Ursache der steigenden Geburtenrate in der DDR seit Mitte der siebziger Jahre war das niedrige Durchschnittsalter bei der Eheschließung und dadurch auch das wesentlich niedrigere Durchschnittsalter der Mütter bei der Geburt ihres ersten Kindes. Zwischen 1975 und 1985 lag dieses zwischen 21,6 und 21,8 Jahren. In der BRD lag dieses Durchschnittsalter im selben Zeitraum zwischen 24,8 und 26,2 Jahren. Übrigens waren 1974 in der DDR bei Abschluss eines Studiums 20 % Mütter und 44 % Väter. So betrug ihr Anteil 1986 33 % bzw. 43 % und weitere 14 % der Absolventinnen waren zu diesem Zeitpunkt schwanger. Hinzuzufügen ist, dass das Durchschnittsalter der Absolventen in der DDR rund zwei Jahre niedriger lag als in der alten Bundesrepublik.
Neben vielen anderen Maßnahmen war es vor allem der Ehekredit, der dafür sorgte, dass der durchaus vorhandene Wunsch nach Familie und Kindern auch umgesetzt wurde. Mit dem Ehekredit knüpfte die DDR an positive sozialpolitische Traditionen der Vorkriegszeit an, denn bereits 1934 verabschiedete die damalige Reichsregierung das Gesetz über das Reichsehestandsdarlehen, welches jungen Eheleuten ein zinsfreies Darlehen von 1 000 Reichsmark zusprach.
Ganz anders sieht es in der BRD des Jahres 2006 aus, in der vielfach junge Menschen aufgrund der Arbeitsmarktsituation ihren Familien- und Kinderwunsch immer weiter nach hinten verschieben, bis es dafür zu spät ist. In Sachsen kommt hinzu, dass selbst dann, wenn der Einzelne überhaupt noch über einen Arbeitsplatz verfügt, sich das Lohnniveau immer weiter auf das eines Entwicklungslandes zu bewegt. Auch das lässt viele Abstand vom Abenteuer Familie nehmen.
Hier muss und könnte der Freistaat im Gegensatz zu vielen anderen Politikfeldern etwas tun, wenn die Staatsregierung nur wollte. Die NPD-Fraktion fordert deshalb die Staatsregierung auf, die Familiengründung in Sachsen durch Gewährung eines Ehekredits zu begünstigen. Im Rahmen dieses Ehekredits soll den jungen Eheleuten zum Anreiz der Familiengründung und für ihre Erstausstattung
ein zinsloses Darlehen in Höhe von 10 000 Euro gewährt werden. Dieses Darlehen hätte eine Laufzeit von 15 Jahren, wovon die ersten fünf Jahre tilgungsfrei wären. Danach erfolgte die Tilgung in 120 gleich hohen Monatsraten. Mit der Geburt des ersten Kindes minderte sich der Rückzahlungsbetrag um ein Drittel, mit der Geburt des zweiten Kindes um ein weiteres Drittel. Sollte dabei die geleistete Tilgung die neu berechnete Gesamtschuld übersteigen, würde der Überschuss zurückerstattet.
Mittel für diesen Ehekredit wären genug vorhanden, wenn man bedenkt, dass der Freistaat Sachsen im laufenden Haushaltsjahr 62 Millionen Euro für Asylbewerber bereitstellt und zwei Millionen Euro in ein Patriotenbekämpfungsprogramm gegen Rechts investiert. Wir Nationaldemokraten meinen jedoch, dass es keine bessere Strukturmaßnahme für das Land geben kann, als in die eigenen Familien und Kinder zu investieren. Wir fordern daher die Staatsregierung auf, endlich etwas gegen die weitere Entvölkerung des Landes und den Niederbruch des Sozialsystems zu tun, anstatt sich Gedanken um die sozialverträgliche Abwicklung des Entleerungsraumes Sachsen zu machen.
Die CDU-Fraktion hat keinen Redner gemeldet – das bleibt so –, die Linksfraktion.PDS auch nicht und für die Koalition spricht jetzt Frau Dr. Schwarz von der SPD.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist durchaus nicht verwunderlich, dass die NPD-Fraktion sich nach einem vormundschaftlichen Staat zurücksehnt.
Unsere Kollegin Hermenau hat uns gestern die Kinderzahlen pro Fraktion präsentiert, wobei sie sich übrigens bei der SPD-Fraktion vertan hat. Wir sind, was den Durchschnitt der Anzahl der Kinder in der Fraktion angeht, mit 2,38 Spitzenreiter, liegen also weit über dem Durchschnitt. Es ist aber wohl zutreffend, dass Bummelletzter die NPD-Fraktion ist,
Natürlich kann man verschiedene Instrumente im Rahmen familienpolitischer Maßnahmen diskutieren. Die NPD kupfert hier aber den DDR-Ehekredit ab, und das noch ohne Altersbegrenzung.
Ich bin gestern in der Debatte zur Familienpolitik auf die sozialpolitischen Entscheidungen in der DDR eingegangen. Wir wissen sehr genau, dass es ein Strohfeuer war, das kurzzeitig die Geburtenrate nach oben gebracht hat. – Dazu nickt auch die Kollegin aus der Linksfraktion.
Ich erinnere mich genau, dass viele junge Menschen geheiratet haben, um diesen Ehekredit zu bekommen. Ich erinnere mich aber auch daran, wie hoch die Scheidungsraten in der DDR waren.
Es ist natürlich so, dass Ihr Begehren finanziell in keiner Weise untersetzt ist. Es gibt keinerlei Finanzierungsvorschlag bzw. muss man den, den Sie hier gemacht haben, natürlich aufgrund unserer humanistischen Gesellschaft einfach ablehnen.
Und Ihre Vorschläge zur Familienpolitik, meine Dame und meine Herren von der NPD-Fraktion, münden in einer Mutterkreuzideologie, die begründet ist von einem totalitären Menschenbild. Das lehnen wir ab.
(Beifall bei der CDU, der SPD, der Linksfraktion.PDS, der FDP und den GRÜNEN – Uwe Leichsenring, NPD: Sehr traurig! )
Geht es nach dem Willen der NPD, wird es bald einen Boom in unseren Standesämtern geben. Doch nicht Liebe und die Sehnsucht nach einem gemeinsamen Leben, bis dass der Tod einen scheidet, sondern ein zinsloses Darlehen macht dann die Ehe schmackhaft.
Was mit diesem Ehekredit gekauft werden wird – ein Auto, ein Plasmafernsehgerät oder vielleicht doch die Einrichtung eines Kinderzimmers –, ist völlig unklar. Sie koppeln Ihre Forderung nach einem Ehekredit eben nicht an Kinder, sondern an die Institution Ehe. Familien, so wie wir sie hier verstehen, als Orte, wo Kinder sind, wo füreinander Verantwortung übernommen wird, eben auch ohne Trauschein, werden in Ihren Vorschlägen überhaupt nicht berücksichtigt.
Dies ist nicht nur an der Realität vorbei, sondern ist so veraltet, dass selbst die Vorschläge der Union wie Ideen aus einem zukünftigen Jahrhundert erscheinen.
Ich fasse zusammen: Die NPD-Fraktion ist also doch wahrhaftig der Meinung: Mehr Geld – mehr Eheschließungen. Als Parlamentarier des Sächsischen Landtages meinen Sie, Kinder sind nur in einer Ehe geboren dem Land Sachsen etwas wert. So viel Ignoranz der Lebens
verhältnisse vor unseren Türen und so viel Arroganz, mit der Sie diesen Antrag als Wolf im Schafspelz hier vortragen, ist unerhört.
Sie verstecken sich hinter der demografischen Entwicklung und berücksichtigen Kinder doch erst als Zweites. Sie reduzieren Kinder zu einer Maßnahme zur Reduzierung von Krediten. Das ist Ökonomisierung des Kinderwunsches. Das ist für mich als Frau – und ich glaube hier auch für die Männer zu sprechen – völlig verfehlt.
Ich halte hingegen die Schaffung von flexiblen und kostenfreien Kindertageseinrichtungen für wichtiger, als junge Familien mit Krediten zu belasten. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern, das ist es, was junge Frauen und Männer hier in Sachsen wünschen.
Dass Sie das nicht wissen wollen, möchte ich Ihnen nicht unterstellen. Ich bin mir aber sicher, dass Ihr Familienbild davon geprägt ist, dass die Frau an den Herd und nicht hinter einen Schreibtisch gehört.
Mit Ihrem angeblichen Beitrag für mehr Familienfreundlichkeit wollen Sie auf einen Zug aufspringen, der für Sie schon lange abgefahren ist. Ihnen wird es weder hier im Hohen Hause noch anderswo gelingen, Ihre ideologisch gefärbten Vorstellungen von Familien salonfähig zu machen.
Davon abgesehen ist der Antrag handwerklich so schlecht, dass einem der reine Populismus schon beim Ansehen entgegenspringt. Ich erwähne hier nur einige ungeklärte Fragen, ohne mich darin zu vertiefen. Frau Schwarz hat das auch schon angesprochen. Woher kommen die finanziellen Mittel? Wer vergibt mit welchem Verwaltungsaufwand diesen Kredit? Wem ist er zu gewähren? Für Sachsen, in Sachsen Wohnhafte, in Sachsen geschlossene Ehen, binationale Ehen, internationale Ehen, gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften?
Noch eines zur Information: Die sozialen Sicherungssysteme, auf die Sie hier verwiesen haben, werden in Deutschland von selbstständig und abhängig Beschäftigten finanziert. Wir benötigen also eine gesunde Wirtschaftspolitik und keine Kreditvergaben.
Ich bin froh, dass wir in Deutschland und in Sachsen selbstbewusste und selbstständige Frauen haben und die Gleichberechtigung von Frau und Mann auch bei der Übernahme von Familienverantwortung voranschreitet. Ihre Vorstellungen braucht eine moderne Familienpolitik
Das war die erste Runde der Fraktionsredner. Es gibt weiteren Redebedarf. Frau Schüßler von der NPD, bitte.