An drei Punkten möchte ich Ihnen zeigen, warum das ein böser Irrtum wäre. Gemeinsam hat die Koalition in Sachsen eine kleine Sensation geschafft. Als erstes Bundesland werden wir hier im Sächsischen Landtag einen Haushalt ohne Nettoneuverschuldung beschließen. Natürlich wird auch Bayern einen Haushalt ohne Nettoneuverschuldung haben. Aber die Bayern erreichen es nur durch massive Privatisierungen.
Herr Rohwer, Sie hatten so schöne Zahlen, wie viele Millionen der sächsische Haushalt durch die Mehrwertsteuererhöhung mehr bekommt. Haben Sie auch die Zahl, um wie viele Millionen die sächsische Bevölkerung durch die Mehrwertsteuererhöhung mehr belastet wird?
Die Zahl habe ich jetzt nicht sofort parat, aber die kann man herausbekommen und es wird auch Ihnen gelingen.
Wir werden also einen Haushalt beschließen, der aus eigener Kraft ausgeglichen sein wird, einen Haushalt, der keine Lasten auf die Schultern kommender Generationen lädt, sondern einen Haushalt, der Sachsen fit für sinkende Solidarpaktmittel und demografische Verwerfungen macht. Ich denke, für alle Mitglieder der Koalition sprechen zu dürfen, wenn ich sage, dies ist wegweisend für unseren Freistaat und wir sind stolz darauf.
Meine Damen und Herren! Ich hatte es auch schon angesprochen, aus diesem Haushalt will die FDP eine halbe Milliarde Euro herauslösen. Da frage ich Sie, meine Damen und Herren von der FDP-Fraktion, in welchen Haushaltsstellen wollen Sie das denn machen? Wollen Sie den Straßenausbau streichen und sich mit den wütenden Spediteuren herumschlagen, deren Kraftfahrer im Stau stehen? Wollen Sie den Schulhausbau streichen und mit den Schülern diskutieren, warum Bürogebäude besser in Schuss sind als ihre Schulen? Wollen Sie Ausgaben für den Hochwasserschutz streichen und den verzweifelten Bürgern, die zum wiederholten Male den Schlamm aus ihren Wohnzimmern schaufeln, ein fröhliches „Jetzt schlägt’s 19“ zurufen? Ich spreche hier nicht von irgendwelchen Bürgern, ich spreche von Bürgern aus meinem Wahlkreis. Ich kenne das aus tagtäglichen Gesprächen.
Meine Damen und Herren von der FDP! Ich verstehe den Hintergrund der PR-Kampagne. Ich verstehe, dass Sie sich als Opposition profilieren wollen. Aber ich kann keine Gegenfinanzierung ohne Nettoneuverschuldung erkennen. Eine glaubhafte Gegenfinanzierung wäre doch das Wenigste gewesen. So frage ich Sie: Warum sollten wir im Freistaat einen Ast absägen, auf dem wir sitzen?
Meine Damen und Herren! Ein weiterer Punkt ist wichtig – ich habe es schon angesprochen –, das Thema „Demografie“. Letzte Woche war der Demografiegipfel nicht weit von hier. Die demografische Entwicklung ist ein entscheidender Faktor unserer Überlegungen. So traurig es ist, wir werden immer weniger Sachsen. Da kommen wir nicht umhin, uns dies klarzumachen. Daher verdeutlichen Sie sich bitte folgende Zahlen: Nehmen wir den heutigen Schuldenstand von rund 12,5 Milliarden Euro und beziehen diesen auf die Bevölkerungszahlen dreier Jahre. Wir hatten 1991 rund 4,76 Millionen Einwohner. 2006 sind es rund 4,2 Millionen Einwohner. 2020 werden
wir nur noch rund 3,7 Millionen Sachsen sein. Beziehen wir das auf die Pro-Kopf-Verschuldung, so wären dies im Jahr 1991 rund 2 660 Euro Schulden pro Kopf gewesen. Heute sind es rund 2 900 Euro Schulden. 2020 werden es 3 380 Euro Schulden pro Kopf sein. Praktisch würde das bedeuten, die Leistungsfähigkeit jedes einzelnen Bürgers müsste in 30 Jahren um 78 % gestiegen sein, allein um das Wachstum bei den Schulden aufzufangen. Da wird noch kein Mehrwert, kein Wohlstand geschaffen, sondern da wird nur auf der Stelle getreten. Das ist der Grund, warum wir in der Koalition die Frage der Nettoneuverschuldung so hart verhandelt haben. Das ist der Grund, warum wir die Finanzpolitik so wichtig nehmen. Wir wollen die wachsende Kraft der sächsischen Wirtschaft und der sächsischen Bürger für deren Wohlstand nutzen und nicht für die Lasten der Vergangenheit.
Wie sind unsere Vorstellungen? Wenn in diesem Jahr dank der Konjunkturbelebung die Steuereinnahmen wachsen, wenn im nächsten Jahr die Einnahmen der Mehrwertsteuererhöhung kommen, wenn wir also Geld zur Verfügung haben, dann verfrühstücken wir es nicht, sondern sichern damit die Zukunft. So ist es und das ist richtig. So ist es im Haushalt eingeplant. Wir wollen vorfristig einige Altlasten, beispielsweise Zwischenfinanzierungen von Krankenhausinvestitionen oder aus der Unterstützung des Wohnungsbaus, diese finanziellen Auslastungen abarbeiten. So ist es im Haushalt eingeplant, keine Nettoneuverschuldung zuzulassen. So ist im Haushalt eingeplant, rund 150 Millionen Euro in den Beamtenpensionsfonds einzuzahlen. Wir entlasten damit zukünftige Landeshaushalte von den Beamtenpensionszahlungen, die für die Einstellungsjahre 2000 bis heute anfallen, für Pensionslasten in 30 Jahren. Das ist in die Zukunft gedacht, meine Damen und Herren. Wenn das nicht so wäre, dann wüsste ich nicht, wie man das bezeichnen soll.
Im Übrigen macht das kein anderes Bundesland. Alle Länder haben das Problem erkannt und investieren das Geld, was sie durch die Mehrwertsteuererhöhung mehr bekommen, in die Reduzierung der Neuverschuldung. Baden-Württemberg – wenn ich mich nicht ganz irre, regiert hier die FDP mit – bildet sogar Rücklagen für befürchtete Steuermindereinnahmen.
Wir setzen auf die Abfederung der Pensionslasten. Das tun wir hier im Freistaat Sachsen und so beschreitet jeder seinen Weg, aber niemand wirft das Geld gleich wieder zum Fenster hinaus.
Der Antrag der Profis der FDP-Fraktion ist in unseren Augen die Fortsetzung einer PR-Kampagne ohne Nutzen für den Freistaat. Statt auf Sprüche setzen wir auf die Zukunftssicherung. Wir wollen das in Aussicht gestellte Geld für die Sanierung unseres Haushaltes und die Entlastung für die Zukunft einsetzen. Mit Blick auf die demografische Entwicklung müssen wir es schaffen, die ProKopf-Verschuldung zu bremsen. Dazu ist der heutige FDP-Antrag untauglich.
Ich komme zum Schluss. Wir werden den Profi-Antrag der FDP ablehnen. Wenn Sie etwas für den Freistaat tun wollen, dann tun Sie es ebenso.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Von Konrad Adenauer stammt bekanntermaßen das berühmte Zitat: „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern.“ Das passt gut zum Mehrwertsteuer-Trauerspiel.
Im Wahlmanifest der SPD war zu lesen: „Die Erhöhung der Mehrwertsteuer ist unsozial. Familien sowie kleine und mittlere Einkommen sind besonders betroffen.“
Ministerpräsident Milbradt war im Mai 2005 generell gegen eine Mehrwertsteuererhöhung, weil das schlecht für die Wirtschaft sei.
Im Juli 2005 war er für die Mehrwertsteuererhöhung, weil es gut für die Wirtschaft sei. Die zusätzlichen Einnahmen sollten komplett in den Umbau der Sozialsysteme oder die Senkung der Lohnnebenkosten fließen. Dafür war er sogar bereit, auf den Einnahmenanteil Sachsens zu verzichten.
Vor allem lehnte er es strikt ab, damit die Haushalte zu sanieren. Inzwischen hat die Haushaltssanierung der öffentlichen Hand Vorrang. Kürzungen bei den Kleinen, großzügige Geschenke an die Großen. Bundespolitik seit Jahren unter Rot-Grün wie Schwarz-Rot – alles Einheitspolitik zum Schaden der Mehrheit der Bevölkerung, koste es, was es wolle. Sei es Politikverdrossenheit im nie gekannten Ausmaß und innere Kündigung gegenüber der Demokratie.
Ja, es ist richtig, verehrte Kollegen der FDP, immer wieder den Finger in diese Wunde von nicht eingehaltenen Wahlversprechen zu legen, auch wenn eigentlich alle Fristen vorbei sind, das Gesetz steht und die Steuererhöhung schon neue Begehrlichkeiten von den körperlich gefühlten Milliarden weckt, wie solche „sinnvolle“ Verwendung wie mehr Militär oder deutsches Militär im Ausland.
Im Haushaltsplanentwurf des Freistaates ist die Umsatzsteuer einschließlich der Zuwächse schon eingestellt. Die durch den Widerstand der Berliner Koalition den deutschen Bierliebhabern erlassene Biersteuer ist übrigens eine Zahl deutlich hinter dem Komma in Relation zur Mehrwertsteuererhöhung.
Ihrem Punkt 1 können wir also trotz geringer Aussicht auf Erfolg zustimmen, aus Prinzip. Gebrochene Wahlversprechen müssen bestraft werden.
Die von Ihnen gebetsmühlenartig geforderte Senkung der Lohnnebenkosten scheint ja betriebswirtschaftlich Sinn zu machen, aber volkswirtschaftlich gesehen ist sie aus unserer Sicht eine Katastrophe. Wer eine Senkung der Lohnnebenkosten fordert, verlangt damit natürlich auch radikale Leistungskürzungen im Gesundheitswesen, bei Renten, Arbeitslosengeld und weiteren sozialen Leistungen wie bei Erwerbs- und Berufsunfähigkeit, Hinterbliebenenrenten usw. und fordert damit weniger Geld in den Taschen der Mehrheit der Bevölkerung, der Rentner der Zukunft und der unverschuldet Arbeitslosen der Gegenwart. Das ist aus Sicht meiner Fraktion und Partei gesamtgesellschaftlich gesehen weder sinnvoll noch gerecht, so kann ich auch mit einem leicht abgewandelten Adenauer-Zitat schließen: „Wir leben zwar alle unter demselben Himmel, aber wir haben nicht alle die gleiche Sicht.“
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Zastrow, dieselbe Debatte am selben Ort, wie im Frühjahr. Schön, das wieder einmal zu hören. Wir fahren also am Sonntag mit dem Cabrio in die Waschanlage, um dann zu der rundum geöffneten Videothek zu fahren und uns dann die Mehrwertsteuer erstatten zu lassen. Das ist doch das Thema, das Sie jetzt wieder aufbringen.
Es wäre im Übrigen auch einmal interessant zu eruieren, was das Thema Mehrwertsteuererhöhung, die im Bundestag beschlossen worden ist und die den Bundeshaushalt in erster Linie betrifft, hier im zweiten Debattenaufguss im Landtag zu suchen hat.
Lassen Sie mich einfach auf ein paar Stichworte, auf ein paar Probleme eingehen, die damit verbunden sind. Im Übrigen habe ich mir das sehr gut mit dem Erschleichen von Regierung gemerkt. Ich glaube, es war 1990 auch Ihre Partei, die gesamtdeutsch gesagt hat, die deutsche Einheit ist ohne Steuererhöhung zu machen. Da waren Sie doch fleißig mit dabei? – Stimmt das?
Jetzt einmal zu dem Thema, wie man mit solchen Bereichen umgeht. Ich glaube, wenn man sich einmal die Summen ansieht, die bis heute aufgelaufen sind, da reden wir hier über einen wesentlich kleineren Bereich. Ich möchte einfach einmal auf die Probleme hinweisen.
Dieser Bundeshaushalt hat nach wie vor das Problem, dass wir fast zwei Drittel in die Vergangenheit finanzieren. Wir haben den Bereich Rente mit 80 Milliarden Euro drin, Wir haben das Thema Zinsen mit 70 Milliarden Euro drin, und wir haben das Thema Arbeitslosigkeit praktisch mit über 50 Milliarden Euro.
Wir haben – ich denke, das ist bei der gesamten Volkswirtschaft unumstritten – in diesem Bundeshaushalt ein strukturelles Problem. Wir reden bei dem Thema Mehrwertsteuererhöhung nicht um Schuldenabbau oder Lösung dieses Problems. Wir reden doch letztlich immer nur darüber, dass wir weniger neue Kredite aufnehmen. Das ist immer noch zu viel. Trotzdem ist es in dem jetzigen Haushaltsentwurf gelungen, zumindest diesen Bereich so weit abzusenken, dass er den niedrigsten Wert seit der deutschen Einheit erreicht hat, was übrigens auch international anerkannt wird.
Noch ein Punkt, der mir wichtig ist. Sie reden auch – die Kollegin von der Linksfraktion.PDS hat das angesprochen – in Ihrem Antrag über die Senkung von Lohnnebenkosten. Das ist schon vielfach diskutiert worden. Was Sie machen, ist das Aufkündigen der gleichen Beteiligung von Arbeitgebern und Arbeitnehmern in unserem Sozialsystem