Protokoll der Sitzung vom 16.03.2006

Gestatten Sie eine Nachfrage?

Natürlich.

Herr Staatsminister, meinen Sie nicht, dass Sie eben mit dieser öffentlichen Aussage, dass der Schulstandort gefährdet ist, und den

Erfahrungen, die die Eltern mit Schulschließung in den vergangenen Jahren hatten, ganz bewusst Schülerströme gelenkt haben, die Eltern also damit animiert haben, ihr Kind genau in dieser Schule nicht anzumelden, und dadurch die geforderten Schülerzahlen nicht zustande kamen?

Frau Abgeordnete, wir sind in der nächsten oder übernächsten Woche schlauer, was das betrifft. Ich weiß es nicht. Ich will jetzt auch nicht spekulieren. Ich will aber sagen, dass ich natürlich die Absicht mit meiner Äußerung verbunden habe, Schulen zu stabilisieren. Es ist wohl in der Praxis so, dass das oftmals nur möglich ist, weil die Zahl der Kinder begrenzt ist und sie nur eine Schule besuchen können. Damit ist verbunden, eine andere Schule zu schließen. Das ist ein sehr schmerzlicher Prozess, nur wollte ich mit meinen Äußerungen – so habe ich bis zur Stunde immer noch die Hoffnung – diesen Prozess eher beschleunigen als verzögern. Aber dennoch, da das Recht der Eltern unbeschränkt ist, eine freie Schulwahl vorzunehmen, bleibt abzuwarten, ob es eine Wirkung hinterlassen hat. Ich weiß es nicht. Ich will mich dazu bekennen, dass ich damit die Absicht verfolgt habe. Dessen war ich mir schon bewusst.

Frau Roth, Sie können Ihre nächste Frage stellen, Frage Nr. 11.

Es geht noch einmal um das Problem Schule, diesmal in Schneeberg. Mein Anliegen ist die Beendigung der unzulässigen Einflussnahme des Regionalschulamtes Zwickau auf die Anmeldungen der Schüler der Mittelschule für das Schuljahr 2006/2007.

Meine erste Frage – es ist ziemlich schwer, das alles in eine Frage zu packen, doch ich denke, dass es mir trotzdem gelungen ist:

1. Inwieweit ist die Einflussnahme des Regionalschulamtes Zwickau auf die Lenkung der Schülerströme durch seine an die Mittelschulen bzw. deren Schulleitungen in der Bergstadt Schneeberg gerichtete Anweisung, für die bevorstehenden Mittelschulanmeldungen gegenüber den Eltern darauf hinzuwirken, dass diese ihre Kinder ausschließlich in der Pestalozzi-Mittelschule in Schneeberg anmelden, obwohl es derzeit in der Stadt Schneeberg neben diesem Mittelschulstandort eine weitere Mittelschule, die Diesterweg-Mittelschule, existiert und der damit einhergehende unmittelbare Eingriff des Regionalschulamtes in das diesbezügliche von Verfassungs wegen garantierte Wahl- und Bestimmungsrecht der Eltern zulässig?

2. Welche Maßnahmen wird die Staatsregierung ergreifen, um den betroffenen Eltern in der Stadt Schneeberg noch rechtzeitig vor Ablauf des diesjährigen Anmeldetermines – das ist der morgige Tag – das uneingeschränkte Wahl- und Bestimmungsrecht hinsichtlich der Anmeldung ihrer Kinder in einer der beiden vorhandenen Mittelschulen in

Schneeberg wieder einzuräumen und dies vor Ort öffentlich zu machen?

Herr Minister Flath, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Frau Abg. Roth! Die unterstellte Einflussnahme des Regionalschulamtes Zwickau gibt es nicht. Das Regionalschulamt Zwickau hat lediglich zur Kenntnis genommen, dass die künftige Klassenstufe 5, gebildet aus voraussichtlich zwei Klassen, gemäß einem Beschluss des Stadtrates der Stadt Schneeberg an der jetzigen PestalozziMittelschule eingerichtet werden soll. Dieser Stadtratsbeschluss wurde dem Sächsischen Staatsministerium für Kultus allerdings noch nicht mit der notwendigen Stellungnahme auf dem Dienstweg vorgelegt.

Vor diesem Hintergrund bestehen keine Einwände, dass ungeachtet der formal bestehenden Wahlmöglichkeit der Eltern in einem organisatorischen Vorgriff der Schulleiter der Diesterweg-Mittelschule vom Schulträger gebeten

wurde, die von ihm angenommenen Anmeldungen an die Pestalozzi-Mittelschule weiterzuleiten. Die erforderliche Zustimmung des Kultusministeriums zum Stadtratsbeschluss wird in Abhängigkeit von der Zahl der vorliegenden Anmeldungen an der Diesterweg- und der PestalozziMittelschule erfolgen.

Zum zweiten Teil Ihrer Frage. Rechtsaufsichtliche Maßnahmen sind aus Sicht der Kultusverwaltung überflüssig, da es zu keiner Einschränkung der Anmeldemöglichkeiten in Schneeberger Mittelschulen kommt. Soweit zur Antwort.

Danke.

Bitte schön.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es liegen keine weiteren Fragen von Abgeordneten für diese Fragestunde vor. Damit ist der Tagesordnungspunkt beendet.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 3

1. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Änderung des Sächsischen Ausführungsgesetzes zum Abwasserabgabengesetz

Drucksache 4/4556, Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU und der SPD

Es liegt keine Empfehlung des Präsidiums vor, eine allgemeine Aussprache durchzuführen. Es sprechen daher nur die Einreicherinnen, die CDU bzw. die SPD.

Frau Windisch, CDU-Fraktion, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bringe das Gesetz zur Änderung des Sächsischen Ausführungsgesetzes zum Abwasserabgabengesetz für die Koalitionsfraktionen in die parlamentarische Beratung ein.

In Artikel 10 der Verfassung des Freistaates Sachsen heißt es: „ Der Schutz der Umwelt als Lebensgrundlage ist auch in Verantwortung für kommende Generationen Pflicht des Landes und Verpflichtung aller im Land.“

Dieses Verfassungsziel, das der 1. Sächsische Landtag im Bewusstsein der DDR-Umweltlasten in die Verfassung aufgenommen hat, ist in den vergangenen 16 Jahren mit einem enormen finanziellen Kraftakt in die Realität umgesetzt worden. Es sind erhebliche Anstrengungen unternommen worden, um die Umweltbedingungen zu verbessern. Dies gilt insbesondere für die Bereitstellung von Trinkwasser in Lebensmittelqualität und den Aufbau eines in Verdichtungsgebieten inzwischen fast flächendeckenden und im ländlichen Raum weit verbreiteten Netzes moderner Abwasserreinigungsanlagen. Ende 2004 hatten wir in Sachsen einen Anschlussgrad von 87,5 %.

23 300 Kilometer neue Abwasserleitungen durchziehen unser Land. Derzeit werden insgesamt 791 öffentliche Kläranlagen betrieben, 714 davon bereits mit biologischer Behandlung der Abwässer und nur noch 77 Anlagen mit mechanischen Reinigungsverfahren. Bei Letzteren wird sich in den kommenden Jahren noch vieles zum Besseren ändern.

Dem besonderen Nachholbedarf durch die DDR-Altlast in Sachen Umweltinfrastruktur wurde durch die EU und den Solidarpakt mit finanziellen Mitteln, aber eben auch durch Sonderregelungen in Gesetzen Rechnung getragen. Eine davon war § 10 Abs. 5 des Abwasserabgabengesetzes des Bundes, der es den Aufgabenträgern in den neuen Ländern erlaubte, die Abwasserabgaben für Schmutzfrachteinleitungen, zu denen auch die Kleineinleitungen gehören, mit Investitionen zur Verbesserung der Gewässerqualität zu verrechnen. Damit wurde quasi auch die Investitionskraft der Aufgabenträger gestärkt.

Diese Regelung ist zum 31.12.2005 unwiderruflich ausgelaufen und hatte keine Chance, über eine Bundesratsinitiative der neuen Länder nochmals verlängert zu werden. Aus diesem Grunde haben die Koalitionsfraktionen die Initiative ergriffen, eine Anschlussregelung für das Sächsische Ausführungsgesetz zum Abwasserabgabengesetz zu schaffen, die die Folgen des Wegfalls der Kompensationsmöglichkeit für die Kleineinleiter auf

fängt. Die Folgen, hätten wir nicht die Initiative ergriffen, würden insbesondere den ländlichen Raum treffen, wo es infolge des niedrigeren Erschließungsgrades mehr private Kleinkläranlagen gibt. Weil Kommunen und Abwasserzweckverbände durch Bundesgesetz rechtlich verpflichtet sind, für Schmutzwassereinleitungen von Kleineinleitern, also von Kleinkläranlagen, die noch nicht nach dem Stand der Technik arbeiten, in die Vorfluter eine Kleineinleiterabgabe zu erheben, wären ab 01.01.2006 pro angeschlossener Person 17,90 Euro pro Jahr fällig geworden. Dazu können die Aufgabenträger dem Bürger noch ihre Verwaltungskosten in Rechnung stellen. Das würden bei einem Vier-Personen-Haushalt in der Summe etwa 100 Euro ausmachen.

Zudem – das sehen wir auch als Problem – stellen die Bescheiderteilung und die zu erwartende Widerspruchsbearbeitung für die Aufgabenträger einen enormen Verwaltungsaufwand dar.

Oder im anderen Fall: Wenn die Aufgabenträger den Aufwand und den Ärger mit dem Bürger vermeiden wollen – im Regierungsbezirk wären immerhin etwa 80 000 Bescheide zu erwarten –, wäre das eine De-factoErhöhung der Abwassergebühr um etwa 50 Cent pro Kubikmeter.

Mit dem nun vorliegenden Gesetzentwurf geben wir den Aufgabenträgern und den Betreibern von Kleinkläranlagen Gelegenheit, sich in den nächsten vier Jahren auf die neue Situation vorzubereiten. Danach wird erstmals 2010 flächendeckend im Freistaat Sachsen die Kleineinleiterabgabe auf den Besitzer einer Kläranlage als Verursacher der Schmutzwassereinleitung abzuwälzen sein.

Um der Opposition von vornherein den Wind aus den Segeln zu nehmen: Die Abwasserabgabe ist keine willkürliche Steuer oder Abgabe, um den Bürger zu belasten oder „abzuzocken“, wie der Sprachgebrauch insbesondere der PDS-Fraktion in den vergangenen Jahren war, sondern sie hat eine Lenkungswirkung hinsichtlich der Reduzierung der Schmutzfracht, die unseren Fließgewässern noch immer zugemutet wird. Ich sage deutlich: Wer die Gewässer durch unzureichend gereinigtes Abwasser aus alten Kläranlagen verschmutzt, soll nicht dauerhaft bessergestellt sein als derjenige, der jetzt schon in umweltfreundliche, moderne Anlagen investiert hat.

Bei der Vorbereitung der Gesetzesnovelle haben dennoch zwei Seelen in meiner Brust gewohnt. Der bisherige § 10 Abs. 5 des Abwasserabgabengesetzes und seine Defacto-Verlängerung durch unsere Gesetzesinitiative sind eigentlich umweltpolitisch höchst problematisch; denn diese Regelung hat die Lenkungs- und die Anlastungswirkung der Abwasserabgabe konterkariert. Diese Regelung war in den letzten 15 Jahren allein aufgrund des erheblichen Missverhältnisses des Standes der Abwasserbeseiti

gung zwischen den neuen und den alten Ländern gerechtfertigt.

Das Verursacherprinzip und das Kostendeckungsprinzip gelten auch bei den Wasserdienstleistungen. Artikel 9 der Wasserrahmenrichtlinie verpflichtet daher die EUMitgliedsstaaten, bis spätestens 2010 Kostendeckung zu erreichen. Deshalb unsere Befristung bis zum Veranlagungsjahr 2009. Die Einnahmen, die schon jetzt durch den Anteil der nichtkompensationsfähigen Abwasserabgabe durch die Zweckverbände an den Freistaat abgeführt werden, sind durchaus im Umwelthaushalt willkommen; denn sie sind zweckgebunden und dürfen nicht zum Stopfen anderweitiger Haushaltslöcher verwendet werden. Dieses so vereinnahmte Geld fließt in Form von Fördermitteln zurück in die Verbesserung der Gewässergüte und -struktur. So wird zum Beispiel auch das Durchgängigkeitsprogramm für Fließgewässer daraus finanziert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Unser Gesetzentwurf ist aus der Sicht der Koalitionsfraktionen ein nicht unbedeutendes politisches Zeichen. Wir setzen uns damit im Wissen um die umweltpolitischen Aspekte für eine spürbare finanzielle Entlastung der Bevölkerung insbesondere im ländlichen Raum ein. Mit der Terminsetzung des Endes der Verrechnungsregelung im neuen § 9a zum Veranlagungsjahr 2009 machen wir aber auch unmissverständlich klar, dass eine dauerhafte Schonung von Gewässerverschmutzern nicht zu erwarten ist. Derjenige, der in den Schutz der Umwelt investiert, soll auch einen Nutzen davon haben. Schließlich zahlen diejenigen, die bis 2009 auf vollbiologische Klärung umgestellt haben, auch nach 2010 keine Kleineinleiterabgabe.

Ich bitte Sie deshalb um Zustimmung zu den Überweisungsanträgen und um eine konstruktive Begleitung der Beratungen zu unserem Gesetzentwurf in den beteiligten Ausschüssen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den Entwurf Gesetz zur Änderung des Sächsischen Ausführungsgesetzes zum Abwasserabgabengesetz an den Ausschuss für Umwelt und Landwirtschaft – federführend –, an den Haushalts- und Finanzausschuss und an den Innenausschuss zu überweisen. Wer dem Vorschlag der Überweisung an diese Ausschüsse zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist die Überweisung einstimmig beschlossen worden.

Wir können den Tagesordnungspunkt beenden.

Wir kommen zu

Tagesordnungspunkt 4

Verbesserungen beim Vollzug von Sanktionen im Jugendstrafrecht

Drucksache 4/4544, Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Wir beginnen mit den Fraktionen von CDU und SPD. Danach folgen die Linksfraktion.PDS, die NPD-Fraktion, die FDP-Fraktion, die GRÜNE-Fraktion und die Staatsregierung, wenn gewünscht.