Die FDP verweist richtigerweise darauf, dass es bereits eine Initiative der Staatsregierung gab, die Mitarbeiterbeteiligung zu fördern. Diese ist meines Wissens nicht am Willen der Staatsregierung gescheitert, sondern an der allgemeinen Erfolglosigkeit. Es ist nun einmal so, dass sich Menschen nur schwer dazu entschließen, die volle Verfügungsgewalt über ihr Eigentum abzugeben. Unternehmer verhalten sich da nicht anders als Privatpersonen. Und es ist der FDP sicherlich nicht verborgen geblieben, dass die Industrie- und Handelskammern in Sachsen für die Mitarbeiterbeteiligung die Werbetrommel rühren. Aber auch hier ist der Erfolg – leider, muss man sagen – nicht berauschend.
Erfolg in der Fläche wird der Mitarbeiterbeteiligung nur beschieden sein, wenn der Bundesgesetzgeber klare Spielregeln aufstellt, die steuer-, sozialabgaben- und haftungsrechtliche Fragen klärt, und gleichzeitig die Tarifpartner Rahmenmodelle für die Mitarbeiterbeteiligungen erarbeiten, in denen die Punkte der Mitbestimmung und der Ausschüttung vorgegeben werden.
Ich wage daher die Prophezeiung, dass der Erfolg der Initiative der FDP ein eher bescheidener sein wird.
Wir wollen aber auch einem kleinen Erfolg nicht im Wege stehen und werden dem Antrag der FDP zustimmen.
Ich eröffne die allgemeine Aussprache. Die Fraktion der GRÜNEN beginnt mit Herrn Dr. Gerstenberg. Es folgen CDU, Linksfraktion.PDS, SPD, NPD, FDP. Bitte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! 16 Zeilen sind Anlass für diesen letzten Tagesordnungspunkt. Ganze 16 dürre Zeilen umfasst die Antwort der Staatsregierung – –
Ganze 16 dürre Zeilen umfasst die Antwort der Staatsregierung auf unseren Antrag, über die Planungen zur zukünftigen Hochschulreform zu berichten. In der Antwort findet sich keinerlei inhaltliche Aussage, sondern nur der Verweis auf den Koalitionsvertrag und die Ankündigung eines Gesetzentwurfs. Frau Ministerin, das ist eine Brüskierung des Parlaments.
Es geht hier nicht um irgendeine kleine Novelle, sondern um eine umfassende und einschneidende Hochschulreform. Natürlich werden wir uns nach der 1. Lesung mit dem Gesetzentwurf in allen juristischen Details beschäftigen. Aber bis dahin lässt sich doch nicht der Mantel des Schweigens über ein solches Vorhaben decken. Es ist der legitime Anspruch des Landtags, über die Planungen zur und die grundsätzliche Richtung der Hochschulreform informiert zu werden. Die Sächsische Verfassung hat diesem Landtag aus gutem Grund nicht nur die Funktion des Gesetzgebers zugewiesen, sondern ihn auch zum Ort der politischen Willensbildung erklärt. Dies gilt umso mehr, wenn es um zukunftsprägende Fragen der Organisation und Finanzierung von Forschung und Lehre an sächsischen Hochschulen geht.
Antworten auf die Fragestellung und den Antrag sind umso dringlicher, als die Ziele der Reform zwischen den Koalitionspartnern völlig umstritten sind. Ich meine jetzt nicht die Studiengebühren, zu denen ein Burgfrieden geschlossen zu sein scheint, sondern die organisatorische Ausrichtung der Reform. Das Ministerium hingegen hat eine deutlich erkennbare Richtung eingeschlagen; sie lässt sich anhand des Eckpunktepapiers, eines VorReferentenentwurfs und des Gutachtens des CHE im Internet verfolgen.
Meine Damen und Herren! Die Zeichen stehen, wie ich gehört habe, auf Verständigung in der Koalition. Vielleicht ist es heute für die Ministerin eine Chance, dieses Podium zu nutzen, um grundsätzlich über die Ausrichtung der Reform zu sprechen. Unsere Fraktion erwartet, dass Sie Ihre bisherigen Ziele der Novelle aufgeben. Bisher ist der Umbau der sächsischen Hochschulen in eine TopDown-Struktur vorgesehen. Ich rate Ihnen dringend, davon Abstand zu nehmen. Das Echo aus den sächsischen Universitäten macht dies überaus deutlich.
Das Konzil der Technischen Universität Dresden hat gestern mit überwältigender Mehrheit die Forderung an die Novellierung des Sächsischen Hochschulgesetzes aufgemacht, dass die Wahlämter zu erhalten sind und die Verankerung der Wahlen und der Kontrollen von unten nach oben zu geschehen hat.
Die Wirtschaftswissenschaftler der Universität Leipzig haben in der Stellungnahme ihrer Fakultät zum Ausdruck gebracht, was Ökonomen von Unternehmensstrukturen an Hochschulen halten. Ich zitiere:
„Die Übernahme einer Governance- und Organisationsstruktur wie bei einer Kapitalgesellschaft – Top-DownStruktur – wird dem Forschungs- und Lehrauftrag und der pluralistischen Struktur einer Universität nicht gerecht und ist deshalb nicht zweckmäßig. Es sind keine Belege ersichtlich, dass andere Strukturen zu besseren Ergebnissen in Forschung und Lehre führen.“
Wir brauchen uns nicht nur auf die sächsischen Gutachten zu stützen; wir können auch in die Ferne schweifen. Es gibt inzwischen schlechteste Erfahrungen mit solchen Strukturen, wie gerade erst medienöffentlich im „Spiegel“ nachzulesen war. Es geht um den Versuch des Rektors der Universität Göttingen, das bundesweit bekannte und hervorragend evaluierte Politikwissenschaftliche Institut zu schließen.
Frau Ministerin, wie soll es weitergehen? Ich gehe davon aus, dass die bewährten Vor- und Vor-Vor-Entwürfe in den Papierkorb wandern. Ich rate Ihnen, das SächsHG neu erarbeiten zu lassen. Lassen Sie Leitlinien festschreiben, die Sie gemeinsam mit allen Akteuren an den Hochschulen diskutieren, nicht nur mit den Rektoren, sondern auch mit den Professoren, den Studierenden und den Mitarbeitern. Beziehen Sie in diese Diskussion bitte auch frühzeitig den Sächsischen Landtag ein, und zwar hier, mit seinen Gremien, und nicht nur über das Internet!
Lassen Sie diese Reform durch mehrere unabhängige Gutachten begleiten. Wir hätten nichts gewonnen, wenn sich die Vorstellungen des Zentrums für Hochschulentwicklung in allen neuen Hochschulgesetzen wiederfänden. Es ist wenig kreativ und macht auch den Bildungsföderalismus zur Farce, wenn das CHE an die Stelle des Hochschulrahmengesetzes tritt.
Das sind meine Wünsche und meine Vorschläge. In meinem Schlusswort werde ich Ihnen noch einige Hinweise dazu geben, wie die Vorstellungen unserer Fraktion zu den Leitlinien aussehen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Was den Stand und die Perspektiven der sächsischen Hochschulen angeht, so wissen Sie – das war schon Gegenstand vergangener Debatten –, dass vonseiten der Politik, der Staatsregierung und der Koalition, eine hohe Priorität auf unseren sächsischen Hochschulen liegt. Bei uns sind die Ausgaben pro Kopf für Wissenschaft und Forschung sehr hoch. Die Ergebnisse sind weithin sichtbar.
Im Laufe der Zeit sind die Herausforderungen aber andere geworden; wir müssen uns ihnen stellen. Die Bedeutung von Wissen und Können für die Gesellschaft, die Wirtschaft und schließlich den Wohlstand der Menschen im Freistaat Sachsen ist offensichtlich. Forschung und Entwicklung haben hier einen zentralen Stellenwert.
Meine Damen und Herren! Diese Herausforderungen wollen und müssen wir annehmen. Wir stehen vor der großen Aufgabe, unsere sächsische Hochschullandschaft weiterzuentwickeln. Mit Beginn dieser Legislaturperiode haben wir erfolgreich an die vorherige Politik und Gesetzgebung für die sächsischen Hochschulen angeknüpft. Ich nenne nur das Hochschulzulassungsgesetz, mit dem wir das Auswahlrecht in zulassungsbeschränkten Studiengängen an die Universitäten abgegeben und diese somit gestärkt haben. In das Beamtenrechtsreformgesetz sind leistungsbezogene Elemente eingefügt worden. Schließlich haben wir mit der kleinen Novelle im Gefolge des Bologna-Prozesses die Qualität von Forschung und Entwicklung an den Hochschulen gestärkt.
Meine Damen und Herren! Letzte Woche hat die gemeinsame Kommission von Wissenschaftsrat und Deutscher Forschungsgemeinschaft über die Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder entschieden. Wir haben wiederum eine Wegmarke in der Beurteilung der sächsischen Hochschullandschaft.
Das Ergebnis lautet zusammengefasst: Wir sind gut, aber nicht durchgehend Spitze. Wir haben die Chance, den
Zuschlag für eine Graduiertenförderung bzw. zwei Exzellenzcluster zu bekommen. Die Universitäten Leipzig und Dresden sind als einzige aus dem Osten dabei. Wir beobachten nicht nur ein Ost-West-, sondern auch ein Nord-Süd-Gefälle.
Wir erleben einen Paradigmenwechsel in der Förderung von Hochschulen. Wir gehen weg von der flächendeckenden Förderung der Einheitsuniversität hin zu einer differenzierten Förderung, gemessen an Qualitätsstandards. Diesem Paradigmenwechsel haben wir in Sachsen Rechnung zu tragen. Gerade die Entscheidung über die Exzellenzförderung ist Ansporn für weitere Anstrengungen der Politik und auch der Wissenschaft. Wir müssen differenziert analysieren, woran es gelegen hat, und unser Profil weiter schärfen.
Worin besteht die Verantwortung der Politik? Zwei Bereiche werden im Antrag von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN angerissen. Der erste Bereich umfasst den wichtigen Punkt der Finanzierung. Die Hochschulvereinbarung gibt langfristige Planungssicherheit und verbindet sie mit finanzieller Autonomie. Gleichzeitig ergibt sich die Notwendigkeit, über die Weiterbildung hinaus Einnahmemöglichkeiten für die Hochschulen zu erschließen. Sie wissen, dass es in diesem Punkt Auffassungsunterschiede innerhalb der Koalition gibt. Das letzte Wort, auch zeitlich, kann dazu noch nicht gesprochen sein.
Ich kann Ihnen nur ein Beispiel aus der Praxis nennen. Die Kosten für die Violinenausbildung an Musikhochschulen liegen bei 80 000 Euro. Viele Ausländerinnen und Ausländer wissen, dass es hier eine qualitative Ausbildung gibt. Es ist erforderlich, darüber zu reden, ob die Studierenden einen – im Verhältnis zum Beitrag des Steuerzahlers – angemessenen Beitrag leisten sollten. Die Entwicklung wird zeigen, dass wir auch hier das letzte Wort noch nicht gesprochen haben.
Zum Zweiten, zu den Organisationsstrukturen: Sicherlich ist es interessant, immer über Strukturen zu reden, Demokratie zu fordern, aber ich sage klar: Strukturen sind kein Selbstzweck, sie haben einem Zweck zu dienen, nämlich der Forschung und der Lehre. Sie müssen transparent sein. Sie müssen auch klare Verantwortung zuweisen. Das heißt, Entscheidungen rasch herbeiführen und auch umsetzen.
Wir haben das Vertrauen in unsere Hochschulen. Wir haben auch den Mut, ihnen hier mehr Verantwortung zu geben, entscheidende Schritte weiterzugehen. Wir werden uns intensiv, wenn die Hochschulnovelle vonseiten der Staatsregierung vorliegt, damit befassen und wir laden alle herzlich ein, über die Koalition hinaus diesen Diskussionsprozess im Hohen Hause und auch außerhalb mit uns zu führen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte gern noch einmal ganz kurz auf das Verfahren eingehen, weshalb wir heute auch hier stehen. Es gibt ein sehr großes Unverständnis nicht nur in den Oppositionsfraktionen, sondern auch innerhalb der Hochschulen über die derzeitige Novellierung des Sächsischen Hochschulgesetzes. Warum?
Ich möchte einmal kurz erzählen, was bisher abgelaufen ist. Wir haben einen Koalitionsvertrag. Auf diesen wurde auch in der Antwort der Regierung verwiesen. Er ist sehr allgemein, sehr dehnbar und es steht nichts Konkretes darin. Wir haben deshalb am Anfang der Legislatur im Ausschuss nachgefragt: Was sollen die Schwerpunkte für die zukünftige Entwicklung gerade im Hochschulbereich sein? Dazu wurde uns gesagt, man möchte uns zwar gern Auskunft geben, aber erst im Frühjahr 2006, also wahrscheinlich in nächster Zeit. Wir wurden darauf verwiesen, dass man ja Anfragen im Parlament oder Kleine Anfragen stellen kann oder Ähnliches.
Was kam als Nächstes? Es wurde ein Eckpunktepapier durch die Ministerin erarbeitet. Das blieb leider geheim. Es wurde einer Bewertung durch das CHE unterzogen. Das Ergebnis blieb leider auch geheim. Sehr verwunderlich ist: Drei Wochen später gab es dann einen Textentwurf des Hochschulgesetzes. Ich frage mich, wie schnell der entstehen konnte. Dieser Entwurf blieb immer noch geheim.
Es wurde dann ein weiterer Entwurf entwickelt, der Ende Dezember 2005 verschickt wurde. Aber auch der blieb wiederum fast geheim, denn er wurde nur ganz bestimmten Leuten zugänglich gemacht.
Was haben wir jetzt? Wir haben eine Baustelle. Wir haben einen Entwurf, der inzwischen als Nullentwurf bezeichnet wird. Wir haben sehr viele enttäuschte Beteiligte und wir haben einen Ministerpräsidenten – Herr Wöller hat heute in eine ähnliche Richtung argumentiert –, der trotz des Koalitionsausschusses, der getagt hat, weiter mit den Mehrheiten der CDU droht.
Wir haben aber auch eine große Not an den sächsischen Hochschulen. Gestern gab es eine Veranstaltung an der TU Dresden. Thema war eigentlich die Stiftungsuniversität. Dort wurden aber die Probleme der Hochschulen überhaupt benannt. Probleme bestehen eben im Bereich Finanzierung und Personal. Probleme gibt es in der Selbstverwaltung. Sie gibt es in der Gestaltung von Lehre und Forschung und sie gibt es auch, wenn es um den Zugang zu den Hochschulen geht.
Nun muss man sagen, unterschiedliche Interessenlagen gebären auch unterschiedliche Lösungen. Der Rektor der TU Dresden hat eine vorgestellt, nämlich indem er den Vorschlag der Stiftungsuniversität präsentierte. Es gibt aber auch die Aussage des Rektors von gestern, dass er in dieser Beziehung relativ leidenschaftslos ist. Er sagt, die Probleme, die ich vorhin benannt habe, müssen gelöst