Protokoll der Sitzung vom 15.11.2006

Das ist sehr nett, vielen Dank. – Meine Frage ist sehr konkret. Ich habe Zahlen genannt aus Dresden, die ich mir nicht ausgerechnet habe, sondern die, wie Sie wissen, in der Stadtverwaltung erarbeitet wurden. Das sind deftige Millionenbeträge, die vielleicht noch ein bisschen durch die Millionen, die aus dem Wohngeld fließen, kaschiert werden können, aber in Größenordnungen bleiben werden.

Was gedenken Sie zu tun, diese Defizite zu beheben, außer dass sich die Kommunen in die eigene Tasche greifen?

Ich habe eigentlich gedacht, die Frage gegenüber Herrn Scheel schon beantwortet zu haben. Zum einen wissen Sie selbst, Frau Dr. Ernst, dass es in den vergangenen Monaten unterschiedliche Zahlen aus Dresden gegeben hat. Darüber haben wir schon einmal gesprochen. Man muss dabei auch dezidiert nachweisen, welche Zahlen auf welcher Grundlage entstanden sind.

Und dann noch einmal: Es gibt die Härtefallklausel. Ich weiß, dass Dresden über diese Härtefallklausel zusätzlich bedient worden ist.

(Beifall bei der CDU und der SPD – Dr. Cornelia Ernst, Linksfraktion.PDS: Bedient worden ist! Die gibt es künftig nicht mehr!)

Meine Damen und Herren, diese Debatte ist abgeschlossen und ich beende den Tagesordnungspunkt.

Ich schlage Ihnen vor, dass wir an dieser Stelle in die Mittagspause eintreten. Wir treffen uns wieder 14:50 Uhr.

(Unterbrechung von 13:50 bis 14:51 Uhr)

Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Mittagspause ist beendet. Ich bitte Sie, die Plätze einzunehmen, damit wir fortfahren können.

Ich rufe auf den

Tagesordnungspunkt 6

1. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Einführung der Tariftreueerklärung sowie weiterer Instrumente zum Schutz und zur Förderung der sächsischen Wirtschaft in das Vergaberecht in Sachsen (Sächsisches Vergaberechtsänderungsgesetz)

Drucksache 4/6697, Gesetzentwurf der Linksfraktion.PDS

Es liegt keine Empfehlung des Präsidiums vor, eine allgemeine Aussprache durchzuführen. Deshalb spricht nur die Einreicherin; Frau Abg. Lay, Linksfraktion.PDS, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist immer ein etwas undankbarer Zeitpunkt, einen Gesetzentwurf unmittelbar nach der Mittagspause einbringen zu dürfen. Davon abgesehen, kommt der Gesetzentwurf der Linksfraktion.PDS zur richtigen Zeit; denn das Bundesverfassungsgericht hat erst in der letzten Woche die Berliner Regelung abgesegnet: Die Tariftreue darf ein Kriterium bei der öffentlichen Auftragsvergabe sein.

Es wird Zeit, dass Sachsen diesen Spielraum ausnutzt und dem Berliner Beispiel folgt, denn niedrige Löhne sind in Sachsen an der Tagesordnung. Die Verdienste in Sachsen liegen weit unter dem Bundesdurchschnitt, ja sogar unter dem Durchschnitt der ostdeutschen Länder. Nur jedes fünfte Unternehmen in Sachsen ist tarifgebunden. Sachsen ist ein Niedriglohnland. Das muss endlich ein Ende haben.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Niedrige Löhne sind nämlich eine zentrale Ursache für Abwanderung und für die schwache Binnenkonjunktur. Ja, Sie hören richtig: Nicht in niedrigen, sondern in höheren Löhnen sieht die Linksfraktion ein Konzept und ein Rezept für die Zukunft der sächsischen Wirtschaft. Wir wollen höhere Löhne für Sachsen. Deshalb fordern wir im Bund einen Mindestlohn und ein Tariftreuegesetz für Land und Kommunen.

Die öffentliche Vergabe stellt eine zentrale Einflussmöglichkeit für das Lohnniveau auf Landesebene dar. Für das Jahr 2005 weist der Vergabebericht des Freistaates knapp 240 000 Aufträge mit einem Auftragsvolumen von 840 Millionen Euro aus. Darin sind die Vergaben der Kommunen und öffentliche Aufträge oberhalb der EU-Schwellenwerte noch nicht berücksichtigt.

Meine Damen und Herren! Die öffentliche Hand darf Lohndumping nicht unterstützen.

(Beifall der Abg. Andrea Roth, Linksfraktion.PDS)

Der Gesetzentwurf der Linksfraktion schützt Arbeitnehmer und Unternehmer. Das möchte ich ausdrücklich betonen. Wir wollen kein staatlich gefördertes Lohn- und Sozialdumping, sondern guten Lohn für gute Arbeit. Wir

wollen keinen ruinösen Wettbewerb in Sachsen, sondern Rechtsverbindlichkeit für die Unternehmen. Die Unternehmen brauchen ein verbindliches Regelwerk, damit die Konkurrenz im Wettbewerb um das wirtschaftlichste Angebot nicht damit unterboten wird, dass geltendes Tarifrecht umgangen wird. Unternehmen brauchen Rechtssicherheit, sie müssen kostendeckend kalkulieren können.

Wer in Sachsen nach Tarif bezahlt, darf von der öffentlichen Auftragsvergabe nicht bestraft werden. Tariftreuerklärungen müssen deshalb eine verbindliche Voraussetzung für öffentliche Auftragsvergaben sein. Damit diese wirkungsvoll ist, brauchen wir endlich Vergabeprüfstellen in Sachsen. Diese könnten bereits jetzt eingerichtet werden. Sachsen hat von dieser Ermächtigung bedauerlicherweise keinen Gebrauch gemacht.

Es braucht natürlich Sanktionsmöglichkeiten gegen diejenigen, die versuchen, Tarife zu unterlaufen. Diese reichen von Bußgeldern über den Ausschluss von öffentlicher Vergabe bis hin zum Eintrag in ein Register für Unternehmen, die Lohndumping betreiben.

Natürlich braucht es auch einen besseren Vergabebericht, Herr Lehmann. Die Einhaltung der Tariftreue der beauftragten Unternehmen muss im Vergabebericht des Freistaates ausgewiesen werden. Die Linksfraktion nutzt selbstverständlich die Gelegenheit, um auch die anderen dringend notwendigen Verbesserungen zur Qualifizierung der Vergabeberichterstattung weiter durchzusetzen, beispielsweise beim Stichwort der Mittelstandsfreundlichkeit.

Meine Damen und Herren! Ich freue mich, dass Sie, Herr Minister Jurk, Ihre Meinung zur Tariftreue bei der öffentlichen Auftragsvergabe geändert haben.

(Staatsminister Thomas Jurk: Nein, es war immer dieselbe!)

Aber in einer Antwort auf eine meiner Kleinen Anfragen verkündeten Sie noch, Tariftreue sei „kein relevantes Kriterium der öffentlichen Auftragsvergabe“. So entnehme ich jetzt der Presse und Ihren Bemerkungen, dass Sie das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes begrüßen, weil es Unternehmen Rechtssicherheit gibt und weil es die

Beschäftigten schützt. Richtig, Herr Minister! Wir werden Ihnen Gelegenheit geben, Farbe zu bekennen und zu zeigen, wie ernst Sie es mit Ihren Äußerungen meinen.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Meine Damen und Herren! Ich bin daher zuversichtlich, dass unser Gesetzentwurf die Mehrheit in diesem Hohen Hause finden wird. Ich bitte um Überweisung unseres Gesetzentwurfes – federführend – an den Ausschuss für Wirtschaft und Arbeit sowie mitberatend an den Innenausschuss und den Haushalts- und Finanzausschuss.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Meine Damen und Herren! Das Präsidium schlägt Ihnen vor, den soeben durch die Linksfraktion.PDS eingebrachten Gesetzentwurf an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr zu überweisen. Es steht jetzt zusätzlich der Antrag von Ihnen, Frau Lay, an den Innenausschuss und den Haushalts- und Finanzausschuss zu überweisen.

Wir stimmen jetzt ab über die Überweisung an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr – federführend. Wer ist damit einverstanden? – Gibt es Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Ich sehe, das ist einstimmig. Damit ist die Überweisung beschlossen.

Wir stimmen ab über die Überweisung an den Innenausschuss. Das ist der Antrag der Linksfraktion.PDS. Wer möchte die Zustimmung geben? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Bei einigen Stimmen dafür und vielen Stimmenthaltungen ist die Überweisung dennoch beschlossen.

Ich rufe die Überweisung an den Haushalts- und Finanzausschuss auf. Wer möchte die Zustimmung geben? – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich der Stimme? – Ich sehe, das ist eine ganz schlechte Beteiligung an der Abstimmung. Aber ich entscheide, dass es mehr Jastimmen gegeben hat. Damit ist die Überweisung beschlossen.

Meine Damen und Herren! Ich schließe den Tagesordnungspunkt 6 und rufe auf den

Tagesordnungspunkt 7

1. Lesung des Entwurfs Gesetz zur Änderung des Sächsischen Schiedsstellengesetzes

Drucksache 4/6816, Gesetzentwurf der Staatsregierung

Auch hierzu gibt es keine Aussprache. Ich bitte daher die Staatsregierung um Einreichung. Herr Minister Mackenroth, bitte.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Das 1999 erlassene Sächsische Schiedsstellengesetz hat sich bewährt. Das damit eingeführte System der Schlich

tung durch einen einzigen Friedensrichter und die Vergrößerung der Schiedsstellenbezirke haben in Sachsen inzwischen ein weitgehend flächendeckendes Schiedsstellennetz ermöglicht.

Ende 2005 hatten wir 353 Schiedsstellen, die eine wichtige Aufgabe in den Gemeinden wahrnehmen. Sie befrieden zwischenmenschliche Konflikte und sind eine erste Anlaufstelle für die kleinen Nöte und Streitigkeiten der

Bürger. Darin liegt ihre Stärke, wie nicht zuletzt der Zuwachs an sogenannten Tür-und-Angelfällen und die hohen Einigungsquoten zeigen.

Trotzdem ist die Anzahl der Fälle, die zur Schlichtung an die Schiedsstellen herangetragen werden, noch immer viel zu gering. Damit stehen die sächsischen Schiedsstellen aber weder im Bundesvergleich noch im Vergleich mit anderen Schlichtungseinrichtungen allein da. Heute werden Streitigkeiten vorzugsweise vor dem Gericht durchgefochten. Außergerichtliche Schlichtungsangebote bleiben, wie ich finde, völlig zu Unrecht, links liegen. Dennoch haben sich die Justizminister auf ihrer Konferenz im November 2004 für eine weitere Förderung der konsensualen Streitbeilegung ausgesprochen.

Ein Regelungsschwerpunkt des vorgelegten Gesetzentwurfes dient diesem Ziel. In einem neuen Teil 2 des Schiedsstellengesetzes sollen gesetzliche Regelungen über die Anerkennung von Gütestellen im Sinne von § 794 der Zivilprozessordnung geschaffen werden. Nach dieser Vorschrift ist der Vergleich, der vor einer anerkannten Gütestelle abgeschlossen wird, ein Vollstreckungstitel. Der Bundesgesetzgeber nennt keine Kriterien für diese Anerkennung als Gütestelle und bislang wurde deren Anerkennung in Sachsen als Verwaltungsübung vom SMJus vorgenommen. Es sind derzeit neben einer ganzen Reihe von Notaren drei Rechtsanwälte und zwei Schlichtungsstellen der IHK anerkannt. Die Anerkennungsvoraussetzungen und die Gründe für das Erlöschen, den Widerruf sowie die Rücknahme der Anerkennung sollen jetzt förmlich durch dieses neue Gesetz geregelt werden. Das muss durch ein Gesetz erfolgen, weil es sich hier auch um Berufsausübungsregelungen im Sinne des Artikels 12 des Grundgesetzes handelt. Ebenso sind Vorschriften zur Zuständigkeit und zum Verfahren vorgesehen. Künftig soll der Präsident des Oberlandesgerichtes über die Anerkennung sowie über den Widerruf und die Rücknahme der Anerkennung von Gütestellen entscheiden.

Ein weiterer Regelungsschwerpunkt des Gesetzentwurfes betrifft die Anpassung des Schiedsstellengesetzes an zwischenzeitlich geänderte bundesrechtliche Vorschriften. Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar 2000 hat der Bundesgesetzgeber unter anderem das Zustellungsrecht der Zivilprozessordnung und das Kostenrecht reformiert. Die im Schiedsstellengesetz enthaltenen Verweisungen müssen sozusagen dynamisch angepasst werden.

Schließlich trägt der Gesetzentwurf Anregungen aus der Praxis Rechnung. Es wird klargestellt, dass Schlichtungsverfahren in nachbarrechtlichen Streitigkeiten durchgeführt werden und die gemeindlichen Satzungen über die Entschädigung der Friedensrichter eine Aufwandsentschädigung vorsehen können.