Ich habe China selbst besucht und kann Ihnen schon allein durch den Nasentest bestätigen, dass der Wirkungsgrad dort erheblich schlechter ist als der hier in Sachsen. Ich habe mich an die DDR zurückerinnert, als ich die Gerüche in Shanghai wahrgenommen habe. Das ist nicht die Frage.
Halten Sie es insofern für wünschenswert, dass energieaufwendige Produktionen, wie zum Beispiel Gießereien oder Ähnliches, nach China abwandern, weil bei uns die Produktionskosten aufgrund der Energiekosten zu hoch sind?
Ich gehe nicht davon aus, dass die Energiekosten hier in Deutschland so hoch sein müssen, wenn man sich besinnt und zum Beispiel damit beginnt, Energieeffizienz in der Wirtschaft wirklich mal auszuprobieren. Diese Dinge werden nicht in Angriff genommen, jedenfalls nicht ausreichend.
Es geht nicht darum, Herr Rasch, Energie um jeden subventionierten Preis zu produzieren, um damit die Industrie hier zu halten. Es geht darum, der Industrie dabei behilflich zu sein, die Produktionsverfahren so umzustellen, dass sie weniger Energie verbrauchen. So einfach ist das.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unter der Überschrift, sich für Klimaschutz zu engagieren, legt die antragstellende Fraktion eine Beschlussempfehlung vor, die in ihrer verbalen Fassung ein ernsthaftes Anliegen nicht behandeln, sondern diskreditieren will. Die Diktion dieses Antrags kann man nur entschieden zurückweisen.
Indem die Staatsregierung gemeinsam mit den Koalitionsfraktionen kontinuierlich bemüht war und ist, eine ausgewogene und zukunftsfähige Strategie zwischen Beiträgen zum Klimaschutz und notwendigen wirtschaftpolitischen und sozialen Entscheidungen zu treffen, indem sie das tut, Frau Kollegin Hermenau, schadet sie nicht dem nationalen und internationalen Ansehen des Freistaates, wie Sie behaupten – oder man müsste eigentlich sagen, wie Sie verunglimpfend behaupten –, nein, sie setzte sich in diesem Spannungsfeld nach unserer Auffassung in der Vergangenheit – und nach den bekannten Strategien wird das auch in der Zukunft der Fall sein – weitblickend auf diesem Feld ein, ob Ihnen das nun gefällt oder nicht.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die vom Deutschen Bundestag am 22. Juni beschlossene deutliche Benachteiligung des subventionsfreien Energieträgers Braunkohle stellt ein Problem – das festzustellen, darauf lege ich Wert – mehrerer deutscher Bundesländer dar, es ist kein ausschließlich sächsisches Problem. Deshalb wird sich auch der Freistaat Sachsen alle Handlungsoptionen offenhalten, und dazu gehört die Anrufung des Vermittlungsausschusses als letzte Möglichkeit, die Schieflage des Zuteilungsgesetzes 2012 zu korrigieren. Der Sächsische Landtag sollte eine solche Haltung der Staatsregierung mehrheitlich unterstützen.
Keiner bestreitet, dass die Braunkohle im Vergleich zu anderen Energieträgern den höchsten Anteil an CO2Ausstoß pro Kilowattstunde besitzt, sodass ihre Zukunft mit Blick auf die Minderung des Ausstoßes von Treibhausgasen durchaus nicht unkritisch ist. Aber, meine sehr verehrten Damen und Herren, Klimaschutz ist kein Freibrief für Torheiten oder ähnlich genannte Aktionen, und der kurz- und mittelfristige Ausstieg von Gewinnung und Verstromung der mitteldeutschen und Lausitzer Braunkohle wäre eine Torheit.
Insofern hat eine solche Forderung auch nichts mit dem Leitbild der Nachhaltigkeit zu tun, das möglicherweise von den Fraktionen noch übereinstimmend gesehen wird. Dieses Leitbild beschreibt nämlich die gleichwertige
Behandlung ökologischer, wirtschaftlicher und sozialer Aspekte im gesellschaftlichen Handeln. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Die ökologische Bedenklichkeit der Braunkohlenkraftwerke hinsichtlich ihres CO2Ausstoßes wird ja, wie schon angedeutet, gesehen und anerkannt. Aber wenn es für die Sicherung des Energiebedarfs aus mehreren Quellen noch keine oder gar keine Grundlastsicherheit gibt, dann führt an der Braunkohle im Energiemix kein Weg vorbei. Das schließt ja nicht aus, dass die höheren Emissionswerte auf andere Weise kompensiert werden müssen. Dazu gibt es bereits klare Ziele.
Insofern muss man zur Kenntnis nehmen, dass die Vattenfall AG – wenn wir einmal im sächsischen Bereich bleiben – durchaus ernsthafte Anstrengungen unternimmt, um den Wirkungsgrad ihrer Kraftwerke weiter zu erhöhen und gleichzeitig die Emissionsrate zu senken. Diese Anstrengungen sind dem – durchaus zugestanden – gut verdienenden Unternehmen aktuell 200 Millionen Euro wert. Technologische Innovationen sind die Kohlenvergasung mit nachgeschaltetem GuD-Prozess, die spezielle Kohlentrocknung oder gar die Arbeiten an der Praxisreife der Oxyfuel-Technik, also die Zugabe von reinem Sauerstoff zur Abtrennung des Kohlendioxids, was auf diese Weise herausgefiltert, verflüssigt und deponiert werden kann. Das sind echte Beiträge zur höheren Energieausbeute oder gar zur Reduzierung bzw. völligen Vermeidung des CO2.
Grundsätzlich – das will ich an dieser Stelle deutlich sagen – hält es die CDU-Fraktion mit der gemeinsamen Erklärung, die der Ministerpräsident, Prof. Milbradt, mit der zuständigen Gewerkschaft und den Arbeitnehmervertretern von Vattenfall und MIBRAG Ende April dieses Jahres abgegeben hat. Dort heißt es: „Die Braunkohle muss auch in Zukunft als heimischer Energieträger ein wesentlicher Bestandteil für eine sichere, saubere und preiswerte Energieversorgung sein. Die hohen Investitionen insbesondere in umweltverträgliche Braunkohlenkraftwerke in den ostdeutschen Ländern haben entscheidend dazu beigetragen, dass der CO2-Ausstoß in Deutschland gesenkt werden konnte.“
Welche Schlussfolgerungen, meine Damen und Herren, ziehen wir nun aus der beschriebenen Lage? In dem umstrittenen Gesetz zur Änderung der Rechtsgrundlagen zum Emissionshandel im Hinblick auf die Zuteilungsperiode 2008 bis 2012 wäre ein braunkohlenspezifischer Benchmark für eine Übergangsfrist – sagen wir zehn bis 15 Jahre – durchaus möglich und sinnvoll gewesen. Die jetzige Gleichsetzung mit der Steinkohle auf ein Niveau von 750 Gramm Kohlendioxid pro Kilowattstunde belastet den einzigen subventionsfreien Energieträger, die Braunkohle, erheblich und wird wohl auch zu Preisanstiegen für alle Verbraucher, und zwar für Industrie und Haushalte, führen. Die vom Bundestag beschlossene zehnprozentige Steigerung der Volllaststunden für die Braunkohlenkraftwerke ändert an der beschriebenen Situation kaum etwas.
Im Sinne der Gleichwertigkeit aller Nachhaltigkeitskriterien ist zu berücksichtigen, dass in Sachsen und Brandenburg im Braunkohlensektor 8 000 Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen – ein Umstand, für den sich die einbringende Fraktion offensichtlich nicht interessiert. Die Arbeitnehmer sollten das durchaus wissen.
Wer die Braunkohle ablehnt, muss erklären, wie er es aus sozialer Hinsicht verantworten will, die Energieversorgung sicherzustellen. Wer nämlich Kernenergie ablehnt, während die erneuerbaren Energien weitgehend noch nicht grundlastfähig sind, und wer aus der Braunkohle möglichst sofort aussteigen will, der soll sein Konzept zur Befriedigung des eher steigenden als sinkenden Energiebedarfs auf den Tisch legen.
Anstatt die Braunkohle – es wirkt schon ziemlich arrogant und konzeptionslos, wie Sie, Frau Hermenau, es formuliert haben – in dieser Art als den gegenwärtig noch unverzichtbaren Teil eines Versorgungsmixes zu diskriminieren, sollte die Fraktion der GRÜNEN aufhören, der Staatsregierung vorzuschreiben, wie sie die legitimen Interessen des Freistaates Sachsen auf der Bundesebene wahrnehmen will – Stichwort: gegebenenfalls Anrufung des Vermittlungsausschusses. Sie sollten endlich eine Energiepolitik mit Augenmaß betreiben, das heißt eine Energiepolitik unter Einbeziehung und Berücksichtigung aller gesellschaftlichen Belange!
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was die Sächsische Staatsregierung im Zusammenhang mit der Verabschiedung des neuen Zuteilungsgesetzes für CO2-Verschmutzungszertifikate als zentrales klimapolitisches Vorhaben der Bundesregierung politisch aufführt, ist an billigem Populismus und Lobbyismus für die Braunkohlenwirtschaft kaum zu überbieten.
Statt sich mit dem ganzen Inhalt dieses Gesetzes zu befassen, greifen Ministerpräsident Milbradt, Wirtschaftsminister Jurk und jetzt auch Herr Mannsfeld lediglich das Kriterium Benchmark heraus und tönen, dass für die Braunkohle kein eigener Benchmark für die Zuteilung von Verschmutzungsrechten im Gesetz enthalten sei. Das stimmt. Damit finde eine Diskriminierung des Energieträgers Braunkohle statt, was dem Diskriminierungsverbot nach EU-Emissionsrichtlinie zuwiderlaufe. – So vorgetragen von Geert Mackenroth in der Bundesratssitzung vom Juni.
Mackenroth schlug im Bundesrat vor, einen eigenen Braunkohlenbenchmark von 950 Gramm CO2 je erzeugter Kilowattstunde ins Gesetz aufzunehmen. Damit soll erreicht werden, dass die Braunkohlenenergieunternehmen ausreichend mit CO2-Zertifikaten ausgestattet werden und keine zusätzlichen Zertifikate hinzukaufen müssen. Damit würde aber das Instrument Verknappung von CO2-Zertifikaten und die Unternehmen zur CO2Reduktion und zur Modernisierung des Kraftwerkparks anzureizen, ja sogar das gesamte Instrument CO2Emissionshandel ad absurdum geführt. Es geht beim Emissionshandel um die Grundidee, dass Umweltfolgekosten – also Klimafolgekosten – in die Preise für die Energieerzeugung eingespeist werden.
Sachsen konnte sich, gemeinsam mit den anderen Braunkohlenländern, zunächst im Bundesrat durchsetzen. Die EU-Kommission hat für Deutschland die Gesamtmenge an CO2-Verschmutzungsrechten um 57 Millionen Tonnen pro Jahr gegenüber der ersten Handelsperiode abgesenkt und sämtliche von Jürgen Trittin zu verantwortenden Ausnahmeregelungen, Frau Hermenau,
nämlich für Braunkohlenkraftwerke wurden diese Ausnahmeregelungen von Trittin eingeführt, wodurch sie von CO2-Reduktion entlastet wurden – aufgehoben. Das war die EU-Kommission.
Ich denke, Herr Lichdi und Frau Hermenau, Jürgen Trittin war Umweltminister Ihrer Partei in der rot-grünen Bundesregierung. Auch die rot-grüne Landesregierung in NRW mit Umweltministerin Höhn hat den Aufschluss des Tagebaus Garzweiler II nicht verhindert. Insofern ist es pharisäerhaft, wenn Sie, Frau Hermenau, sich als einzige Klimaschützerin in Sachsen aufspielen und meiner Partei in der „taz“ und anderswo vorwerfen, dass wir einseitig für die Braunkohlenverstromung und nicht für den Klimaschutz eintreten würden. Um das zu beurteilen, sollten Sie sich kundig machen.
Erstens waren die PDS und heutige Linkspartei im Sächsischen Landtag die Einzigen, die gegen die Umsiedelung und Abbaggerung von Heuersdorf gestimmt und den widerständigen Geist vor Ort unterstützt haben. Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen auf andere werfen.
Zweitens besteht die politische Frage heute nicht darin, ob man für oder gegen die Braunkohle ist. Wer die Welt und Wirklichkeit in schwarz und weiß, gut und böse nach dem Motto ja oder nein einordnet, wird die wundersamsten Abenteuer erleben und politisch scheitern. Neben einem dichotomischen Denkmuster, Frau Hermenau
außerdem noch eine klassische Verwechselung semantisch-logischer Stufen vor. Schon in der Überschrift Ihres
Antrages wird das deutlich. Richtigerweise muss es heißen „Keine weiteren Privilegien für die Braunkohlenverstromung“ und nicht „Keine weiteren Privilegien für die Braunkohle“. Die Frage ist also nicht auf die Objektebene der Existenz von Braunkohle zu beziehen, sondern auf die Energieerzeugung aus Braunkohle.
Nicht die Frage, bin ich für oder gegen die Braunkohle, wie Sie sie ständig formulieren, ist die Frage aller Fragen, sondern die Frage im Zusammenhang mit dem CO2Emissionshandel muss lauten: Wie sind die Weichen zu stellen, dass ein geregelter Ausstieg aus der Braunkohleenergiegewinnung für die nächsten Jahrzehnte so verträglich wie möglich für die Unternehmen, für die damit verbundenen Arbeitsplätze, für eine sichere Stromversorgung, für eine Reduktion des CO2-Ausstoßes und bezahlbar möglich wird und zugleich regional neue Wirtschaftsstrukturen und somit neue Arbeitsplätze entstehen können? Einfacher sind die Lösung dieses Problems und eine Energiewende nicht zu haben.
Nun aber zurück zur CDU-/SPD-Koalition in Sachsen. Ich verstehe ja die großen Energiewirtschaftskonzerne, wenn sie gegen die Klimaschutzziele des Bundes und gegen die Kanzlerin zu Felde ziehen, werden ihnen doch mit dem Zwang zum Zukauf von CO2-Emissionsrechten die Gewinnmargen beschnitten. Aber das nicht wirklich, weil sie immer die Möglichkeit haben, diese Zusatzkosten auf die Verbraucher abzuwälzen. Wenn der sächsische Ministerpräsident und der Wirtschaftsminister ins gleiche Horn blasen, muss man schon die Frage stellen, ob sie damit nicht bloßen billigen Lobbyismus betreiben und die Gestaltung einer zukunftsfähigen Energiewirtschaft freiwillig aus der Hand geben, zumal die Bundesregierung der Braunkohlenlobby eine 10 % höhere Ausstattung mit CO2-Verschmutzungsrechten durch die Anrechnung einer 10 % längeren Laufzeit für Braunkohlenkraftwerke per Gesetz zugesteht.
Damit aber nicht genug. Die Bundesregierung hat speziell für die MIBRAG eine Härtefallklausel in das Gesetz hineingenommen, die besagt, dass die MIBRAG bis 2012 die Chance hat, ihre drei Dreckschleudern zu schließen, und dafür ein sauberes, ein effizienteres Kraftwerk bauen muss.
Ich frage Sie also, Herr Jurk und Herr Milbradt, welche Privilegien wollen Sie noch im Zuteilungsgesetz über den Vermittlungsausschuss des Bundesrates morgen durchsetzen, wenn Sie sich nicht offen gegen die Klimaschutzziele Ihrer Kanzlerin stellen wollen? Mit der Forderung nach einer höheren Ausstattung mit Verschmutzungsrechten von Braunkohlenkraftwerken würden Sie jeden politischen Modernisierungsanspruch für die Energiewirtschaft als Weg in die CO2-freien Energietechnologien konterkarieren. Herr Milbradt und Herr Jurk, Sie scheinen gut geeignet, den Status quo zu verteidigen und zu verwalten, aber politisch nicht geeignet, die politischen Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass der Weg in die CO2-freien Energietechnologien beschleunigt wird. Zu diesen CO2
Dieser technologische Weg führt in die Sackgasse, bindet unnötig Kapital, Steuergelder und Innovationskraft. Eine rasche Modernisierung der Energie und damit der gesamten Volkswirtschaft wird damit nur verzögert.
Aus den genannten Gründen kann ich guten Gewissens dem Antrag trotz meiner kritischen Bemerkungen zu BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zustimmen, der eine weitere zusätzliche Privilegierung für die Braunkohlenverstromung verhindern will.