Protokoll der Sitzung vom 13.10.2006

Im Interesse der Verbraucher und mit Blick auf den Standort Sachsen fordern wir daher die Staatsregierung mit unserem Antrag auf, die Beantragungen auf Strompreiserhöhungen für das Jahr 2007 ausnahmslos abzulehnen und danach zu trachten, dass behördlicherseits – ob durch die Bundesnetzagentur oder die Landesregulie

rungsbehörde – erfolgende Senkungen der Netznutzungsentgelte letztlich auch beim Verbraucher Wirkung zeigen.

Hierbei möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass die durchschnittlichen Netzentgelte je Kilowattstunde beispielsweise in Österreich – trotz schwieriger Topografie – wesentlich niedriger sind als in Deutschland. Diese betragen bei Haushaltskunden in Deutschland durchschnittlich 7 Cent je Kilowattstunde und im Nachbarland Österreich nur 4,1 Cent.

Die Staatsregierung darf nicht untätig bleiben, wenn plötzlich hohe Bezugskosten auf dem Terminmarkt geltend gemacht werden, obgleich gerade die großen Stromkonzerne Nutznießer dieser Preisentwicklung an der Strombörse waren. Hier muss genau hingesehen werden, welchen Einfluss die großen Vier auf die Regionalversorger haben und ob diese deren Stellvertreterkriege ausfechten.

Als wichtigen Punkt unseres Antrages möchte ich die Forderung nach einer Bundesratsinitiative benennen, mit der über den 30.06.2007 hinaus eine Verlängerung der Genehmigungspflicht von Strompreiserhöhungen bei Haushalts- und Gewerbekunden durch die Wirtschaftsministerien erreicht werden soll.

Insbesondere an die Union geht der Appell, sich der Forderung anzuschließen bzw. zu berichten, was unionsseitig diesbezüglich eventuell zu unterstützen wäre. Schließlich hatte Ende August die nordrhein-westfälische CDU-Wirtschaftsministerin Christa Thoben ebenfalls eine Initiative mit dem Ziel angekündigt, die Genehmigungspflicht durch die Länder zu verlängern.

Darüber hinaus wäre es erforderlich, dass bei einer kartellrechtlichen Bewertung von Unternehmen der Energiewirtschaft vorrangig vor den Beschaffungskosten und/oder Unternehmensvergleichen das Hauptaugenmerk auf der Gewinnentwicklung liegt. Die NPD-Fraktion ist sich zwar völlig im Klaren darüber, dass es auf der Landesebene nur sehr begrenzt möglich ist, Korrekturen an zumeist bundespolitisch verursachten Fehlentwicklungen vorzunehmen; dennoch darf sich die Landespolitik nicht gänzlich aus der Pflicht stehlen. Sie muss ihre Spielräume ausschöpfen und versuchen, in die Bundespolitik hineinzuwirken.

Ohne Zweifel bedürfte es in erster Linie der Entflechtung von Oligopolstrukturen, einer Erweiterung kartellrechtlicher Befugnisse sowie einer Ausgliederung der Netze aus den Versorgungsunternehmen. Entgeltsenkungen ließen sich dann entweder über eine Anreizregulierung eventuell nach österreichischem Vorbild oder zumindest deren Sozialisierung anstreben. Allerdings sind diesbezüglich in erster Linie die klassischen Bundespolitiker gefordert.

Wir als Landespolitiker sollten uns aber in jedem Fall für eine Verlängerung der Stromtarifaufsicht starkmachen und Strompreiserhöhungen der Regionalversorger eine klare Absage erteilen – weshalb ich Sie zur Zustimmung zu unserem NPD-Antrag recht herzlich auffordere.

Vielen Dank.

(Beifall bei der NPD)

Das war der Sprecher der einreichenden Fraktion. Für die Koalition spricht Herr Abg. Lehmann von der CDU.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe die Energiedebatte am Mittwochabend genutzt, um einige grundsätzliche Überlegungen zur Frage der Energiepreisentwicklung anzustellen. Dem möchte ich heute nicht mehr so sehr viel hinzufügen.

Die NPD-Fraktion versucht mit ihrem Antrag den Eindruck zu erwecken, dass der sächsische Wirtschaftsminister für die beharrlich steigenden Energierechnungen der sächsischen Haushaltskunden und Unternehmen verantwortlich wäre. Das ist mitnichten der Fall. Der Minister kann allenfalls die Rechtmäßigkeit und Plausibilität der vorgelegten Kalkulationen prüfen lassen und bei festgelegter Fehlerhaftigkeit bis zur erfolgten Korrektur deren Genehmigung untersagen.

Wirklichen Einfluss auf die Erhöhung der Energiepreise hat der Deutsche Bundestag. Er bestimmt die Wettbewerbsregeln auf dem deutschen Energiemarkt, nimmt Einfluss auf die Abgrenzung zwischen Nutzenergieerzeugung und Nutzenergieverteilung und ist durch die Ausgestaltung des Stromeinspeisegesetzes und die Behandlung der Atomenergie wesentlich für die Struktur des nationalen Energiemix verantwortlich. Darüber hinaus ist er, wie wir wissen, auch noch Steuergesetzgeber.

Der Antrag der NPD-Fraktion, in dem zwischen den Zeilen die bekannten Feindbilder durchschimmern, hilft uns in der Frage der Energiepreisgestaltung keinen Millimeter weiter.

Darum wird ihn die Koalition auch ablehnen.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Von den Oppositionsfraktionen ist mir Herr Morlok für die FDP-Fraktion gemeldet; von den übrigen niemand. Bitte.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Antrag, wie Sie ihn vorgelegt haben, liebe Kollegen von der NPD, ist in dieser Form nicht beschlussfähig. Mit dem ersten Punkt wollen Sie ausnahmslos und pauschal alle Erhöhungen ablehnen. Das geht so nicht. Die Antragsteller haben ein Recht auf Einzelfallprüfung. Wenn Sie pauschal und ohne Einzelfallprüfung alle Anträge ablehnen würden, würden Sie sich erheblichen Schadensersatzforderungen aussetzen. Deswegen – so wichtig die Kontrolle ist – geht eine pauschale Ablehnung ohne Einzelfallprüfung nicht. Der von Ihnen vorgeschlagene Punkt ist in dieser Form nicht zustimmungsfähig.

Gleiches gilt für die Weitergabe von Kostensenkungen. Der Staat hat nicht die Möglichkeit, dies per Bescheid anzuordnen. Das hängt auch von anderen Kostenentwick

lungen ab, zum Beispiel den Einkaufspreisen der Konzerne. Per Verordnung der Staatsregierung oder durch Beschluss des Landtages kann man entsprechende Dinge nicht voranbringen. Es hängt auch hier vom Einzelfall ab. Selbst wenn man es politisch wollte – es geht schlicht und ergreifend nicht.

Hinsichtlich der Genehmigungsdichte bzw. der Verlängerung stelle ich Folgendes fest: Das Genehmigungsverfahren ist nur die zweitbeste Lösung. Wenn wir im Strombereich echten Wettbewerb hätten, dann bräuchten wir diese Genehmigungen nicht. Es wäre also wünschenswert, wenn hier für Wettbewerb gesorgt und nicht dauerhaft der Weg der Genehmigung gegangen würde.

Man muss auch sehen, dass diese staatlich verfügte Reduzierung der Preisbestandteile Erzeugung und Vertrieb gerade dazu führt, dass die Margen für potenzielle Anbieter sinken. Die Bereitschaft zum Markteintritt von neuen Anbietern sinkt also. Das kann nicht im Sinne von mehr Wettbewerb sein. Wir müssten uns eher Gedanken darüber machen, ob das System so noch sinnvoll ist.

Was die Fortführung auf Landesebene betrifft – Herr Minister Jurk, ich weiß nicht, ob Sie nachher darauf eingehen werden –, so denke ich, dass wir uns bei der Komplexität der Sachverhalte vorurteilsfrei überlegen sollten, ob es tatsächlich sinnvoll ist, das 16 Mal auf Landesebene zu tun, oder ob man hier unter Umständen zu einer Verlagerung oder zu einer Kooperation kommen kann, um die Aufsicht effizienter durchführen zu können.

Wenn man, wie Sie von der NPD es vorschlagen, Stromkonzerne künftig im Rahmen des Kartellamtes anhand ihrer Gewinnentwicklung bewerten würde, bestrafte man gerade die effizient wirtschaftenden Unternehmen. Auch das kann nicht im Sinne einer wettbewerbsorientierten Stromwirtschaft sein.

Wenn man Monopolrenditen bei Großkonzernen bekämpfen will – das sollten wir tun; das geht am besten durch mehr Wettbewerb –, dann sollte man so offen sein, diese nicht nur bei den Großkonzernen, sondern auch bei den kommunalen Stadtwerken zu bekämpfen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Danke schön. – Meine Damen und Herren! Ergibt sich daraufhin noch Aussprachebedarf?

(Matthias Paul, NPD, meldet Redebedarf an.)

Noch Aussprachebedarf oder das Schlusswort? Die Staatsregierung möchte nicht Stellung nehmen. Herr Paul, Sie haben auf alle Fälle das Wort. Sie entscheiden sich aber bitte, was Sie wollen.

Ich halte das Schlusswort.

Gut.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich hätte mich schon über eine Stellungnahme von Staatsminister Jurk hier am Pult gefreut, aber es steht jedem frei, auf Anträge von Fraktionen zu reagieren. Ich finde es dennoch nicht besonders gut, wenn der Herr Staatsminister, der mit diesem Problem direkt zu tun hat, hier eine gewisse Verweigerungshaltung einnimmt.

Herr Morlok hat Punkt 1 unseres Antrages kritisiert, in dem wir die pauschale Ablehnung der Energiepreiserhöhung fordern. Wir begründen dies damit, dass die großen vier Energiekonzerne Jahr für Jahr Milliardengewinne erzielen. Im Zusammenhang mit dem Kraftwerksneubau in Boxberg haben wir schon einmal darüber gesprochen. Trotz dieser hohen Gewinne werden die Strompreise systematisch in kleinen Schritten erhöht. Eine gewisse Überprüfung muss stattfinden und findet statt.

Die Staatsregierung führt in ihrer Stellungnahme zu Punkt 1 unseres Antrages aus, dass das nach § 12 Bundestarifordnung nicht ginge. Ich habe mir den Paragrafen herausgesucht und möchte Abs. 2 zitieren: „Die Preisgenehmigung wird nur erteilt, soweit das Elektrizitätsversorgungsunternehmen nachweist, dass entsprechende Preise in Anbetracht der gesamten Kosten- und Erlöslage bei elektrizitätswirtschaftlich rationeller Betriebsführung erforderlich sind. Dabei ist die Kosten- und Erlöslage bei der Versorgung der einzelnen Bedarfsarten besonders zu berücksichtigen.“

Wenn man danach gehen würde, könnte man die anstehenden Strompreiserhöhungen pauschal ablehnen.

(Beifall bei der NPD)

Ich denke, die erzielten Gewinne der Unternehmen sprechen für sich.

Wir werden an unserem Antrag festhalten. Es sind keine wirklichen Gegenargumente gebracht worden, auch nicht von Ihnen, Herr Lehmann. Sie haben ein bisschen drumherumgeredet, die Preisgestaltung angesprochen und behauptet, dass wir als Sachsen darauf keinen direkten Einfluss hätten. Ich habe vorhin schon gesagt: Wir haben keinen direkten Einfluss, aber Sachsen hat ein gewisses Mitspracherecht auf Bundesebene. Entsprechend den Zielstellungen unseres Antrages kann zumindest die Sächsische Staatsregierung entsprechend reagieren.

Ich bitte Sie um Zustimmung zu unserem Antrag, weil sich an der gesamten Sachlage nicht wirklich etwas geändert hat. Wir sind der Meinung, dass wir mit unseren Punkten völlig richtig liegen. Sie konnten heute nicht wirklich entkräftet werden.

Vielen Dank!

(Beifall bei der NPD)

Meine Damen und Herren! Damit kommen wir zur Abstimmung. Ich stelle die Drucksache 4/6287, Antrag der NPD-Fraktion, zur Abstimmung. Wer zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer stimmt nicht zu? – Wer enthält sich? – Bei einigen Stimmen dafür, aber einer übergroßen Mehrheit von Gegenstimmen und keinen Enthaltungen ist der Antrag abgelehnt worden. Damit ist Tagesordnungspunkt 8 abgearbeitet.

Meine Damen und Herren! Ich komme zu

Tagesordnungspunkt 9

Landeserziehungsgeld PISA-tauglich machen

Drucksache 4/6494, Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Hierzu können die Fraktionen Stellung nehmen. Die einreichende GRÜNEN-Fraktion beginnt. Danach geht es in der gewohnten Reihenfolge weiter.