Protokoll der Sitzung vom 11.05.2007

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Neben dem üblichen Ethnorassismus der NPD, Vielvölkerstaat USA, als ob das etwas Negatives wäre, dem üblichen Antiamerikanismus, fällt es uns schwer und wir hören gar nicht mehr zu, wenn dieser Dreck dort geschleudert wird.

Ich möchte aber offiziell das Interesse auf einen Umstand lenken. Dieser Mensch da drüben hat sich gerade mit der NSDAP und ihrem Ermächtigungsgesetz vom Februar 1933 solidarisiert.

(Holger Apfel, NPD: So ein Blödsinn!)

Er hat die Unverschämtheit besessen, Otto Wels, der damals für alle Demokraten richtig gesprochen hat, in den Schmutz zu ziehen. Sie haben sich hinter das NSDAPErmächtigungsgesetz gestellt.

(Holger Apfel, NDP: Rindvieh! – Jürgen Gansel, NPD: Lüge!)

Sie haben damit ein weiteres Mal Ihre faschistische Maske fallen lassen. Schämen Sie sich!

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU, der Linksfraktion.PDS, der SPD und der FDP)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, bitte.

Bitte.

Herr Kollege, hat der Nazi vorhin gesagt, Wels hätte das Ermächtigungsgesetz bejammert? Habe ich das richtig verstanden? Was anderes ist das, als was Sie gerade gesagt haben, Herr Lichdi?

Das ist reiner Faschismus. Das ist reine Solidarisierung mit der Politik von Adolf Hitler und der NSDAP. Nun stehen Sie doch dazu. Ihr Menzel hat es doch schon gesagt und Ihr Klose ist auch nahe dran.

(Holger Apfel, NPD: Verplempern Sie Ihre Zeit nicht!)

Warum diese Aktuelle Debatte? Weil der CDU und ihren Innenministern von Schäuble bis Buttolo jegliches Augenmaß verlorengegangen ist. Augenmaß heißt Beachtung der Verhältnismäßigkeit. Augenmaß bedeutet zunächst die Anerkennung, dass alle Menschen unveräußerliche Grundrechte haben. Mir scheint, Sie beziehen diesen zentralen Umstand gedanklich schon gar nicht mehr in Ihre Überlegungen ein. Offenbar liegt es schon weit

außerhalb der Vorstellungswelten der Bandmänner, Schowtkas, Buttolos und Mackenroths, dass es geboten sein könnte, auf Eingriffe von Polizei und Geheimdiensten zu verzichten, weil dem Bürgerrechte entgegenstehen. Die Staatsregierung sieht „keine Bedenken hinsichtlich der Verfassungskonformität bei der gemeinsamen Antiterrordatei“.

Nach meiner festen Überzeugung missachtet die Staatsregierung den Artikel 83 der Sächsischen Verfassung, und sie ist froh darüber, weil ihr dieser Artikel schon immer missfallen hat.

Der Ministerpräsident stellt sich hinter den Vorschlag eines Internetprangers, ein Vorschlag, Herr Staatsminister Buttolo – ich sage es –, würdig der spätmittelalterlichen „Rübe-ab-Politik“. Vom ehemaligen Vorsitzenden des deutschen Richterbundes – derzeit Justizminister in Sachsen –, Herrn Mackenroth, war kein korrigierendes Wort zu hören.

(Beifall bei der Linksfraktion.PDS)

Die Totalverwaltung von Lichtbildern und Fingerabdrücken einer virtuellen bundesweiten Referenzdatei findet die Zustimmung Sachsens im Bundesrat. Wir haben das erst vor zwei Tagen gehört. Der Justizminister kennt noch nicht einmal die EU-Rechtsgrundlagen, die dies verbieten.

Seit Wochen beglückt uns Herr Mackenroth mit Ankündigungen zu einem verfassungswidrigen Versammlungsgesetz, ohne bisher einen einzigen Buchstaben vorgelegt zu haben, um sich so der Fachdiskussion zu stellen. Nachfragen im Rechtsausschuss sind sinnlos. Sämtliche Überlegungen beruhen auf einer einzigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes von 2001 zum Verbot eines Naziaufmarsches vom 27. Januar, eine durchaus bedenkliche, aber jedenfalls eine Einzelentscheidung.

Herr Mackenroth geht davon aus, dass ein Gesetz vom Verfassungsgerichtshof überprüft werden muss. Na toll! Die Staatsregierung schlägt also Gesetzesinitiativen vor, ohne sich an die Grundprinzipien unserer Verfassung – Freiheit, Gleichheit und Menschenwürde – gebunden zu fühlen. Sie entzieht sich der Verantwortung, rechtsstaatlich zu handeln, und überlässt diese Aufgaben den Gerichten.

Die Staatsregierung kündigt an, im Zweifel die Verfassung zu ändern. Das heißt, die Staatsregierung geht davon aus, die Verfassung muss nicht beachtet werden. Wenn aber die Verfassung ihre Garantiefunktion verliert, die einzige Sicherheit – wir reden hier über öffentliche Sicherheit – zerstört, die wir wirklich gewährleisten können, nämlich die Rechtssicherheit und Rechtsschutzgarantie gemäß Artikel 19 Abs. 4 – –

Herr Mackenroth und Herr Buttolo – sie haben sicher wichtigere Termine, als diese Debatte zu verfolgen –

(Staatsminister Thomas Jurk: Bundesrat!)

haben vor diesem Landtag geschworen, Verfassung und Recht zu wahren und zu verteidigen. Ich kann nicht erkennen, dass sie dieser Verpflichtung gerecht werden.

(Beifall bei den GRÜNEN und der Linksfraktion.PDS)

Ich frage den Abg. Apfel: Herr Apfel, ich frage Sie, ob es richtig ist, dass Sie Herrn Lichdi während seiner Rede durch einen Zwischenruf mit einem Schimpfwort belegt haben.

(Holger Apfel, NDP: Ich kann mich nicht erinnern!)

Sollte das im Protokoll stehen, erteile ich Ihnen dann einen Ordnungsruf.

Ich erteile jetzt der Fraktion der FDP. Herr Dr. Martens, bitte. das Wort

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Debatte ist deutlich geworden, wie es mit den Bruchlinien innerhalb des Parlaments in der politischen Diskussion bei der Frage läuft: Welches Augenmaß brauchen wir in der Innenpolitik, welche Grundrechte gilt es zu schützen, wie gilt es sie zu schützen und wie gilt es, dafür zu sorgen, dass sie nicht einem einfachen Sicherheitsverständnis geopfert werden? Denn Freiheiten, die man einmal aufgegeben hat, lassen sich kaum wieder zurückholen.

Die technischen Möglichkeiten – das muss auch gesagt werden –, über die wir heute verfügen und die vom Staat nutzbar sind, lassen die Diskussion in eine neue Qualität kommen. Die Kameras, die biometrische Daten in Sekundenbruchteilen abgleichen und Gesichter aus Mengen herausfiltern können, verbunden mit Mautdatenerfassungssystemen oder auch mit elektronischen Möglichkeiten, eng die Daten zu verknüpfen, Scheckkartendaten aufzubereiten – all dies ermöglicht ganz andere Überwachungen und Einblicke, die der Staat sich leisten kann.

Das ist in der Tat eine neue Qualität und nicht nur eine neue Quantität der Überwachung, die hier möglich wird. Herr Bandmann, das haben Sie hier offensichtlich nicht verstanden. Sie haben sich mit dem deutschen Herbst und dem Terror beschäftigt. Wie üblich, wird in solchen Diskussionen der Terror immer als Rechtfertigung bemüht. Es waren in den Siebzigerjahren die Terroristen der Roten-Armee-Fraktion, später war es dann das organisierte Verbrechen, später dann noch einmal die islamistischen Terrorristen usw. Wenn es Rechtfertigungen braucht, um Bürgerrechte einzuschränken, dann werden sie auch gefunden, meine Damen und Herren.

Nur der Unterschied im Gegensatz zu den Siebzigerjahren ist, dass sich die dortigen Gesetze explizit gegen Terrorverdächtige gerichtet hatten, etwa die Regelungen im Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz, die sogenannten Kontaktsperregesetze. Wenn heute die Unschuldsvermutung generell infrage gestellt wird, dann betrifft das, Herr Bandmann, sämtliche Bürger, und zwar alle in ihren elementaren Grundrechten. Das haben Sie verkannt.

(Beifall bei der FDP)

Die Abwehr des Terrors ist legitim. Sie ist bitter notwendig, um die Leute zu schützen. Aber man sollte nicht so tun, als könnte man tatsächlich mit diesen Maßnahmen Sicherheit schaffen. Man schafft damit kaum Sicherheit, aber man schadet den Grundrechten der Bürger.

Eines lassen Sie sich auch gesagt sein: Nicht diejenigen müssen sich rechtfertigen, die die Grundrechte der Bürger schützen, sondern diejenigen, die sie einschränken wollen, und nicht anders herum, Herr Bandmann. Ich schäme mich auch nicht dafür, dass ich für die Freiheitsrechte der Bürger eintrete. Das ist nicht unanständig, auch wenn Sie das so meinen.

(Beifall bei der FDP und des Abg. Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE)

Ich bin im Gegenteil stolz darauf.

Wird von der CDU-Fraktion noch das Wort gewünscht? – Herr Bandmann, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, das kann so nicht stehen bleiben, weil es den Inhalt dessen, was ich ausgeführt habe, bewusst zu verdrehen versucht.

Kollege Brangs hat vorhin deutlich darauf hingewiesen, mit welcher Absicht die FDP diesen Antrag hier im Sächsischen Landtag gestellt hat, wo sie doch eben in NRW eine Bauchlandung gemacht hat und ein klassisches populistisches Ablenkungsmanöver führt.

Ich bin an der Stelle Kollegen Lichdi durchaus dankbar, dass er die Sprache des Nationalsozialismus und den damit verbundenen Angriff von der NPD hier zurückgewiesen hat. Ich will aber eines deutlich machen: Es ist nicht nur die Sprache des Nationalsozialismus, der sich Herr Apfel bedient, sondern es ist auch immer wieder die Sprache der SED. Wir wissen, dass Victor Klemperer hier in dieser Stadt deutlich darauf hingewiesen hat, dass man sie an der Sprache erkennen wird:

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: Haben Sie den überhaupt gelesen?)

Lingua Tertii Imperii, Herr Porsch, falls Ihnen das entgangen ist.

Sie können mit Ihrer Überheblichkeit hier durchaus noch Sprüche machen. Aber, Herr Porsch, eines sage ich Ihnen: Ihre Zeit ist hier abgelaufen. Gehen Sie dorthin, wo Sie hergekommen sind. Wir brauchen Sie hier nicht mehr!

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion.PDS: War das jetzt ausländerfeindlich?)

Herr Porsch, Sie bleiben in der Europäischen Union.

Ich denke, dass das, was Sie erneut zu unterstellen versuchen, nicht gegeben ist.

Herr Bandmann, sprechen Sie bitte zum Thema.