Protokoll der Sitzung vom 20.01.2005

(Beifall bei der SPD und den GRÜNEN – Uwe Leichsenring, NPD: Was hat das mit uns zu tun?)

Die NPD-Fraktion. Herr Abg. Petzold.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie werden es nachvollziehen können, dass wir uns über den hier zur Diskussion stehenden Antrag der GRÜNEN sehr freuen. Auch die Partei, die in der Vergangenheit eigentlich immer nur für ihre Multikulti-Phrasen bekannt war, scheint nun, wenn auch spät, endlich auf den Trichter zu kommen,

(Lachen bei den GRÜNEN)

lesen wir doch in ihrem Antrag, meine sehr verehrten Damen und Herren, mit Blick auf das STUBE-Programm des Freistaates Sachsen – ich darf zitieren –: „Das

STUBE-Programm fördert nicht nur die Rückkehr des Absolventen in seine Heimat, es verstärkt auch die wirtschaftlichen Kontakte zwischen Sachsen und dem betreffenden Herkunftsland.“

Weiter heißt es in dem Antrag: „Das STUBE-Programm hat das Ziel, die Absolventen besser auf die beruflichen Anforderungen im Herkunftsland vorzubereiten.“ Nichts anderes fordert die NPD schon seit Jahren, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Oh, Gott!)

Selbstverständlich sind wir dafür, ausländische Studierende in Deutschland zu fördern, wo immer dies im Bereich unserer Möglichkeiten liegt.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Beim Sport – wenn sie davonrennen müssen!)

Selbstverständlich sind auch wir zutiefst davon überzeugt und haben auch nie ein Hehl daraus gemacht, dass eine ernst zu nehmende Entwicklungspolitik nur in den Heimatländern der Ausländer stattfinden kann. Selbstverständlich waren und sind auch wir der Auffassung, dass jeder Euro, der in die Entwicklungshilfe gesteckt wird, den Menschen in Afrika, Asien und Lateinamerika zugute kommen muss und nicht für abwegige Multi-Kulti-Projekte hierzulande zum Fenster hinausgeworfen werden darf.

Im Übrigen wird auch Ihnen, meine sehr geehrten Damen, besonders von der PDS, vermutlich noch gut in Erinnerung sein, dass gerade im Bereich des auswärtigen Kulturaustausches und der Entwicklungspolitik Hervorragendes geleistet worden ist. Wenn überhaupt irgendwann und irgendwo Ernst gemacht worden ist mit dem Vorhaben, den Entwicklungsländern Hilfe zur Selbsthilfe zu leisten, dann doch in der DDR. Wir sehen erst heute in der Rückschau, dass diese Politik einen zutiefst nationalen Ansatz hatte. Denn all die Gaststudierenden aus Angola, aus Vietnam und vielen anderen sozialistischen Ländern wurden ausgebildet und gefördert für eine berufliche Zukunft in ihren Heimatländern, nicht hier bei uns.

(Beifall bei der NPD)

Es ist schon bezeichnend, ja entlarvend, dass mit dieser Tradition der DDR-Entwicklungspolitik nach der Wende bald und gründlich gebrochen wurde. Das ist auch deshalb so entlarvend, weil sich die Damen und Herren von den GRÜNEN hier hinstellen, über die Rückkehrforderungen von Ausländern debattieren und damit eine echte NPD-Forderung aufgreifen. Draußen in der bundesdeutschen Wirklichkeit treiben sie doch eine ganz andere Politik.

(Prof. Dr. Peter Porsch, PDS: Sie auch!)

Da kann es Ihnen gar nicht multikulturell genug sein. Da betreiben Sie ein Deutschland ohne Grenzen, eine unkontrollierte Zuwanderung, wo immer es möglich ist. Das ist ein Hohn, meine sehr verehrten Damen und Herren!

Kurz und gut, der hier zur Diskussion stehende Antrag ist eine gute Sache,

(Antje Hermenau, GRÜNE: Um Gottes willen!)

der die Unterstützung der NPD-Fraktion dann finden wird, wenn die so genannten demokratischen Parteien endlich in allen Lebensbereichen eine konsequente Politik der Ausländerrückführung umsetzen werden.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der NPD)

Die FDP-Fraktion. Herr Abg. Dr. Schmalfuß, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Hermenau! Ich möchte zunächst auf meinen Vorredner, Herrn Petzold von der NPD-Fraktion, eingehen. Es ist glattweg gelogen, dass die NPD die Ausbildung von ausländischen Studenten zur Leitlinie ihrer Politik macht!

(Beifall bei der FDP, der PDS, der SPD und den GRÜNEN – Holger Apfel, NPD: Wie kommen Sie darauf? – Uwe Leichsenring, NPD: Wo haben wir das jemals gesagt?)

Grundsätzlich stimmen wir als freie Demokraten dafür, dass es eine der Aufgaben des Freistaates Sachsen ist, die Entwicklungszusammenarbeit zu fördern. Zum Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN möchte ich jedoch anmerken, dass ich mir gewünscht hätte, dass dieser Antrag, Frau Hermenau, eine bessere Detaillierung erfahren hätte.

Zu Punkt 1: „Die Förderung der Entwicklungshilfe verläuft im Rahmen der Richtlinie für interregionale Zusammenarbeit vom 3. Dezember 2001“. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie, wenn dort ein Änderungswunsch Ihrerseits besteht, konkret angegeben hätten, welche Themengebiete zukünftig stärker oder wieder gefördert werden sollen. Darüber hinaus ist Ihrem Antrag nicht zu entnehmen, wie die Richtlinie zukünftig angepasst werden soll.

Insofern kann die FDP-Fraktion dem ersten Teil Ihres Antrages nicht zustimmen.

Zum STUBE-Programm sieht es etwas anders aus. Wir finden es sehr gut, möchten aber aus dem Grund nicht dafür stimmen, dass wir über die Mittelzuweisung in der Haushaltsdiskussion beraten wollen.

Wir hatten Rücksprache mit Frau Müller, der Geschäftsführerin des Ökumenischen Informationszentrums Dresden, genommen. Sie bestätigt, dass die Gelder nicht für Personalkosten ausgegeben, sondern dort echte Projekte abgewickelt werden. Das finden wir sehr gut. Aus dem Zuschuss, der beantragt worden ist, werden keine Personalkosten, sondern nur Programm- und Sachkosten finanziert.

(Der Abg. Uwe Leichsenring, NPD, tritt ans Mikrofon.)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, jetzt nicht. Ich zitiere aus dem Brief von Frau Müller: „Wir benötigen pro Jahr einen Zuschuss in Höhe von 21 000 bzw. 25 000 Euro, die Höhe der Überbrückungszahlung durch das Katholische Hilfswerk Misereor, durch Finanzmittel des Landes Sachsen. Gleichzeitig werden die Mittel in Höhe von rund 65 000 Euro durch das Ökumenische Informationszentrum Dresden von anderen Geldgebern eingeworben.“

Ich finde so einen Ansatz sehr gut, da man sieht, dass man sich hier bemüht, nicht nur Mittel des Staates zu nutzen, sondern eine Kofinanzierung einzuwerben, die zirka 75 % der Gesamtkosten abdeckt.

Insofern wird die Fraktion dem Antrag nicht zustimmen. Wir haben aber gesagt, dass wir darüber in der Haushaltsdiskussion sprechen wollen. Dem zweiten Teil stimmen wir selbstverständlich zu.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der FDP)

Wer möchte von den Fraktionen noch einmal das Wort nehmen? – Herr Prof. Porsch, bitte.

Herr Petzold, ich war sehr intensiv an der Ausbildung von Ausländerinnen und Ausländern in der DDR beteiligt, insbesondere an der Sprachausbildung. Das war tatsächlich in sehr wesentlichen Punkten eine Ausbildung als Hilfe zur Selbsthilfe. Es war eine Ausbildung, die darauf bezogen war, dass diese Menschen in ihren Heimatländern die Entwicklung vorantreiben können. Es war aber auch nicht ganz so rosig und idyllisch, wie Sie es darstellen. Es war auch eine Ausbildung, in der immer wieder Kontakte zur einheimischen Bevölkerung eingeschränkt und argwöhnisch beäugt wurden. Wenn im Rahmen dieser Ausbildung ganz normale zwischenmenschliche Beziehungen zwischen Mann und Frau entstanden und diese Beziehungen intensiver wurden und zur Ehe drängten, wurde versucht, das zu verhindern. Das wurde sehr schwierig gemacht. Da brauchen wir nicht nur Lob über die DDR auszuschütten. Vielleicht wundern Sie sich, dass Sie das von mir hören, aber ich habe da zu viel erlebt.

Aber eines muss ich Ihnen sagen – und das haben Sie vergessen: Etwas gab es in dieser Menge und Intensität nicht, es gab es im Grunde bis auf normale Geplänkel überhaupt nicht: Es gab es nicht, dass ausländische Studenten durch die Stadt gejagt wurden. Es gab es nicht, dass ausländische Studenten aus Straßenbahnen geschmissen wurden und zu Tode kamen. Es gab es nicht, dass ausländische Studenten durch Fenster geschmissen wurden und dabei zu Tode kamen. Dass es das aber heute gibt, ist Ihrer Ideologie geschuldet, Ihrer Auffassung von Nation und Nationalität und Ihrer Auffassung von dem, was Volk und Raum ist.

(Beifall bei der PDS, der SPD, der FDP und den GRÜNEN)

Wird von den Fraktionen noch einmal das Wort gewünscht? – Herr Abg. Leichsenring, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da man mir die Möglichkeit zu einer Zwischenfrage nicht gegeben hat, möchte ich jetzt eine Klarstellung machen. Sie werden sowohl in Schriften von uns als auch in unseren Aussagen nirgendwo finden, dass wir etwas gegen Austauschschüler haben, dass wir etwas gegen Studenten haben, die sich hier befinden. Wir haben nur etwas gegen Einreisende, die vergessen, eine Rückfahrkarte zu kaufen. Dagegen haben wir weiß Gott etwas.

(Beifall bei der NPD)

Wird weiter das Wort von den Fraktionen gewünscht? – Das ist nicht der Fall. Dann frage ich die Staatsregierung. – Herr Staatsminister Winkler, bitte.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordneten! Sowohl in der Begründung im Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN als auch in den Worten meines Kollegen Marko Schiemann kam zum Ausdruck, dass dieser Antrag auch etwas mit der Flutkatastrophe in Südostasien zu tun hat bzw. dass wir jetzt gerade erleben, wie dort Entwicklungshilfe nach einem sehr schweren Vorfall betrieben wird. Ich glaube, es ist uns allen klar und ich möchte es auch noch einmal betonen, dass angesichts der verheerenden Flutkatastrophe in Südostasien und angesichts der vielen Toten – über 220 000 sind es zum heutigen Zeitpunkt – die Sächsische Staatsregierung und wir alle es als Verpflichtung erachten, dort schnelle, unbürokratische Hilfe zu leisten und alle Möglichkeiten zu prüfen, wie wir Hilfsaktivitäten bündeln können, um die Not zu lindern.

(Beifall des Abg. Marko Schiemann, CDU)

Gerade wir in Sachsen wissen, wie wichtig schnelle, unbürokratische Hilfe ist. Lassen Sie mich einen Vergleich wagen. Es gibt nach der Flut des Jahres 2002 in Sachsen inzwischen viele Firmenpartnerschaften, Städtepartnerschaften innerhalb Europas, innerhalb Deutschlands, die damals den in Sachsen betroffenen Gebieten geholfen haben und die heute noch zusammenarbeiten. Dankenswerterweise gab es auch gerade in den letzten Wochen viele sächsische Firmen, Verbände oder auch Einzelpersonen, die bereits Kontakte unterschiedlichster Art in die Krisenregionen haben, die darauf aufbauen wollen, anknüpfen möchten und jetzt Hilfe leisten. Vielleicht können wir sogar diese Möglichkeiten, nachdem die Schäden im Gröbsten behoben sind, weiter nutzen. Das ist auch eine Möglichkeit, Entwicklungshilfe zu leisten, ohne dass wir dafür spezielle Förderprogramme und Fördermöglichkeiten schaffen. Nur müssen wir es jetzt bündeln, wir müssen es alle gemeinsam wirklich wollen, damit das sehr nachhaltig ist. Es ist auch eine Chance, die aus dieser Krise erwächst. Wir können hier als Freistaat Sachsen besonders aktiv werden.

Ich möchte Ihnen sagen, dass wir im Zusammenhang mit der Flut auch im Kabinett gehandelt haben. Wir haben am 11. Januar einen Kabinettsbeschluss gefasst, dass zur Umsetzung der sächsischen Unterstützungsleistungen sofort ein Beirat „Seebebenhilfe“ eingerichtet wird. Dem Beirat gehören an: Vertreter der Staatsregierung, Vertreter der kommunalen Spitzenverbände, Vertreter der großen sächsischen Landesverbände, die auch international tätig sind, zum Beispiel Caritas, die Diakonie oder das Rote Kreuz; es sind aber auch Vertreter der Industrie- und Handelskammern dabei.

Dieser Beirat hat jetzt die Aufgabe zu bündeln, zu koordinieren. Ich will aber auch sagen, dass sich der Beirat außerdem – das ist auch in unser aller Interesse – um die Angehörigen der sächsischen Flutopfer in Südostasien kümmert und dort Hilfsangebote unterbreitet. Bezüglich konkreter Projekte wird sich der Beirat jetzt in Abstimmungsgespräche mit der Bundesregierung begeben und prüfen, ob und in welcher Form sich der Freistaat Sachsen an den konzeptionellen Vorstellungen des Bundes beteiligen wird. Zugleich prüft die Sächsische Staatsregierung, mit welchem finanziellen Beitrag sich das Land am Wiederaufbau beteiligt. Diese Maßnahmen sind nach dem Verständnis der Staatsregierung auch ganz im Sinne der im Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN zitierten Worte aus der Neujahrsansprache des Ministerpräsidenten.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Entwicklungshilfe und die Entwicklungszusammenarbeit gehören zu den originären Aufgaben des Bundes, jedoch besteht im Rahmen eines Bund-Länder-Ausschusses eine enge Zusammenarbeit und Koordinierung mit den Ländern. Die Länder setzen dabei bezüglich der internationalen und interregionalen Zusammenarbeit unterschiedliche Prioritäten. Der Freistaat Sachsen hat im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit und der Entwicklungshilfe in den vergangenen Jahren vor allem den Einsatz von Fachkräften in den Entwicklungsländern und Studenten aus diesen Ländern durch Vergabe von Stipendien gefördert.