Protokoll der Sitzung vom 09.12.2005

Was sich in den letzten Monaten abgezeichnet hat, ist auch heute wieder in der Debatte deutlich geworden. Ich bin fast dankbar für die Beiträge einzelner Redner. Ich sage es noch einmal klar: Wir haben wenigstens begonnen, uns Gedanken zu machen und zusammenzuarbeiten. Das war am 5. Juni 2002 so, als die drei Ministerpräsidenten von Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen beschlossen haben, die länderübergreifende Zusammenarbeit auszubauen. Das war auch später bei dem Treffen in Gera so, wo es den 17-Punkte-Katalog gab. Ich stimme Frau Hermenau zu, dass wir ein politisches Ziel vorgegeben haben, um privaten Leistungsträgern der Gesellschaft, wie Vereinen und Verbänden, die Chance zu geben, das nachzunutzen und gleichzuziehen. Das ist auch geschehen. Frau Hermenau hat einige Beispiele genannt.

Es ist natürlich so, und das gebe ich gern zu, dass sich viele Erwartungen und Ziele bis heute nicht realisiert

haben, sich auch viele Dinge bis zu einem bestimmten Zeitpunkt in den nächsten Jahren aufgrund von Eigenheiten, Besonderheiten und einzelnen Egoismen in den Ländern nicht realisieren lassen.

Herr Zastrow, was Sie hier geliefert haben, ist schon ein starkes Stück. Als einen wesentlichen Baustein der mitteldeutschen Initiative können wir wirklich die Fusion der drei Landesversicherungsanstalten ansehen. Dort hat es nach vielen, vielen Diskussionen endlich mal geklappt.

(Dr. André Hahn, Linksfraktion.PDS: Das wäre auch fast gescheitert!)

Ja, Herr Hahn, darin gebe ich sogar Ihnen mal Recht. Es wäre fast gescheitert, weil noch am Vortag der Unterzeichnung ein sachsen-anhaltinischer FDP-Minister interveniert

(Zurufe von der CDU: Hört, hört!)

und gesagt hat, wir wollen diese Fusion nicht. Am 26. März ist Landtagswahl. Ich glaube, in diesem Projekt ging es um zehn oder elf Stellen. Er hat sich als großer Retter dieser zehn oder elf Stellen im öffentlichen Dienstbereich dargestellt. Es wäre, wenn nicht viele Telefonschaltkonferenzen der Sozialminister, der Chefs der Staatskanzleien und Gespräche der Ministerpräsidenten noch etwas anderes bewirkt hätten, dank der FDP in Sachsen-Anhalt nicht zu dieser Fusion gekommen.

(Beifall bei der CDU)

Deshalb bin ich dankbar, weil das ein deutliches Zeichen dafür ist, wie schwer es ist, innerhalb der drei Länder zusammenzuarbeiten, sich abzustimmen und zu koordinieren. Wir wollen, meine sehr geehrten Damen und Herren, die Zusammenarbeit trotzdem weiter vorantreiben. Ich will noch einige Punkte, die nicht genannt worden sind, erläutern. Ich habe bereits gesagt, dass es Dinge gibt, die sich schlecht bzw. schwer realisieren lassen. Ich möchte ein Beispiel nennen, bei dem sich nach der Prüfung ergeben hat, dass es nicht möglich ist, bei der Zusammenlegung der Ausbildung des allgemeinen Justizvollzugsdienstes an einem Standort – auch das war ein Ziel – zu arbeiten. Es hat sich herausgestellt, dass es unwirtschaftlich und organisatorisch nicht sinnvoll ist, das zu tun. Deshalb haben wir es zu den Akten gelegt. Im Bereich des maschinell geführten Grundbuchs wird zum Beispiel an einer alle Länder umfassenden Verfahrenslösung gearbeitet. Wir rechnen damit, dass mit dem Abschluss zirka im Jahr 2010 zu rechnen ist. Aber es dauert eben eine Weile.

Ich will noch einige Dinge aus dem Jahr 2005 nennen, weil es ältere Anträge bzw. Dokumente sind, über die wir reden. Es gibt wichtige Entwicklungen im Bereich der ressortübergreifenden Aus- und Fortbildung. Es gibt dazu auch eine Verwaltungsvereinbarung unserer drei Länder, die jetzt fast fertig abgestimmt ist. Diese Vereinbarung enthält Regelungen zur Durchführung eines gemeinsamen Aufstiegsfortbildungsganges für Beamte des gehobenen Dienstes. Es gibt gemeinsame E-Learning-Projekte, die

bereits realisiert werden. Es gibt auch gemeinsame Seminare. Das ist ganz besonders wichtig für die Weiterbildung der jungen Menschen in den drei Ländern, damit sie hier qualitativ hochwertige Arbeitsplätze finden.

Im Bereich der Statistik – ein Gebiet, das nicht allen liegt, das kann ich verstehen – wird derzeit eine länderübergreifende Zusammenarbeit erprobt. Mit einer Ergänzung des Bundesstatistikgesetzes, die im Juni 2005 in Kraft getreten ist, wurden auch die rechtlichen Grundlagen für eine länderübergreifende Zusammenarbeit geschaffen. Im Rahmen von Pilotprojekten, die jetzt angelaufen sind, sollen zunächst die Erhebung und Verarbeitung von statistischen Daten getestet werden, bei denen die Aufgabenübertragung ohne einen Staatsvertrag zulässig ist. Ziel ist es, Statistiken nicht doppelt oder dreifach zu erheben und Aufgaben auf die Länder zu verteilen.

Zu den Landesversicherungsanstalten habe ich bereits einiges gesagt. Es ist aber auch ganz wichtig – Frau Hermenau hat es angesprochen –, dass sich die drei Länder in Zukunft abstimmen mit dem Ziel, dass die Stimme im Kanon der Länder viel stärker wahrgenommen wird. Den gemeinsamen Initiativen kommt dabei eine besondere Bedeutung zu. Die länderübergreifende Zusammenarbeit wird umso wichtiger, je mehr die Eigenständigkeit der Länder durch die Föderalismusreform gestärkt wird. Der Bundesrat hat zum Beispiel am 11. Juni 2004 auf Initiative von Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen beschlossen, den Entwurf eines Gesetzes zur dinglichen Sicherung von Werkunternehmeransprüchen und zur verbesserten Durchsetzung von Forderungen in den Bundestag einzubringen. Handwerker sollen damit besser vor Forderungsausfällen geschützt werden. Wir alle kennen das Problem. Am 18. Mai 2005 hat der Bundesrat, wiederum auf Initiative der drei Länder, den Bundestag aufgefordert, seine Beratungen über den Entwurf eines Forderungssicherungsgesetzes wieder aufzunehmen. Ein Abschluss der Beratungen und ein entsprechender Gesetzesbeschluss sind in der abgeschlossenen Legislaturperiode nicht mehr zustande gekommen, aber auch im Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD ist dieses Thema enthalten. Die mitteldeutschen Länder werden sich als ostdeutsche Vertreter weiterhin diesem Projekt widmen.

Die drei mitteldeutschen Länder waren und sind innerhalb der Gruppe der ostdeutschen Länder ein Motor bei der Durchsetzung von Forderungen zur zukünftigen Strukturpolitik. Ich denke an die nächste Förderperiode von 2007 bis 2013. Die engen Beziehungen zwischen den drei Ländern haben die Abstimmungen in diesen für alle ostdeutschen Länder vitalen Fragen extrem vereinfacht. Gemeinsam konnten wir im Rahmen der Ministerpräsidentenkonferenz Ost eine breite Plattform für unsere Anliegen schaffen und werden das auch weiter verfolgen. Zurzeit arbeiten wir an der Anerkennung der vom statistischen Effekt der Erweiterung betroffenen Gebiete als Förderhöchstgebiete sowie dem Erhalt der weit reichenden Möglichkeiten zur Gewährung von regionalen Beihilfen.

Ich möchte noch einmal das Luftverkehrskonzept ansprechen. Es ist ein zukunftsweisendes Konzept. Die drei Verkehrsminister haben es inzwischen abschließend bearbeitet. Es gibt eine Kabinettsbefassung sofort zu Beginn des neuen Jahres. Wir haben hier dokumentiert und bewiesen, dass wir bei ganz konkreten Projekten zusammenarbeiten.

Ich möchte als ein wesentliches Beispiel der guten Zusammenarbeit auch den Bereich der Medien ansprechen. Es gibt ein gelungenes Beispiel. Durch den MDRStaatsvertrag haben sich die mitteldeutschen Länder bereits frühzeitig zu einer Zusammenarbeit entschlossen, die ihre Früchte trägt. Wir sprechen inzwischen deutschland- und europaweit vom Medienstandort Mitteldeutschland. Wir versuchen gerade, zu Beginn des Jahres 2007 ein europäisches Medienkonzept bzw. ein Medienforum in Leipzig durchzuführen. Die Dreiländeranstalt, unser Mitteldeutscher Rundfunk, hat sich grundsätzlich positiv entwickelt, sowohl was die Akzeptanz des Programms, als auch was die wirtschaftliche Lage angeht. Um den MDR herum hat sich mittlerweile eine vielfältige Film- und Fernsehproduzentenlandschaft gebildet. Ganz entscheidenden Anteil daran hat die Mitteldeutsche Medienförderung.

Hier hatten die drei Länder bereits im Jahre 1998 die Kraft, zusammen mit dem MDR und dem ZDF eine gemeinsame Filmförderung zu etablieren. Die MDM ist die einzige Dreiländerförderung in Deutschland, was zwar manchmal auch gewisse Schwierigkeiten mit sich bringt, weil der Freistaat Sachsen aufgrund seiner strukturellen Vorteile immer etwas besser dasteht als beispielsweise Sachsen-Anhalt oder Thüringen. Aber im Rahmen der „Initiative Mitteldeutschland“ sind ganz wichtige Beschlüsse gefasst worden, die die Struktur und auch die Finanzierung der MDM für die Zukunft absichern.

Wir hatten im Rahmen der „Initiative Mitteldeutschland“ auch Überlegungen zur Fusion der Landesmedienanstalten angestellt, die wir dann aber nicht weiter verfolgt haben. Hier sind die Gegebenheiten und die Mediengesetze einfach so vielfältig, dass uns dies nicht sinnvoll erschien. Das macht auch unsere Medienlandschaft deutlich. In Sachsen haben wir beispielsweise 60 lokale Fernsehprogramme. Das ist ein Drittel aller lokalen Fernsehveranstalter in Deutschland insgesamt. In den anderen beiden Ländern haben wir weniger. Deshalb gibt es in diesem Bereich auch ganz unterschiedliche Interessen. Wir werden deshalb die bisherige Struktur der drei Landesmedienanstalten beibehalten.

Eines der wichtigen Projekte dieser Zusammenarbeit ist unser Medientreffpunkt Mitteldeutschland, an dem neben dem Freistaat Sachsen und den Landesmedienanstalten alle wichtigen Rundfunkveranstalter ganz Deutschlands beteiligt sind.

Gestatten Sie mir noch eine letzte Erfolgsmeldung aus dem Medienbereich. Am Montag startete das digitale Antennenfernsehen DVBT in Mitteldeutschland. Zunächst werden Leipzig, Halle sowie Erfurt und Weimar

versorgt. Bald sollen auch Dresden, Chemnitz und Magdeburg folgen. Gemeinsam mit dem MDR und dem ZDF ist uns der Start – trotz einiger Schwierigkeiten auf dem Weg – auch dank der guten Zusammenarbeit der Länder gelungen.

Ich denke, ich konnte Ihnen einige Beispiele aus dieser großen „Initiative Mitteldeutschland“ aufzeigen. Ich gebe Ihnen Recht, es ist noch längst nicht alles erreicht. Ich bitte Sie einfach ganz herzlich um Unterstützung.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Immer!)

Ob das in der Art und Weise, wie von der Linksfraktion.PDS dargelegt, geschehen soll, müssen Sie selbst entscheiden. Ich glaube, es hilft der Entwicklung unserer Menschen und unserer Länder, wenn wir auch ein Stück Optimismus geben und die Dinge, die im privaten Bereich, in den Firmen, Vereinen und Verbänden laufen, politisch unterstützen. Auch deshalb, glaube ich, sollten wir die „Initiative Mitteldeutschland“ auf alle Fälle fortsetzen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Danke schön. – Meine Damen und Herren, gibt es Einspruch, wenn ich zum Schlusswort aufrufe? – Nein. Dann, bitte, Herr Prof. Porsch.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Staatsminister Winkler, wir helfen gern.

(Lachen der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Frau Hermenau, wie sollen wir helfen, wenn wir nicht wüssten, was der Fall ist?

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Also müssen wir einen Bericht abfordern. Und in dem Bericht stand nichts. Aber Sie haben uns kritisiert, weil wir einen Bericht verlangt haben.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Nein!)

Sie haben gefragt, ob wir die Staatsregierung disziplinieren wollen. Wie wollen Sie denn die Exekutive kontrollieren, wenn Sie keine Berichte abfordern? Sie haben auch schon eine Menge Berichtsanträge gestellt und Berichte abgefordert. Aber das ist okay.

Ich habe bei aller Aufmerksamkeit festgestellt: Viel mehr als wieder nur Wechsel auf die Zukunft haben wir nicht angeboten bekommen. Herr Bolick wollte zwar etwas anderes, aber er hat alles bestätigt, was ich gesagt habe. Das ging auch gar nicht anders. Fast mein ganzer Beitrag waren Zitate aus den Antworten der Staatsregierung. Dagegen kann man dann nichts sagen.

Auch der Staatsminister hatte kaum Neues zu vermelden. Aber ich gebe zu: Sie haben den Topf wirklich richtig

ausgeschleckt und ausgekratzt. – Das passt ja zu Weihnachten. Meine Kinder machen das immer. Wenn ich die Weihnachtsplätzchen backe, wird richtig ausgeschleckt, sodass man den Topf kaum noch abwaschen müsste. – Sie haben noch alles herausgeschleckt und herausgekratzt, was drin war. Das ist okay, da ist natürlich ein bisschen was.

Wir wollen die „Initiative Mitteldeutschland“. Ich denke, nach drei Jahren könnte es mehr sein. Wir haben uns die Zeit gelassen. Vor einem Jahr haben wir die Antwort erhalten. Da haben Sie gesagt, Sie können nicht regelmäßig berichten, weil das nicht so schnell geht. Also haben wir ein Jahr gewartet. Was soll ich da einen neuen Antrag formulieren?

(Zuruf der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)

Ich warte darauf, was zu der Antwort vom Januar im Dezember dazukommt. Das war nicht viel. Sie haben hier Dinge als Erfolg erzählt, die schon vor dem Januar existieren, wie der Mitteldeutsche Rundfunk und die Medienanstalt. Das hat im Grunde damit nichts zu tun, sodass ich sage: Am Ende war es doch wieder Fehlmeldung.

Ich glaube, wir sollten einmal ernsthaft fragen. Herr Dulig hat es positiv formuliert. Es war auch in den Beiträgen drin. Hören wir auf mit den Egoismen der Länder. Hören wir auf mit unserer kulturellen Arroganz. Versuchen wir doch wirklich einmal, die Gemeinsamkeiten und die gemeinsamen Ressourcen zu finden. Lehnen wir uns nicht selbstzufrieden zurück. Denn dann verschenken wir alle Chancen dieser Region. Wir behindern dann – Frau Hermenau, da haben Sie Recht – die Initiativen von unten, die es Gott sei Dank noch gibt und die das Bild ein bisschen freundlicher machen als das, was bei der „Initiative Mitteldeutschland“ bislang von oben herausgekommen ist.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Danke schön. – Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Abstimmung. Frau Hermenau, Sie hatten vorhin punktweise Abstimmung gewünscht. Bleibt es dabei, dass Sie punktweise abgestimmt haben möchten?

(Antje Hermenau, GRÜNE: Ja.)

Dann haben wir vier Punkte und machen das Ganze viermal. Ich rufe auf die Drucksache 4/0089, bestehend aus vier Einzelpunkten. Ich rufe den Punkt I auf. Wer dem zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Die Gegenprobe! – Und die Enthaltungen! – Bei einer großen Anzahl von Pro-Stimmen hat die Mehrheit diesen ersten Punkt abgelehnt.

Ich rufe auf den Punkt II. Wer stimmt dem zu? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – In etwa gleiches Abstimmungsverhalten, also abgelehnt.

Ich rufe auf Punkt III. Wer ist dafür? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Im Prinzip wiederum gleiches Abstimmungsverhalten, also wurde der Punkt abgelehnt.

Ich rufe auf Punkt IV. Wer ist dafür? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Ebenfalls abgelehnt. Wir sparen uns die Schlussabstimmung, da jeder Einzelpunkt abgelehnt worden ist.

Meine Damen und Herren! Damit haben wir den Tagesordnungspunkt 4 und die Hälfte unseres heutigen Pro

gramms abgearbeitet. Es ist jetzt kurz vor 16:00 Uhr. – Sie haben meinen Hinweis verstanden.