Wird von den Fraktionen noch einmal das Wort gewünscht? – Wenn dies nicht der Fall ist, frage ich die Staatsregierung. – Herr Staatsminister Flath, bitte.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann es kurz machen. Frau Henke und Herr Dulig haben das Wesentliche gesagt. Erfreulich: Die Koalition steht wieder.
(Heiterkeit bei der CDU, der SPD und den GRÜNEN – Antje Hermenau, GRÜNE: Fragt sich nur, wie lange!)
Frau Hermenau, es gibt etwas Neues. Nicht, dass sich Ihre Fraktion nun in dieser schwierigen Frage enthält. Aber ich hatte gerade versprochen, Frau Bonk, es auch öffentlich zu sagen und dachte zuerst, Sie hätten meinen Redezettel gehabt, denn die Analyse stimmte. Wie Sie zum Schluss darauf kamen, dass Sie genau deshalb dem FDP-Antrag zustimmen, ist mir allerdings ein Rätsel.
Denn es ist in der Tat so: Es gibt, weiß Gott, genug Gutachten, und es gibt hunderte Gerichtsurteile, die sich mit genau der Frage beschäftigen, ob die privaten Schulen
angemessen finanziert sind oder nicht. Da wir uns nicht versprochen haben, dass wir mit weiteren Gutachten tatsächlich einer Lösung näher kommen, steht im Gesetzentwurf der Lösungsvorschlag – der übrigens auch auf Gutachterempfehlung zurückgeht –, das ganze Problem mit einer völlig neuen Formel ein für allemal zu lösen, völlig unabhängig davon, wie viel das staatliche Schulsystem kostet. Ich weiß, dass auch dagegen wieder Argumente sprechen.
Ich werde auch eines tun – wir arbeiten ja gut mit Thüringen zusammen –: Sollte es in Thüringen gelingen, dass man die Sache mit einem gemeinsamen Gutachten ohne Streit hinbekommt, dann will ich auch gern von den Thüringern lernen –
gar keine Frage, allein mir fehlt der Glaube; denn ich denke, man kann sehr unterschiedliche Gutachten in Auftrag geben. Man kann auch eines in Auftrag geben, das zu dem Ergebnis kommt, dass private Schulen überfinanziert sind – je nachdem, von welcher Seite man das Ganze betrachtet.
Herr Herbst, ich empfehle, den Antrag abzulehnen. Es steht Ihnen frei, Sie können natürlich auch als Fraktion ein Gutachten in Auftrag geben. Das Ergebnis würde ich mir mit Interesse anschauen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich finde den letzten Vorschlag sehr interessant. Wir verfassen demnächst also Gutachten für die Staatsregierung. Ich würde vorschlagen: Wenn Sie uns das zutrauen, machen wir auch die Gesetze und bringen die Gesetzentwürfe ein. Vielleicht kommt am Ende mehr für Sachsen heraus.
(Beifall bei der FDP – Antje Hermenau, GRÜNE: Wir machen die Legislative, was wollen Sie?! Wir wollen Geldmittel sehen!)
Ganz kurz noch einmal zu den Argumenten. Es liegen Gutachten vor, das ist richtig. Jedoch wurden diese Gutachten natürlich immer mit einer bestimmten Intention gefertigt. Was fehlte, war vorher der Konsens, dass man gemeinsam Kriterien festlegt. Es scheint jetzt in Thüringen der Fall zu sein, dass dies funktioniert. Da gibt es die Bereitschaft des Privatschulverbandes in Sachsen. Es gibt die Bereitschaft, sich gemeinsam zusammenzusetzen, sich vorher über die Kriterien zu unterhalten und danach das Ergebnis zu akzeptieren.
Zu Punkt 2, Frau Henke, Kosten könne man nicht ermitteln, wenn es sich beispielsweise um Verwaltungskosten handelt: Es ist sicher nicht einfach, aber es ist auch kein Teufelszeug. Ich bin von Hause aus Betriebswirtschaftler und kenne den Begriff „kalkulatorische Kosten“. Ich kann mir ungefähr vorstellen, wie beispielsweise ein Unternehmen mit verschiedenen Betriebsstätten in unterschiedlichen Ländern, mit verschiedenem Steuerrecht und verschiedenen Arbeitskosten die Kosten eines Produktes, zum Beispiel eines Autos, durchschnittlich errechnen kann. Das funktioniert. Warum soll es bei Schülern nicht funktionieren? Im Übrigen wäre es sehr hilfreich, wenn beispielsweise auch Leistungen der öffentlichen Hand und der Verwaltung einmal mit einem bestimmten Betrag bemessen werden; denn dann würden wir uns vielleicht bei dem einen oder anderen überlegen, ob wir es besser und effizienter in öffentlicher Hand machen oder ob wir es günstigerweise an Private auslagern. – Also, es ist machbar, es ist lösbar, und dies kann nicht das Argument für die Ablehnung sein.
Zum Dritten: Als Bildungspolitiker würde mich natürlich schon interessieren, wie die Kostenentwicklung im Bereich des Schulwesens in Sachsen ist. Es ist für uns nämlich sehr intransparent, was wirklich an Geld hinein
fließt. Wir kennen zwar die Kosten für die Lehrer – das haben wir im Haushalt, das ist richtig –, aber wir wissen nicht, was, über das Land gesehen, beispielsweise von der kommunalen Ebene hineinfließt. Das würde mich aber ganz einfach interessieren, weil wir hier die entsprechende Politik, die Bildungspolitik, machen.
Dieser Antrag – darin muss ich den GRÜNEN klar widersprechen – ist eben nicht sinnlos, sondern er ist zielführend. Im Gegensatz zur Debatte heute Früh ist er sehr konkret. Es ist ein konkreter Vorschlag. Von Ihnen gibt es bis jetzt keinen. Deshalb können Sie diesem Antrag zustimmen.
Meine Damen und Herren! Ich lasse nun über die Drucksache 4/4543 abstimmen und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Gibt es Stimmen dagegen? – Stimmenthaltungen? – Bei wenigen Stimmenthaltungen und einer großen Anzahl von Stimmen dafür ist der Antrag knapp mehrheitlich abgelehnt.
Die Stellungnahmen erfolgen in der Reihenfolge GRÜNE, CDU, Linksfraktion.PDS, SPD, NPD, FDP; Staatsregierung, wenn gewünscht.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Kollegen! Herr Landtagspräsident Iltgen, es gab vor einiger Zeit zwischen uns beiden ein Gespräch. Wir haben uns darüber unterhalten, ob wir nicht die Rechte des Parlaments stärken sollten. Dieser Zeitpunkt ist jetzt gekommen, zum Beispiel anhand dieses Antrages, den wir heute vorlegen. Darin geht es um die Stärkung der Rechte jedes Parlamentariers und um die Stärkung der Rechte des Parlaments im Ganzen.
Wir haben als Antragsbeschlussgegenstand einen sehr kurzen Satz vorgelegt. Er heißt: „Die Staatsregierung wird ersucht, im Rahmen der Festlegung der Operationellen Programme für die nächste EU-Förderperiode ab 2007 dem Landtag bis zum 30. April dieses Jahres einen Entwurf vorzulegen.“
Das ist nicht besonders kompliziert. Die Staatsregierung soll nur einen Entwurf vorlegen und Operationelle Pro
Wir wollen das, weil wir glauben, dass das Budgetrecht des Parlaments beschnitten wird, wenn die Operationellen Programme, die Umsetzung der EU-Förderung, nicht in diesem Landtag besprochen werden. Wir werden im Herbst über einen Haushalt diskutieren, der im Dezember zu verabschieden ist und der einen Zweijahreshaushalt darstellt. Die ersten Operationellen Programme gelten für drei Jahre. Wir haben also eine Parallele und es geht darum, dass das Land aus dem Landeshaushalt natürlich Kofinanzierungsmittel bereitstellen muss. Ich werde das noch im Detail erläutern. Aber die hohe Fördermittelabhängigkeit des Haushalts des Freistaates Sachsen ist ein wichtiger Punkt, mit dem wir uns befassen müssen. Das ist eine besondere Situation im Osten.
Die Strukturfonds nehmen in ihrem Gesamtvolumen ungefähr so viel ein wie die disponiblen Mittel des Haushalts insgesamt. Das ist erheblich; denn bei den Haushaltsberatungen können wir eigentlich im Parlamentsverfahren nur über die disponiblen Mittel wirklich entscheiden. Dort können wir sagen, was wir umschichten und für andere Zwecke ausgeben wollen als die Staatsregierung.
Wir werden für die Periode 2007 bis 2013 ungefähr 4,0 bis 4,2 Milliarden Euro von der Bundesebene bekommen. An Landesmitteln bedeutet das mindestens ungefähr 630 Millionen Euro, wenn man bei der jetzigen Schwerpunktsetzung bleibt. Wenn man Forschung und Entwicklung als einen wesentlichen neuen Investitionsschwerpunkt setzen möchte, würde das sogar entsprechend mehr bedeuten. Die Strukturmittel nehmen in ihrem Gesamtvolumen dann ungefähr 5 % des Landeshaushalts ein, während die disponiblen Mittel 6 bis 7 % ausmachen. Das ist eine Daumenpeilung, weil es einen degressiven Verlauf gibt.
Das heißt, wir sprechen über die wenigen Mittel im Haushalt des Freistaates Sachsen, bei denen Politikgestaltung überhaupt noch möglich ist, weil diese Mittel eben nicht durch Gesetze, Verträge und Personalausgaben gebunden sind. Das ist ganz wesentlich und für jeden einzelnen Parlamentarier interessant, auch wenn Sie mir das bis jetzt offensichtlich noch nicht glauben wollen.
Wir werden im Haushaltsverfahren im Herbst mit ungeklärten Kofinanzierungsfragen konfrontiert werden, wenn man sich dazu entschließt, den Investitionsschwerpunkt zu verändern. Das hat erhebliche Auswirkungen auf die Haushaltsberatungen; denn es gibt eine breite Mehrheit in diesem Haus, die eine höhere Neuverschuldung nicht haben will. Das heißt, man muss das Geld innerhalb des Haushaltes umschichten und anderswo wegnehmen, um es zur Kofinanzierung von EU-Mitteln zur Verfügung zu haben.
Die Zeitleiste der Entscheidung ist folgende: Im Sommer sollen die Operationellen Programme für die EUFördermittel in Brüssel angemeldet werden. Im Herbst bekommen wir den Haushaltsentwurf. Im Dezember werden wir ihn wahrscheinlich beschließen. Das ist zu knapp. Wir werden dann offensichtlich nicht mehr richtig relevant in die Operationellen Programme eingreifen können. Ich erinnere mich an die Haushaltsberatungen zum Haushalt 2005/2006. Es war so, dass immer gesäuselt wurde: Das können wir nicht mehr mit Ihnen besprechen und verändern; wir haben das in Brüssel gemeldet; es ist ganz schwer, eine Änderung an den Operationellen Programmen vorzunehmen. – Das heißt, uns sind im Herbst wahrscheinlich die Hände gebunden, und das ist nicht hinnehmbar.
Vergleichen wir einmal, wie in der Förderperiode von 2000 bis 2006 die Straßenfinanzierung aus EU-Mitteln gewesen ist: Es gab insgesamt ein Volumen von 990 Millionen Euro für Straßenbau in Sachsen. Davon kamen 75 % – über 700 Millionen Euro – von der EU, 16 % – reichlich 150 Millionen Euro – vom Bund, aber nur 0,6 %, also sechs Millionen Euro, vom Land, und die Kommunen haben 9 %, nämlich 88 Millionen Euro, beigesteuert.
Das ist ein besonderer Sachverhalt. Er hat damit zu tun, dass das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz in Deutschland eine Kofinanzierung von Bund und Kommunen zusätzlich erlaubt. Ansonsten wäre nämlich das Land mit 25 % und nicht mit 0,6 % beteiligt gewesen. Das heißt, ganz klar gesprochen, es ist für den Landeshaushalt Sachsen außerordentlich günstig, Straßen zu bauen.
Das Argument, man verlöre Bundesmittel, wenn man statt Straßen beispielsweise den Schwerpunkt Forschung und Entwicklung finanzieren wollte, ist allerdings wohlfeil, weil diese Kofinanzierung des Bundes eigentlich nur Geld aufgrund des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes ist und einen deutschen Sondersachverhalt darstellt. Das sollte uns nicht daran hindern, darüber nachzudenken, wo die Zukunft des Freistaates Sachsen liegt.
Forschung und Entwicklung haben in der letzten Förderperiode 728 Millionen Euro bekommen, wiederum 75 % von der EU, 1 % vom Bund und 24 % vom Land. Forschung und Entwicklung sind also ungefähr vierzigmal teurer als Straßenbau, wenn man es von der Kofinanzierung des Landeshaushaltes her betrachtet. Wenn wir einen neuen Schwerpunkt setzen wollen – und die Diskussion in den verschiedenen Parteien ist eigentlich so –, zum Beispiel in Forschung und Entwicklung, dann werden wir uns überlegen müssen, wo wir aus dem Landeshaushalt das Geld hernehmen, um es konfinanzieren zu können, denn so billig wie die Straße sind Forschung und Entwicklung nicht zu haben.
Die Zukunft Sachsens liegt nicht darin, die Straßendichte weiter zu erhöhen. Es sind nach vielen Studien, auch vom IWH, daraus keine wirklich relevanten weiteren Wachstumseffekte mehr zu erwarten. Ich zitiere: „Mit 737 m überörtlicher Straße pro Quadratkilometer hat Sachsen eine über dem Bundesdurchschnitt liegende Straßendichte.“ Ich zitiere übrigens amüsanterweise aus „Sachsen“, der Faktenbroschüre der Staatskanzlei 2004. Das kann man auch downloaden.
Forschung und Entwicklung haben ganz wesentlich etwas damit zu tun, dass wir die Exportfähigkeit der eigenen Unternehmen in Sachsen stärken. Warum wollen wir sie stärken? Wenn man egoistisch aus Landessicht schaut, ist es natürlich wichtig, die Eigeneinnahmen, die wir für unseren Landeshaushalt erhalten, zu erhöhen. Wir sind in unserem Landeshaushalt viel zu sehr fördermittel- und zuschussabhängig. Wir leben davon, dass andere Leute Mitleid mit uns haben und uns Geld geben. Das kann auf Dauer nicht gut gehen. Spätestens 2019 müssen wir Sachsen auf eigenen Füßen stehen.
Wo soll das, bitte schön, herkommen, wenn wir uns nicht endlich darum bemühen, mehr Eigeneinnahmen zu gerieren? Aus dem Straßenbau kommen sie nicht. Aber mehr Eigeneinnahmen können durchaus aus einer stärkeren Exportorientierung in Sachsen kommen. Die durchschnittliche Exportquote von Unternehmen mit Orientierung auf den Export beträgt im Bund 40 %, in Sachsen 30 %. Wir liegen also noch ein Viertel unter dem, was bundesdeutscher Durchschnitt ist. Das kann nicht zufrie