Fassen wir allen Mut, meine Damen und Herren, für ein solches Vorgehen! Dafür wurden wir gewählt. Wir wurden nicht gewählt für Verzagtheit und Schwarzer-Peter-Schieben.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Koalitionspartner haben sich in der Koalitionsvereinbarung dazu bekannt, das Sächsische Hochschulgesetz zu novellieren. Ziel ist eine hervorragende Lehre und eine exzellente Forschung an unseren Hochschulen.
Dazu brauchen wir die Stärkung der Eigenverantwortung der Hochschulen und ein klares fachliches Profil; denn Erfolg hat nur derjenige, der sich auf seine Stärken konzentriert und diese ausbaut. Des Weiteren brauchen wir schlanke, transparente Gremienstrukturen und eine größere Autonomie in der Auswahl der Studenten.
Die CDU-Fraktion hat der Koalition frühzeitig, bereits im Frühjahr 2006, ein Positionspapier zur Umsetzung dieser Leitgedanken vorgelegt und die Verhandlungen zu einer umfassenden Novelle aufgenommen. Bei der Erstellung unseres Positionspapiers und im Hinblick auf die Verhandlungen haben wir auf die Hochschulen gehört. Wir haben uns ihre Sicht auf die Herausforderungen an die sächsische Hochschullandschaft und ihre Erwartungen an einen neuen hochschulrechtlichen Gestaltungsrahmen sehr genau angehört und daraus Positionen entwickelt. Begleitet wurden diese Erwägungen durch die Stärkung der Länder und ihrer hochschulpolitischen Verantwortung.
„Der Bund zieht sich aus der Hochschulpolitik zurück“, titelte gestern die „F.A.Z.“ Das Hochschulrahmengesetz tritt im Vollzug der Föderalismuskommission am 1. Oktober 2008 offiziell außer Kraft. Die Länder müssen, die Länder dürfen endlich handeln, und diese Chance wollen wir konsequent nutzen. Dafür benötigen wir Mut, Mut zur Verantwortung. Wir haben den Mut, Verantwortung an die Hochschulen zu geben. In vielen Bereichen haben wir Einigungen gefunden, die sich sehen lassen können.
(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Abgeschafft haben Sie sie; nicht verstanden, abgeschafft!)
Die Verschlankung der Gremienstrukturen, die Schaffung transparent-verantwortlich handelnder Hochschulleitungen sowie die Einbindung externen Sachverstandes und die Übertragung von deutlich erweiterter Haushaltsautonomie durch globale Haushalte sind inzwischen Konsens und bringen die Hochschulen voran.
Zum Thema Zeit, Herr Kollege von der FDP: Für uns galt immer „Qualität vor Geschwindigkeit“. Die Zeit ist natürlich wichtig; aber wir wollen nicht nach Ihrem Motto handeln: „Wir wissen zwar nicht, wohin wir wollen; aber dafür sind wir ganz schnell da.“
Genauso wichtig ist es aber auch, dass der Kompromiss nur dann geschlossen werden kann, wenn er tragfähig, überzeugend, schlüssig und für unsere Hochschulen ein wirklicher Mehrwert ist. Formelkompromissen wird die CDU-Fraktion ihre Zustimmung verweigern.
Zur Eigenverantwortung der Hochschulen gehört nach unserer festen Auffassung auch die Verantwortung für den größten hochschulpolitischen Ressourcenbereich: den des Personals. Wir wollen den Hochschulen die Verantwortung für ihr Personal, seine Entwicklung und seine Einstellung sowie die Ausstattung überlassen. Damit bewegen wir uns durchaus im Kontext anderer Reformbestrebungen mit Bundesländern, mit denen wir im Wettbewerb um die besten Köpfe stehen.
Im Vierten Gesetz zur Änderung des Hessischen Hochschulgesetzes wird die Körperschaft des öffentlichen Rechts Johann-Wolfgang-von-Goethe-Universität Frank
furt am Main mit Wirkung vom 1. Januar 2008 als Hochschule des Landes in eine rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts umgewandelt. § 100 h) bestimmt – ich zitiere –: „Die Stiftungsuniversität besitzt Dienstherrenfähigkeit im Sinne des Hessischen Beamtengesetzes.“ Abs. 2 dieser Vorschrift legt fest, „... dass die Stiftungsuniversität das Recht hat, eigene Tarifverträge abzuschließen.“
Meine Damen und Herren! Ich weiß überhaupt nicht, was daran schlimm sein sollte, dass die Hochschulen, wenn sie dies tatsächlich wollen, am Verhandlungstisch sitzen und nicht der Finanzminister. Wer hat denn größeren Einfluss auf die Verhandlungen, wenn die Hochschulen und die Gruppen der Hochschulen Einfluss auf ihre Leitungen nehmen können, als Einfluss beim Finanzminister? Herr Dr. Gerstenberg, was Sie unter Modernität verstehen, ist bereits Realität. Die Modernität wird nicht nur in Sachsen durchgesetzt, sondern sie wird national und international durchgesetzt, und zwar genau auf diesem Wege; und modern ist nicht das, was Sie darunter verstehen, nämlich dass alle so lange mitreden, dass keine Entscheidung zustande kommt,
Wir sind davon überzeugt, dass bei der Übertragung der Eigenverantwortung von Autonomie auf die Hochschulen nicht auf halbem Wege stehen geblieben werden darf. Die entstehende neue Hochschulautonomie muss ihrem Namen und dem Inhalt gerecht werden. Ein Höchstmaß an Autonomie und Exzellenz ist Voraussetzung für Exzellenz in Forschung und Lehre. Wir sind bereit, den Hochschulen diese im vollen Umfang zu geben.
(Als sich der Abg. Prof. Dr. Roland Wöller, CDU, vom Rednerpult entfernt, fällt dort ein Glas Wasser um. Die Abg. Dr. Simone Raatz, SPD, kann mit ihrem Redebeitrag erst beginnen, nachdem das Rednerpult und der Fußboden gereinigt sind.)
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Bei so viel Autonomie fällt vor Schreck sogar das Wasserglas um.
Zuerst habe ich gedacht, dass das Pult schon weint angesichts der vielen Dinge, die Herr Wöller soeben von sich gegeben hat. Aber inhaltlich möchte ich mich damit gar nicht auseinandersetzen,
denn wir sitzen ja in einer Runde, in der wir unsere Positionen sehr intensiv austauschen. Sie sehen ja an der Dauer unseres Diskussionsprozesses, dass wir es uns nicht leicht machen und gemeinsam als Koalition nach einer guten Variante suchen, die es uns ermöglicht, ein ordentliches Gesetz auf den Tisch zu legen.
Damit setze ich beim Titel dieser Aktuellen Debatte an. Die PDS bezweifelt, dass die Koalition ein modernes Hochschulgesetz vorlegen wird.
Ich denke, das ist der Inhalt dieser Debatte. Da aber noch gar kein Entwurf vorliegt, frage ich mich, woher Sie Ihr Wissen, Ihre Detailkenntnisse nehmen, die Sie hier vortragen. Natürlich gibt es verschiedene Arbeitsentwürfe, aber eben nur Arbeitsentwürfe werden diskutiert. Sie wissen aus den letzten Pressemitteilungen, auf die Sie, Herr Prof. Porsch, sich auch bezogen haben, dass der Diskussionsprozess zum Hochschulgesetz stattfindet und dass er noch nicht abgeschlossen ist.
Frau Kollegin Raatz, bezeichnen Sie das Scheitern des zwischen Herrn Wöller und Frau Stange ausgehandelten Kompromisses ernsthaft als ein Element eines Diskussionsprozesses, oder ist das nicht doch mehr ein Indiz für die Unfähigkeit, die wir im Titel unserer Aktuellen Debatte angesprochen haben?
Also, zum einen verhandelt nicht die Frau Ministerin Stange mit Herrn Wöller, sondern es gibt eine Verhandlungsrunde, die ein Ergebnis aushandelt –
genau! – und mit diesem Ergebnis in die Fraktionen geht. Ich denke, das ist genau der demokratische Prozess, den Sie anmahnen.
Es ist doch ganz legitim, denke ich, dass auch eine Fraktion sagt: Wir können bei sehr vielen Elementen mitgehen, aber gerade bei dem, was wir eben auch symbolisch gesehen haben, indem das Wasserglas umgefallen ist, also bei der Personalautonomie, gibt es prinzipielle Unter
schiede im Verständnis und in der Auslegung. Wir haben es heute von Herrn Wöller gehört. Wir haben es zum Beispiel auch von meinem Kollegen Herrn Gerstenberg gehört. Dazu sage ich, dass meine Fraktion inhaltlich eher in diese grüne als in jene Richtung tendiert. Trotz alledem sind wir in einer Koalition, die gut arbeitet.
Von Scheitern kann man hier in keiner Weise sprechen, auch wenn Sie sehr traurig darüber sind: Die FDP wartet nur darauf, irgendwo einzusteigen, aber das klappt irgendwie nicht. Die PDS würde so gerne regieren, hat aber die Mehrheiten nicht.