Da ist es aber kontraproduktiv, wenn die finanzielle Förderung von unverzichtbaren regionalen und überregionalen Initiativen durch den Bund nach wie vor nicht langfristig gesichert ist, und allein durch das anerkennenswerte Landesprogramm werden Gruppierungen wie die Aktion Zivilcourage, das Kulturbüro Sachsen und das Alternative Kultur- und Bildungszentrum in der Sächsischen Schweiz künftig nicht mehr in bisheriger Weise arbeiten können.
Die dauerhafte Unterstützung für notwendige Initiativen vor Ort ist das eine, aber auch die demokratischen Parteien sind gefordert, sich aktiv mit dem Rechtsextremismus
auseinanderzusetzen und dessen Einfluss zurückzudrängen. Da ist es natürlich kontraproduktiv, wenn der CDUBundestagsabgeordnete die Formulierungen verwendet, die heute hier schon mehrfach ausgesprochen wurde. Derartige Äußerungen spielen den Rechten direkt in die Hände. Es war nicht die erste Entgleisung von Herrn Nitzsche.
Ich will es deutlich sagen: Ich halte es für einen Skandal, dass dieser Vorgang innerhalb der CDU monatelang unter der Decke gehalten und erst dann reagiert wurde, als die Sache durch den Rücktritt eines couragierten Ortsvorsitzenden öffentlich wurde.
Meine Damen und Herren! Wer so redet wie Herr Nitzsche, der begibt sich außerhalb des demokratischen Spektrums. Georg Milbradt als CDU-Landesvorsitzender beließ es jedoch bei einer weiteren Verwarnung und scheute den überfälligen Platzverweis. Herr Ministerpräsident, ich frage Sie: Worauf wollen Sie denn eigentlich noch warten, ehe Sie sich von Leuten wie Nitzsche trennen?
Nitzsche ist aus der CDU ausgetreten und das ist auch gut so. Aber wenn es stimmen sollte, dass der CDUGeneralsekretär Kretschmer den Vorfall intern als eher harmlos und noch vertretbar bezeichnet hat, dann ist die Affäre für die Sächsische Union noch längst nicht ausgestanden.
Außerdem gibt es ja nicht nur einen Henry Nitzsche. Ich erinnere mich noch an einen Vorfall kurz vor der Bundestagswahl 2005. Matthias Rößler, der Patriotismusbeauftragte der CDU, hatte zu einer Veranstaltung nach Reinhardtsdorf-Schöna in der Sächsischen Schweiz eingeladen. Geleitet wurde das Treffen durch den CDUBundestagsabgeordneten Klaus Brähmig. Nachdem von anwesenden NPD-Vertretern der historische Kniefall von Willy Brandt in Warschau als Unterwürfigkeit und Verrat an deutschen Interessen kritisiert wurde und behauptet worden war, in Deutschland liefen viel zu viele Politiker mit durchgescheuerten Knien herum, beeilte sich Herr Brähmig zu versichern, seine Knie seien nicht durchgescheuert und würden es auch nicht werden.
Am Ende sangen CDU- und NPD-Vertreter gemeinsam die Nationalhymne. Die Kreis-CDU bagatellisierte den Vorgang und verweigerte mit Blick auf die Bundestagswahl jede kritische Positionierung zu ihrem Direktkandidaten.
In unguter Erinnerung ist auch der Abdruck aller drei Strophen des Deutschlandliedes auf der Einladung der CDU in der Sächsischen Schweiz zur Feierstunde anlässlich des Tages der Deutschen Einheit vor wenigen Wochen. Auf dem Begleittext fand sich kein Verweis auf den Missbrauch des Liedes in der Nazizeit. Wer ohne kritische Distanz „Deutschland, Deutschland über alles“ und „Von der Maas bis an die Memel“ propagiert, macht Rechtsextremismus und Neonazismus hoffähig.
Die CDU als stärkste Partei hier im Landtag und auch in der Regierung muss endlich ihrer Verantwortung bei der Zurückdrängung des Rechtsextremismus gerecht werden. Stimmen fischen im braunen Sumpf ist dabei mit Sicherheit der falsche Weg und gefährdet den Konsens der Demokraten.
Frau Präsidentin! Verehrte Abgeordnete! Ich bin nicht besonders glücklich darüber, wie die Debatte gelaufen ist.
Ich möchte aber wieder zur Sachlichkeit zurückkommen. Es ist nämlich bisher ein Aspekt außen vor geblieben, der relevant ist bei der Bekämpfung von Rechtsextremismus. Die Demokratie wird nämlich nur dann verteidigt werden, wenn sie als verteidigungswert empfunden wird.
Gestern wurde das Ergebnis einer bundesweiten Studie der Initiative Pro-Dialog bekannt. Das Ergebnis zeigt: Mehr als die Hälfte der Bevölkerung ist unzufrieden, wie das politische System der Bundesrepublik in der Praxis funktioniert. Belege dafür sind stetig sinkende Wahlbeteiligung und sinkendes Vertrauen in die Politik. 44 % der Befragten glauben, dass das Hauptmotiv für die Politiker Machterhalt ist. 24 % glauben, dass persönliche Profilierung und möglicherweise gar Bereicherung die Motive sind.
Gerade jetzt, wo die Menschen angesichts der Globalisierung verunsichert sind, angesichts einer Welt, die immer unübersichtlicher und schneller wird, wo die Menschen nach Orientierung suchen und auf die schauen, denen sie durch ihre Wahl wesentlichen Einfluss auf ihr Schicksal eingeräumt haben. Und was sie sehen, gefällt ihnen nicht. Genau da setzen die Rechtsextremisten an; auch an solchen Streitigkeiten, wodurch sich die Demokraten auseinanderdividieren lassen.
Ich schlage vor, dass wir uns langsam an einen gemeinsamen Verhaltenskodex halten, abgesehen davon, dass wir die sogenannten Streitereien etwas ruhiger – Sachdebatten sind immer richtig, aber keine Streitereien und Beschimpfungen – angehen. Wir brauchen einen Verhaltenskodex. Dazu gehört Glaubwürdigkeit. Dazu gehört Transparenz. Dazu gehört Bürgernähe. Dazu gehört die Ehrlichkeit auch in schwierigen Fragen. Dazu müssen wir langsam einmal kommen.
Ich habe keine Redezeit mehr, deshalb mache ich das ganz kurz. Wir brauchen das Grundprinzip: Flagge zeigen auch bei Gegenwind aus der Ecke und Kurs halten, auch wenn die See hoch geht. Dann werden wir im Ansehen bei der Bevölkerung besser werden.
Ich möchte nahtlos an meine vorherigen Worte anknüpfen. Indem Sie von der CDU Henry Nitzsche regelrecht aus der Partei herausgeekelt haben, bieten Sie uns Nationaldemokraten eine offene politische Flanke.
Bereits bei der Landtagswahl 2004 wechselten 40 000 frühere CDU-Wähler zur NPD und ich prophezeie Ihnen – Ihre Weihnachtswünsche über den vermeintlichen Zerfall der NPD-Fraktion jetzt einmal dahingestellt –, dass es 2009 noch mehr sein werden, weil nämlich die CDU auch in Sachsen längst eine Zeitgeistpartei geworden ist, die wertkonservative und heimatbewusste Wähler abgeschrieben hat.
Die Große Koalition in Sachsen wie in Berlin schleift zudem die allerletzten rechtskonservativen Kanten der Union ab, die immer schneller sozialdemokratisiert. Damit Sie sich auch richtig gruseln, will ich die erste Große Koalition 1966 in Erinnerung rufen, die hunderttausende nationalkonservative Wähler von der Fahne der Union gehen ließ und die der NPD bei der Bundestagswahl 1969 immerhin 4,3 % der Stimmen bescherte.
„Arbeit, Familie, Vaterland“ – unter dieser Losung stand der Bundesparteitag der NPD im Herbst 2004 und mit
diesem aussagekräftigen Dreiklang warb auch Henry Nitzsche erfolgreich im Bundestagswahlkampf 2005 für sich.
Auch hier zeigt sich aber, was im Freistaat Sachsen so alles als rechtsextrem gilt. Die Stigmatisierung dieser zentralen Themenfelder „Arbeit, Familie, Vaterland“ wird meine Fraktion aber nicht davon abhalten, die Beschäftigung mit diesen Themen immer und immer wieder einzufordern. Denn ohne Arbeitsplätze sind unsere Regionen zum Sterben verurteilt. Ohne Familien ist das Volk zum Sterben verurteilt. Ohne das Vaterland als sozialen Schutzraum ist jeder Gemeinschaftsgedanke zum Sterben verurteilt.
Einige letzte Bemerkungen zu den GRÜNEN, die hier wieder einmal das Thema Rechtsextremismus debattieren lassen, gleichzeitig aber selbst ein sehr ambivalentes Verhältnis zum Linksextremismus und auch zu seinem gewalttätigen Teil haben.
Als Beispiel sei der Antifa-Neurotiker Lichdi genannt, der im vergangenen Jahr an einer sogenannten Kaffeefahrt ins Erzgebirge teilnahm, in deren Verlauf linksradikale Gewalttäter schwere Straftaten begingen und unter anderem ein nationales Ladengeschäft zumauerten und ein anderes Ladenlokal, einen Fan-Shop der beliebten Heimatmusikgruppe „Die Randfichten“, verwüsteten. So viel zu Ihrem Verhältnis zu ganz normalen Werten. So viel dazu, dass sich Erzgebirgler schon wegen bestimmter Musikgeschmäcker unter Faschismusverdacht gestellt sehen.
Natürlich durfte Herr Lichdi auch nicht fehlen, als im Februar dieses Jahres der Trauermarsch der Jungen Landsmannschaft Ostpreußen anlässlich des Jahrestages der Bombardierung Dresdens durch eine illegale Brückenblockade gestoppt wurde. Auch hier wurde wieder ein elementares Grundrecht
durch einen vermeintlichen Verteidiger der Grundrechte verletzt. Wer so aktiv und aggressiv an der Umwandlung des Rechtsstaates in einen rechtsfreien Linksstaat arbeitet wie die GRÜNEN, – –