Sie fordern mit Ihrem Antrag, Untersuchungslücken in Kitas und Schulen zu schließen und den Kinder- und Jugendärztlichen Dienst zu stärken. Ich freue mich über die Aufmerksamkeit für dieses Thema, weil es an das, was heute Morgen gesagt wurde, anschließt. Denn wie bereits gesagt: Wir brauchen eine gute pädiatrische Versorgung in Sachsen, und das schließt die Arbeit des Kinder- und Jugendärztlichen Dienstes ein.
Im Freistaat Sachsen gibt es ein beispielhaftes System von insgesamt vier Untersuchungen für Kinder – zwei vor und zwei nach Schuleintritt. Diese gesetzlich vorgeschriebenen Untersuchungen sind vom Kinder- und Jugendärztlichen Dienst des Öffentlichen Gesundheitsdienstes (ÖGD) durchzuführen.
Nur im Ausnahmefall werden sie durch nicht dem ÖGD angehörende Ärzte durchgeführt. Dafür sieht das Gesetz nach § 7 Abs. 2 Satz 2 SächsKitaG die Möglichkeit vor,
für die Untersuchungen in Kindertageseinrichtungen niedergelassene oder klinisch tätige Ärzte zu beauftragen.
Bei den Schuluntersuchungen der Klassenstufen 2 oder 3 und 6 entscheiden gemäß § 26a Abs. 6 SchulG die Eltern, ob sie die Untersuchung ihres Kindes durch die Kinder- und Jugendärzte des ÖGD oder durch ihren Hausarzt durchführen lassen. Die Untersuchungen durch niedergelassene Ärzte müssen in jedem Fall den Vorgaben bzw. Standards entsprechen, die für die Kinder- und Jugendärzte des ÖGD gelten.
Mehrmals im Jahr finden für alle Kinder- und Jugendärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes in Sachsen zentrale und regionale Fortbildungsveranstaltungen statt. Dabei nehmen sowohl die Qualitätssicherung bei der Durchführung der Untersuchungen als auch die Qualitätssicherung der Datenerhebung und -dokumentation zentrale Plätze ein.
Aber eines ist auch klar: Wir können noch so sinnvolle und angemessene Untersuchungsinhalte zum Beispiel im Kita-Bereich festschreiben – wenn es nicht gelingt, dafür
Neben dem fachlich fundierten Vorgehen der Ärzte und des medizinischen Assistenzpersonals muss die Erfüllung der Untersuchungsaufgaben nach dem Gesetz sichergestellt werden. Das ist in einigen Kommunen bis jetzt nur bedingt gelungen.
Nehmen wir die Untersuchungen im Kindergarten. In Chemnitz, im Landkreis Chemnitzer Land, im Landkreis Sächsische Schweiz, im Landkreis Bautzen und im Landkreis Torgau-Oschatz konnte mehr als der Hälfte aller Kinder kein entsprechendes Untersuchungsangebot unterbreitet werden, und zwar wegen Personalmangels, und das über einen längeren Zeitraum hinweg.
Frau Staatsministerin Orosz hat bereits im Februar 2006 in einem Schreiben bei den betreffenden Städten und Landkreisen nach den Ursachen für die Untersuchungsausfälle gefragt und um praktikable und nachhaltige Lösungen gebeten.
Darüber hinaus hat Frau Staatsministerin Orosz Ende 2006 an einer Fortbildungsveranstaltung der sächsischen Kinder- und Jugendärzte teilgenommen, um mit den Ärzten direkt ins Gespräch zu kommen. Damals hat sie zugesagt, sich persönlich für Lösungen zu verwenden. Heute kann erfreulicherweise über erste Teilerfolge berichtet werden.
Seit Jahresbeginn wurden mit den Oberbürgermeistern und Landräten der betreffenden Kommunen persönliche Gespräche geführt. Daraufhin wurde in den Landkreisen Bautzen und Torgau-Oschatz die personelle Besetzung des Kinder- und Jugendärztlichen Dienstes bedarfsgemäß angepasst.
In Chemnitz und dem Landkreis Chemnitzer Land arbeitet man derzeit an Lösungen, um zumindest im kommenden Schuljahr alle Untersuchungen abzusichern.
Im Landkreis Sächsische Schweiz, der im vorliegenden Antrag konkret erwähnt wird, laufen gemeinsam mit der Uni Dresden entsprechende intensive Bemühungen.
Selbstverständlich wird die Staatsregierung den Fortgang weiterhin mit großer Aufmerksamkeit verfolgen. Denn es liegt nicht nur im Interesse des Staates, sondern auch der Kommunen, flächendeckende Untersuchungen im Vorschul- und Schulbereich zu gewährleisten. Das öffentliche Interesse trägt dazu bei, für das Thema zu sensibilisieren. Aber jetzt ist erst einmal die kommunale Politik am Zuge.
Kindeswohl geht alle an – nicht nur die Eltern, die Ärzte, die Erzieher und die Lehrer. Das Kindeswohl steht auch ganz vorn auf den Prioritätenlisten der Kommunal- und Länderpolitiker. Das muss stärker als bisher sichtbar werden – auch durch die Bereitstellung von Kinder- und Jugendärztlichem Personal und von Assistenzpersonal vor Ort.
Wir verfahren nach der bekannten Reihenfolge. Natürlich beginnt die einreichende Fraktion. Frau Hermenau, bitte.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Vor 14 Tagen hat der Deutsche Bundestag das Gesetz über den CO2Emissionshandel in der Handelsperiode 2008 bis 2012 verabschiedet. Morgen steht dieses Gesetz unter Tagesordnungspunkt 66 auf der Tagesordnung des Bundesrates. Da beginnt das Land Sachsen ins Spiel zu kommen.
Das Gesetz wurde im Bundestag mit der Mehrheit der Koalition und gegen die Stimmen der sächsischen Landesgruppe der CDU verabschiedet. Die CDU-Landesgruppe liegt also auf Milbradt’scher Linie. Das ist vielleicht auch verständlich. Aber es ist klimaschädlich, dass die CDU-Landesgruppe im Bundestag so abstimmt. Es geht nämlich hier um weitere Privilegien für die Braunkohle. Wir reden nicht davon, dass die Braunkohle nicht schon Privilegien hätte. Die hat sie sowieso, auch nach dem Gesetz, das der Bundestag verabschiedet hat. Es geht darum, noch einmal Privilegien draufzusatteln. Das kann ja wohl nicht wahr sein.
Herr Ministerpräsident Milbradt und Herr Staatsminister Jurk wollen also erreichen, dass Vattenfall noch einmal einen Aufschlag von ungefähr 26 % für die Braunkohle obendrauf bekommt. Man fragt sich langsam: Wozu soll das eigentlich alles gut sein?
Der Gegenwert von mehr als 200 Millionen Euro ist hier in der Debatte. Wenn Sie das insgesamt betrachten wollen, sind es mehr als 1 Milliarde Euro, die als indirekte Subvention über den Zertifikatenhandel hier zur Debatte stehen. Warum, bitte schön, muss Vattenfall über mehrere Jahre mit 1,2 Milliarden Euro indirekt subventioniert werden? Das soll mir einmal einer erklären. Es ist ein Geschenk zulasten des Klimaschutzes.
Es ist ein Geschenk, mit dem Sie die zaghaften Bemühungen von Frau Merkel beim Klimaschutz konterkarieren. Es ist ein Geschenk, das ausschließlich dem Profit von Vattenfall dient.
Der Konzern hat nach der Verabschiedung des Gesetzes im Bundestag zwar pflichtgemäß gestöhnt, aber gleichzei
tig betont, am Neubau in Boxberg festhalten zu wollen. Vattenfall wird folglich auch unter den Bedingungen, die jetzt im Bundestag verabschiedet worden sind, weiterhin viel Geld mit der Verstromung der Braunkohle verdienen. Braunkohle ist ja auch ein sehr billiger Energieträger. Braunkohle ist aber deshalb so konkurrenzlos günstig, weil die Folgekosten der CO2-Emissionen nicht eingepreist werden, sondern von der ganzen Welt und den Volkswirtschaften zu tragen sind.
Die Gewinne von Vattenfall – übrigens im letzten Jahr allein 1,3 Milliarden Euro vor Steuern – werden privatisiert, die Folgen des Klimawandels wollen Sie von den Kohleparteien der Allgemeinheit aufbürden. Daran wird auch das im Bundestag verabschiedete Gesetz nicht viel ändern. Es ist auch ein schlechtes Gesetz, aber jedenfalls nicht so schlecht wie das, was jetzt die Herren Milbradt und Jurk hier verbrechen wollen.
Bei der Vorlage des Energieprogramms haben sich die beiden Herren noch ein medienwirksames Scheingefecht geliefert. Jetzt aber ist zu erkennen, dass diese Auseinandersetzung allein der parteipolitischen Profilierung diente.
Herr Staatsminister Jurk glaubt wirklich, er könne die Wählerinnen und Wähler für dumm verkaufen, ein paar rhetorische Luftnummern beschreiben und so tun, als ob er in der Energiepolitik mit der CDU einen Konflikt habe. Das ist eine Vortäuschung falscher Tatsachen, denn wenn es um die harten Fakten geht, lässt er sich in seinem Lobbyismus für die Kohle nicht übertreffen. Herr Jurk scheut sich nicht einmal vor einem Konflikt mit Herrn Gabriel. Das spricht schon fast wieder für Herrn Jurk. Aber die SPD-Landesgruppe ist Herrn Jurk in seinem innerpolitischen Crashkurs im Bundesrat nur zu Teilen gefolgt. Ich sage Ihnen: Mit dieser Art von Klimapolitik – „Von Montag bis Donnerstag bin ich ein Freund der erneuerbaren Energien und schicke auch Herrn Gerlach vor und am Freitag im Bundesrat verteidige ich Milliardensubventionen für die Braunkohle“ – wird Herr Jurk maximal in Weißkeißel erfolgreich sein.
Vielleicht erinnern wir uns noch einmal daran, was vor 17 Jahren gewesen ist: Die Struktur der Energieversorger hier in Sachsen wie im gesamten Osten ist eigentlich eine Altlast aus dem Einigungsvertrag. Damals wurde den westdeutschen Monopolen die gesamte Energieversorgung übertragen. 156 Städte wagten damals den Aufstand und haben dagegen vor dem Bundesverfassungsgericht geklagt. Wäre es nach der CDU gegangen, hätten wir heute in keinem der neuen Bundesländer auch nur ein einziges Stadtwerk.
Schon damals war das Problem des Treibhauseffekts bekannt. Von 1987 bis 1990 tagte eine Enquetekommission des Deutschen Bundestages „Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre“, und neben FCKW war damals auch schon von CO2-Emissionen die Rede. Trotzdem hat man die gesamten alarmierenden Fakten ignoriert und die
Energieversorgung in den neuen Ländern einseitig auf Braunkohle ausgerichtet. Wo immer es ging, wurde die Eigenstromerzeugung in umweltfreundlichen Blockheizkraftwerken verhindert.
Schon damals haben also die verantwortlichen Politiker auf der ganzen Linie versagt, weil sie trotz besseren Wissens dem CO2-reichsten Energieträger, der Braunkohle, den Vorzug vor allen Alternativen gegeben haben. Ähnlich wie in Dänemark könnten wir heute in Sachsen bereits 50 % des Stroms in Blockheizkraftwerken erzeugen, wenn es die Politik gewollt hätte. Insbesondere die CDU hier in Sachsen kann sich 20 Jahre nach Einsetzung der ersten Klima-Enquetekommission im Bundestag darauf berufen, alle Warnungen in den Wind geschlagen zu haben.
Das letzte Jahr in Deutschland war mit einer Temperaturdifferenz von gigantischen 3 Grad über dem langjährigen Mittel das wärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen vor über 100 Jahren. Die derzeitige Erwärmung geht zurück auf Treibhausgasemissionen um das Jahr 1980 herum. Circa 30 Jahre dauert es also, bis diese CO2Emissionen klimawirksam hier von uns aufgenommen werden. Das heißt, die Bremsspur der Natur beträgt Jahrzehnte. Wer das bisschen, was jetzt passiert, schon für den Klimawandel hält, irrt also gewaltig. – Die meisten von Ihnen werden die nächsten 30 Jahre noch erleben. Wir sehen uns also alle wieder. – Dabei ist es für den Klimawandel völlig irrelevant, dass hier in Sachsen inzwischen der Sozialismus überwunden ist und allein dadurch schon ein paar Dreckschleudern geschlossen worden sind.
Wichtig ist doch als Maßstab die Zukunft und da macht man hier in Sachsen eigentlich so weiter wie weiland in der DDR. Das kann ich natürlich nicht gutheißen. Das brauche ich Ihnen nicht zu sagen.
Das Ziel, das den Klimawandel betrifft, heißt, dass wir versuchen wollen, unter 2 Grad Erderwärmung zu bleiben. Das ist schon eine große Anstrengung in einem kurzen Zeitfenster. Ich habe gerade von der Bremsspur der Natur gesprochen, die sich über mehrere Jahrzehnte hinzieht. Wir haben vielleicht 15 Jahre, um gegenzusteuern. Das ist nicht viel in diesen Zeitabläufen. Wenn man die Erderwärmung begrenzen möchte, dann muss man sich eben jetzt auch anstrengen und nicht morgen im Bundesrat versuchen, noch einmal Privilegien für die Braunkohle herauszuschlagen; denn Vattenfall wird daraufhin weiter investieren, und diese Investitionen laufen über Jahrzehnte. Das heißt, Sachsen wird über Jahrzehnte seine Energie weiter auf die falsche Art und Weise – klimaunfreundlich – erzeugen.
Von unserem Ministerpräsidenten hört man immer: Wenn wir keine Kohlenkraftwerke bauen würden, dann würden das eben andere tun. – Gerade das Gegenteil ist richtig: Wenn die Industrienationen, die den Klimawandel ausgelöst haben und die über die wirtschaftlichen und techni
schen Möglichkeiten einer aktiven Klimapolitik verfügen, beim Klimaschutz nicht vorangehen, werden ihnen die Schwellenländer nicht folgen. Der Ministerpräsident war in der letzten Woche in China. Pro Kopf emittieren die Chinesen derzeit 4 Tonnen CO2 im Jahr. Warum soll China CO2 einsparen, fragen die Chinesen, wenn in Sachsen diese Emissionen mit einem Ausstoß von über 13 Tonnen pro Kopf weiter nach oben geschraubt werden?
Wir haben uns dieses Recht in der Vergangenheit auf Kosten der Menschheit einfach genommen. Im Zeitalter der globalen Klimapolitik geht das so nicht weiter. Für alle muss das gleiche Recht gelten.
Frau Hermenau, da Sie gerade Sachsen mit China in Verbindung bringen, an Sie die Frage: Kennen Sie die Relation der Wirkungsgrade von Kraftwerksneubauten auf Braunkohlenbasis in Sachsen und in China?
Ich habe China selbst besucht und kann Ihnen schon allein durch den Nasentest bestätigen, dass der Wirkungsgrad dort erheblich schlechter ist als der hier in Sachsen. Ich habe mich an die DDR zurückerinnert, als ich die Gerüche in Shanghai wahrgenommen habe. Das ist nicht die Frage.