Protokoll der Sitzung vom 16.03.2006

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben uns sehr engagiert und umfänglich mit der Vogelgrippe/Geflügelpest

auseinander gesetzt. Wir konnten aber feststellen – ich denke, ich darf das für alle resümieren –, dass wir gut vorbereitet sind auf ein Szenario, was – so hoffe ich – nie umgesetzt werden muss.

Sie, Herr Günther, haben für die FDP-Fraktion so davon gesprochen, als wenn es schon da wäre oder da sein könnte. Es ist richtig, wir müssen Vorsorge treffen. Das ist gar keine Frage. Auch von der Ministerin wurde vorgetragen, dass wir – falls es so sein sollte, was aber niemand hofft – alle Ebenen einbezogen haben: angefangen vom Bund, für den wir nicht zuständig sind, bis hin zur Landesebene. Auch die kommunale Ebene dürfen wir nicht vergessen. Die Landkreise, die kreisangehörigen Kommunen und die Kreisfreien Städte wissen, was sie zu tun haben.

Ich möchte Folgendes anschließen: Die Gefahr ist natürlich da. Ich will jetzt nicht sagen, sie liegt bei einem Prozent oder bei null Prozent. Man kann sie natürlich nicht ausschließen. Man muss resümieren, dass wir nicht, wie in Asien, gemeinsam mit Tieren leben. Dort existieren ganz andere Lebens- und Wohnverhältnisse, in denen derartige Dinge eher auftreten können. Ich möchte es nur in den Raum gestellt haben.

Herr Heinz hatte es angesprochen: Es betrifft die Nutztierbestände. Da haben wir hier ganz andere Verhältnisse als in den asiatischen Staaten, wo das eher aufgetreten ist und weiter auftreten kann.

Ich mache mir aber Sorgen über die mediale Welt, in der wir leben. Sie ist sehr offen, was sehr viele Vorzüge, aber auch den einen oder anderen Nachteil mit sich bringt. Es ist Verschiedenes eingetreten, von dem wir nicht gedacht hätten, dass es passiert. Es wurden viele überzogene Ängste geschürt.

Mich hat es sehr berührt, dass die allseits beliebte Sendung des MDR „In aller Freundschaft“ ausgerechnet ein Szenario dargestellt hat, bei dem Menschen von der Vogelgrippe betroffen waren. Ich denke – und das sei mir an dieser Stelle erlaubt –, dass das nicht gerade dazu beiträgt, Ängste auszuräumen. Vielleicht sollten wir von diesem Hohen Haus aus einen Appell an die Medien richten, nicht davon zu sprechen, dass Menschen angesteckt werden können. In allererster Linie sollte davon gesprochen werden, dass die Vogelgrippe, wenn sie hier auftreten würde, auf Nutztierbestände übergreifen könnte. Das ist mir an dieser Stelle sehr wichtig.

Hoffen wir also auf das Frühjahr, denn bei einer Temperatur von 20 °C stirbt das Virus. Wenn wir allerdings aus dem Fenster schauen, sehen wir den Schnee, sodass wir noch in Habt-Acht-Stellung bleiben müssen.

Ansonsten möchte ich mich ganz herzlich für diese Debatte bedanken. Ich werde all die Hände, die gereicht worden sind, ergreifen. Ich hoffe und wünsche, dass wir hier gemeinsam mit vereinten Kräften die Herausforderungen meistern können.

In diesem Sinne bedanke ich mich ganz herzlich für die Debatte.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall.

(Frau Staatsministerin Helma Orosz geht in Richtung Rednerpult. – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Die Staatsregierung.)

Entschuldigung, Sie standen nicht mehr auf meiner Liste. Bitte, Frau Ministerin.

Danke schön. Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte noch einmal mit zwei Sätzen auf die Aktuelle Debatte eingehen. Ich bin dankbar dafür, dass Herr Günther von der FDP noch einmal darauf hingewiesen hat, dass wir, was die Informations- und Kommunikationspolitik betrifft, alle zuständig sind und entsprechend unseren Erkenntnissen argumentieren sollten.

Ich sehe mich veranlasst, noch etwas zu dem Beitrag der NPD zu erwidern. Vogelgrippe bzw. Geflügelpest war heute das Thema der Aktuellen Debatte. Aber Sie haben in Ihrem gesamten Beitrag über Pandemie gesprochen. Pandemie ist ein anderer Tatbestand. Ich möchte deutlich sagen, dass wir von Pandemie erst dann sprechen, wenn eine Mensch-zu-Mensch-Übertragung möglich geworden ist.

(Uwe Leichsenring, NPD: Ja.)

Das setzt aber voraus, dass dieses H5N1-Virus mutiert ist. Bei den Vorfällen in der Türkei, die Frau Nicolaus angesprochen hat, handelt es sich um eine Tier-zu-MenschÜbertragung, die unter kulturellen und hygienischen Voraussetzungen stattgefunden hat, die in Deutschland bzw. Europa nicht realistisch sind. Pandemie hat damit nichts zu tun. Pandemie ist eine Mensch-zu-MenschÜbertragung. Dafür gibt es – ich wiederhole noch einmal die Informationen aus meinem Vortrag – derzeit weltweit keinerlei Ansatzpunkte.

Ich würde ganz herzlich darum bitten, dass Sie sich fachlich kundig machen und dann die entsprechende Öffentlichkeitsarbeit leisten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Wird von den Fraktionen noch das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Meine Damen und Herren! Damit ist diese Aktuelle Debatte, beantragt von den Fraktionen CDU und SPD zum Thema „Geflügelpest/Vogelgrippe – Überwachungs-, Schutz- und Bekämpfungsmaßnahmen in Sachsen“, abgeschlossen.

Wir kommen nun zu

2. Aktuelle Debatte

Bedrohung der Schulen in freier Trägerschaft durch die Kürzungspläne der Staatsregierung

Antrag der Linksfraktion.PDS

Zunächst hat die Antragstellerin, die Linksfraktion.PDS, das Wort. Danach CDU, SPD, NPD, FDP, GRÜNE; Staatsregierung, wenn gewünscht. Die Debatte ist eröffnet. Ich erteile der Linksfraktion.PDS das Wort. Herr Dr. Hahn, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Selten zuvor hat eine von der Opposition eingereichte Aktuelle Debatte schon vor ihrem eigentlichen Stattfinden derartige Wirkung entfaltet wie die heutige zur Situation der Schulen in freier Trägerschaft. Der aus vielerlei Gründen absolut inakzeptable Referentenentwurf des Kultusministeriums für ein neues Gesetz über Schulen in freier Trägerschaft ist seit wenigen Tagen vom Tisch, und das ist gut so.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS, der FDP und den GRÜNEN)

Der fragliche Referentenentwurf war seit Monaten heftig umstritten und wurde von den Betroffenen zu Recht rundweg abgelehnt, wie zahlreiche Zuschriften gezeigt haben, die sicher allen Fraktionen hier im Haus zugegangen sind. Wenn man sich die vorgesehenen Regelungen unter fachlichen Gesichtspunkten näher angesehen hat, dann braucht man wahrlich kein ausgesprochener Fan von freien Schulen oder Privatschulen zu sein, um den Protest dieser Schulen nachvollziehen zu können. Dabei ging es beileibe nicht nur, wie vom Kultusminister immer wieder suggeriert, allein um die finanziellen Zuschüsse. Es ging auch um die Zukunft der integrativen Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderung, die ernsthaft bedroht war. Es ging um zusätzliche soziale Schranken durch den geplanten Wegfall der Schulgelderstattung für sozial Schwache und um die drohende Schließung zahlreicher freier Schulen, insbesondere im Bereich der Berufsbildung.

Herr Dulig von der SPD hat es auf den Punkt gebracht, als er feststellte, das Gesetz sei – Zitat – „ein Entwurf der Administration und kein Entwurf der Bildungspraxis“.

Da wir leider häufig genug Anlass haben, die Sozialdemokraten wegen ihres inkonsequenten Handelns hier zu kritisieren, möchte ich mich an dieser Stelle ausdrücklich bei den Kollegen von der SPD-Fraktion dafür bedanken, dass sie dafür gesorgt haben, dass dieser Gesetzentwurf schon vor der Einbringung im Landtag beerdigt worden ist.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Selbst Staatsminister Flath kann von seinem Gesetzentwurf nicht sehr überzeugt gewesen sein, wenn er gegenüber der Presse resigniert erklärte – Zitat –: „Besser kein Gesetz als ein vermurkstes.“ Das sagte er über seinen

eigenen Gesetzentwurf. Insofern, Herr Flath, zolle ich Ihnen für den Rückzug des Entwurfes durchaus Respekt. Das ist Ihnen sicher nicht leicht gefallen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Einzig CDU-Fraktionschef Hähle hat in einer Presseerklärung sein Bedauern über das Scheitern des Gesetzentwurfes ausgedrückt und den schwarzen Peter der SPD zugeschoben;

(Zuruf des Abg. Dr. Fritz Hähle, CDU)

aber damit können wir, können die freien Schulen in Sachsen sicher gut leben.

Wer nun aber meint, dass mit dem Zurückziehen des Gesetzentwurfes alle Probleme gelöst seien und die Gefährdung beseitigt wäre, der irrt gewaltig. Deshalb ist unsere Aktuelle Debatte nach wie vor höchst zeitgemäß. Zum einen ist davon auszugehen, dass der Kultusminister versuchen wird, wesentliche Eckpunkte seines Gesetzentwurfes schon im Herbst im Rahmen des üblichen Haushaltsbegleitgesetzes wieder auf den Tisch zu bringen.

Außerdem – und dies ist weit gravierender – gibt es existenzielle Bedrohungen für zahlreiche freie Schulen, für die Steffen Flath gar keine Gesetzesänderung braucht, weil das weitgehend am Landtag vorbei geschieht. Ich denke hier an die Zuschussverordnung für Schulen in freier Trägerschaft, die zwar im Schulausschuss mit beraten, aber nicht im Landtag beschlossen wird. Ich denke ganz aktuell vor allem an die geplanten massiven Eingriffe in die Schulordnung Berufsfachschule, bei der das Parlament überhaupt nicht einbezogen werden muss, durch die aber gravierende Auswirkungen zu befürchten sind.

Kollege Colditz von der CDU hat zu den Plänen seines Ministers erklärt, der Versuch, den Markt freier Schulen zu bereinigen, sei unredlich. „Wir“ – so Colditz wörtlich – „können den Trägern nicht plötzlich in den Rücken fallen.“ Richtig, Herr Colditz!

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Immerhin droht in Sachsen durch die geplanten Neuregelungen der Verlust von bis zu 18 000 Ausbildungsplätzen. Für die Allermeisten davon gibt es keinen Ersatz, und dies geschieht bei dem bekannten Lehrstellenmangel im Freistaat.

Im Kern geht es darum, dass aus Sicht des Kultusministeriums für mindestens fünf Berufe keine anerkannte Ausbildung an Berufsfachschulen mehr zulässig sein soll. Welche konkreten Folgen das hätte, werde ich in meinem zweiten Redebeitrag erläutern.

Niemand bestreitet, dass durch die sinkende Zahl der Schulabgänger auch bei den beruflichen Schulen Handlungsbedarf besteht. Natürlich ist auch uns bekannt, dass die Zahl freier Schulen gerade in diesem Bereich weit über dem Bundesdurchschnitt liegt, woran nicht zuletzt die 14 Jahre Alleinregierung der CDU schuld sind.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Allerdings!)

Wir werden uns dennoch vernünftigen Reformvorschlägen nicht verschließen. Aber eines sage ich doch als letzten Satz: Wenn der Minister ohne akzeptable Übergangsregelungen, ohne Alternativen für die wegfallenden Ausbildungsplätze und ohne Augenmaß seinen Kahlschlag von den öffentlichen Schulen auch auf die freien Schulen übertragen will, dann wird er auf den entschiedenen Widerstand der Linksfraktion.PDS treffen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Ich erteile der Fraktion der CDU das Wort. Herr Colditz, bitte.