Protokoll der Sitzung vom 11.10.2006

Wir waren außerdem in der Lage, im Jahre 2006 nochmals 7,5 Millionen Euro an investiven Mitteln draufzusatteln, die sehr gut angenommen wurden – sowohl von den kommunalen Einrichtungen als auch von den jeweiligen Trägern. Ich will in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass wir im Kindertagesstättenbereich eine Trägerpluralität haben, wie zum Beispiel von Elterninitiativen über die Diakonie und AWO bis zu den kommunalen Einrichtungen. Es sind noch viel mehr, ich will sie nicht alle aufzählen. In diesen Einrichtungen ist natürlich das eine oder andere instand zu setzen oder es gibt Einrichtungen, die sich erweitern können, sollen und müssen. Dafür ist dieses Geld gut angelegtes Geld.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben Vorstellungen zur Vor- und Nachbereitungszeit für die Erzieherinnen und Erzieher. Wenn der Bildungsplan richtig umgesetzt werden soll – das wollen wir –, müssen entsprechende Zeiten für die Erzieherinnen und Erzieher vorgehalten werden, damit diese sich richtig vorbereiten können und auch eine entsprechende Stundenzahl für die Nachbereitung haben.

Ich komme noch einmal auf die 7 Millionen Euro zu sprechen, die für die Schulvorbereitung sowohl im letzten Haushalt als auch im Doppelhaushalt 2007/2008 eingestellt wurden. Wir haben seit dem 15. August die Verordnung zum Schulvorbereitungsjahr, die lange ersehnt wurde und nun die Grundlage dafür ist, das Schulvorbereitungsjahr durchführen zu können.

Dieses Schulvorbereitungsjahr ist, wie ich eingangs gesagt hatte, mit der Schuleingangsphase verzahnt. Die Schuleingangsphase ist mit der Anmeldung des jeweiligen Kindes in der Grundschule zu sehen. Die Schuleingangsphase und das Schulvorbereitungsjahr sollen aufeinander abgestimmt werden, was auch sinnvoll ist, damit wir wieder einen roten Faden haben. Hierfür müssen gemeinsame Konzepte entwickelt werden, wenn sie nicht schon vorhanden sind.

Ich hatte in dieser Woche die Möglichkeit, das bei meinem Kollegen Thomas Colditz im Wahlkreis einmal praktisch in Augenschein zu nehmen. Wir waren in der Grundschule von Herrn Colditz, es war von dem dortigen Elternsprecher eingeladen worden. Es ist so, dass in diesem Grundschulbezirk fünf Kindertagesstätten und eine dreizügige Grundschule vorhanden sind. Dort konnte man live erleben, wie es praktiziert wird, wie gut diese Zusammenarbeit – von den Kindertagesstätten mit den Erzieherinnen zur Grundschule mit den Lehrerinnen – funktioniert. Sie haben dort ein fabelhaftes Projekt entwickelt, das sie uns auch vorgestellt haben. Das ist eine tolle Geschichte.

Es werden auch Eltern einbezogen – das ist ganz klar, es waren auch sehr viele interessierte Eltern anwesend –,

wovon aus meiner Sicht die Kinder zuvörderst partizipieren. Die Angst vor Schule, die oftmals vorhanden ist, wird den betroffenen Kindern genommen und es können noch vorhandene Defizite, gerade was den vorschulischen Bereich betrifft, ausgeglichen werden. Man kann sich miteinander unterhalten – und tut das und soll das auch tun –, was die Erzieherinnen betrifft, was die Lehrerinnen betrifft und was die Eltern betrifft. Diese aktive Elternarbeit ist immer wieder mit anzuführen, weil sie immens wichtig ist.

Ich hatte anlässlich der letzten Debatte zur Schuleingangsphase meine eigene Kindertagesstätte in Hartmannsdorf angeführt. Dort besteht der große Vorteil, dass alles unter einem Dach ist: Kindertagesstätte, Grundschule und Hort in einem Haus. Da macht sich alles etwas einfacher als in dem besagten Beispiel Stützengrün, wo fünf Kindertagesstätten und eine Grundschule vorhanden sind. Aber es ist machbar, es ist wirklich durchführbar und am Ende kommen wertvolle Grundsätze für die Qualitätsoffensive im Freistaat Sachsen heraus.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, für uns steht das Kind im Mittelpunkt, und das wollen wir mit dieser Qualitätsoffensive dokumentieren. Wir wollen diese Dinge weiter fortschreiben und, wie ich es gesagt habe, evaluieren. Es ist so, dass wir auf einen richtigen Weg aufgebrochen sind. Wir kennen das Ziel. Wir beschreiten momentan den Weg, werden aber noch das eine oder andere auf diesem Weg mitnehmen. Ich lade Sie alle ein mitzugestalten und mitzuhelfen, damit das alles zum Erfolg führt.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsregierung)

Die SPD, bitte. Frau Dr. Schwarz.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Unser Antrag spricht selbstbewusst von einer Qualitätsoffensive in der Kindertagesbetreuung. Dies ist ein hoher Anspruch, den wir – davon bin ich überzeugt – auch erfüllen können und werden.

Zielgenauer möchte ich hinzufügen, dass es um eine Qualitätsoffensive in der frühkindlichen Bildung geht. Die Qualitätsoffensive besteht insbesondere in der Verankerung des Bildungsplanes im Sächsischen Kindertagesstättengesetz und damit gibt es einen verbindlichen Bildungsplan für die Kindertagesstätten. Wir haben hier bereits häufig – nicht erst seit PISA – über die Bedeutung des frühkindlichen Lernens gesprochen. Es haben sich inzwischen auch viele neue Erkenntnisse zu der Frage durchgesetzt, wie wichtig gerade die frühkindliche Bildung ist.

Die Grundlagen für den späteren Bildungserfolg werden in den ersten Lebensjahren gelegt. Frühzeitig muss die Neugier, muss das Interesse an spielerischem Lernen geweckt und gefördert werden. Diese Erkenntnis hat hier

in Sachsen nun zu dem neu eingeführten Bildungsplan geführt. Es war dazu aber auch eine enorme Vorarbeit notwendig. Wissenschaftlerinnen, Wissenschaftler, Praktikerinnen und – leider oft zu wenig – Praktiker haben in den letzten Jahren an der Erstellung des Planes gearbeitet, ihn in den einzelnen Einrichtungen erprobt und getestet und sich zurückgemeldet.

Wir arbeiten an Maßnahmen, die Rahmenbedingungen zur Umsetzung des Bildungsplans zu verbessern – meine Kollegin Nicolaus ist auf das Problem der Vor- und Nachbereitung eingegangen –, und wir arbeiten auch an seiner Fortschreibung.

Teil dieser Qualitätsoffensive ist ebenfalls die Einführung des Schulvorbereitungsjahrs. Das Schulvorbereitungsjahr soll den Übergang unserer Kinder in die Grundschule erleichtern, Erzieherinnen und Lehrerinnen miteinander vernetzen und damit auch dazu beitragen, die Bildungsangebote der Kitas für die späteren Anforderungen in der Schule passend zu machen. Die Schule wiederum kann breite Möglichkeiten des spielerischen Lernens, wie es in den Kitas angewendet wird, lernen und erfahren und diese Elemente in den Unterricht einbringen. In diesem Zusammenhang möchte der Antrag inhaltlich dazu beitragen, die Umsetzung zu begleiten und positiv voranzubringen.

Nun geht es darum – darauf zielt unser Antrag –, diese Maßnahmen in der Praxis zu verankern, zu evaluieren und weiterzuentwickeln. Auch das wurde schon ausführlich von meiner Kollegin beschrieben. Die Kooperationsvereinbarungen zwischen den Schulen und den Kitas sollten nach einer gewissen Zeit evaluiert werden. Eine Vielzahl davon ist mittlerweile abgeschlossen worden. Genaue Zahlen und bestimmte Formen können Sie dem ausführlichen Bericht des Staatsministeriums für Kultus zu unserem Antrag entnehmen.

Für uns ist aber im Hinblick auf die Qualitätssicherung auch die Rolle der Fachberater sehr wichtig, die diesen Prozess unterstützen werden und die verstärkt einbezogen werden müssen. Auch die gemeinsamen Fortbildungsmaßnahmen der Lehrerinnen und Erzieherinnen müssen intensiviert werden. Wir haben dies auch in unserem Koalitionsvertrag bewusst so formuliert. Von dieser gemeinsamen Fortbildung versprechen wir uns eine nachhaltige Zusammenarbeit. Wer sich kennt, kann besser miteinander Erfahrungen austauschen und wird in der Zusammenarbeit besser harmonieren.

Wir begrüßen es, dass eine Elternbroschüre zum Bildungsplan 2007 erarbeitet wird. Denn ich glaube, es gibt immer noch Nachholbedarf, dass auch die Eltern sich mit der Kindertagesstätte gemeinsam an diesem Prozess beteiligen. Der Bildungsplan ist ein umfangreiches Werk und sicherlich in erster Linie für die Erzieherinnen gedacht. Aber ohne die Begleitung seitens der Eltern wird er nicht zum Erfolg führen.

Ich bin überzeugt, dass wir hier auf einem vorbildlichen Weg sind, von dem nicht nur die Kinder profitieren werden, sondern auch ganz Sachsen. Das ist aber erst der Anfang. Dessen müssen wir uns bewusst sein.

Ich möchte auch ansprechen, dass wir eine Veränderung in der Ausbildung brauchen, um diesen Qualitätsprozess, diese Qualitätsoffensive weiterzuführen und vielleicht eine gemeinsame hochschulische Ausbildung von Grundschullehrerinnen und Erzieherinnen auf den Weg bringen zu können. Auch damit wären wir ein gutes Beispiel

(Beifall der Abg. Astrid Günther-Schmidt, GRÜNE)

und könnten die Qualitätsoffensive weiterentwickeln.

Nicht unerwähnt bleiben soll, dass es in dem neuen Doppelhaushalt 2007/2008 einen neuen Haushaltstitel gibt, dessen Ansatz 2 Millionen Euro zur Untersetzung der Qualitätsoffensive enthält. Also, wir reden nicht nur, sondern wir tun auch „Butter bei die Fische“, wie man so schön sagt.

Ich verweise noch einmal auf die Antwort der Staatsregierung, die viele Maßnahmen beschreibt. Es würde jetzt zu weit führen, alles in meiner Rede zu erwähnen.

Natürlich bin ich mir dessen bewusst, dass immer noch Wünsche offen bleiben. Ich denke, da wird Herr Neubert schon den entsprechenden Part spielen. Aber wir sollten das, was wir auf den Weg gebracht haben, wirklich auch selbstbewusst miteinander nach außen tragen. Im bundesweiten Vergleich kann sich Sachsen im Bereich der frühkindlichen Bildung wirklich sehen lassen. Aber wir müssen weiter daran arbeiten. Das wollen wir auch tun, wie Sie gemerkt haben, und deswegen bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der SPD, der CDU und der Staatsregierung)

Die Linksfraktion.PDS, Herr Abg. Neubert.

Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir heute auf Antrag der Koalitionsfraktionen über eine Qualitätsoffensive in der Kindertagesbetreuung sprechen, sollten wir uns doch zunächst einmal vor Augen führen, was das in Sachsen konkret bedeutet:

Sachsen hat vor 16 Jahren mit einem der besten Kinderbetreuungssysteme in Europa angefangen und es befindet sich, was die Betreuungsquote anbelangt, auch heute noch an der Spitze in Deutschland. Aber – und das erwähnte auch Frau Nicolaus – im Vergleich mit den europäischen Nachbarn haben wir noch eine Menge Nachholbedarf.

Wir haben uns als Sachsen in der vergangenen Legislaturperiode im Konsens aller drei damals im Landtag vertretenen Fraktionen auf den Weg gemacht, Kindertagesstätten nicht nur als Betreuungs-, sondern konsequent auch als Bildungseinrichtungen zu verstehen. Ausdruck dessen ist der inzwischen vorliegende Sächsische Bildungsplan.

Wir haben uns etwas darüber gestritten, was in diesen Bildungsplan hineingehört und was nicht. Ich erinnere beispielsweise an die Diskussion um die religiöse Bil

dung. Im Ergebnis aber ist dieser Plan eine gute Grundlage für die Bildungsarbeit in den Kitas.

Sehr geehrte Damen und Herren! Mit der Grundlage allein, Frau Nicolaus, und das ist ein wichtiger Aspekt, ist es nicht getan. Damit wären wir auch bei der ersten großen Herausforderung.

Woran es fehlt, das ist die personelle Untersetzung in den Kitas selbst. Sie haben es hier teilweise angedeutet. Aber da bin ich noch gespannt und gehe später darauf ein. Der Bildungsplan verlangt von den Pädagoginnen und Pädagogen in den Kitas Vorbereitung. Er verlangt Auswertung, Analyse, intensive Reflexionen über jedes einzelne Kind. Er verlangt Fort- und Weiterbildung. Kurzum: Er verlangt eben Zeit.

Den Erzieherinnen und Erziehern wird bis heute trotz anspruchsvollen Bildungsplanes auch nur ein Bruchteil dessen an pädagogischer Vor- und Nachbereitungszeit verweigert, was bei Grundschullehrerinnen und -lehrern völlig selbstverständlich ist. Sie wissen, Frau Orosz, dass die Verbesserung der Rahmenbedingungen eine entscheidende Anforderung an Sie als Sozialministerin und an uns als Parlament ist. Überall begegnen wir Trägern und Erzieherinnen, die diesen Bildungsplan umsetzen wollen, denen aber im Moment häufig ganz einfach die Kraft fehlt. Die Verbesserung des Betreuungsschlüssels ist also ein Gebot der Stunde.

Selbstverständlich braucht Sachsen auch einen Einstieg in die kosten- oder besser beitragsfreie Kinderbetreuung. Seit Monaten mahnen wir diesbezüglich einen Stufenplan der Staatsregierung an. Wenn wir es mit den Kitas als Bildungseinrichtungen ernst nehmen, müssen diese – besser früher als später – ebenso beitragsfrei werden, wie es Schulen heute sind. Viele Eltern brauchen finanzielle Entlastung. Kinder dürfen nicht länger Armutsrisiko Nummer eins sein. Niemand darf vom freien Zugang zu den Kindertageseinrichtungen ausgeschlossen werden, auch nicht aus finanziellen Gründen.

(Beifall der Abg. Ingrid Mattern, Linksfraktion.PDS)

Damit, sehr geehrte Damen und Herren, wäre ich auch schon bei der dritten Herausforderung für eine Qualitätsoffensive in der Kindertagesbetreuung. Wir haben nach wie vor in 18 Kreisen und kreisfreien Städten in Sachsen, also in rund zwei Dritteln des Landes, willkürliche Zugangsbeschränkungen, mit denen Kinder von arbeitslosen Eltern ganz oder teilweise vom Besuch der Kindertagesstätten ausgeschlossen werden, entweder generell oder indem die Kosten für gering verdienende Eltern durch die Kreise einfach nur noch für einen beschränkten Betreuungszeitraum übernommen werden.

Im Klartext: Das ist frühkindliche Bildung nach Kassenlage.

Sehr geehrte Damen und Herren von der Koalition, das ist eben auch eine Qualitätsfrage, und zwar eine ganz elementare.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Neubert?

Bitte, Frau Dr. Schwarz.

Kollege Neubert, können Sie mir ein konkretes Beispiel nennen, wo Kinder im Kindergartenbereich ganz aus der Betreuung ausgeschlossen werden?

Im Kind – –

So haben Sie es im Moment gesagt.

Nein, stopp. Ganz oder teilweise.