Herr Morlok, es ist mir aber lieber, wie Thomas Pietzsch hier erklärt hat, dass eine große Offenheit da ist und danach die Bedingungen gesehen werden, unter denen wir diese Modelle auch in Sachsen vorangetrieben haben. Aufgrund der dumpfbackigen Kritik von Ihnen, Herr Herbst, bei der ersten Debatte im Januar, als Sie eine Kampagne gefordert hatten, die wir abgelehnt haben,
weil wir, wie Thomas Pietzsch eben klar gesagt hat, in Sachsen bereits vieles für Mitarbeitermodelle getan haben, möchte ich Ihnen heute ins Stammbuch schreiben: Ich persönlich habe ein solches Modell mit aufgebaut und auch eins aktiv unterstützt, welches es heute noch gibt. Wir Linken sind da ganz offen und werden es weiterhin befördern.
Aber es gibt dafür Bedingungen, die wir natürlich voranstellen und von denen wir dann auch nicht ablassen.
Liebe Kollegen, die selbst initiierten Projekte, die heute noch leben – darauf komme ich zurück –, haben natürlich
eines gemeinsam, und daran ist der Streit entbrannt: Diese Mitarbeiterbeteiligung lässt auch immer eine Mitsprache zu. Diese Mitsprache erkenne ich bei Ihnen, der FDP, nicht.
Das Zweite, was damit zusammenhängt, was ich Sie gerade fragte, Herr Morlok: Wie wollen Sie den Investivlohn zahlen? Aus den Gewinnen oder aus dem Barlohn?
Am 8. Dezember hat Herr Bontrup im „VDI“ eine eindeutige Antwort gegeben: Es kann nur Investivlöhne geben, die aus dem Gewinn bezahlt werden. Also wird beibehalten, dass es zusätzlich zum Barlohn auch Erhöhungen geben wird. Es kann keine Vermischung geben.
Ich sage Ihnen offen: Viele haben ihre Arbeitsplätze mit Mitarbeitermodellen in Sachsen gerettet, indem sie 10 000 DM, so war das damals, aus ihren eigenen Kassen genommen haben, um den Banken erst einmal ein Grundkapital zur Verfügung zu stellen, damit sie ihre Arbeit, ihre Arbeitsplätze, ihren Betrieb erhalten und weiterführen können.
Auch der Investivlohn kann die schwache Binnenmarktnachfrage und hohe Arbeitslosigkeit nicht lindern, geschweige denn beseitigen. Hierzu gehört ein staatliches Zukunftsinvestitionsprogramm und ein gesetzlicher Mindestlohn von 8 Euro.
Sehr geehrte Kollegen! Investivlohn und Beteiligung am Produktivvermögen flammen in Deutschland seit den Fünfzigerjahren immer wieder auf und besonders dann – Herr Zastrow, das sei Ihnen auch in Ihre Karte geschrieben –, wenn in der Öffentlichkeit der Unmut über die Kluft zwischen Arbeit und Kapital, also zwischen Arm und Reich – denn einen solchen Zustand haben wir jetzt wieder – wächst! Die öffentliche Meinung drängt damit die Politik auf Veränderungen.
Dann kommen solche Antworten wie Investivlohn. Nun kramt Frau Merkel diesen Vorschlag auch wieder hervor und fordert mehr Eigentum am Unternehmen in Arbeitnehmerhand. Das ist O-Ton. Kann ich da als Linker meine aktive Unterstützung verweigern? Ich sage Ihnen ehrlich: nein.
Anders klingt das schon von Frau Merkel im „Handelsblatt“ vom 18. November 2006. Dort sagt sie: „Den Arbeitnehmern eine neue Teilhabe am Wohlstand geben heißt, Kapitalentwicklung als Teil des Lohnes zu zahlen.“ Bei diesem Ausspruch wird es schon interessant, wohin die Reise gehen soll, weil das sofort die Frage impliziert: Wird der Investivlohn zusätzlich zum Barlohn gezahlt oder abzüglich des Barlohns? Hier trennen sich die Geister.
Ja, liebe Kollegen, jetzt wird die Sache parteiisch und damit ideologisch und dann, liebe Kollegen der FDP, für die Lohnabhängigen unattraktiv und auch nicht annehmbar.
Auf keinen Fall kann der Verzicht auf Barlohn Investivlohn genannt werden, so wie Sie, Herr Morlok, gerade ausdrückten. Der Ökonom Bontrup fordert deshalb am 8. Dezember im „VDI“ – das ist ja eine Zeitschrift, die Sie mindestens lesen werden –, mit dieser Debatte Schluss zu machen und die Gewinnbeteiligung on top als Investivlohn zusätzlich zum Barlohn zu zahlen. In dem Sinne sprechen wir uns im zweiten Beitrag weiter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich beginne damit, dass ich sehr deutlich artikuliere: Investivlohn zu missbrauchen, um Lohnverzicht durchzusetzen, ist mit uns Sozialdemokraten nicht zu machen.
Es ist auch nicht im Sinne des Themas Investivlohn. Sie wissen, in der SPD Sachsen gibt es unterschiedliche Standpunkte zur Mitarbeiterbeteiligung und zum Investivlohn. Das spricht für die Volkspartei SPD. Bei uns kann man auch gegenteiliger Meinung sein, ohne das Gesamtziel, die soziale Marktwirtschaft, aus den Augen zu verlieren.
Wir lehnen Mitarbeiterbeteiligung und Investivlohn als Mitarbeiterbeteiligung auf tarifvertraglicher Basis – nichts anderes ist das – mit Sicherheit nicht kategorisch ab, sehen jedoch Probleme bei der Umsetzung und der Akzeptanz.
Wie führte unlängst der Wirtschaftsweise Prof. Rürup aus? Man müsse das Arbeitsplatzrisiko vom Kapitalrisiko
Gleichzeitig ist nicht gelöst, wie die Mitarbeiterbeteiligung bei Personengesellschaften – das sind immerhin 85 % aller Unternehmen – durchgeführt werden soll. Das sind zentrale Fragen, die innerhalb der nächsten Monate zwischen den Tarifvertragsparteien besprochen werden müssen.
Die Gewerkschaft IG Metall hat zum Beispiel Anforderungen formuliert, die aus ihrer Sicht erfüllt sein müssen, um den Investivlohn für Arbeitnehmer attraktiv zu machen: Steuer- und Sozialabgabenfreiheit, Freiwilligkeit der Anlage, Insolvenzsicherung zum Beispiel durch einen Pensionssicherungsverein, volle Teilhabe am Unternehmenswert bei garantierter Mindestverzinsung, volle Teilhabe an der Gewinnausschüttung und zwingende Beteiligung der Arbeitnehmer bzw. der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat.
Investivlöhne sind grundsätzlich kein Teufelszeug, aber auch kein Königsweg. Eine Lösung, mit der die Arbeitnehmer weniger Lohn ausbezahlt bekämen, dafür aber Anteile am Unternehmen ohne Mitentscheidungsrechte erhielten, die zudem im Falle einer Insolvenz verloren gingen, kann nicht unterstützt werden. Aber gerade für die neuen Bundesländer muss vorab die Einführung eines Mindestlohns gelöst werden.
Wie soll ein Gebäudereiniger in Sachsen mit einem Stundenlohn von 4,12 Euro oder ein Schlosser in Mecklenburg-Vorpommern mit 4,40 Euro eine Mitarbeiterbeteiligung aufbauen? Das ist mir völlig schleierhaft. Gleichzeitig gibt die Ertragslage bei der Mehrzahl der mittelständischen Unternehmen in Sachsen keine Spielräume für Mitarbeiterbeteiligung zusätzlich zum Lohn her. Die Beschäftigten brauchen zuerst die Löhne, mit denen sie leben können.
Bei den großen Kapitalgesellschaften sieht die Lage durchaus anders aus. Diese beteiligen die Beschäftigten durch die Herausgabe von Belegschaftsaktien, wie etwa bei Siemens, bei DaimlerChrysler, BMW oder Procter & Gamble. Bei dem dortigen Lohngefüge lohnt es sich für die Arbeitnehmer, die Aktienprogramme in Anspruch zu nehmen.
Selbstverständlich darf die Mitarbeiterbeteiligung nach unserer Auffassung nicht eine Finanzierungsquelle für Unternehmen in wirtschaftlicher Schieflage sein. Das Hauptargument gegen die Beteiligung an Unternehmen ist, wie ich schon ausführte, dass die Arbeitnehmer zwei Risiken, das Arbeitsplatz- und das Kapitalrisiko, tragen dürfen. Natürlich trägt jeder, der Geld am Kapitalmarkt für sein Alter anlegt, ein gewisses Kapitalrisiko. Als
Beispiel nenne ich Lebensversicherungen. Man erfährt schmerzhaft Jahr für Jahr, wie die Überschussbeteiligungen sinken.
Deshalb muss der Investivlohn freiwillig und gegen das Risiko einer Insolvenz des Unternehmens abgesichert sein. Jenseits aller grundsätzlichen und ideologischen Betrachtungen und Bewertungen bleibt die Frage, inwiefern aus der Sicht eines nüchtern rechnenden Arbeitnehmers solche Modelle überhaupt interessant sind. Um dies einschätzen zu können, müssen vor allem die Kriterien Rendite, Risiko und Liquidität betrachtet werden. Kritisch ist zu sehen, dass die Liquidität, das heißt die Veräußerungsfähigkeit und Handelbarkeit solcher Anteile, gering ist. Gleichzeitig ist auf das erhebliche Risiko solcher Beteiligungen aufgrund der Insolvenzgefahr hinzuweisen. Deswegen müssen die Renditen entsprechend höher ausfallen. Insgesamt ist zu bezweifeln, ob der erzielbare Vorteil eines Investivlohns im Vergleich zu anderen Geldanlagen überhaupt vorhanden bzw. nennenswert ist.
Für einen Wachmann mit einem Bruttoeinkommen von 797 Euro und für einen Kraftfahrer mit einem Bruttoeinkommen von 946 Euro veranstalten wir hier eigentlich eine Geisterdebatte. Der Wachmann und der Kraftfahrer wünschen sich ein Einkommen, mit dem sie ein richtiges Familienleben führen können. Deshalb fordern wir als SPD zuerst die Einführung eines Mindestlohns, und dann können wir über die Einführung und die Rahmendaten eines Investivlohns sprechen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was die CDU auf ihrem Dresdner Parteitag schön garniert den Bürgerinnen und Bürgern präsentierte, entpuppt sich als ein weiterer Kapitalentzug für die Arbeiter und Angestellten hier im Land. Prinzipiell ist die Mitarbeiterbeteiligung eine Grundforderung der NPD,
und wir haben das auch im Programm festgehalten. Beglückwünschen kann ich Sie dazu, den Passus abgeschrieben zu haben. Kritik und Ablehnung äußere ich dazu, was Sie daraus versuchen zu konstruieren.