Protokoll der Sitzung vom 10.12.2004

Zur zweiten Frage: Die eben angesprochene Ausbildung in Sorbisch ist nicht identisch und auch nicht Bestandteil des schulartübergreifenden Konzeptes einer zweisprachigen sorbisch-deutschen Schule.

Zu dem bestehenden Konzept der zweisprachigen sorbisch-deutschen Schule kann ich heute Folgendes sagen: Derzeit sind 123 Kinder aus sieben Grundschulen am Projekt beteiligt. Es hat im Schuljahr 2002/2003 in Klassenstufe 1 eingesetzt und soll sechs Jahre umfassen. Durch die wissenschaftliche Begleitung von Beginn an, für die namhafte und international anerkannte Wissenschaftler gewonnen wurden, wird auf eine möglichst optimale Gestaltung der Lehr- und Lernprozesse orientiert. Das Konzept unterliegt damit einer ständigen Korrektur und Anpassung. Am Ende dieses Prozesses wird das Aufgabenprofil einer Schule erarbeitet sein, das inhaltliche, personelle und schulorganisatorische Anforderungen an eine fundierte Förderung der Zweisprachigkeit beschreibt. Damit wollen wir inhaltlich die Fortführung einer zweisprachig sorbisch-deutschen Ausbildung an weiterführenden Schulen im Siedlungsgebiet der Sorben sichern.

So weit die Antwort.

Frau Präsidentin! Ich hätte eine Nachfrage zur Klarstellung. Herr Staatsminister! Es gibt also keine Überlegungen, das Projekt an der Schule in Baruth bis zur Klassenstufe 4 fortzuführen? Habe ich Sie da richtig verstanden?

So würde ich das der Antwort auch nicht entnehmen. Sie haben vielleicht ein gewisses Verständnis dafür, dass ich dazu im Haus noch einmal nachfragen würde und Ihnen dann noch einmal gesondert darauf antworte. Einverstanden?

Vielen Dank, Herr Staatsminister.

Bitte schön.

Und jetzt hat Herr Dr. Müller, NPD-Fraktion, das Mikrofon Nr. 7.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Staatsminister! Es geht nochmals um die Vorgänge in Pirna. Die Fragen sind:

1. Wie viele verletzte Personen und Polizisten gab es am 27.11.2004 im Zusammenhang mit der linksextremen Demonstration in Pirna?

2. Wurden die Teilnehmer der linksextremen Demonstration in Pirna ermittelt, die Pirnaer Bürger auf der Siegfried-Rädel-Straße in Pirna angegriffen haben?

Zur ersten Frage: Nach den bei der Polizeidirektion Pirna vorliegenden Informationen gab es fünf verletzte Personen, davon waren zwei Polizeibeamtinnen. Zur Frage 2: Im Zusammenhang mit einer Körperverletzung in Pirna, Siegfried-Rädel-Straße, wurden fünf Tatverdächtige vorläufig festgenommen. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen.

Ich hätte noch eine Nachfrage, Herr Staatsminister, zu der Problematik, die vorhin bei Herrn Leichsenring angesprochen wurde: Ist Ihnen bekannt, dass der Kreistag Sächsische Schweiz am Montag vor der Demonstration ausgiebig dieses Thema diskutiert hat, und zwar mit dem Ziel, die beiden Demonstrationen zu verhindern? Wissen Sie, wie die Reaktionen im Kreistag gewesen sind?

Herr Abgeordneter, ich bitte um Verständnis. Die Protokolle der Kreistagssitzungen wären mir zwar zugänglich, aber ich habe davon keine Kenntnis. Ich bin außerstande, die Protokolle der Kreistagssitzungen durchzuarbeiten. Deswegen ist mir weder das eine – zum Beitrag von Herrn Hahn – noch das andere – zum Beitrag von Herrn Leichsenring – bekannt. Meine Bemerkung zur Eskalation und Deeskalation bezog sich nicht auf den Kreistag, sondern auf den Tag der Demonstrationen in Pirna, Dresden und Leipzig.

Herr Dr. Müller, ich mache Sie und die anderen Kollegen der NPD-Fraktion darauf aufmerksam, dass Sie möglicherweise die Geschäftsordnung noch einmal lesen müssen. Es ist Ihnen nur möglich, zu Ihrer eigenen Frage Nachfragen zu stellen; es sind zwei Nachfragen gestattet. Sie können nicht Ihre Frage nutzen, um zu Anfragen anderer Abgeordneter nachzufragen. Ich möchte Sie bitten, das künftig zu berücksichtigen.

Nun hat Herr Paul, NPD-Fraktion, das Wort.

Herr Minister! Auch ich habe Fragen in Verbindung mit der Demonstration am 27.11.2004 in Pirna. 1. Gab es strafrechtlich relevante Zwischenfälle im Zusammenhang mit der linksextremen Demonstration in Pirna am 27.11.2004, die heute hier noch nicht genannt wurden?

Zur zweiten Frage, ob es Festnahmen von Teilnehmern der linksextremen Demonstration gegeben hat, haben Sie schon geantwortet.

Die erste Frage möchte ich mit Ja beantworten.

Zur zweiten Frage sage ich, dass es in der Tat fünf Festnahmen gab. Ich möchte aber gern hinzufügen, dass es zwei Versammlungen in Pirna und auch andere Straftaten, jedenfalls Strafanzeigen, gab. Im Zusammenhang mit beiden Veranstaltungen in Pirna gab es acht Strafanzeigen. Es kam insgesamt zu 13 Festnahmen aus jeweils unterschiedlichen Gründen.

Sie haben meine erste Frage meiner Meinung nach nicht richtig beantwortet.

Ich habe die Frage mit Ja beantwortet. Die Frage war: Gab es strafrechtlich relevante Zwischenfälle im Zusammenhang mit der linksextremen Demonstration in Pirna? Da habe ich gesagt: „Ja.“

Ich würde gern von Ihnen wissen, welche Straftaten es in diesem Zusammenhang gegeben hat.

Ich kann, weil das gerade im Ermittlungsgang ist, jetzt das

Ergebnis der Ermittlungen nicht vorwegnehmen. Ich kann Ihnen nur sagen, worauf sich die Ermittlungstätigkeit bezieht: Es geht dabei um Körperverletzung.

Meine Damen und Herren, damit sind die der Staatsregierung vorgelegten Fragen beantwortet. Der Tagesordnungspunkt ist abgearbeitet und kann demzufolge geschlossen werden.

Wir treten jetzt ein in eine einstündige Mittagspause. Ich unterbreche bis 14:00 Uhr. Dann sehen wir uns hier wieder.

(Unterbrechung von 12:59 Uhr bis 14:01 Uhr)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bitte Sie, die Plätze einzunehmen, damit wir mit unserer Tagung fortfahren können.

Ich rufe auf

Tagesordnungspunkt 3

Maßnahmen der Staatsregierung zur Bekämpfung des Terrorismus

Drucksache 4/0247, Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde: CDU, SPD, PDS, NPD, FDP und GRÜNE und die Staatsregierung, wenn gewünscht.

Ich bitte die Fraktion der CDU, das Wort zu nehmen. Herr Abg. Bandmann, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Welt steht heute vor einer neuen Bedrohung: der Bedrohung durch den Extremismus und besonders durch den islamistischen Extremismus und Terrorismus, insbesondere in Verbindung mit der Gefahr des Einsatzes von Massenvernichtungswaffen. Ich denke, dies ist die größte sicherheitspolitische Gefahr in absehbarer Zukunft. Auch Deutschland und Sachsen ist von dieser Gefahr sowohl von innen als auch von außen bedroht. Es gibt auch auf deutschem Boden, so zeigen die Verfassungsschutzberichte von Bund und Ländern, regionale Gruppen, die mit dem Terrornetzwerk Al-Qaida in Verbindung stehen. Die Anschläge vom 11. März 2004 in Madrid haben deutlich gemacht, dass sich auch Europa von einem Ruheraum, von einer Ausgangsbasis und von einem Rückzugsraum für islamistische Terroristen durchaus zu einem Zielraum weiterentwickelt hat.

Auch unser Land, der Freistaat Sachsen, kann als Aktionsraum für terroristische Anschläge nicht ausgeschlossen werden. Der Bundesinnenminister hat dazu mehrfach Stellung genommen. Notwendig sind deshalb eine neue Sicherheitsphilosophie und Sicherheitsarchitektur für Deutschland. Dabei müssen vor allem mit Blick auf die Vorbeugung terroristischer Anschläge die Instrumente, Organe und Fähigkeiten der inneren und äußeren

Sicherheit in einem Gesamtkonzept vereint werden. Dies muss der föderalen Sicherheitsarchitektur der Bundesrepublik Deutschland Rechnung tragen. Ich erwarte hier auch von der Diskussion in der Föderalismuskommission wesentliche Fortschritte, um Deutschland vor dieser Gefahr zu schützen.

Der Sächsische Landtag trägt für die innere Sicherheit in Sachsen unmittelbar Verantwortung. Wir, das heißt die Koalitionsfraktionen aus CDU und SPD, sind gewillt, uns dieser Verantwortung zu stellen. Zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus muss der ganzheitliche Ansatz weiter gestärkt werden. Wir benötigen den schnellen Austausch und die umfassende Analyse der verfügbaren Informationen sowie eine konsequente verzahnte Nutzung aller rechtsstaatlichen Möglichkeiten.

Wir setzen uns dafür ein, dass der Informationsaustausch zwischen den Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern sowie die Zusammenarbeit mit anderen Stellen weiter verbessert werden. Wir befürworten die Einrichtung eines Zentrums für Terrorismusbekämpfung als Lage- und Analysezentrum und die Einrichtung einer gemeinsamen Antiterrordatei. Wir wollen die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit den Kräften der polizeilichen und nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr mit unseren Nachbarländern Polen und Tschechien weiter ausbauen. Wir wollen eine deutlich bessere Verzahnung von Zivil- und Katastrophenschutz besonders im Hinblick auf die Standards, Standorte und Technik. Wir wollen den „Stab außergewöhnliche Ereignisse“ beim SMI personell und materiell so ausstatten, dass das Land bei Katastrophen größeren Ausmaßes schnell handeln kann. Hier gilt es vor allem, die Jugend- und Nachwuchsarbeit entscheidend zu verbessern, denn Katastrophenschutz ist

ja nicht nur eine Frage von Terrorismus, sondern – wie wir das beim Hochwasser gesehen haben – auch von Naturkatastrophen. Ich denke, Katastrophenschutz geht jeden an. Dies sollte Bürgerpflicht sein.

Um dies umzusetzen, brauchen wir verlässliche und belastbare Aussagen darüber, welcher Grad an Bedrohung im Freistaat Sachsen vorhanden ist. Wir bitten deshalb die Staatsregierung, uns in geeigneter Form ihre Kenntnisse über den internationalen Terrorismus sachsenbezogen darzulegen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang auch noch einmal auf die Grundaussagen anderer politischer Kräfte in diesem Hause zu sprechen kommen. Meine Damen und Herren! Der Mord an dem niederländischen Filmemacher van Gogh hat Europa aufgerüttelt. Er hat gezeigt, dass die terroristische, insbesondere islamistische terroristische Gefahr unmittelbar vor unserer Haustür lauert. Er hat uns gezeigt, dass mitten in Europa und in Teilen Deutschlands Lebenswelten entstanden sind, die nicht bereit sind, sich in unsere Gesellschaft zu integrieren, ja, die die Wertegrundlagen unserer Gesellschaft radikal ablehnen und beseitigen wollen. Wir haben zu lange nicht zur Kenntnis nehmen wollen, dass sich in Europa Parallelgesellschaften aufgebaut haben, die unsere europäischen und abendländischen Grundwerte nicht achten. Zu unseren Werten gehört die Achtung vor dem Leben, die Toleranz gegenüber anderen Religionen oder philosophischen Überzeugungen sowie die völlige Gleichberechtigung der Frau. Wir haben zu lange darauf vertraut, dass ein vager Multikulturalismus Probleme des Zusammenlebens überdecken kann. Aber ich sage dies insbesondere im Hinblick auf die Grünen. Es kann in Deutschland und Europa kein Multi-Kulti im Sinne des parallelen Miteinanders geben!

(Vereinzelt Beifall bei der CDU und Beifall bei der NPD)

Es muss – das sage ich mit allem Nachdruck – eine verbindliche Kultur geben, nämlich die Kultur der freiheitlich-demokratischen Grundordnung.

(Beifall bei der CDU und der NPD)

Für Hassprediger und Gewalt, egal unter welchem Vorwand, ist kein Platz bei uns. Wer nicht bereit ist zu akzeptieren, dass Frauen und Männer gleichberechtigt sind, dass andere eine andere Religion haben und deswegen nicht minderwertig sind, dass Gesetz und Recht für alle Einwohner eines Staates, einer Nation verbindlich sind, der vertritt eine Kultur, die in unserem demokratischen Staat keinen Platz haben darf. Die Koalitionspartner bekennen sich ausdrücklich zu dieser unserer wehrhaften Demokratie.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der NPD)

Als Nächstes bitte ich die SPD-Fraktion; Herr Bräunig, bitte.