Wir importieren nicht nur Studenten von außerhalb, sondern wir exportieren eines der erfolgreichsten Bildungsmodelle nach außerhalb.
Ich hatte es schon aufgegeben; denn der Punkt ist jetzt lange vorbei. – Sie hatten vorhin von sinkenden Studentenzahlen gesprochen. Stimmen Sie mir zu, dass Studentenzahlen durchaus auch steigen können, indem wir Studierende aus anderen Bundesländern oder ausländische Studierende ausbilden im Interesse unserer Hochschulen und der Entwicklung hier in Sachsen, und dass die Zahl der sächsischen Abiturienten nach dem Tiefpunkt im Jahre 2013 wieder ansteigen wird?
Es ist grundsätzlich richtig, dass man über Quoten reden kann. Aber man muss die Grundgesamtheit sehen. Wenn dauerhaft weniger junge Leute da sein werden, sollte man nicht in den Fehler verfallen zu meinen, irgendwann wird es wieder aufwärts gehen. Das Jahrtausend ist bevölkert. Eine noch so gute Übergangsquote in das Gymnasium kann das nicht mehr wettmachen, sondern wir diskutieren hier im Unschärfebereich. Von daher, denke ich, sollten wir uns vom Grundsatztrend her dauerhaft keine Illusionen machen.
Auch wir sind der Auffassung, dass wir eine grundsätzliche Neuordnung der Hochschulfinanzierung brauchen, die auf Vollkostenbasis erteilt werden soll. Wir stimmen Ihnen auch zu, dass wir einen qualitätsvollen Wettbewerb einleiten wollen. Allerdings halten wir den Antrag aus drei Gründen für überflüssig.
Erstens. Die Staatsregierung handelt bereits. Sachsen macht gemeinsam mit Rheinland-Pfalz in der Kultusministerkonferenzkommission die entsprechenden Vorschläge. Übrigens ist es nicht so, Herr Gerstenberg – darin möchte ich Sie korrigieren –: Der Ministerpräsident ist nicht Ihren Vorschlägen gefolgt, sondern Sie sind den Vorschlägen der Ministerpräsidenten Oettinger und Milbradt gefolgt. Das sage ich deutlich.
Zweitens. Wir wollen die Verhandlungen nicht durch Forderungen belasten. Sie müssen ergebnisoffen geführt werden. Ob sie in einen Staatsvertrag oder in eine anders geartete Vereinbarung münden, möchte ich ausdrücklich offenlassen.
Drittens. Die Diskussion muss dort geführt werden, wo sie hingehört. Die Finanzbeziehungen werden zwischen den Ländern und mit dem Bund im Rahmen der Föderalismuskommission diskutiert, wie es jetzt geschieht.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es passiert nicht häufig, dass eine parlamentarische Initiative in diesem Landtag durch aktuelle politische Entwicklungen regelrecht beflügelt wird. Bei dem hier vorliegenden Antrag der GRÜNEN und den Änderungsanträgen meiner Fraktion und der Koalition ist dies der Fall.
Von der „Frankfurter Rundschau“, der „taz“, der „Zeit“ und dem „Handelsblatt“ wurde gestern über die gemeinsam von den Wissenschaftsministern Sachsens und Rheinland-Pfalz’ vorgestellte Idee eines Hochschulfinanzausgleichs berichtet. Ich muss feststellen, wenn hier jemandem gefolgt wurde, dann wurde der Linksfraktion.PDS gefolgt;
denn die Idee eines Hochschulfinanzausgleichs wurde bereits Ende der neunziger Jahre in Berlin sowie auf Bundesebene entsprechend vorgeschlagen. Unter anderem auf Initiative meiner Partei erarbeitete der Wissenschaftliche Dienst des Berliner Abgeordnetenhauses 1998 ein Gutachten zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit eines Hochschulfinanzausgleichs, in dem die Rechtmäßigkeit eines Staatsvertrages bestätigt wurde, der den zwischen
Über den Grundgedanken dieses Modells werden wir hier im Parlament sicherlich schnell Einigkeit herstellen können. Das finde ich besonders wichtig; denn das Modell ist geeignet, die Finanzminister zum Umdenken zu bewegen. Künftig wäre es nicht mehr attraktiv, Hochschulkosten einzusparen und stattdessen Absolventen zu werben, die woanders ausgebildet wurden. Das heißt, Trittbrett fahren zulasten der Länder, die in ihre Hochschulen investieren, würde sich einfach nicht mehr lohnen. Attraktiv wäre es nun, in den Hochschulbau zu investieren, um Studierende aus anderen Bundesländern anzuwerben und Einnahmen zu realisieren.
Der Effekt wäre ökonomisch und finanziell dreifach spürbar. Mehr Studierende würden mehr Einnahmen über den Hochschulfinanzausgleich realisieren. Wir hätten mehr Studierende mit einer höheren Kaufkraft. Bei Studierenden handelt es sich um eine mobile und kauflustige Klientel. Die Investitionen in die Hochschulen lohnen sich regionalökonomisch und kreislaufwirtschaftlich. Über die Umwegerentabilität zieht ein investierter Euro im Durchschnitt drei Euro nach.
Vor diesem Hintergrund sei nur am Rande erwähnt, dass ich darum, Herr Kollege Gerstenberg, den Vorschlag, von einem Hochschullastenausgleich zu sprechen, für nicht ganz glücklich halte. Dieser Begriff provoziert vielleicht Abwehrkomplexe und würde den Hochschulausgaben als Zukunftsausgaben nicht gerecht werden.
An dieser Tatsache hat mich jedoch erstaunt, dass Frau Ludwig es bislang leider nicht für notwendig erachtete, den Wissenschaftsausschuss des Landtages über die Arbeit an einem Modell des Hochschulfinanzausgleichs zu informieren. Ich muss feststellen: Es ist ja keine private Idee von Frau Ludwig, sondern sie wurde – wie sich herausstellte – von der Kultusministerkonferenz damit beauftragt.
Ich halte diese Nichtinformation in zweifacher Hinsicht für schwerwiegend. Zum einen ist es bezeichnend, dass Frau Ludwig den Landtag offensichtlich nicht für so wichtig hält und ihn bei einer Frage nicht zu ihrem Partner macht, um ihre eigene Konzeption und ihr Modell zu stärken. In anderen Landtagen ist das Gegenteil der Fall: Bei solch politisch ambitionierten Projekten versucht der Minister bzw. die Ministerin ein Bündnis mit dem Ausschuss zu schließen, um die eigene Position zu stärken. Man kann nur vermuten, dass sich Frau Ludwig in Gedanken vielleicht schon nach Chemnitz verabschiedet hat – wir werden sehen.
Andererseits wird durch diese Nichtinformation deutlich, wie gering die Möglichkeiten von Landtagen sind, auf das Handeln der Staatsregierung in den Fachministerkonferenzen Einfluss zu nehmen. Es wird nicht umsonst von den „exekutiven Fachbrüderschaften“ gesprochen. Ich möchte nur an die gestrige Föderalismusdebatte erinnern.
Meine Damen und Herren! Meine Fraktion hat einen Änderungsantrag zum Antrag der GRÜNEN eingereicht, der bewusst die Idee des Hochschulfinanzausgleichs nicht torpedieren, sondern qualifizieren soll. Der Antrag ist vor dem Hintergrund unserer intensiven Auseinandersetzung mit diesem Modell formuliert und strebt im Kern drei Dinge an.
Wir wollen zum einen – das habe ich bereits erwähnt – einen Hochschulfinanz- und keinen Hochschullastenausgleich. Wir wollen, dass die Staatsregierung ein Modell entwickelt oder dass sie auf Basis des Zöllner-LudwigModells konkrete Berechnungen über die Auswirkungen auf den Landeshaushalt vornimmt, um eine konkrete Bewertung der Vor- und Nachteile vornehmen zu können. Sie werden sicherlich nicht behaupten, dass solche Berechnungen nicht schon längst in Schubladen des Wissenschaftsministeriums liegen; denn es wäre das erste Mal, dass in einer KMK ein Finanzmodell erarbeitet wurde, ohne dass die 16 Landesregierungen und die Bundesregierung vorher Mehr- oder Minderausgaben berechnet hätten. Für diese Darstellung gibt es Grundlagen.
Wir wollen wissen, ob die aktuellen Verhandlungen über die Bundesstaatsreform oder künftige Länderfinanzausgleichsverhandlungen der angemessene Ort einer solchen Initiative sein könnten. Man möge sich nur vor Augen halten: Die Bundesstaatsreform im Bildungsbereich würde in einer einzigen sechsstündigen Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestages behandelt werden – wenig Raum, um ein neues Finanzmodell zu präsentieren.
Aus diesem Grunde werbe ich um Zustimmung zum Antrag meiner Fraktion, der dem von mehreren Fraktionen gewollten Anliegen Hand und Fuß geben würde.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herrn Dr. Gerstenberg möchte ich in seiner Frage, die er zwar nicht mir gestellt hat, dahin gehend Recht geben, dass wir natürlich in Sachsen das Ziel haben, die Studentenzahlen zu erhöhen. Gerade angesichts der demografischen Entwicklung wollen wir unsere guten Qualitäten der Hochschule, vor allem die damit verbundenen Kapazitäten, erhalten. Dabei gibt es immer wieder Diskussionen. Ich höre es von Herrn Milbradt, wie er sagt: Studenten aus anderen Ländern herholen – aber wer soll das bezahlen? Ich denke, dieser Gedanke ist ein Hintergrund des Antrages, den Sie uns heute vorgelegt haben.
Natürlich haben die aktuellen Entwicklungen und gerade das, was in der Presse steht und was wir seit kurzer Zeit diskutieren, den Antrag und die uns vorliegenden Änderungsanträge etwas überholt. Trotzdem ist es ein wichtiges Thema, das wir an dieser Stelle diskutieren sollten; denn sie haben die grundsätzliche Neuordnung der Hoch
schulfinanzierung zum Ziel. Wir als wissenschaftspolitische Sprecher sind natürlich immer daran interessiert, nach Wegen zu suchen, um gerade unser Hochschulsystem entsprechend finanziell ausgestalten zu können. Es geht um den Hochschullastenausgleich.
Wie Frau Werner schon dargelegt hat, ist das Thema nicht neu. Seit 1998 – vielleicht auch schon länger – wird dieses Thema diskutiert. Es geht dabei um die ungleiche Verteilung bei der Bereitstellung von Studienplätzen zwischen den Bundesländern. Diese ungleiche Verteilung besteht natürlich nicht erst seit heute. Ich denke, sie besteht so lange, wie es Universitäten gibt.
Interessant ist dabei, besonders wenn man über die Durchsetzbarkeit des Anliegens sprechen will, dass man betrachtet, wie viele Geber- und Nehmerländer es eigentlich in Deutschland gibt. Wir haben neun Länder, die mehr Studierende exportieren, und sieben Länder, die mehr importieren. Damit sieht man ein Kräftegleichgewicht; denn das Thema bewegt im Moment nur die Länderebene. Zwischen den Ländern muss sich eine Lösung ergeben. Aus diesem Grunde ist es wichtig, dass alle Bundesländer einem Modell der Hochschulfinanzierung – sei es diesem oder einem anderen Modell – dann zustimmen.
Die Situation ist nicht einfach. Herr Dr. Gerstenberg hat Berlin hervorgehoben. Gerade Berlin hat 2003 40 000 Studierende mehr importiert, während Niedersachsen 25 000 Studenten und Brandenburg 17 000 Studierende exportierte. Gerade für Berlin sind diese zusätzlichen Kosten auf Dauer nicht tragbar und schon heute haben diese Kosten zu wesentlichen Einschnitten im Berliner Hochschulsystem geführt. Ich denke, das können wir so auch insgesamt nicht mehr hinnehmen.
Aber auch Sachsen ist ein Importland – wir bilden derzeit zirka 7 750 Studierende aus anderen Bundesländern und dem Ausland aus – und natürlich sind das Kosten, die auf uns zukommen.
Im Zuge der Föderalismusdebatte ist es sinnvoll, dieses Thema zu diskutieren und in jedem Fall auf die Problemlage aufmerksam zu machen. Denn mit der geplanten neuen Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern im Bereich der Bildung rücken die Fragen der Finanzierung im Hochschulbereich wieder stärker ins Blickfeld.
Der schon von meinem Vorredner erwähnte Herr Prof. Zöllner – er ist Wissenschaftsminister in RheinlandPfalz – hat einen gemeinsam mit Frau Ludwig ausgearbeiteten Vorschlag zum Hochschullastenausgleich vorgelegt. Wesentliche Punkte davon stehen nun auch in dem Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Das Prinzip ist einfach: Es werden verschiedene Fächergruppen mit ähnlicher Kostenstruktur zusammengefasst und jeweils pro Studienplatz bewertet. Die geisteswissenschaftlichen Fächer werden darin mit etwa 2 500 Euro angegeben und ein Medizinstudium mit etwa 12 000 Euro. Ob das natürlich die wirklichen Kosten deckt, das sei noch einmal dahingestellt, aber gerade darum hat man ja diesen Diskussionsvorschlag unterbreitet. Ich habe zum Beispiel
schon einmal Zahlen gesehen, nach denen ein Medizinstudium zwischen 35 000 und 40 000 Euro kosten soll. Das ist sicherlich von Universität zu Universität unterschiedlich. Aber wenn man von einer Vollkostenfinanzierung spricht, muss man die wahren Kosten ermitteln.
Entsprechend dem Export bzw. Import gleichen die Länder die Unterschiede gemäß den Kostensätzen aus. Das würde nach den mir vorliegenden Berechnungen für Sachsen eine Mehreinnahme von etwa 60 Millionen Euro bedeuten und im Hochschulbereich zu einer gewissen Entspannung führen. Ich denke, die Finanzpolitiker würden sich darüber freuen. Wir stehen kurz vor den Haushaltsverhandlungen. Da müssen wir unseren Finanzpolitikern immer auch etwas Zuckerbrot reichen. Allein ein paar gute Ideen werden sie – so hoffen wir – auf manchen Gebieten besänftigen.
Ein solcher Lastenausgleich bringt nicht nur zusätzliche Mittel, sondern würde auch zu einem faireren Wettbewerb zwischen den Ländern und insgesamt zu einem ökonomischeren Umgang mit unseren Ressourcen führen. Gerade die neuen Länder wären dadurch in der Lage, ihre Kapazitäten – ich sagte es vorhin schon – in hoher Qualität vorzuhalten und – das ist auch unser Ziel – auszubauen.
Obwohl man viele positive Aspekte anführen kann, stellen sich mir und, so denke ich, auch anderen bei der Auseinandersetzung mit dem Diskussionspapier Fragen. Die wesentlichste Frage ist die nach der Umsetzbarkeit des Vorhabens. Es ist an die Freiwilligkeit des Lastenausgleiches durch die Länder gebunden. Das kann man zwar, so wie im Antrag der GRÜNEN vorgeschlagen, durch einen Staatsvertrag regeln. Dem Vertrag müssen dann aber auch alle Länder zustimmen. Darin sehe ich schon ein Problem. Die Nehmerländer werden dieses Modell natürlich unterstützen, die Geberländer wohl eher nicht. Da dem Bund im Zuge der Föderalismusreform nahezu alle Kompetenzen im Bildungsbereich abgenommen werden sollen – nebenbei bemerkt halte ich persönlich das für nicht besonders gut –, besteht von dieser Seite aus kaum eine Chance, entsprechenden Druck aufzubauen.
Komisch mutet ebenfalls an, dass es im Hochschulbereich ein Landeskinderprinzip geben soll. Ich denke, dass wir uns daran erinnern sollten, dass wir uns kürzlich mit der kleinen Hochschulgesetzesnovelle zum Bologna-Prozess bekannt haben. Der Hintergrund dieser Novelle war, dass wir die Vergleichbarkeit von Studienabschlüssen sichern wollten, um die Mobilität der Studierenden über Landesgrenzen hinweg zu ermöglichen.
Gerade bei den Studienabschlüssen denken wir im nationalen und im europäischen Maßstab. Aber wenn wir uns den Hochschullastenausgleich ansehen, dann soll der Lastenausgleich wieder zwischen den Ländern geschehen.
Wir wollen Mobilität, Kooperation und Ausdifferenzierung. Wir wollen den Wettbewerb um Qualität, nicht nur auf der Länderebene, sondern auch auf der europäischen Ebene.
Andererseits bleibt die Frage der Finanzierung und der Kapazitäten der Hochschulen in der Länderverantwortung. Aus diesem Grund müssen wir uns dem hier vorgelegten Antrag zuwenden.
Der Weg, den Herr Prof. Zöllner aufgezeigt hat, bietet sicher eine Möglichkeit, mehr Gerechtigkeit und Effizienz im deutschen Hochschulsystem herzustellen. Er orientiert sich dabei, wie mein Kollege Dr. Gerstenberg ausgeführt hat, an dem Schweizer Modell. Derzeit gibt es meines Wissens keinen anderen derart ausgearbeiteten praktikablen Vorschlag. Aber vielleicht erfahren wir in den Diskussionsrunden zwischen den Ländern von weiteren Vorschlägen.
Frau Staatsministerin Ludwig arbeitet eng mit dem Staatsminister aus Rheinland-Pfalz zusammen, um ein gemeinsames Konzept zum Hochschullastenausgleich vorzulegen und für dieses auf Länderebene zu werben und darüber zu diskutieren. Der Aufforderung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN an die Staatsregierung, sich für eine Neuordnung der Hochschulfinanzierung einzusetzen, bedarf es daher nach unserer Meinung nicht mehr, denn das geschieht bereits. Wir halten es nach Rücksprache mit unserer Staatsministerin nicht für besonders sinnvoll, voreilig Beschlüsse mit konkreten Handlungsoptionen zu fassen. Herr Dr. Wöller hat dies angedeutet. Die Abstimmung der Länder hat gerade erst begonnen. Hier sollte der Kreativität der Fachminister, auf die wir hoffen, und der Kreativität der Landesparlamente Raum gelassen werden.