Protokoll der Sitzung vom 10.12.2004

2. Wie schätzt die Staatsregierung generell Stand und Perspektiven des grenzüberschreitenden Bahnverkehrs nach Polen und Tschechien ein?

Für die Staatsregierung antwortet Staatsminister Jurk.

Sehr geehrter Abg. Kosel, zur Frage 1: Auf Einladung des Sächsischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Arbeit fand am 26. November 2004 eine Besprechung von Vertretern des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, des Marschallamtes Niederschlesien, der Deutschen Bahn AG, der polnischen PKP, des Zweckverbandes Verkehrsverbund Oberlausitz-Niederschlesien, Bundestagsabgeordneten und der Gewerkschaft Transnet unter Leitung von Herrn Staatssekretär Habermann statt. Anlass der Beratung war die von der DB AG angekündigte Einstellung der noch verbliebenen durchgehenden Interregiozüge Dresden–Wroclaw. Sowohl von der Deutschen Bahn AG als auch von der polnischen Bahn PKP ist auf die sehr geringe Auslastung der grenzüberschreitenden Züge hingewiesen worden. Daher müsse aus betriebswirtschaftlichen Gründen der Betrieb zwischen Dresden und Wroclaw eingestellt werden. Man verständigte sich darauf, die Beratungen in einer Arbeitsgruppe, die die Fragen eines verbesserten grenzüberschreitenden Eisenbahnverkehrs Sachsen – Polen behandeln wird, fortzusetzen.

Zur Frage 2: Die Einrichtung von grenzüberschreitenden Eisenbahnverbindungen zu Polen und der Tschechischen Republik ist grundsätzlich von folgenden Faktoren abhängig: Im Fernverkehr muss eine solche Nachfrage nach derartigen Verkehrsleistungen bestehen, so dass die Deutsche Bahn wie auch andere Bahnen mit der Fahrgeldeinnahme die Züge eigenwirtschaftlich betreiben können. Zuschüsse zum Fernverkehr gibt es nicht. Im Schienenpersonennahverkehr muss gleichfalls eine Mindestnachfrage von Fahrgästen nachzuweisen sein. Dann entscheidet die Verfügbarkeit von Rationalisierungsmitteln bei den SPNV-Aufgabenträgern über die allgemein notwendige Bezuschussung von grenzüberschreitenden Verkehrsleistungen.

Mit der Republik Polen werden ab dem 12.12.2004 täglich vier Zugverbindungen von Dresden nach Zgorzelec bzw. von Wroclaw nach Görlitz bestehen, wo in die Züge Richtung Wroclaw bzw. Dresden umgestiegen werden kann. Die Staatsregierung setzt sich weiterhin für zukünftig durchgängige Züge auf der Strecke Dresden– Wroclaw ein.

In die Tschechische Republik werden ab 12.12.2004 insgesamt 52 Verbindungen bestehen, davon sieben im Fernverkehr, sieben von Dresden über Bad Schandau

nach Prag, sechs von Zwickau über Johanngeorgenstadt nach Karlsbad, fünf von Chemnitz über Bärenstein nach Komotau, fünf von Ebersbach nach Rumburk, sieben von Zittau nach Reichenberg, sechs von Zwickau über Klingenthal nach Graslitz bzw. neun über Klingenthal, Graslitz nach Falkenau bzw. sieben über Bad Brambach nach Eger. In Vorbereitung befinden sich weitere Eisenbahngrenzübergänge, wie zum Beispiel Sebnitz und Niedereinsiedel.

Vielen Dank, Herr Staatsminister.

Jetzt hat Herr Leichsenring, NPD-Fraktion, die Möglichkeit, seine Frage an die Staatsregierung zu stellen.

Anmelder und Kosten der Demonstration „Schöner leben ohne Naziläden“ am 27.11. in Pirna

Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren, meine Fragen lauten:

1. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse darüber vor, ob neben den Anmelderinnen Frau Köditz und Frau Klinger noch weitere Mitglieder des Landtags oder hohe Funktionäre der PDS an der Demonstration der so genannten Antifa in Pirna teilgenommen haben und ob es noch weitere Anmelder oder Anmelderinnen aus der PDS gab?

2. Welche direkten und indirekten Kosten sind dem Freistaat im Zusammenhang mit der linksextremen Demonstration vom 27.11.2004 in Pirna entstanden?

Es antwortet Herr Staatsminister de Maizière.

Frau Präsidentin! Herr Abgeordneter! Zur ersten Frage: Weitere Anmelder oder Anmelderinnen wurden nicht bekannt. Ob weitere Landtagsabgeordnete oder Mitglieder der PDS an der Demonstration teilgenommen haben, ist der Staatsregierung nicht bekannt.

Frage 2, zu den Kosten: Die genauen Kosten für den Gesamteinsatz können erst ermittelt werden, wenn das Land Brandenburg und der Freistaat Bayern die Aufwendungen für die polizeilichen Unterstützungskräfte in Rechnung gestellt haben. Es wird aber eingeschätzt, dass dem Freistaat Sachsen Kosten in Höhe von ca. 170 000 Euro entstehen werden.

Ich hätte noch eine Nachfrage, Herr Minister: Ist Ihnen bekannt, dass sich im Kreistag Sächsische Schweiz der Parlamentarische Geschäftsführer der PDS-Fraktion, Herr Dr. Hahn, auch nicht von dieser im Vorfeld schon als gewalttätig bezeichneten Demonstration distanziert hat, und ist Ihnen in diesem Zusammenhang bekannt, dass die NPD und speziell meine Person alles getan haben, um eine Eskalation in Pirna zu verhindern?

Das Erste ist mir nicht bekannt; zu dem Zweiten liegen mir andere Erkenntnisse vor.

(Vereinzelt Beifall bei der PDS – Lachen bei der NPD – Holger Apfel, NPD: Sollten Sie mal Protokolle lesen!)

Ja, dann muss ich noch eine Nachfrage stellen, Herr Minister: Ist Ihnen nicht bekannt, dass ich im Kreistag zu Protokoll gegeben habe, dass ich in der Lage bin, die Demonstration, die Linke – –

Herr Leichsenring, die Geschäftsordnung gestattet jetzt keine weitere Nachfrage mehr.

(Uwe Leichsenring, NPD: Dann lesen Sie Protokolle, Herr Minister!)

Sie müssen sich andere Möglichkeiten suchen. – Danke, Herr de Maizière.

(Holger Apfel, NPD: Billig, billig! – Gegenruf von der PDS: Geschäftsordnung! – Holger Apfel, NPD: Die Ausführung des Herrn Staatsministers ist billig!)

Ich gebe Frau Simon das Wort zu ihrer Frage.

Ich habe eine Frage zur Sicherheit in den grenznahen Kommunen der Oberlausitz. Die Bürgermeisterin von Neugersdorf hat sich in der Sorge um die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger ihrer Stadt und weiterer Städte und Gemeinden in unmittelbarer Nähe der tschechischen Grenze an das Staatsministerium des Innern gewandt. Ihrer Meinung nach sollte angesichts des enorm hohen Niveaus der Eigentumskriminalität der Einsatz der regionalen Polizeikräfte effektiver erfolgen. Derzeit sind sie auf mehrere Dienstposten aufgesplittert und kommen trotz der Konzentration der Kriminalität auf die Nachtstunden vor allem am Tage zum Einsatz.

Darüber hinaus bedauert die Bürgermeisterin, dass die Kommunen wegen ihrer finanziellen Notsituation trotz wachsender sozialer Probleme immer weniger in der Lage sind, präventive Angebote für Kinder, Jugendliche, Vereine usw. zu unterbreiten. Die Rechtsaufsicht fordert im Interesse der Erschließung der letzten kommunalen Sparpotenziale sogar, die Straßenbeleuchtung nachts abzuschalten, obwohl damit der Kriminalität erfahrungsgemäß Vorschub geleistet wird.

Fragen an die Staatsregierung:

1. Welche Schritte plant die Sächsische Staatsregierung, um die angesprochenen Effektivitätsmängel beim Einsatz der Polizei zu beheben?

2. Wie bewertet die Sächsische Staatsregierung angesichts des örtlichen und regionalen Kriminalitätsniveaus die Forderung der Kommunalaufsichtsbehörde, aus Kostengründen die Straßenbeleuchtung in den Nachtstunden abzuschalten?

Frau Präsidentin! Frau Abgeordnete! Die Polizei nimmt ihre Aufgabe in allen Regionen des Freistaates sehr ernst und stellt sich auf die jeweils besonderen Gegebenheiten ein. Die Zusammenarbeit mit den Verantwortungsträgern im kommunalen Bereich hat auch künftig einen hohen Stellenwert. In den vergangenen Jahren wurden mit der Tschechischen Republik und der Republik Polen Verträge zum Ausbau der polizeilichen Zusammenarbeit im Grenzgebiet abgeschlossen. Seitdem wurden vielfältige gemeinsame Aktivitäten entwickelt: grenzüberschreitende Streifen, Austausch von Lagebildern und Ähnliches. Unter anderem dadurch wurde ein spürbarer Zugewinn an Sicherheit in der Grenzregion erreicht.

Darüber hinaus wurde im November 2003 bei den Polizeirevieren Löbau und Zittau die Sonderkommission Oberland eingerichtet, um die Eigentumskriminalität in der Region zurückzudrängen. Durch verstärkte Streifentätigkeit, Kontroll- und Observationsmaßnahmen ist es gelungen, zunehmend Täter auf frischer Tat zu ergreifen und die Anzahl der Delikte insgesamt zu senken.

Der von der Bürgermeisterin von Neugersdorf vorgeschlagene Weg der Kräftebündelung, der in dem Vorspann zu Ihrer Frage angesprochen ist, erscheint angesichts vergleichbarer Entwicklungen in anderen Ländern durchaus überlegenswert und ich habe ihr persönlich auch schon einen entsprechenden Brief geschrieben, den Sie, Frau Simon, offenbar kennen, wie ich Ihrem Nicken entnehme.

Die durch die Straffung der Organisationsstrukturen insbesondere im Stabs- und Verwaltungsbereich gewonnenen Potenziale setzen wir konsequent zur Verstärkung der polizeilichen Basis ein. Dies kommt auch den Dienststellen im Landkreis Löbau-Zittau zugute. So erhöhen sich die Personalsollstellen im Polizeirevier Löbau von 89 auf 95 Stellen, in der Kriminalaußenstelle Löbau von acht auf neun Stellen sowie in der Kriminalaußenstelle Zittau von sechs auf neun Stellen.

Zur zweiten Frage: Im Rahmen des vom Sächsischen Staatsministerium des Innern 1998 initiierten Aktionsbündnisses „Sichere sächsische Städte“ wurde Kommunen im grenznahen Bereich unter anderem zu bestimmten Nachtzeiten an bestimmten Verkehrswegen empfohlen, die Straßenbeleuchtung eingeschaltet zu lassen. Damit wurde das Ziel verfolgt, das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung nachhaltig zu stärken. Diese Aktion wurde durch örtliche Energieanbieter, die den Kommunen Kostennachlässe für Nachtstrom gewährten, unterstützt.

Die dazu mit den Kommunen getroffenen Vereinbarungen wurden mittlerweile von den Energieanbietern aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr verlängert. – Es wäre vielleicht eine Idee, gemeinsam noch einmal zu versuchen, ob wir das wieder hinbekommen. – Das heißt jedoch nicht, dass damit eine flächendeckende Abschaltung der Straßenbeleuchtung verbunden wäre. Die zuständige Rechtsaufsichtsbehörde hat eine derartige Forderung auch nicht erhoben. Die Gemeinde Neugersdorf wurde im Rahmen von Haushaltsgesprächen lediglich gebeten, Sparpotenziale auch in Bezug auf die Straßenbeleuchtung zu prüfen.

Die Entscheidung treffen die Kommunen selbst.

Ich bin der Auffassung, dass bei derartigen Entscheidungen mit Augenmaß abzuwägen ist, wo im Einzelfall Verringerungen möglich sind, ohne das Sicherheitsgefühl der Bürger in unvertretbarem Maße zu beeinträchtigen.

Auch hier kommt es bei einer Einschätzung der Lage auf die Zusammenarbeit der Verantwortlichen vor Ort an. Die Polizei steht für eine Zusammenarbeit auch in dieser Frage selbstverständlich zur Verfügung.

Danke schön.

Jetzt erhält der Abg. Kosel die Möglichkeit, seine Frage zu stellen.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Meine Frage bezieht sich auf zweisprachigen Unterricht für sorbisch-deutsche Schulen. Die Lehrer und Eltern von Schülern der Grundschule Baruth wandten sich an den Staatsminister für Kultus in Fragen des Projektes zur zweisprachigen Bildung. Da diese Angelegenheit von allgemeiner Bedeutung für das zweisprachige Gebiet der Oberlausitz ist, frage ich die Staatsregierung:

1. Welche Sicherheiten gibt es seitens der Staatsregierung für die Verlängerung der auf das Witaj-Projekt in Kindertagesstätten aufbauenden Unterrichtsform bis zum Ende der Grundschulzeit?

2. Welchen Stand hat das Projekt zur zweisprachigen Bildung insgesamt im Siedlungsbereich der Sorben in Sachsen?

Es antwortet Herr Staatsminister Flath.

Frau Präsidentin! Werter Herr Abg. Kosel! Zur ersten Frage: Im Kindergarten der Gemeinde Malschwitz wurden WitajGruppen eingerichtet, um Kinder aus deutschsprachigen Elternhäusern mit der sorbischen Sprache vertraut zu machen. Zu Beginn des Schuljahres 2003/2004 wechselten die ersten elf dieser Kinder an die Grundschule. Von diesen erklärten zuletzt fünf Eltern ihr Interesse an einer zweisprachigen sorbisch-deutschen Unterrichtung. Diese wurde innerhalb einer separaten Sprachgruppe durchgeführt, um die Sprachfähigkeit der Schüler in den ersten zwei Schuljahren so weit zu entwickeln, dass sie ab Klassenstufe 3 an der Sorbischen Grundschule in Bautzen unterrichtet werden können. Diese fünf Schüler werden kommendes Schuljahr an die Klassenstufe 3 wechseln.

In der derzeit laufenden Klassenstufe 1 gab es an der Grundschule Baruth keinen Antrag auf sorbisch-deutsche Unterrichtung. Für das kommende Schuljahr 2005/2006 informierte die Schulleitung über fünf Anmeldungen.

Zweifellos ist für die Entwicklung der sorbischen Sprache die Gewinnung jedes Einzelnen notwendig. Ich darf Ihnen versichern, dass auch in angespannter Haushaltssituation der Freistaat Sachsen der zweisprachigen Bildung und Erziehung große Beachtung schenkt und seine Möglichkeiten dazu ausschöpfen wird. Dabei kann nicht

alles, was wünschenswert erscheinen mag, in vollem Umfang erfüllt werden. In jedem Einzelfall ist sowohl die Zahl der Eltern, die eine zweisprachige Beschulung wünschen, als auch die Lage zur nächsten zweisprachigen Schule zu berücksichtigen. Im vorliegenden Fall befindet sich diese im zwölf Kilometer entfernten Bautzen. Die Schülerbeförderung für Gymnasiasten und Förderschüler ist bereits eingerichtet und kann nach Auskunft des zuständigen Landkreises auch von den Grundschülern genutzt werden.

Die Fortsetzung der Grundschulausbildung innerhalb eines Klassenverbandes an der Sorbischen Grundschule Bautzen ist für die Eltern nicht überraschend, da sie bereits vor der Einschulung durch das Regionalschulamt auf diese Problematik hingewiesen wurden.

Zur zweiten Frage: Die eben angesprochene Ausbildung in Sorbisch ist nicht identisch und auch nicht Bestandteil des schulartübergreifenden Konzeptes einer zweisprachigen sorbisch-deutschen Schule.