Können Sie mir bitte aus der Studie, die Sie angeführt haben, dass nach dem Bau von Ortsumgehungsstraßen die Verkehrsbelastung in den Städten wieder größer wird, konkrete Beispiele in Sachsen benennen?
Diese Studie, die ich zitiert habe, bezieht sich vor allen Dingen auf Brandenburg. Aber vielen Dank für diese Anregung. Bei uns ist sowieso demnächst ein Antrag in Arbeit, mit dem wir anregen wollen, dass man eine solche Evaluierung auch in Sachsen durchführt. Im Übrigen, Frau Windisch, es war die PDSFraktion, die sich in der letzten Landtagsperiode dafür stark gemacht hat, dass man zum Beispiel nach dem Bau von Bundesautobahnen prüft, welche Wirkung das hat. Es war die CDU-Fraktion, die immer unsere Evaluierungsbestrebungen abgeblockt hat. Also werfen Sie bitte nicht mir Ihre Fehler vor.
Ich möchte noch eine Anmerkung zu Punkt 5 des GRÜNEN-Antrages machen. Auch auf PM 25 zu fokussieren, ist fachlich gesehen sicherlich richtig. Es ist klar, das eine ist eher anthropogen verursacht, aber diesen Punkt – das ist auch klar – gibt es nicht zum Nulltarif. Wenn man das will, muss man auch über die Frage der Finanzierung sprechen.
Frau Windisch, Sie haben diesem Antrag unterstellt, dass viel grüne Ideologie darin steckt. Ich meine, wenn man sich diesen Antrag wirklich ohne ideologische Brille durchliest, muss man kein 100-prozentiger „Öko“ sein, um ihm zustimmen zu können. In den Hauptpunkten geht es nämlich vor allen Dingen um eines: um eine Selbstverständlichkeit, dass bestehende Gesetze, eine bestehende Rechtslage auch umgesetzt wird. Es ist schlimm genug, dass es eines Antrages bedarf, damit eine solche Selbstverständlichkeit hier in Sachsen passiert.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zum Anfang eine Vorbemerkung. Wir haben die ganze Zeit nur über Verkehrspolitik diskutiert. Im letzten Beitrag ging es darum. Das Problem Feinstaub ist eigentlich nicht nur ein Problem des Verkehrs, das möchte ich voranstellen. Feinstaub ist unbestritten ein erhebliches gesundheitliches Risiko. Das zeigt sich unter anderem an der zunehmenden Diskussion zu der Umrüstung von Fahrzeugen, zur Abgasnachbehandlungs- und Dieselfilterproblematik. Feinstäube gelten gegenwärtig als eines der vorrangigen umwelthygienischen Schwerpunktthemen.
Auch in Sachsen ist die Belastung der Luft mit Feinstaub problematisch. An verkehrsnahen Emissionsmessstellen in Ballungsgebieten ist sogar eine zunehmende Tendenz von 2002 zu 2003 zu verzeichnen. Das belegen aktuelle Messwerte, zum Beispiel im Leipziger Stadtgebiet. Das Gefährliche an dem Feinstaub ist insbesondere, dass es hier keinen Wirkungsschwellenwert gibt. Insofern sehen auch wir dringenden Handlungsbedarf und unterstützen das Anliegen des Antrages. Die Reduzierung der Feinstaubemissionen muss stärker als bisher vorangetrieben werden. Schließlich sind die ab dem 1.1.2005 geltenden Grenzwerte der 22. BImschV einzuhalten, denn diese sind einklagbar.
Nicht einverstanden sind wir allerdings mit den vorgeschlagenen Maßnahmen. Hier kann ich eigentlich nur das bekräftigen, was Frau Windisch vorhin gesagt hat. Ich bin der Meinung, dass die in Punkt 1 und 2 des Antrages vorgeschlagenen Maßnahmen bereits gesetzlich vorgeschrieben sind. Denn dort, wo die Grenzwerte bereits überschritten werden, müssen zuständige Stellen automatisch tätig werden. Es ist doch wohl eine Selbstverständlichkeit, dass gesetzlich vorgeschriebene Maßnahmen eingehalten werden, oder?
Danke. – Frau Kollegin Deicke, können Sie mir für den Freistaat Sachsen – erstens – einen Luftreinhalteplan nennen, der – zweitens – in die Lage versetzt, zum 1.1.2005 die vorgesehenen Grenzwerte einzuhalten?
Sie haben das so in Ihrem Antrag begründet. Dazu kann ich auch nur noch einmal wiederholen, dass in Leipzig daran gearbeitet wird.
Außerdem – das zum Punkt 3 Ihres Antrages – zwingt das Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes vom Mai 2004 die für den Straßenbau zuständigen Stellen bereits, sich frühzeitig darüber Gedanken zu machen, dass die Grenzwerte der 22. BImschV eingehalten werden.
Zum Punkt 5. Zum jetzigen Zeitpunkt sind die messtechnischen Voraussetzungen nicht gegeben; denn hier befindet sich das noch in der Probephase, so dass ich denke,
dass aus messtechnischen Gründen Ihre Forderungen nicht realisierbar sind. Eher sehe ich diese Forderungen aus einem wissenschaftlichen Charakter heraus, so dass man sich hier zunächst einmal detaillierte Kenntnisse verschaffen sollte, was an diesen momentan laufenden Messstellen passiert.
Für eine umfassende Bewertung des gesundheitlichen Risikos genügt es auch nicht, nur den Feinstaub zu betrachten. Zum Beispiel haben wir hier auch die Problematik des NO2 , wo wir auch insbesondere in Leipzig Überschreitungen zu verzeichnen haben. Darüber hinaus gilt es, im Hinblick auf die Fortschreibung der EU-Reinhalterichtlinien rechtzeitig Vorsorge zu treffen, um auch die ab 2010 noch verschärften Grenzwerte einhalten zu können.
Aus all diesen Gründen werden wir den Antrag ablehnen. Aber kurzfristig werden wir einen neuen Antrag einreichen, der auf die genannten Kritikpunkte detailliert eingehen wird.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich muss mich beeilen, denn meine Redezeit ist beschränkt. Wir lehnen diesen Antrag ab, weil er für unsere sächsische Wirtschaft nicht geeignet ist.
Wenn wir bei uns zum Beispiel erst prüfen müssten, ob die neue Ortsumgehung Marienberg, die geplant werden soll und auf der dann viele, viele Lkws fahren werden, und zwar auf der Grundlage dieser Prüfprotokolle – ich gestatte keine Zwischenfragen; setzen! –,
ob wir diese Umgehungsstraße bauen können und, wenn nein, der Schwerlastverkehr weiter durch Marienberg fährt und auch Marienberg geschlossen werden muss, dann ist der Grenzübergang nach Böhmen, der dahinter liegt, auch bald geschlossen. Den können wir dann als Krötenwanderweg nutzen.
Wird von den Fraktionen, die noch Redezeit haben, das Wort gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Ich bitte jetzt die Staatsregierung; Herr Minister Tillich, bitte.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Umwelt in Sachsen zeichnet sich seit 14 Jahren durch Verlässlichkeit sowie durch konsequente und sachgerechte Lösungen aus. Aktionismus hat in sächsischer
Umweltpolitik ebenso wenig verloren wie Populismus. Das ist einer der Gründe dafür, dass in Sachsen die Erfolge in der Umweltpolitik nicht mit einem Verzicht an wirtschaftlicher Entwicklung erkauft wurden, im Gegenteil, Sachsen – das haben wir heute Vormittag gehört – ist laut der „Wirtschaftswoche“ in diesem Jahr das Land, in dem sich die ökonomischen Rahmenbedingungen am besten entwickelt haben.
Die Luftreinhaltepolitik der letzten 14 Jahre hat im Freistaat Sachsen dazu geführt, dass die klassischen Luftschadstoffe kein großes Problem mehr darstellen. Seit 1990 konnten die Immissionen bei Schwefeldioxid um 98 % und beim Staub um 95 % reduziert werden. Die Auswirkungen dieser Schadstoffreduktionen sind für jeden deutlich spür- und sichtbar. Die extreme Staub- und Geruchsbelastung in vielen sächsischen Städten gehört längst der Vergangenheit an.
Wir stehen heute im Immissionsschutz in Europa, in Deutschland, aber auch in Sachsen vor neuen Herausforderungen. Die Stickoxide und insbesondere der Feinstaub – PM 10 – erfordern von uns ein ähnlich konsequentes Vorgehen wie in der Vergangenheit. Anspruchsvolle Grenzwerte der EU-Luftreinhalterichtlinie und vergleichsweise kurze Einhaltefristen bilden den Rahmen für unser künftiges Handeln und unsere künftigen Anstrengungen.
Die sächsischen Grünen fordern nun, Luftreinhalte- und Aktionspläne aufzustellen, selbst wenn nur eine Überschreitung von Grenzwerten drohen könnte. Neue Verwaltungsvorschriften sollen erlassen und Straßenneubauten verhindert werden, und zwar schon dann, wenn die voraussichtlich hinzukommenden Immissionen zu Überschreitungen von Grenzwerten führen könnten. Mit Verlaub, meine Damen und Herren, wenn wir in den vergangenen 14 Jahren auf alle Eventualitäten mit Verordnungen und Verboten reagiert hätten, wären wir heute nicht an der Spitze der ostdeutschen Länder, sondern weit abgeschlagen.
Mit Ihrem Antrag, meine Damen und Herren von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, finden Sie in einem Punkt mit uns Übereinstimmung: Feinstaub ist für die Gesundheit schädlich. Deshalb werden wir auch alles daransetzen, mögliche Gefährdungen von Bürgerinnen und Bürgern abzuwenden, aber unaufgeregt, sachgerecht und auf der Grundlage von wissenschaftlich überprüfbaren Angaben. So wissen wir beispielsweise, dass die Verursacheranalyse gerade für den Feinstaub äußerst komplex ist. Einerseits werden die vorhandenen lokalen Immissionen durch einen erheblichen Ferntransport überlagert, der durch Maßnahmen in Sachsen allein nicht beeinflusst werden kann, und andererseits sind beim Feinstaub die Identifikationen und insbesondere die quantitative Zuordnung der einzelnen Verursacher zu den Immissionen schwierig. Wir werden alle uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nutzen, um die Immissionen aus regionalen und lokalen sächsischen Quellen spürbar zu reduzieren.
2003 haben die Luftmessstellen in Leipzig eine relativ hohe Anzahl von Grenzwertüberschreitungen aufgezeichnet. Aus diesem Grund erarbeitet derzeit das Sächsische Landesamt für Umwelt und Geologie gemeinsam mit der Stadt Leipzig den 1. Sächsischen Luftreinhalteplan. Weitere Luftreinhaltepläne werden indessen nach den uns zurzeit vorliegenden Messergebnissen aus anderen sächsischen Großstädten in absehbarer Zeit nicht erforderlich sein. Das ist der Unterschied. Schauen Sie in die EU-Richtlinie, wann Luftreinhaltepläne notwendig sind und wann nicht! Während Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN, noch nicht einmal an die Formulierung Ihres Antrages dachten, waren sächsische Umweltbehörden längst aktiv. Dort, wo die Grenzwerte überschritten werden, werden Regelungen zur Reduzierung der Feinstaubbelastung erarbeitet.
Wie alle anderen Bundesländer auch, betreten wir in Sachsen mit der Erstellung dieses Planes fachliches Neuland. Noch liegen nicht nur unseren Wissenschaftlern nur unzureichende Erfahrungen vor, wie Feinstaub wirksam reduziert und welcher Anteil den einzelnen Verursachern zugeordnet werden kann. Bei der Erarbeitung des Luftreinhalteplanes für Leipzig werden wir auf diesen Gebieten mit Sicherheit wertvolle Erkenntnisse sammeln können.
Ich will aber auch klar zum Ausdruck bringen, dass unsere Möglichkeiten, Luftschadstoffe zu reduzieren, begrenzt sind. Der Anteil des Ferntransports an der Luftbelastung in Sachsen beträgt zwischen einem Drittel und der Hälfte. Auch unsere Nachbarn sind selbstverständlich gefordert, ihren Beitrag zur Verbesserung der Luftqualität zu leisten. Der Bundesrat hat sich deshalb in seiner Entschließung vom 28. Mai 2004 dafür ausgesprochen, die Grenzwerte im Rahmen der Revision der EULuftreinhalterichtlinie einer Prüfung zu unterziehen und gegenüber der EU auf eine Verlängerung der Einhaltefristen hinzuwirken. Diese Entschließung hat auch Sachsen unterstützt.
Wir brauchen zur Entwicklung geeigneter Strategien realistische, in der Praxis auch erreichbare Vorgaben der EU und des Bundes. Nur auf dieser national bzw. international akzeptierten Basis können wir die erfolgreiche Luftreinhaltepolitik im Freistaat Sachsen fortsetzen.