Liebe Frau Herrmann, ich entschuldige mich dafür, dass wir in der Haushaltsdebatte im Sächsischen Landtag zu diesem einen Punkt wohl keinen Änderungsantrag eingebracht haben. Ich weiß auch nicht, ob das etwas gebracht hätte, außer, dass Sie es heute nicht hätten erwähnen können. Ich kann mich nicht erinnern, dass auch nur ein Vorschlag von uns in den sächsischen Doppelhaushalt Eingang gefunden hätte.
Ich weiß nicht, ob es der übrigen Opposition gelungen ist. Das machen die Regierungsparteien traditionell doch eher unter sich aus.
Aber dort, wo die FDP auch nur ein kleines bisschen Einfluss hat, stellt sie die Weichen für mehr Kinderfreundlichkeit. Ich habe das Beispiel vorhin genannt. Liebe Frau Herrmann, Sie können mir sicher gleich beantworten, wie Sie darauf reagiert haben. Wir haben in Dresden Verantwortung übernommen und gemeinsam mit CDU und PDS mehr Mittel für die Kinderbetreuung eingestellt. Diese Mittel – Sie haben richtig gesagt, dass es bezahlt werden muss – kamen aus dem sehr mutigen Verkauf der Wohnungsgesellschaft, in dessen Ergebnis wir die Stadt Dresden entschuldet haben. Daran hat die FDP eine große Aktie. Wenn ich mich recht erinnere, waren es vor allem die GRÜNEN – wie immer! –, aber auch die SPD, die all unsere Vorschläge abgelehnt hatten. Damit haben Sie keinen Beitrag dazu geleistet, die Stadt Dresden kinderfreundlicher zu machen.
Frau Nicolaus, Lesen hilft manchmal; Zuhören auch. Sie haben gesagt, ich hätte die Politik in diesem Bereich madig gemacht. Habe ich das gemacht? Nein. Das hatten Sie vielleicht in Ihrem Manuskript stehen; gesagt habe ich so etwas nicht. Im Gegenteil, ich habe gesagt: Sachsen ist spitze. Wir stehen ganz vorn. – Das waren meine Worte. Es geht um ein paar Details, an denen wir Korrekturen vornehmen wollen. Niemals – schon deshalb nicht, weil
ich die Politik an dieser Stelle für sehr vernünftig halte – würde ich die gesamte Politik in diesem Bereich in irgendeiner Weise madig machen. Das habe ich nicht getan, Frau Nicolaus.
Herr Kollege Zastrow, ist Ihnen Folgendes bewusst: Wenn wir den Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz in das Gesetz aufnehmen – das ist langfristig vielleicht ganz interessant –, verlangen die Kommunen einen sogenannten Mehrbelastungsausgleich. Deshalb sind auch der Sächsische Städte- und Gemeindetag und der Sächsische Landkreistag dagegen. Die Kommunen allein können die Mittel nämlich nicht aufbringen. Ist Ihnen bewusst, dass diese Lasten dann einseitig auf das Land zukämen und es jetzt schon eine viel größere Wirkungsmöglichkeit der reichen Stadt Dresden geben könnte, in diesem Bereich mehr zu tun?
Frau Dr. Schwarz, ich verkneife mir die Rückfrage, wieso die Stadt Dresden angeblich so reich ist. Es gibt ein paar Gründe, die dazu geführt haben. Sie bzw. Ihre Genossen hätten mithelfen können.
Ansonsten stelle ich auch hier fest: Lesen hilft weiter. In unserem Antrag heißt es, dass die Staatsregierung die Rahmenbedingungen schaffen soll. Wir wissen, dass das ein Problem ist und dass wir uns darum kümmern müssen. Insoweit haben noch viele Ebenen Hausaufgaben zu erfüllen. Ich habe es bereits vorhin gesagt: Kinderfreundlichkeit muss Aufgabe der gesamten Gesellschaft sein. Auch der Bund steht in der Verantwortung und muss sich künftig daran beteiligen. Wir haben einen Anstoß gegeben.
Eines verstehe ich nicht – das will ich ganz klar sagen; ich hätte es auch schon in der gestrigen Familien-Debatte gesagt, wenn ich dazu gesprochen hätte –: Warum sind die Vertreter Sachsens in der aktuellen Debatte nicht mit breiter Brust nach Berlin gegangen und haben dazu aufgefordert, zu schauen, wie wir es machen? Das Motto hätte lauten können: „Von Sachsen lernen heißt siegen lernen“. Warum hat man nicht darauf hingewiesen, dass wir ein System entwickelt haben, das für die gesamte Bundesrepublik Vorbild sein kann?
Stattdessen fangen wir einen Kleinkrieg an. Der Kultusminister erzählt familienpolitische Dinge, von denen ich mir relativ sicher bin, dass die Mehrheit der Sachsen es ganz anders sieht. Statt unsere Vorteile und das, was wir erreicht haben, auf Bundesebene vorzustellen und zu Frau von der Leyen zu sagen: „Wir reichen Ihnen die Hand. Sie haben die richtige Idee. Machen Sie es so wie wir in Sachsen!“, verstecken wir uns. Das habe ich nicht verstanden. Ich hätte mir gewünscht, dass Sie in Berlin entsprechend selbstbewusst aufgetreten wären.
(Beifall bei der CDU und der SPD) Frau Nicolaus, es gibt keinen Grund, unser System madig zu machen. Dennoch sind Detailfragen zu klären. Da Sie mich so nett angesprochen haben, will ich ein, zwei Details mehr nennen. Ich denke, dass wir die Flexibilität hinsichtlich der Öffnungszeiten unserer Kindertageseinrichtungen wesentlich erhöhen müssen. Ebenso ist zu überlegen, ob es besonders schlau ist, zwischen Weihnachten und Silvester und anderen Feiertagen Betriebsruhe einzulegen. Wir haben immer noch Kindertagesstätten – für Dresden kann ich es bestätigen –, die nicht zur heutigen Arbeitswelt, zum Anspruch auf Vereinbarkeit von Beruf und Familie sowie zu dem Wunsch von immer mehr Frauen, neben der Kinderbetreuung berufstätig zu sein, passen. Da gibt es noch eine Menge zu tun; da haben wir Hausaufgaben zu erfüllen. Auch der Freistaat hat seinen Einfluss geltend zu machen. Sie dürfen doch nicht nur das herausstellen, was gerade einmal funktioniert. Sie hätten schon eher Ihre Hausaufgaben machen und Druck auf den Stadtrat ausüben müssen, dass die Mittel abgerufen werden. Dann hätten Sie die banale Situation, wie sie hier in Dresden entstanden ist, mit Sicherheit nicht. (Beifall bei der CDU, der SPD und der Staatsministerin Helma Orosz)
Wir werden Ihren Antrag ablehnen, weil er – das haben Sie mir auch zugestehen müssen – sachlich nicht fundiert ist. Wir wollen weiterhin an unserem Gesamtkonzept arbeiten. Wir sind auf einem guten Weg und brauchen keine Nachhilfe von Ihnen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß nicht, zum wievielten Male unterschiedliche Fraktionen in diesem Hohen Haus ähnliche Forderungen aufgestellt haben wie heute die FDP. Mit einer Zustimmung wären unwägbare Folgen vor allen Dingen finanzieller Art verbunden.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In aller Kürze zu Ihnen, Herr Zastrow. Sie haben die Flexibilität von Kindertagesstätten angesprochen. Insoweit bedarf es keiner zusätzlichen Regelung. Bereits heute ist alles möglich; es wird auch praktiziert. Ich habe Ihnen das Beispiel meiner Kommune genannt, die für ihre Familienfreundlichkeit ausgezeichnet wurde. Es ist ganz einfach: Wenn die Kindertagesstätte nur zehn Stunden geöffnet ist, kann, wenn Bedarf vorhanden ist, eine Tagesmutter das Kind abholen und in den Abendstunden betreuen. Diese Variante wird durch den Freistaat finanziell untersetzt. Einige Kindertagesstätten in Dresden haben bereits bis 21:00 Uhr geöffnet. Sie haben uns aufgefordert, zuzuhören und zu lesen. Gleiches gilt für Sie. Ich denke, Sie hören nicht zu und lesen auch zum Teil nichts.
Es hat mich besonders gewundert, von Ihnen, Herr Zastrow, die Forderung nach mehr Staatsverantwortung zu hören, da die FDP-Fraktion doch sonst zu denen gehört, die eher das Gegenteil fordern. Aber wie das Mittel recht ist, so formuliert man seine Forderungen.
Ich nehme gern noch einmal dazu Stellung. Die Intention Ihres Vorschlages ist soeben von Kerstin Nicolaus und Frau Dr. Schwarz deutlich gemacht worden. Aber ich will versuchen, noch das eine oder andere an Wissenswertem mitzuteilen.
Da hilft es nichts, wenn Sie Annoncen schalten und behaupten, Sie seien die Retter der Kinderbetreuung. Ich finde das teilweise unerhört. Sie hätten wenigstens hineinschreiben können, wie wunderbar das jetzige System schon ist.
Zum einen, Herr Zastrow, liegen uns neueste Umfragen vor, dass es in Sachsen viele Gemeinden gibt, in denen Plätze in Kindertageseinrichtungen nicht besetzt werden können. Das heißt also, es gibt freie Kapazitäten, oder anders ausgedrückt, die Kapazität ist höher als die derzeitige Nachfrage. Sie wissen ebenso gut, dass es auch einige Gemeinden, vor allen Dingen Großstädte – Dresden haben Sie genannt – gibt, die die Nachfrage zeitweise nicht befriedigen können.
Alle sächsischen Kommunen haben, wie Sie wissen, den gesetzlichen Auftrag, bedarfsgerecht zu versorgen, Herr Zastrow. Sie kommen diesem Auftrag in aller Regel hervorragend nach. Das ist heute schon angesprochen worden. Es gibt trotz der immensen Kosten, der ständig steigenden Aufwendungen Unterschiede, was die Erstattung von Elternbeiträgen betrifft. Ich möchte an dieser
Obwohl wir hier keine kommunalpolitische Diskussion führen wollen, noch eine Anmerkung zu den Dresdner Geschehnissen: Jetzt haben Sie die Möglichkeit, Mittel des Freistaates abzurufen und mit Ihren eigenen Mitteln zu kombinieren. – Herr Zastrow, hören Sie bitte zu!
In den vergangenen Jahren war das nicht möglich. Sie hatten die Mittel des Freistaates verfallen lassen bzw. konnten sie gar nicht abrufen, weil Sie mit Ihrem Haushalt dazu nicht in der Lage waren. Das sollten Sie zur Kenntnis nehmen.
Stelle anfügen, wir sprechen also nicht von der Situation dieses oder vorigen Jahres, sondern wir sind im Jahr 2007 nach 1990. Sie kennen auch die Finanzierungen und die Investitionszulagen. Das FAG der letzten 16 Jahre war ausreichend mit Mitteln versehen, um gerade in diesen Bereich zu investieren.
Sie wissen wohl auch sehr genau, dass die Prioritätensetzung der Kommunen sehr unterschiedlich ist, was sich heute natürlich in dem Angebot, aber auch in der Qualität von Krippen und Kindertagesstätten niederschlägt.
Meine erste Feststellung zu Ihrem Antrag: Es kann nicht sein, dass die Kommunen durch Änderungen per Gesetz erneut in die Pflicht genommen werden, Kita-Plätze zu schaffen, die aufgrund der demografischen Entwicklung – dieser Aspekt ist bei Ihnen wahrscheinlich noch nicht angekommen – für die nächsten Jahre heute noch nicht eindeutig quantifiziert werden können; denn Sie haben mit Recht darauf hingewiesen, dass noch vor wenigen Jahren niemand gewusst hat, dass es in Dresden zu einem dankenswerterweise so eklatanten Geburtenzuwachs kommt, den man jetzt natürlich auch entsprechend bedienen muss. Genauso ist es.
Sie wissen, die Statistik sagt für 2012 einen Geburtenknick voraus. Ob er so kommt, wissen wir nicht. Aber deswegen kann man nicht per se sagen, ab sofort müssen die Kapazitäten auf Teufel komm raus im Rahmen eines Rechtsanspruchs mit Investitionen gestellt werden, koste es, was es wolle, ohne wissenschaftlich fundierte Zahlen für die nächsten Jahre zu haben. Das mag sich auf der anderen Seite kontraproduktiv anhören, wenn wir die aktuelle Debatte auf Bundesebene begleiten. Aber ich denke, auch das ist Ihnen klar, dass Sie, wenn in einem Bundesland – ich spreche jetzt von Sachsen –, das es sich leistet, circa 400 Millionen Euro nur für die Kindertagesbetreuung einzusetzen und aktuell den Aufwuchs der Haushaltsansätze auch im Haushalt 2007/2008 von knapp 50 Millionen Euro wiederum für diesen Förderzweck einzusetzen, die Forderung erhoben wird, heute einen Nachholbedarf bezüglich der Familienfreundlichkeit anzumelden und deswegen den Rechtsanspruch für Kinderkrippenplätze einzuführen, das kaum jemandem nachweisen können.
Ein zweiter Aspekt, Herr Zastrow: Familienfreundlichkeit ist, glaube ich, nicht nur die Schaffung eines Rechtsanspruchs auf einen Kinderkrippenplatz. Wir haben gestern in der Debatte darauf – in unterschiedlichen Redebeiträgen – bereits reagiert. Ich will es nicht noch einmal ausführen. Ich glaube sogar, mich zu erinnern, dass Kollegin Schütz selbst gesagt hat, Familienfreundlichkeit sei viel, viel mehr.
Meine zweite, weitere Feststellung zum vorliegenden Antrag: Sie sprechen die Bundesebene an. Aus dortiger Sicht gibt es erheblichen Nachholbedarf in den alten Bundesländern. Darüber sind wir uns einig. Dort ist mit dem Tagesbetreuungsausbaugesetz von 2005 der Ausbau von Kinderkrippenplätzen bis 2010 in die Wege geleitet. Aber sie werden – das ist ebenfalls wichtig zu wissen,
Herr Zastrow – trotz dieses Programms und trotz der Initiativen und der Übereinstimmung der Länder mit dem Bund, dass das dringend erforderlich ist, nicht annähernd die Situation der ostdeutschen Länder, sprich: von Sachsen, erreichen. Ob es dann legitim ist zu fordern, dass die Bundesregierung einen Rechtsanspruch auf die Kinderkrippenplätze insgesamt in Deutschland organisieren soll, halte ich für nicht möglich; das bezweifle ich und halte es auch nicht für notwendig.
Wenn ich gerade von der Bundesregierung spreche, möchte ich noch einmal Ihre Fragestellung beantworten. Wir haben uns in der Tat als Sachsen sehr deutlich positioniert. Ich glaube, Sie erinnern sich daran, dass Frau von der Leyen schon mehrmals in Sachsen war, auch in Dresden, und dass sie sehr deutlich auf die gute Situation, die sie sich auch sehr für die westdeutschen Länder wünscht, hingewiesen hat.
Wenn Sie die Presse genau verfolgt haben, gibt es auch einige sächsische Spezifika, die sie gern für den Bund umsetzen möchte, unter andereM die Untersuchung im vierten Lebensjahr für alle deutschen Bundesländer zur Pflicht machen.
Eine dritte Anmerkung: Wir hatten die Wahlfreiheit – auch dies wurde heute erneut angesprochen – sowohl bei der Gestaltung der sächsischen Kita-Landschaft als auch beim Ausbau der Tagespflege und, nicht zu vergessen, bei der Einführung des Landeserziehungsgeldes im Auge, und wir werden sie auch weiter im Auge behalten.
Die Wahlfreiheit unterliegt jedoch auch anderen Einschränkungen. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die Sie heute noch einmal hervorgehoben haben, beeinflusst natürlich die Entscheidung, wo das Kind betreut wird. Dabei bin ich wiederum dankbar, dass inzwischen auch bei anderen gesellschaftlichen Verantwortungsträgern angekommen ist, zum Beispiel bei der Wirtschaft, dass sie sich über Kindertagesstättenangebote Gedanken zu machen und diese zu unterstützen haben. Auch da wissen Sie, dass wir in Sachsen ganz gut platziert sind, dass sich die Wirtschaft hier zunehmend engagiert. Sie wissen auch, dass wir das honorieren, indem wir Investitionsmittel auch zu einem gewissen Teil als Anreiz für betriebliche Einrichtungen zur Verfügung stellen. Also auch dabei sind wir auf einem Weg, der deutschlandweit seinesgleichen sucht.
Wenn Sie die Investitionen in Betriebskindergärten ansprechen, möchte ich gern wissen, warum von der Million, die im letzten Jahr dafür vorgesehen war, nur der geringste Teil in Betriebskindergärten geflossen ist.
Das ist so, weil die Betriebe sie zum Teil nicht abgerufen haben, zum anderen hatten sie bereits begonnen oder sie haben selbst finanziert. Aber das Geld ist nicht verfallen, sondern es ist den Kommunen zusätzlich zur Verfügung gestellt worden. Der Zweck ist also erfüllt.