Meine Damen und Herren, ich hoffe, dass wir in dieser Debatte zu mehr Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit miteinander kommen. Das Klima werden wir nicht austricksen, aber die Schalthebel, Frau Hermenau, in Sachsen sind andere, als Sie sie hier benennen.
(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und des Abg. Holger Zastrow, FDP – Widerspruch der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE)
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Politische Ökologie heißt langfristig Verantwortung übernehmen. Das Problem dabei ist immer nur, dass man bei der politischen Durchsetzung schnell Effekte sehen möchte, die sich aber im ökologischen Bereich nur langfristig einstellen.
Ich habe den Eindruck, dass die bisherige Debatte zwar um einen gemeinsamen Punkt kreist, aber doch sehr unterschiedliche Dinge benannt werden. Ich habe auch Ihre Abneigung, Frau Kagelmann, gegen das Thema nicht richtig verstanden. Sie haben aus meiner Sicht falsch interpretiert.
Sachsen hat, indem es eine ganze Menge gemacht hat, dazu beigetragen, dass bestimmte Dinge in Montreal gar nicht erst beschlossen werden müssen, weil das eine oder andere von unten kommt. Es kann nicht alles von oben
beschlossen werden. Von daher haben wir schon eine Aufgabe und Verantwortung, auch wenn vielleicht von den zirka 10 000 Leuten, die in Montreal sitzen, 9 000 Sachsen überhaupt nicht kennen. Das kann nicht das Thema sein.
Herr Lichdi hat bereits gesagt, dass die Wissenschaftler, die sich mit dem Thema beschäftigen, heute mehrheitlich der Meinung sind, dass zwei Grad Erderwärmung in der nächsten Zeit – man schätzt zirka 30 bis 40 Jahre, ich denke, dass sie sehr viel eher kommen wird – das Limit dafür ist, dass wir die drastischen und schnellen Klimaveränderungen noch irgendwie mit dem, was wir unter einer Zivilisation verstehen, ausbalancieren können. Die Erde wird nicht kaputt gehen, wenn sie sich um 3, 4, 5 oder 6 °C erwärmt, aber es wird zu erheblichen Verwerfungen kommen. Das ist das Problem. Ich verweise auf den Artikel in der „Nature“, der vor einer reichlichen Woche erschien, in dem zum ersten Mal experimentell nachgewiesen wurde, was Klimaforscher vorausgesagt haben: dass sich nämlich der Golfstrom verlangsamen wird. Die Fehlerrate liegt bei 10 bis 50 %, da sind sich die Leute noch nicht so richtig einig. Das ist aber nicht das Problem. Hier ist zum ersten Mal nachgewiesen worden, dass Dinge eintreten, die vorausgesagt wurden. Es gibt Gegenargumente, die besagen, Eiszeitintervalle habe es immer gegeben. Wir laufen auf die nächste Eiszeit zu. Da sprechen wir von Größenordnungen von einigen hunderttausend Jahren. Die Erderwärmung zögert die nächste Eiszeit vielleicht um 200 000 oder 300 000 Jahre hinaus. Manche freuen sich darüber, dass es nicht so schnell kalt wird.
Man erlebt solche Dinge. Das ist das eigentlich Schlimme daran. Was von vielen überhaupt nicht gesehen wird, ist die Geschwindigkeit, mit der wir im Moment am Klima herumbasteln. Die Physik sagt, der Gradient, wie schnell das Ganze läuft, ist unser Problem und nicht so sehr das, was wir machen.
Heute soll Bill Clinton in Montreal noch einmal reden. Er war ja der amerikanische Präsident, der über seinen Vizepräsidenten Al Gore das Kyoto-Prozedere sehr stark befördert hat. Er hat nun nicht mehr allzu viel politisch zu sagen, das macht jetzt der Herr Bush. Eines ist klar: Die USA werden früher oder später dem Protokoll beitreten. Das sagen alle Fachleute. Selbst Schwarzenegger, der nun kein ausgewiesener Ökologe ist, hat in seinem Land eine Menge Dinge gemacht, von denen Bush noch unendlich weit entfernt ist. Ich hoffe dass die USA als Gesamtstaat, weil es dieses Volk massiv betrifft, nicht noch sehr viele Hurrikans brauchen, um etwas schneller zu dieser Einsicht zu kommen. Sie werden ohne den Beitritt natürlich auch nicht am Verhandlungstisch sitzen. Das stört sie vielleicht am meisten.
Zu dem, was in Montreal beschlossen oder nicht beschlossen wurde, ist eine ganze Menge gesagt worden. Die Problematik Schiffs- und Flugverkehr ist um zwei Jahre verschoben wurden.
Ich möchte noch ganz kurz etwas zu Sachsen sagen. Sachsen hat sich drei Schwerpunkte im Klimaschutzprogramm gesetzt: Senkung der CO2–Emission bei den privaten Haushalten, weiterer Ausbau erneuerbarer Energien und Energieeffizienzsteigerung. Natürlich ist der Ausbau der erneuerbaren Energien mit mehr als einer Verdoppelung seit 1998 ein Erfolg in Sachsen. Ich erinnere daran, dass das rein zufällig die Periode ist, in der RotGrün in Berlin wesentliche Gesetzesvorhaben gestartet hat, von denen die Leute, die in Sachsen erneuerbare Energien aufgebaut haben, massiv profitiert haben. Ich denke, dass unsere größten CO2-Erzeuger, die Braunkohlenkraftwerke, auf Dauer – ich bin mir nicht sicher, über welchen Zeitraum wir sprechen – nicht aus der quantitativen Zielstellung des Klimaschutzprogrammes ausgenommen werden können. Das werden die Zeit und auch der Klimawandel regeln.
Frau Windisch, Grundlastfähigkeit ist kein Thema. Ihre Aussage ist dann richtig, wenn wir bei der heutigen Art und Weise, wie wir Stromversorgung und Energieerzeugung machen, bleiben. Wir werden uns auf dieser Strecke ein ganzes Stück ändern müssen.
Noch ein letzter Punkt. Deutschland und auch wir Sachsen brauchen noch mehr Klimadruck, um endlich das umzusetzen, was notwendig ist. Die Nutzung der nuklearen Prozesse wird, allerdings ohne Energieerzeugung, weiterhin einen festen Stellenwert für uns haben.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der weltweit fortschreitende Klimawandel und die daraus zu erwartenden negativen Folgen für unsere Erde gehören zu den drängendsten Problemen unserer Zeit. Persönlich kann ich der vorhin vorgebrachten Aufregung über die Aktualität der heutigen Debatte wenig abgewinnen. Die Debatte ist durchaus aktuell, auch im Hinblick darauf, dass erst vor Kurzem der aktuelle Klimaschutzbericht in Sachsen vorgelegt wurde und sich auf dem Gebiet schon einiges tut, zum Beispiel in Boxberg.
Verschiedene Staaten haben das Problem erkannt und versuchen das Ziel der Verringerung klimaschädlicher Treibhausgase durch eine internationale Zusammenarbeit auf diesem Gebiet zu erreichen. Eben sind die Vereinigten Staaten von Amerika angesprochen worden. Die USA als der weltgrößte Energieverbraucher und gleichzeitig der weltgrößte Energieverschwender haben das KyotoProtokoll bis heute nicht ratifiziert und kaum nennenswerte Signale in diese Richtung abgegeben. Deutschland und
andere europäische Staaten zeigen schnell mit dem Finger auf Entwicklungs- und Schwellenländer, wenn irgendwo Urwälder aus wirtschaftlichen Notlagen heraus abgeholzt werden, scheuen sich aber, im gleichen Kontext Klartext mit den USA zu reden. Die USA gehören zu den reichsten Ländern der Erde und scheren sich aufgrund eigener Interessen zurzeit leider noch wenig um das Weltklima.
Doch welchen Beitrag kann Deutschland leisten? Deutschland setzt sich bei der Klimakonferenz für Kyoto II und damit für eine Fortführung der bisherigen Politik über 2012 hinaus ein. Die Umsetzung in Sachsen ist heute schon kritisiert worden. Ich möchte an dieser Stelle nicht weiter zur Polarisierung beitragen. Sachsen hat im Bereich der erneuerbaren Energien meiner Meinung nach noch massiven Aufholbedarf. Wir können im aktuellen Klimaschutzbericht nachlesen, dass wir mit Stand 2003 in Sachsen einen Anteil von 1,7 % erneuerbare Energien haben. Ich bin der Meinung, dass hier noch wesentlich schneller vorangegangen werden kann.
Gegen eine maßvolle Braunkohlenverstromung, sofern diese von modernen Technologien begleitet wird, ist eigentlich nichts einzuwenden. Aber der Freistaat muss mehr am Ausbau regenerativer Energien arbeiten.
Unsere Fraktion kann sich dem Jubel von Staatsregierung und CDU, was den aktuellen Klimaschutzbericht und das angeblich Erreichte betrifft, so nicht anschließen. Der starke Rückgang der CO2-Emission in Sachsen beruht hauptsächlich auf der Zerschlagung großer Teile der Industrieanlagen der ehemaligen DDR nach 1990. Die in den letzten Jahren wieder stark angestiegenen Emissionen aus neuen Braunkohlenkraftwerken sollen durchaus, denke ich, hier diskutiert werden.
Die Aussage, bei der Braunkohle wäre kaum noch Einsparpotenzial vorhanden, teile ich nicht. Braunkohle schafft zwar Arbeitsplätze, doch erneuerbare Energien tun dies genauso und schonen dabei noch unsere Umwelt und unsere Heimat. Den erneuerbaren Energien ist in Zukunft der Vorrang zu geben, um langfristig den CO2-Ausstoß zu verringern und positive Effekte auch für die regionale Wirtschaft und den Mittelstand zu nutzen. Die erneuerbaren Energien müssen bei der Überarbeitung des sächsischen Energieprogramms unbedingt auf gleicher Ebene wie Energieeffizienz und rationale Energieverwendung angesiedelt werden.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Da in der vorhergehenden Debatte meine Redezeit emissionslos verbrannt wurde, muss ich mich leider kurz halten.
Selbstverständlich ist die Reduzierung von Treibhausemissionen im Sinne aller ein wichtiges Ziel und zustimmungsfähig. Es ist nichts dagegen einzuwenden, wenn Herr Gabriel mit klaren Aussagen und weit reichenden Plänen nach Montreal reist und somit ein wichtiges Signal der Entschlossenheit im Vorfeld der Verhandlungen setzt. Meiner Meinung nach reichen jedoch hehre Zielvorgaben und moralisierende Appelle allein nicht aus, um den Kyoto-Prozess am Leben zu erhalten. Allerdings schätze ich wie Frau Kagelmann die Durchschlagskraft des Sächsischen Landtages und seiner heutigen Debatte nach Montreal als sehr gering ein.
Aber schauen wir uns doch jetzt auf Sachsen bezogen unsere Zahlen an. Der heute schon zitierte Klimaschutzbericht im Jahre 2005 weist ja viele unterschiedliche Zahlen auf. Wie bereits dargestellt wurde, haben sich die CO2-Ausstöße in den Haushalten, bei den Kleinverbrauchern, in der Industrie und im Verkehr seit 1998 um 16,8 % reduziert. An dieser Stelle muss man auch einmal den sächsischen Verbrauchern danken. Denn diese Senkung wurde maßgeblich durch ein umweltbewusstes Handeln erreicht.
Richtig wurde auch von Herrn Lichdi dargestellt, dass im Bereich der Großfeuerungsanlagen eine Zunahme der CO2-Emissionen seit 1998 um 74 % stattgefunden hat.
Aber seien wir einmal ehrlich: Wenn man 1998 als Bezugsjahr wählt, ist die enorme Zunahme der Werte bis heute nicht wirklich verwunderlich. Alte Kraftwerke waren zu diesem Zeitpunkt stillgelegt und neue Kraftwerke wie Boxberg und Lippendorf noch nicht am Netz. Der Strom musste für Sachsen dazugekauft, importiert werden. Da ist also die Bilanz verfälscht. Denn die CO2Ausstöße für den von uns importierten Strom sind an anderer Stelle entstanden und nicht bei uns im Klimaschutzbericht zu erwähnen. Sie sind auch nicht Bestandteil dessen. Es ist also zu eng gedacht, die Erhöhung von 1998 auf 2004 als wesentlich zu betrachten. Ein Blick über die sächsischen Grenzen hinaus ist bei diesem Thema dringend erforderlich.
Abschließend möchte ich Sie alle bei den weiteren Klimaschutzdiskussionen dazu auffordern, keine Moralappelle abzuhalten, sondern im Sinne eines energieeffizienten und ökonomisch-ökologischen Wirtschaftens Lösungen zu diskutieren, die für Sachsen und für Deutschland und am Ende für den weltweiten CO2-Ausstoß am sinnvollsten sind.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Ich setze mich erst mit Frau Windisch auseinander, weil der Beitrag – ich muss es sagen – immer noch gehaltvoller war als Ihrer, Frau Kagelmann.
Frau Windisch, ich habe die Erfolge ja nicht bestritten. Die entscheidende Frage, der sich die Staatsregierung und die CDU-Fraktion seit Jahren verweigern, ist die: Was sind denn die erforderlichen Klimaschutzziele, die wir uns setzen müssen? Das ist die entscheidende Frage! Nicht: Haben wir die geringen Ziele, die wir uns gesetzt haben, erreicht? Sondern: Haben wir uns auch ausreichende Ziele gesetzt?
Da ist es, glaube ich, in der Wissenschaft völlig unstreitig, dass Deutschland seine Gesamtemission im Jahre 2050 um 80 % auf der Basis des Jahres 1990 reduziert haben muss.
Wir wollen diese Zahl ernst nehmen. Und wenn wir dann schauen, welchen Anteil davon Sachsen tragen muss, kommen wir ungefähr auf eine zulässige Emission für Sachsen von zehn Millionen Tonnen im Jahre 2050.
Sie haben sich in Ihrem Klimaschutzprogramm dazu verpflichtet, sich zwischen 2005 und 2010 auf 44 Millionen Tonnen einzupendeln. Der Herr Staatsminister hat mir mitgeteilt, wir sind im Augenblick 2003 – wahrscheinlich ist es im letzten Jahr noch schlimmer geworden – bei 52 Millionen Tonnen. Die Staatsregierung begrüßt, wenn Vattenfall in Boxberg ein neues Kraftwerk baut.