Zu einem dritten Problem: der möglichen Abwälzung der Kosten für die Auswahlverfahren auf die Bewerberinnen und Bewerber. Das war auch ein Ergebnis der Anhörung im Ausschuss und uns war es damals wichtig, die Gebührenfreiheit im Gesetz festzulegen. Jetzt wird vielleicht der eine oder andere fragen, was die Gebühren mit diesem Hochschulzulassungsgesetz zu tun haben. Da wurden Beispiele anderer Länder genannt, zum Beispiel die USA, in denen die Bewerbungsgebühren inzwischen auf die Studierenden umgelegt werden, und zwar manchmal in einer Höhe von bis zu 1 000 Dollar pro Bewerbungsgespräch. Das ist auch kein Wunder, denn der Verwaltungsaufwand ist sehr hoch. In Deutschland – so wurde damals gesagt – könne man mit etwa 50 Euro pro Bewerbung rechnen.
Auch in der Anhörung klagten die Hochschulen, dass ihnen die finanziellen Mittel für diese Umsetzung fehlen würden. Es würden auch keine zusätzlichen Mittel zur Verfügung gestellt, wurde gesagt, und so könnten die Hochschulen sehr schnell auf den Gedanken kommen, die Kosten für diese Auswahlgespräche oder Verfahren zukünftig auf Studierende umzuverlagern. Das hätte auch Auswirkungen auf das Bewerbungsverhalten der Studierenden. Zu den Bewerbungsgebühren kämen zusätzlich Fahrtkosten hinzu. Das heißt, bei Mehrfachbewerbungen könnte ein Student locker auf 1 000 Euro kommen. Für Sie scheint es ein kleiner Betrag zu sein, für andere sind es drei Monatseinkünfte. Wir hatten damals mit unserem Antrag die Kostenfreiheit beantragt. Leider wurde auch das nicht angenommen. Im Gegenteil, Herr Wöller, Sie hatten damals die Hochschulen geradezu ermuntert, diese Beträge auf die Studierenden umzuverlagern.
Im Staatsvertrag finden sich nun diese Probleme wieder. Ich will nur ein Beispiel nennen. Nehmen wir eine Hochschule in Sachsen, vielleicht eine Hochschule, die Elitehochschule werden will. Nun kann sie mit dem neuen Staatsvertrag bei den zulassungsbeschränkten Studiengängen bei der ZVS Auswahlverfahren in Auftrag geben. Kurzfristig ist das tatsächlich im Interesse der Hochschulen. Sie hätten keinen zusätzlichen Arbeitsaufwand. Dieser hat bisher die Hochschulen davon abgehalten, diese aufwendigen Auswahlverfahren tatsächlich umzusetzen, zumindest in Größenordnungen. Das Problem hätten sie nicht mehr, die ZVS würde das für die Hochschulen übernehmen. Es würde mehr Geld kosten. Dieses Geld können die Hochschulen nun laut unserem Gesetz tatsächlich umverlagern, nämlich auf die Studierenden.
Damit – das ist ganz klar – werden sich um solche Studienplätze nur noch finanzkräftige Studierende bewerben können. Wir finden, dass der Gesellschaft damit sehr viel
verloren geht. Die Linksfraktion spricht sich für Hochschulen aus, die sich der Gesellschaft in ihrer Gesamtheit öffnen.
Statt Bestandswahrung möchten wir Studierende mit ganz unterschiedlichen Hintergründen, mit ganz unterschiedlichen Interessenlagen und Bedürfnissen an die Hochschulen holen. Wir denken, dass Ziel jeglicher Änderung in Bildungsgesetzen nur sein kann, der Mehrfachselektion im deutschen Bildungssystem von der Kita bis zur Hochschule endlich ein Ende zu machen, und müssen sagen, dass dieses Gesetz zum Staatsvertrag dem auf keinen Fall dient.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Sicherlich kann man es heute relativ kurz machen, das Gesetz hier zu besprechen, da wir im März 2005 dieses Thema schon einmal aufgewärmt und auch im Ausschuss die Bedenken, die gerade Frau Werner wieder geäußert hat, zu zerstreuen versucht haben.
Prinzipiell – das wurde schon von meinen Vorrednern gesagt – geht es heute um die Zustimmung zum Staatsvertrag über die Vergabe von Studienplätzen. Ich meine, dass dieser Staatsvertrag sinnvoll und richtig ist. Wir als Land haben ja darauf auch schon reagiert. Mit dem Staatsvertrag erfolgt die Umsetzung der Vorgaben des im Moment noch gültigen Siebten Hochschulrahmengesetzes. Wir wissen, dass sich darin die Quoten geändert haben, mit denen die Studienplätze vergeben werden. Die zentrale Vermittlungsstelle vergibt 20 % der Studienplätze nach dem Grad der Qualifikation – also der AbiturDurchschnittsnote – und 20 % nach der Wartezeit, und die Hochschulen haben jetzt die Möglichkeit, 60 % ihrer Studenten selbst auszuwählen. Das ist erst einmal ein sinnvoller Tatbestand. Die Hochschulen müssen nun lernen, damit umzugehen.
Da wir dies, wie ich es gerade gesagt habe, im März 2005 erst im Landesrecht untersetzt haben – die Kriterien hat Herr Dr. Wöller gerade genannt –, ist es zu früh, darüber zu urteilen, wie sich diese Kriterien an den Hochschulen jetzt darstellen. Was ist sinnvoll, was ist nicht sinnvoll? Wir haben uns ganz klar gegen die finanzielle Belastung der Studierenden ausgesprochen. Das hat auch unsere Ministerin in der letzten Ausschusssitzung deutlich hervorgehoben. Wir werden also sehen, wie sich die Kriterien in den nächsten Jahren auswirken. Selbstverständlich muss man dann eine entsprechende Evaluierung vornehmen.
Ziel des Ganzen ist die Senkung der Studienabbrecherquote. Das ist richtig, Frau Werner. Immerhin haben wir
in Sachsen eine Studienabbrecherquote von über 40 % und darüber kann man nicht einfach hinweggehen. Es müssen sicherlich Maßnahmen gebündelt werden, und zwar die Studienberatung, die Sie angesprochen haben, mit der Möglichkeit, dass die Hochschulen die geeigneten Studenten auswählen. Die Verantwortung dafür, welcher Student wirklich geeignet ist, die jeweilige Fachrichtung zu studieren, würde ich schon gern den Hochschulen überlassen.
Wir kennen das am Beispiel der Medizin, wo es nicht nur darum geht, eine Abiturnote eins zu haben, sondern auch um viele andere Kompetenzen. Wir wissen, dass 50 % der Studierenden im Endeffekt nicht den Beruf ausüben, für den sie eigentlich studiert haben, nämlich nicht in ein Krankenhaus gehen oder eine eigene Praxis aufmachen. Das stellt uns hier in Sachsen auch wieder vor Probleme, denn uns fehlt der Medizinernachwuchs. Wir wissen alle, wie teuer solch ein Studium ist. Wenn dann, wie gesagt, 50 % derer, die das studieren, diesen Beruf nicht ergreifen, ist das bedenklich und wir müssen uns darüber Gedanken machen. Ob das Gesetz allein die Lösung dazu ist, bezweifle ich auch, aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung.
Es geht auch um Folgendes: Wenn ich die geeigneten, die motivierten Studenten ausgewählt habe, dann verbessere ich dadurch auch die Qualität des Ausbildungsprozesses. Das ist für mich eine logische Schlussfolgerung.
Das dritte Ziel wurde von Herrn Wöller genannt. Es ist eine Begünstigung der Profilbildung der Hochschulen. Ich denke, wir haben sowieso vor, gerade zukünftig das Augenmerk darauf zu legen, dass die Hochschulen ihr Profil klarer ausbilden. Dazu sind entsprechend motivierte Studenten notwendig.
Sie haben auch geäußert, dass die Hochschulen frei entscheiden könnten, wenn sie die Zulassungszahlen jetzt, wie es in diesem Gesetz geregelt ist, reduzieren. Gerade das ist zukünftig die Aufgabe der Zentralstelle für die Vergabe der Studienplätze, dass sie nämlich Kriterien und Maßstäbe für diese Zulassungszahlen festlegt. Die Hochschulen müssen die jährliche Aufnahmekapazität an die entsprechenden zuständigen Landesbehörden melden und ihre Kapazitätsberechnungen in einem Bericht vorlegen. Da wird es, denke ich, schwierig für die Hochschulen, frei zu entscheiden, ob sie heute mal zehn Studenten mehr und morgen mal zehn weniger immatrikulieren. Diese freie Entscheidung sehe ich so nicht. Ich denke gerade, dass dem entgegengewirkt wird und dass die Zentralstelle für die Vergabe der Studienplätze nun als neue Aufgabe hat, diesen Prozess zu beobachten.
Vor der Festsetzung von Zulassungszahlen müssen die Universitäten, wie gesagt, auf der Grundlage des Lehrangebots und des Ausbildungsaufwands klar sagen, wie viele Studienplätze sie zur Verfügung stellen. Das Neue ist jetzt, dass Maßnahmen zum Ausgleich zusätzlicher
Es ist ganz klar, dass wir diesem Staatsvertrag zustimmen werden, und es ist, wie ich schon gesagt habe, ein Schritt in die richtige Richtung.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Dass die NPD-Fraktion dem, was den deutschen Hochschulen und vor allem den Studierenden derzeit unter dem Titel „Hochschulreform“ zugemutet wird, sehr skeptisch gegenübersteht, darf als bekannt vorausgesetzt werden. Es ist deshalb an dieser Stelle auch nicht zielführend, unsere Grundsatzkritik hier und jetzt nochmals durchzudeklinieren. Da der vorliegende Gesetzentwurf ohnehin nur der Umsetzung des neuen Hochschulrahmengesetzes dient, will ich mich auch angesichts der nur noch begrenzten Redezeit unserer Fraktion auf das Wesentliche beschränken.
Das Wesentliche für uns als NPD-Fraktion ist auch hier die zunehmende Ökonomisierung und Zurichtung der Hochschulen auf die Bedürfnisse einer globalisierten Wirtschaft, die wir für kurzschlüssig und für falsch halten. Ebenso halten wir es für den falschen Ansatz, Studierende, denen das Studium Möglichkeiten und Fertigkeiten zur Umsetzung ihres beruflichen Lebensentwurfs an die Hand geben sollte, einseitig zu „Kunden“ umzudeuten, die ihr Studium zukünftig als Dienstleistung betrachten sollen, eine Dienstleistung, die es natürlich auch nicht mehr umsonst geben soll. Stichwort Studiengebühren. Genau dies kann man ohne allzu viel interpretatorische Raffinesse auch aus dem vorliegenden Gesetzentwurf herauslesen.
Die Zentralstelle für die Vergabe von Studienplätzen war bisher eine Institution, die ihre Leistungen im Rahmen des allgemeinen Hochschulbetriebes kostenlos zur Verfügung stellte, ebenso wie ein Studium überhaupt bis vor Kurzem frei von Studiengebühren war, weil es ein unausgesprochener Konsens war, dass für den Unterhalt der Hochschulen und das Studienangebot Staat und Allgemeinheit mit Steuergeldern aufzukommen haben.
Nun liest man unter dem Punkt „Kosten“ des hier zur Diskussion stehenden Gesetzentwurfes: „Die Finanzministerkonferenz empfiehlt, dass die ZVS ihre Serviceleistungen zukünftig den Hochschulen direkt anbietet und sich die Kosten dafür von den Hochschulen erstatten lässt.“
Hier klingt schon ziemlich deutlich – auch in der üblichen betriebswirtschaftlichen Terminologie – die von uns kritisierte „Verbetriebswirtschaftlichung“ der Hochschulen an. Solches lehnen wir ab und wir werden es auch in Zukunft ablehnen, solange in diesem Haus über die
Reform der Hochschullandschaft, für die es an sich gute Gründe gibt, in der bisherigen Weise diskutiert wird.
Wir wollen weder die flächendeckende Privatisierung der Hochschulen im Großen noch die Umstellung auf marktliberales Wirtschaften im Kleinen, in diesem Fall bei der ZVS. Denn die Folge wird sein, dass die Hochschulen die von der ZVS berechnete Leistung ungefiltert an die Studierenden durchreichen und so noch ein weiteres Scheinargument mehr an die Hand bekommen, warum Studiengebühren angeblich notwendig sind.
Andere Aspekte der Hochschulreform habe ich bei vorherigen Debatten schon einer grundsätzlichen Kritik unterzogen und spare mir das hier.
Die NPD-Fraktion lehnt den vorliegenden Gesetzentwurf ab, weil er einer weiter gehenden Durchökonomisierung der Hochschulen und einer sozialen Entpflichtung des Studiums Vorschub leistet.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die FDPFraktion hält den vorliegenden Staatsvertrag für nicht mehr zeitgemäß und wenig zukunftsorientiert.
Er hält weiter an dem Bild eines einheitlichen Hochschulwesens mit einheitlichen Studiengängen fest. Unser Hochschulsystem ist aber schon seit Jahren stärker auf Profilbildung und Wettbewerb ausgerichtet. Demgemäß werden den deutschen Hochschulen größere Handlungsspielräume eingeräumt, Globalhaushalte eingeführt und sowohl Studien- als auch Personal- und Organisationsentscheidungen weitgehend auf die Hochschulen übertragen.
Das lässt sich leider immer noch nicht eins zu eins für das sächsische Hochschulsystem sagen. Aber die Staatsregierung hat uns ein neues Hochschulgesetz versprochen. Wenn sich die Koalitionäre erst einmal auf die Kernpunkte geeinigt haben, hoffe ich, dass dann auch den sächsischen Hochschulen mehr Eigenverantwortung übertragen wird und sie damit im bundesweiten Vergleich ihre Wettbewerbsfähigkeit ausbauen können.
In Anbetracht dieser zunehmenden Wettbewerbsorientierung ist jedoch die Vergabe von Studienplätzen durch eine zentrale Stelle überholt. Die Zeiten, in denen eine staatliche Behörde die Studenten quer durch das Land schickt, sind eindeutig vorbei.
Die FDP-Fraktion spricht sich deshalb für eine vollständige Neuordnung der Hochschulzulassung aus. Die Studenten sollen sich ihren Studienort selbst aussuchen. Sie sollen die Hochschule wählen können, die ihnen am meisten zusagt und an der das Studienangebot am besten zu ihren Neigungen und Talenten passt.
Gleichfalls, meine sehr verehrten Damen und Herren, sollen die Hochschulen ihre Studenten selbst auswählen. Sie sollen sich für die Studenten entscheiden können, die den Anforderungen ihrer Studienangebote am besten entsprechen.
Das, meine Damen und Herren, ist allerdings mit dem vorliegenden Staatsvertrag nur eingeschränkt möglich. Zwar wird die Quote der Studienplätze, die zentral durch die ZVS vergeben wird, gesenkt, es werden aber immer noch Scharen von Studienanfängern quer durch das Land geschickt. Kurz gesagt: Mit diesem Staatsvertrag wird an der ZVS als dem zentralen Verschiebebahnhof für Studenten festgehalten. Deshalb wird die FDP-Fraktion dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht zustimmen.
In diesem Zusammenhang, meine Damen und Herren Abgeordneten von der CDU, erlaube ich mir, Sie auf Ihr Wahlprogramm von 2004 hinzuweisen. Dort haben Sie in dieser Sache eine eindeutige Botschaft an den Wähler formuliert. Ich zitiere: „Der Staatsvertrag über die zentrale Vergabe der Studienplätze läuft im Jahr 2006 aus. Die Sächsische Union will ihn auf keinen Fall verlängern.“ Zitatende; aus dem Wahlprogramm der CDU, Seite 17.
Meine Damen und Herren von der CDU, die FDPFraktion stimmt Ihnen in diesem Punkt voll und ganz zu und mit Ihnen überein. Wir hoffen, dass Sie entsprechend Ihrem Wahlbekenntnis aus dem Jahre 2004 heute abstimmen werden.