

17. November 2005 der Öffentlichkeit vorgestellt. Mitarbeiter der Staatsregierung werden dabei anwesend sein. Gegebenenfalls zu ziehende Schlussfolgerungen der Staatsregierung sind aber erst nach der Vorstellung möglich.

Mit der zweiten Frage erkundigen Sie sich nach den Auswirkungen des Tagebaues auf die Restgemeinden. Zuerst möchte ich darauf hinweisen, dass durch die Teilortsumsiedlung von Teilen der Gemeinden Trebendorf und Schleife 238 Einwohner betroffen sein werden. Das sind etwa 6 % von aktuell 4 011 Bürgern. Von daher sollte nicht von Restgemeinden gesprochen werden.

Nichtsdestotrotz ist mir bewusst, dass der Abbau im Tagebau Nochten teilweise erhebliche Auswirkungen haben wird. Diese Auswirkungen wurden in zahlreichen Untersuchungsberichten, Gutachten und Stellungnahmen untersucht. Die Ergebnisse sind in den Braunkohlenplan und in die Betriebsplanung eingeflossen. Ich bitte um Verständnis, dass ich hier nicht auf Details eingehen kann.

Um die Auswirkungen zu bewerten und sachgerechte Schlussfolgerungen zu entwickeln, wird gegenwärtig ein „Entwicklungskonzept für die Gemeinden Trebendorf, Schleife und Groß Düben unter den Bedingungen des langfristigen Braunkohlenbergbaus“ erarbeitet. Die Bearbeitung soll bis Juni 2006 abgeschlossen sein. Die Staatsregierung arbeitet in einem Beirat an diesem Projekt mit.

Vielen Dank, Herr Staatsminister.

Damit, meine Damen und Herren, sind alle Fragen gestellt und auch beantwortet. Wir können den Tagesordnungspunkt Fragestunde beenden.

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie darum, mit uns konform zu gehen, dass wir heute in unserer Tagesordnung ohne Mittagspause fortfahren.

Aus diesem Grund rufe ich auf den

Tagesordnungspunkt 5

Grenzüberschreitender Straßenverkehr im Freistaat Sachsen

Drucksache 4/2421, Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD, mit Stellungnahme der Staatsregierung

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen, zunächst die Einreicher CDU- und SPD-Fraktion, dann die Linksfraktion.PDS, NPD, FDP, Grüne und die Staatsregierung. Ich erteile den Fraktionen der CDU und der SPD als Einreicherinnen das Wort. Herr Abg. Lehmann, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist ein Skandal! Es ist ein Skandal, dass wir auch im Jahr zwei nach der europäischen Osterweiterung immer noch keine leistungsfähige Autobahnverbindung zwischen Sachsen und Polen sowie zwischen Sachsen und Tschechien haben. Dabei war der Beitritt unserer östlichen Nachbarn nicht etwa ein unverhoffter Akt der Willkür, er war lange vorbereitet und verfolgt eine ganz klare Zielrichtung. Von der erweiterten Europäischen Union versprechen wir uns neben größerer politischer Stabilität vor allem wirtschaftliche Wachstumsimpulse, und das auf allen Seiten.

Die Tschechen und die Polen versprechen sich einen besseren Marktzugang Richtung Westen. Wir versprechen uns einen besseren Markt im Osten und eine verbesserte Wettbewerbsfähigkeit durch Kooperation. Das ist umso wichtiger, je stärker der Wirtschaftsalltag durch den globalen Wirtschaftsdruck geprägt wird. In der globalen Arena entscheidet über den wirtschaftlichen Erfolg oder Misserfolg der eine kalkulatorische Cent. Die grenzüberschreitende Kooperation wird uns wirtschaftlich nur dann von Nutzen sein, wenn der erzielte kalkulatorische Vorteil bei der Produktion von Gütern nicht durch einen zu hohen Aufwand beim Transport wieder verloren geht.

Um im globalen Wettbewerb erfolgreich zu sein, brauchen wir nicht irgendwelche entfernt liegenden Grenzübergänge mit Tonnagebegrenzungen oder Anwohnerprotesten, sondern den kürzesten, leistungsfähigsten, schnellsten und damit preisgünstigsten Weg zu unseren östlichen Nachbarn: den schnellsten Weg von Dresden nach Prag, den schnellsten Weg von Görlitz nach Breslau, den schnellsten Weg von Zwickau nach Karlsbad, den schnellsten Weg von Chemnitz nach Brüx bzw. Komotau, den schnellsten Weg von Bautzen nach Reichenberg.

Nur unter diesen Voraussetzungen wird uns die Wirtschaft hüben wie drüben das Wachstum und die Arbeitsplätze bringen, die wir uns davon versprechen und die wir dringend brauchen.