Protokoll der Sitzung vom 21.06.2006

Der Grund hierfür ist – darauf ist der Datenschutzbeauftragte in seinem letzten Bericht zu Recht eingegangen –, dass es dem rechtsunkundigen Bürger nicht länger zugemutet werden kann, sein Datenschutzanliegen dahin gehend zu prüfen, ob es den öffentlichen oder privaten Bereich betrifft. Ich habe am Beispiel der Videoüberwachung an Bahnhöfen oder in Straßenbahnen bereits im letzten Plenum darauf hingewiesen, dass die Grenzen zwischen dem öffentlichen und dem privaten Bereich zunehmend verschwimmen und die Zuständigkeiten nicht immer zweifelsfrei zugeordnet werden können. Insoweit wäre es ein Gewinn für die Bürgerinnen und Bürger, wenn sie in Zukunft nur noch einen Ansprechpartner für ihre datenschutzrechtlichen Probleme hätten.

Der Innenausschuss hat bereits im September eine Anhörung anberaumt, um ein zügiges Behandeln und zeitiges In-Kraft-Treten der Gesetzesänderung möglich zu machen. Damit haben wir zugleich einen weiteren Punkt aus der Koalitionsvereinbarung umgesetzt, den meine Fraktion seinerzeit in die Verhandlungen eingebracht hat.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, der Datenschutzbericht ist eine wichtige Erkenntnisquelle, um eine parlamentarische Kontrolle im Bereich des Datenschutzes zu ermöglichen. Gleichzeitig führen die regelmäßigen Kontrollen des Datenschutzes zu einer notwendigen Sensibilität der öffentlichen Verwaltung im Umgang mit persönlichen Daten. Leider ist immer wieder zu beobachten, dass bedenkliche Verstöße geschehen, die der Aufar

beitung bedürfen. Ich möchte an dieser Stelle nicht auf einzelne Vorgänge eingehen. Wir haben das ausführlich im Innenausschuss beraten.

Allerdings stelle ich mit Besorgnis fest, dass die allgemeine Sensibilität im Umgang mit Daten im öffentlichen wie im privaten Bereich nachlässt. In bestimmten Kreisen gilt der Datenschutz bereits als Wachstumshindernis oder bürokratisches Ungetüm. Diese Haltung wird von meiner Fraktion entschieden abgelehnt. Natürlich stellt der rasante technische Fortschritt im Bereich der elektronischen Datenverarbeitung den Datenschutz vor immer neue Herausforderungen. Der Datenabgleich privater wie staatlicher Quellen ist heute in einem Umfang möglich, dessen Grenzen nicht mehr von der Technik, sondern nur noch vom Gesetzgeber bestimmt werden können. Die gelegentlich weit gefassten Erfordernisse der inneren Sicherheit haben ebenso zu Grenzfällen geführt wie eine weithin unkritische Haltung vieler Bürgerinnen und Bürger zu Fragen des Datenschutzes. Auch darüber wurde ausführlich im Innenausschuss beraten und diskutiert.

Mich stimmt nachdenklich, wie leichtfertig Konsumdaten, persönliche und wirtschaftliche Angaben von unseren Bürgern, gegenüber Dritten preisgegeben werden. Auch das Globalargument, man habe ja nichts zu verbergen, macht es jenen Stimmen leicht, die am bisherigen Datenschutz rütteln wollen. Meine Fraktion wird daher alles versuchen, das bisherige Datenschutzniveau zu verteidigen und Entwicklungen entgegenzutreten, die auf einen gläsernen Bürger zielen. Angesichts der hervorragenden Arbeit des Datenschutzbeauftragten und seiner Mitarbeiter bin ich mir sicher, dass das Parlament streitbare Verbündete hat, um einen sensiblen Umgang mit Daten weiterhin einfordern zu können. Der 12. Tätigkeitsbericht ist ein Beleg dafür. Meine Fraktion wird immer ein waches und begleitendes Auge auf die Einhaltung des Datenschutzes haben.

Recht vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und auch für diesen Bericht.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Die NPD-Fraktion ist vertreten durch Herrn Petzold.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der 12. Tätigkeitsbericht des Sächsischen Datenschutzbeauftragten und die Stellungnahme der Staatsregierung liegen uns vor. Der Tätigkeitsbericht des Sächsischen Datenschutzbeauftragten mit einem Umfang von mehr als 300 Seiten macht allein schon deutlich, dass der Datenschutz im Bereich der öffentlichen Verwaltung ein umfangreiches, aber auch schwieriges Thema ist. In seinem Bericht hat der Sächsische Datenschutzbeauftragte eine Vielzahl von Fällen aufgegriffen, in denen es um die Schwierigkeiten bei der Einhaltung und Auslegung der Bestimmungen des Sächsischen Datenschutzgesetzes in der öffentlichen Verwaltung geht. Wir möchten dem Sächsischen Datenschutzbeauftragten, Herrn Andreas Schurig, und seinen Mitarbeitern an dieser Stelle für ihren

engagierten und sachkompetenten Einsatz in den letzten zwei Jahren danken.

Sein Tätigkeitsbericht macht deutlich, dass er kompromisslos und sachorientiert seine Aufgaben vertritt. In einer hochkomplexen Gesellschaft wie der der Bundesrepublik kommt man ohne eine ausreichende Datenbasis nicht aus, um in der Wirtschaft oder auch in der Politik verlässlich planen zu können. Der Staat und seine Institutionen müssen ihre Aufgaben erfüllen können. Dazu brauchen sie auch personenbezogene Daten. Natürlich muss die Nutzung dieser personenbezogenen Daten eng an den öffentlichen Zweck gebunden sein. Jede gesetzliche Ermächtigung zur Erfassung, Speicherung und Verarbeitung von personenbezogenen Daten darf vom Umfang her nur so weit gefasst werden, wie sie zum Erreichen des öffentlichen Zwecks notwendig ist. Der öffentliche Zweck ist das Gemeinwohl unseres Volkes, direkt und indirekt. Die Unabhängigkeit und die Weisungsfreiheit des Datenschutzbeauftragten ist dafür eine Grundvoraussetzung.

Aber, und dieser Mangel muss hier offen genannt werden, der Sächsische Datenschutzbeauftragte hat keine konkreten Durchsetzungsrechte. Er kann bemerken, feststellen, erwidern, seine gegenteilige Auffassung kundtun und hoffen, dass die datenschutzrechtlichen Bestimmungen entsprechend seiner rechtlichen Auslegung umgesetzt werden. Der Stellenwert des Datenschutzes ist nur so hoch, wie er geltend gemacht werden kann. Unserer subjektiven Einschätzung nach ist die Anzahl der Rechtsverstöße, Mängel und Defizite bei der Umsetzung des Bundes- und Landesdatenschutzgesetzes gegenüber dem vorigen Tätigkeitsbericht des Datenschutzbeauftragten in Sachsen nicht geringer geworden, im Gegenteil. Es lässt sich noch immer eine wachsende Tendenz zur präventiven und unabhängigen Sammlung und Speicherung von Daten nicht nur im Zusammenhang mit der derzeit stattfindenden Fußballweltmeisterschaft beobachten. Insbesondere die Datensammelei der bundesrepublikanischen Geheimdienste vollzieht sich im Verborgenen. Hier kann man nur ahnen, in welchem Umfang im Zeichen einer medialen Terrorgefahr und eines hysterischen Kampfes gegen Rechts die gesammelten Datenmengen immer mehr anwachsen. Gerade das Agieren der politischen Geheimdienste der BRD zeigt, dass sie ihren gesetzlichen Auftrag der Gefahrenabwehr für die freiheitlich-demokratische Grundordnung nur nutzen, um nach außen ihre Existenz und ihr Wirken gesetzlich zu legitimieren.

(Martin Dulig, SPD: Wie meinen Sie das?)

Tatsächlich aber schützt der Verfassungsschutz nicht mehr die freiheitlich-demokratische Grundordnung, sondern beseitigt die freiheitlich-demokratische Grundordnung dadurch, dass er politische Konkurrenzparteien als verfassungsfeindlich diffamiert, sie kriminalisiert, ausspioniert, dabei natürlich fleißig personenbezogene Daten sammelt, und subversiv versucht, sie zu zerstören. Das Ziel des Verfassungsschutzes ist nicht mehr der Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung, sondern der

Schutz des bestehenden Parteienkartells. Das Sammeln von personenbezogenen Daten durch den Verfassungsschutz und durch andere Geheimdienste ist ein klarer Verstoß gegen das Recht auf informelle Selbstbestimmung des Einzelnen. Durch die Verwendung illegaler Daten wird manipulativ Einfluss auf den Einzelnen genommen. Personen werden vom Verfassungsschutz als Verfassungsfeinde, Kriminelle oder Nazis an den Pranger gestellt und damit ihre privaten und beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten massiv beschnitten.

Die NPD-Fraktion sagt deutlich, dass der Verfassungsschutz und andere politische Geheimdienste ein Fall für die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder sind. Dass der Abschnitt 15 zum Bereich Verfassungsschutz im Tätigkeitsbericht des Datenschutzbeauftragten keinen Eintrag aufweist, ist uns unverständlich. Die missbräuchliche Datensammlung und -verwertung durch die politischen Geheimdienste muss beendet werden.

Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Großen Lauschangriff vom 3. März 2004, das im 12. Tätigkeitsbericht unter Punkt 5.14.1 erwähnt wird, hat deutlich gemacht, dass Grundrechtseingriffe nur dann als verfassungsgemäß qualifiziert werden können, wenn die Maßnahme in einem zweifelsfreien Zusammenhang mit einer konkreten Gefahrenabwehr steht.

Die Überwachung von Personen kann nur nach dem Verdacht auf besonders schwere Straftaten angeordnet werden. Von der besonderen Schwere einer Straftat im Sinne des Artikels 13 Abs. 3 Grundgesetz ist nur auszugehen, wenn sie der Gesetzgeber mit einer höheren Strafe als fünf Jahre Freiheitsstrafe bewertet hat. Um die Verfassungsmäßigkeit während einer Überwachung herzustellen, muss nunmehr die Überwachung aktiv durch einen Beamten verfolgt werden, der erforderlichenfalls die Überwachung abbricht, sobald die vom Gericht genannten Voraussetzungen nicht mehr vorliegen.

Die Kritik des Sächsischen Datenschutzbeauftragten an Bestimmungen des Sächsischen Polizeigesetzes teilt meine Fraktion. Insbesondere im Bereich der Wohnraumüberwachung fehlen verfahrensspezifische Bestimmungen zum Abbruch von Überwachungsmaßnahmen, aber auch Bestimmungen über ein Verwertungsverbot für Daten, die im Rahmen einer Überwachungsmaßnahme erhoben worden sind.

Auf die Einschränkung des Unterrichtungsgebots gemäß § 39 Abs. 8 Satz 1 des Sächsischen Polizeigesetzes, wonach die Betroffenen von Überwachungsmaßnahmen nach deren Abschluss nur dann darüber zu unterrichten seien, wenn dies ohne Gefährdung des Datenerhebungszwecks erfolgen kann, bietet eine aus unserer Sicht unzulässige Möglichkeit in der Praxis, willkürlich das gesetzliche Unterrichtungsgebot auszuhebeln. Der Sächsische Datenschutzbeauftragte qualifiziert diese Bestimmung als nicht mehr haltbar.

Hinsichtlich der gesetzlichen Bestimmungen zu der Einschränkung des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses in den so genannten G-10-Gesetzen muss die Kritik

weitergreifen, als im 12. Bericht des Sächsischen Datenschutzbeauftragten geschehen.

Das Gesetz zur Beschränkung des Artikels 10 Grundgesetz hat den Rechtsschutz gegenüber Überwachungsmaßnahmen faktisch ausgeschlossen. Die politischen Kontrollen haben sich in der Praxis als unzulänglich und weitgehend unwirksam erwiesen. Die G-10-Kommissionen im Bundestag und in den Landtagen haben nur noch den Charakter von Alibi-Veranstaltungen. Die Kontrollen der getroffenen Maßnahmen werden de facto nicht mehr im Rahmen von wirklichen Einzelfallprüfungen vorgenommen. Vielmehr wird formal weitgehend alles, was vorgelegt wird, zustimmend zur Kenntnis genommen. Daher stellt sich die Frage, ob tatsächlich alle Überwachungsmaßnahmen, gerade die der Geheimdienste, auch wirklich den G-10-Kommissionen vorgelegt werden. Hier wünscht sich meine Fraktion die engmaschige Kontrolle der G-10Kommission des Sächsischen Landtages und des Landesamtes für Verfassungsschutz durch den Sächsischen Datenschutzbeauftragten.

Auch den Ausführungen des Sächsischen Datenschutzbeauftragten in seinem 12. Tätigkeitsbericht hinsichtlich des Sächsischen Verfassungsschutzgesetzes und seiner Mängel in den Ausführungsvorschriften ist zuzustimmen. Meine Fraktion ist selbstverständlich für die Abschaffung der Landesämter und des Bundesamtes für Verfassungsschutz. So wie einmal die Stasi Schwert und Schild der SED war, so sind heute die politischen Geheimdienste Schwert und Schild der Blockparteien.

Es ließen sich noch eine ganze Reihe von Rechtsgebieten aufzählen, in denen wir die Auffassung des Sächsischen Datenschutzbeauftragten teilen. In diesen Bereichen werden wir versuchen, als Oppositionsfraktion im Sächsischen Landtag auch mit anderen Fraktionen, mit denen wir in datenschutzrechtlichen Betrachtungen Übereinstimmung erzielen, die Tätigkeit des Datenschutzbeauftragten in Sachsen parlamentarisch zu unterstützen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Herr Dr. Martens, Sie haben Ihre 10 Minuten für die FDP-Fraktion.

(Staatsminister Hermann Winkler: 18 Minuten wären besser!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf den Einwurf des Staatsministers Winkler hin muss ich sagen, ja, 18 Minuten wären besser.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Den 12. Tätigkeitsbericht des Sächsischen Datenschutzbeauftragten lassen Sie mich ebenfalls zum Anlass nehmen, um für meine Fraktion der FDP im Sächsischen Landtag Ihnen, Herr Schurig, und Ihren Mitarbeitern für die geleistete Arbeit ausdrücklich unseren Dank auszusprechen.

Die Arbeit des Datenschutzbeauftragten und insbesondere sein Tätigkeitsbericht, der hier vorgelegt wurde, zeigt, wie wichtig diese Arbeit ist. Datenschutz ist nicht etwas für Spinner und politische Exoten, sondern Datenschutz ist der Schutz von Grundrechten. Das wird oftmals in der politischen Diskussion übersehen und von Mächtigen nicht wahrgenommen. In der Tat zeigt die protokollarische Geringachtung einiges, die mit der Abgabe von Reden zu Protokoll seitens der größten Fraktion im Landtag zum Ausdruck gebracht wird.

(Beifall bei der FDP und der Linksfraktion.PDS)

Es geht um den Schutz von Grundrechten. Das in Artikel 33 der Sächsischen Verfassung verankerte Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist vielleicht das am meisten bedrohte Grundrecht in der aktuellen Situation. Eingriffe in die Rede- und Pressefreiheit, die Versammlungsfreiheit und Vereinigungsfreiheit, Religionsfreiheit und Familie sind eher selten, insbesondere wohl kaum von staatlicher Seite in organisierter Form durchgeführt. Das wird man so nicht sagen können.

Beim Datenschutz ist das etwas anderes. Hier stellen wir fest, dass es vor allem auch der Staat ist, der oftmals aus Nachlässigkeit, manchmal aber auch berechnend, die Grundrechte von Bürgern auf informationelle Selbstbestimmung gering achtet oder gar verletzt. Die Arbeit des Datenschutzbeauftragten ist hier notwendig. Er ist Anwalt der Bürger. Er ist dem Landtag zur Seite gestellt; er ist zum Glück nicht Teil der Staatsverwaltung. Er ist nicht weisungsgebunden, und das finden wir ausgesprochen gut.

Wenn uns der Datenschutzbeauftragte seinen Datenschutzbericht vorlegt, dann möchten wir diesen Bericht haben. Was die Staatsregierung dann noch einmal in der zweiten Welle zu sagen hat, nehmen wir gern zur Kenntnis. Aber für uns ist das Entscheidende der Bericht des Datenschutzbeauftragten.

Auch im letzten Datenschutzbericht sind viele Punkte aufgeführt worden. Es ist der Begriff gefallen, er wäre wie ein Krimi. Dem kann ich zustimmen. Es sind viele Dinge aufgeführt worden, bei denen man sich fragt: Haben denn dort wirklich die Handelnden überhaupt das Wort „Datenschutz“ auch nur gehört? Da werden bei Ordnungswidrigkeiten wegen des Telefonierens am Steuer des Autos Verbindungsdaten von Telekommunikationsunternehmen nach § 100g der Strafprozessordnung abgefordert. Das ist wirklich datenschutzrechtliche Ignoranz in Perfektion, nicht von des Gedankens Blässe angekränkt, wird mit der großen Haubitze auf Ordnungswidrigkeiten geschossen.

Wir haben verschiedene Dinge aufgegriffen. Ich möchte die Schulstatistik erwähnen, in der bar jeder Rechtsgrundlage im Schatten der Kultusministerkonferenz aufgezogen ein Pflänzchen wächst, von dem keiner weiß, was es eigentlich bringen soll. Wozu die Früchte verwendet werden sollen, ist völlig unklar. Man sammelt Daten und was man damit macht, soll sich dann hinterher erweisen.

Hier danke ich dem Datenschutzbeauftragten für die Erwähnung im Bericht.

Die parlamentarischen Aktivitäten wie auch die Tätigkeit des Datenschutzbeauftragten haben dazu geführt, dass inzwischen bundesweit über diese wilde Datensammelei nachgedacht wird.

Es gibt verschiedene weitere Dinge, wie Ermittlungen, die ohne Rechtsgrundlage durchgeführt worden sind, aber oftmals faktisch schwerwiegendere Eingriffe in die Grundrechte der Betroffenen mit sich brachten als förmlich geführte Verfahren nach Disziplinarordnung oder anderen Regelungen. Auch hier danken wir dem Datenschutzbeauftragten, dass er sehr präzise und juristisch klar, wie ich finde, ausgezeichnet deutlich gemacht hat, dass so etwas nicht stattfinden sollte. Umso bedauerlicher ist es, wenn die Staatsregierung trotzdem auf ihrer Position beharrt und nicht nur die unrechtmäßigen Daten weiter behält, sondern diese jetzt auch noch zur Archivierung abgeben möchte, womit eine weitere Belastung der Betroffenen verbunden wäre.

Die Arbeit des Datenschutzbeauftragten ist aus unserer Sicht auch in Zukunft dringend notwendig. Es gibt weitere Punkte, die schon jetzt abzusehen sind, die in den kommenden Jahren die Befassung des Datenschutzbeauftragten unumgänglich machen werden. Es gibt die Frage, was im Rahmen der Strafverfolgung im Bereich von Gentests zulässig ist. Wie weit dürfen diese geführt werden? Was passiert mit Daten? Was passiert mit den Daten, die aufgrund von EU-Regelungen an europäische Stellen bei der Erhebung von Gentests weitergegeben werden? Welchen Eingriff hat man dort? Welche Zugriffsmöglichkeiten haben andere europäische Stellen auf die so gesammelten Daten? Wenn hier im Vorfeld von Massengentests erzählt wird, dass diese Daten sofort vernichtet werden, dann vermag ich daran nicht zu glauben. Denn eine solche Vernichtung wäre nach europäischem Recht rechtswidrig. Die Mitgliedsstaaten sind verpflichtet, erhobenes Gentestdatenmaterial in eine zentrale Stelle einzustellen, jedenfalls wenn es zu Strafverfolgungszwecken erhoben wurde.

Es geht – das wissen die Bürger auch nicht – um die Frage, was mit der Kfz-Abscannung von Autos auf Autobahnen technisch bereits möglich ist. Die MautBrücken sind ja nicht nur dazu da oder geeignet, sage ich jetzt einmal, um Autobahnmaut zu erfassen und abzurechnen. Sie sind auch für viele andere Dinge geeignet und dazu ausdrücklich angepriesen worden. Wir Liberalen können nur zu gut nachvollziehen, wie es manchen Sicherheitspolitikern oder, sagen wir einmal, Sicherheitsfetischisten in den Fingern juckt, diese Maut-Brücken zu dem Zweck einzusetzen, für den man sie eben auch einsetzen kann, aber nach unserer Meinung nicht einsetzen soll.

Die Zuordnung des Datenschutzes auch im privaten Bereich zum Datenschutzbeauftragten wird von uns ausdrücklich begrüßt. Denn der Datenschutz im privaten Bereich gewinnt zunehmend an Bedeutung, eine Bedeu

tung, die zum Zeitpunkt des Volkszählungsurteils des Verfassungsgerichts von 1983 noch nicht einmal in Ansätzen erkennbar war. Die Möglichkeit der Vernetzung von Datenbanken und Datenbeständen und die um ein viel Hundertfaches angewachsene Menge von personenbezogenen Daten eröffnen völlig neue Möglichkeiten, den gläsernen Bürger zu schaffen, den eigentlich keiner will.

Aber auch hier gilt es für den Datenschutzbeauftragten – und er hat sich dieser Aufgabe angenommen –, Problembewusstsein zu wecken. Viele Bürger wissen gar nicht, was mit ihren Daten gemacht wird oder gemacht werden kann. Zu verlockend sind die vielen bunten Sporttaschen, Luftballons, Kugelschreiber oder Reiseangebote, die man erhält, wenn man eine Tankkarte, eine Rabattkarte oder etwas anderes nimmt und ganz nebenbei im Kleingedruckten die Einwilligung abgibt, dass alle Daten, was man wann wo gekauft hat, zu Werbezwecken oder anderen Zwecken gesammelt werden. Da ist Datenschutz notwendig.

Den alten Spruch „Datenschutz warum, der ist doch nicht notwendig, Sie haben doch nichts zu verbergen, und den anderen geschieht es sowieso recht“ vermögen wir nicht zu unterschreiben. Das haben wir immer gesagt. Wir halten ihn für töricht. Er ist falsch. Es glauben leider nur noch viel zu viele im Land an diesen Spruch.

Ich wünsche dem Datenschutzbeauftragten viel Erfolg beim Kampf gegen eine solche Haltung.