Er ist populistisch, ohne demokratische Strukturen zu berücksichtigen, und beinhaltet eine Regelungsdichte, die mehr einengt als die Eigenverantwortung der Schulen zu stärken. Er erfordert Mehrkosten, die nicht realisierbar sind und damit auch die erforderliche Kontinuität im Bildungsbereich eher infrage stellen und nicht fördern.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mir geht dieser Alleinvertretungsanspruch bei der Bildungspolitik ziemlich auf den Keks.
(Vereinzelt Beifall bei der SPD – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Sie können doch mitmachen!)
Weil es einfach auch nicht wahr ist, wenn Sie sich immer hinstellen und sagen: Wir sind die Einzigen, die Besten, die Schönsten!
Ich erinnere daran, dass auch die SPD-Fraktion schon in der letzten Legislaturperiode mit Gunther Hatzsch hier einen Gesetzentwurf eingebracht hat.
Wir haben uns auf Leitlinien und Rahmenbedingungen geeinigt und damit den Weg frei gemacht, dass Gemeinschaftsschulen entstehen können. Es geht am Schluss nicht darum, wie viele Schulen in kurzer Zeit entstehen, sondern darum, dass die Schulen, die sich auf den Weg machen, auch qualitativ gute Gemeinschaftsschulen sind.
Drittens zum Gelaber, dass Ganztagsschulen hier nicht stattfinden. Das Bundesprogramm, das Rot-Grün verabschiedet hatte, hat auch hier in Sachsen den Weg dafür geebnet, dass sich Schulen aufgemacht haben, Ganztagsschulen zu werden.
Unsere Koalition war es, die jährlich 30 Millionen Euro in den Haushalt hineingeschrieben hat, damit auch konzeptionell Ganztagsschule gemacht werden kann. Ihr Vorwurf geht völlig ins Leere.
(Beifall bei der SPD – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Sie machen den ganzen Tag Schule!)
Ihr Gesetzentwurf verbleibt neben einigen positiven Ansätzen – das will ich durchaus anerkennen; natürlich gibt es auch Schnittmengen in bestimmten Positionen – im alten System der staatlich überregulierten Lernschule.
Wir wollen eine moderne Schule, welche die volle Verantwortung für die Bildungsprozesse im Rahmen der vorgegebenen Bildungsziele trägt
Wir wissen nicht erst seit „Pisa“, dass die Schule überhaupt – und die sächsische ist da nicht ausgenommen – tatsächlich unmodern ist. Sie entspricht in ihrer Struktur und Ausprägung weder den Wandlungen in den modernen Gesellschaften noch den gesicherten Erkenntnissen über das Lernen.
Auch die sächsischen Schulen sind nach wie vor zu wenig auf die Ausbildung von Kompetenzen gerichtet. Wir verstehen dabei Kompetenzen – wie international üblich – als anwendungsbereite Qualifikationen, welche Wissen, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Wertorientierungen umfassen, und nicht als Synonym für Fähigkeiten an sich.
Auch sächsische Schulen sind strukturbedingt viel zu wenig am Lern- und Entwicklungsfortschritt der Schülerinnen und Schüler orientiert. Auch die sächsischen Schulen haben vor Ort viel zu wenig Möglichkeiten und Freiräume, die Lern- und Entwicklungsprozesse entsprechend zu gestalten.
Erfolgreiche Länder zeigen uns, dass die Abiturientenquote gut das Doppelte der unsrigen betragen kann. Sie zeigen uns auch, dass man ohne Sitzenbleiben die Versagensquote mehr als fünfteln kann.
Wenn wir es uns nicht einfach machen und die Schuld auf die Lehrer schieben wollen, dann sind wir schon gehalten zu schauen, woran das liegt.
Wenn wir nun den vorliegenden Entwurf dahin gehend befragen, ob und welche Antworten er auf diese Probleme gibt, dann fällt die Bilanz mit dem Maßstab unseres Herangehens mager aus.
Praktisch ist die einzig nach vorn gehende Antwort die Überwindung des gegliederten Systems, allerdings in einer Art, in der es nicht wirklich überwunden werden kann.
Die Einführung der Gemeinschaftsschulen per Gesetz übersieht die wichtige Tatsache, dass es nicht nur einfach um die Zusammenfassung aller Schüler im Jahrgang geht, sondern um eine Schul- und Lernkultur, die nicht nur damit zurechtkommt, sondern die auch nichts mehr mit einer Aufteilung auf verschiedene Schularten anfangen kann, eine Schul- und Lernkultur also, die jeden einzelnen Schüler seinen Bildungsweg gehen lässt. Wir sehen ja an den Ergebnissen der additiven Gesamtschulen im PisaVergleich, dass diese keine Ergebnisse in dieser Hinsicht bringen. So einfach, wie es ideologisch erscheinen mag, das gegliederte Schulsystem per Dekret abzuschaffen, so wenig wird dies in der Praxis gelingen, wenn nicht
zugleich die viel entscheidendere Reform des deutschen Schulwesens angegangen wird, nämlich den Schulen die Verantwortung für ihr Tun zu übergeben.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Dieser Gesetzestext atmet den Geist der Zentralstaatlichkeit in weit stärkerem Maße als das gültige Gesetz.
Statt zu deregulieren, werden auch noch Bestimmungen, die jetzt in den Schulordnungen stehen und überwiegend überflüssig und für eine verantwortliche Schule schädlich sind, ins Gesetz übernommen.
Auch bei der Behandlung im Schulausschuss wurde deutlich, dass Sie mit dem Gesetz einen Schnellschuss eingebracht haben, der von allen abgelehnt wurde. Das empfehle ich auch diesem Haus.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Dr. Porsch, meine Äußerungen im Ausschuss bezogen sich keineswegs auf die sorbische Sprache – ich denke, Sie hatten mich schon richtig verstanden –, sondern vielmehr auf das Sprachverständnis von Aussiedlern und Migrantenkindern. Wie soll denn jemand wegen seiner Sprache nicht benachteiligt oder bevorzugt werden, wenn er dem Unterricht überhaupt nicht folgen kann? Die Migrantenkinder werden doch bei uns wirklich gefördert, also werden sie bevorzugt. Das wollte ich damit gesagt haben.
Ansonsten halten wir diesen Gesetzentwurf durchaus für eine große Fleißarbeit. Aber er ist aus unserer Sicht so überreglementiert und vor allem auch so linksideologisch überladen, dass wir ihn nicht mittragen können.