Protokoll der Sitzung vom 05.07.2007

Aus den genannten Gründen kann ich guten Gewissens dem Antrag trotz meiner kritischen Bemerkungen zu BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zustimmen, der eine weitere zusätzliche Privilegierung für die Braunkohlenverstromung verhindern will.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Ich erteile der Fraktion der SPD das Wort. Herr Gerlach, bitte.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich danke Kollegin Runge, dass sie hier versucht hat, auf das, was mir bei der Einbringung des Antrages sehr einseitig herübergebracht war – auch wenn Sie mich vielleicht noch als Kronzeugen gebraucht haben und dies jetzt noch einmal betont haben, als ich hier vorgelaufen bin; damit kann ich gut leben –, eine andere Sicht auf die ganze Problematik zu lenken, als wenn man einfach nur schwarz-grün malt: Hier sind die grünen Klimaschützer, und hier sind die roten Klimaverhinderer.

Ich weiß, dass Sie es in Ihrer Fraktion leichter haben, für Ihre Position Mehrheiten zu werben. Ich habe es für meine Position, die ich nicht allein vertrete, sehr viel schwerer, für bestimmte Positionen zu werben, und – das haben Sie schon gesagt, und Frau Runge hat es noch einmal sehr deutlich betont – es gibt in der SPD sehr widerstrebende Strömungen, die diese ganze Problematik auch sehr unterschiedlich sehen.

So wie ich mir sicher bin, dass all die Braunkohlenkumpel, die heute in den Tagebauen arbeiten, und diejenigen, die in der Braunkohlenverstromung tätig sind, mit diesem Beruf in die Rente gehen werden, genauso sicher bin ich mir, dass die erträumten unendlich langen Laufzeiten – ich sage das einmal so deutlich, weil ich damit immer massiv in die Kritik gerate – nicht aufgehen werden, weil das, was uns klimapolitisch erwartet und was manche einfach noch nicht sehen wollen oder nicht sehen können – ich sage das vorwurfsfrei – uns noch zu Dingen zwingen wird, die wir 1991, 1992, 1993 in diesem Landtag schon angesprochen haben. Das wollte damals auch niemand hören.

Wir sind ein ganzes Stück weiter. Ich danke auch Frau Dr. Runge, dass sie gesagt hat, dass Braunkohle ein hochwertiger chemischer Rohstoff ist. Ich bitte Sie, das genau zu beachten, wenn wir über Braunkohle reden. Was die Braunkohlenverstromung betrifft, gibt es kaum ein Thema, bei dem so viel gelogen wird. Es geht damit los, dass ganz unterschiedlich – und zwar je nachdem, wen Sie gerade ansprechen, ob von der Braunkohleindustrie oder vom politischen Spektrum – mit Zahlen operiert

wird. Sie kommen oft aus dem gleichen Beritt, werden aber unterschiedlich gezogen – je nachdem, welche Meinung man gerade vertreten und wen man gerade ansprechen will. Ich lasse einmal konkrete Personen außen vor.

Ich bringe ein Beispiel. In der letzten Volkskammer, in der ich mit saß, gab es einen Antrag – wenn ich mich recht erinnere, war der sogar von der SPD –, in dem es darum ging, was wir mit den 14 Energiekombinaten der DDR machen. Dann ging es um die Frage, bekommt RWE diese – die FDP hatte dann durchgesetzt, dass noch einige kleinere mit beteiligt werden – oder bekommen die Länder diese und für die Länder die Stadtwerke? Dieser Antrag ist von einem Sprecher abgelehnt worden, der uns damals gesagt hat, wenn wir RWE diese Industrie nicht geben, werden wir erstens den Winter nicht überleben – keine Ahnung, woher er das hatte, aber er hat es gesagt –, und zweitens – Sie können das im Protokoll nachlesen – werden hunderttausende Arbeitskräfte in der Lausitzer Braunkohle verloren gehen, Hunderttausende! Sie können gern nachzählen, wie viele heute noch da sind. Da sind wir wieder bei den Zahlen.

Ich sage das an dieser Stelle vorwurfsfrei, weil mit Zahlen versucht wird, Leute in eine bestimmte Richtung zu ziehen. Ich weiß natürlich, dass Leute aus meiner SPD im Bundestag, auch weil sie der Meinung sind, dass wir in der Braunkohle andere Zeichen setzen müssen, ganz bewusst diesem Gesetzentwurf nicht zugestimmt haben, so wie es ja die gesamte Landesgruppe der CDU gemacht hat – wobei die Motive sicher sehr unterschiedlich waren.

Ich bitte also, bei dieser Geschichte – das billige ich Ihnen gern zu, wenn Sie schon der Meinung sind, dass Sie die einzigen Klimaschützer sind, das können Sie ja gern von sich behaupten – zu beachten, dass die Wirklichkeit, die Sie umgibt, sehr viel bunter ist, als Sie es vielleicht für diese Debatte brauchen und hier darstellen wollen. Da es so unterschiedliche Auffassungen auch in der SPD und der Koalition gibt, wird meine Fraktion hier Ihrem Antrag nicht folgen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und der CDU)

Wird von der NPD-Fraktion das Wort gewünscht? – Herr Despang, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist hinlänglich bekannt, dass die Energiepolitik der Sächsischen Staatsregierung von jeher eine Lobbypolitik zugunsten der Braunkohle war und ist. Schaut man sich aber die jüngsten Forderungen von Ministerpräsident Milbradt und Wirtschaftsminister Jurk nach immer weiteren Privilegien für die Braunkohle an, so muss man feststellen, dass diese Art der sächsischen Lobbypolitik inzwischen unerträgliche Züge angenommen hat. Sachsen macht sich auf Bundesebene lächerlich und die klimapolitische Wirksamkeit des Emissionshandels wird zunichte gemacht.

Außerdem führt die sächsische Forderung nach mehr Zertifikaten für die Braunkohle dazu, dass im Wettbewerb stehende energieintensive Industrieunternehmen weniger Zertifikate erhalten werden. Damit richtet sich die einseitige Lobbypolitik der sächsischen Regierung inzwischen nicht nur gegen den Klimaschutz, sondern geht letztlich auch zulasten ganzer Industriezweige.

Sachsen hatte bereits im Vorfeld des neuen Zuteilungsgesetzes versucht, über den Bundesrat für die Braunkohle noch mehr Privilegien zu sichern. Das vom Bundestag beschlossene Zuteilungsgesetz enthält eine solche Privilegierung, indem für die Braunkohlenkraftwerke eine um 10 % höhere Volllaststundenzahl angewendet wird – was zur Folge hat, dass 10 % mehr Zertifikate neu zugeteilt werden.

Die Unternehmen, die Braunkohle verstromen – dabei möchte ich im konkreten Fall auf Vattenfall eingehen –, haben in den letzten Jahren Gewinne in schwindelerregender Höhe erzielt. Diese Gewinne wurden dadurch erreicht, dass die Stromkonzerne den Handelspreis für die Zertifikate in den Verbraucherpreis einkalkuliert haben, obwohl sie den Unternehmen zugeteilt wurden. Die mächtigen Konzernkartelle haben es durch ihren Einfluss auf die herrschende Politik geschafft, auf Kosten der Energieverbraucher am Emissionshandel zu verdienen.

Wenn genau diese Unternehmen jetzt weitere Vergünstigungen bei der Zuteilung der Zertifikate bekämen, würden deren Gewinne am Ende noch weiter steigen, und das klimapolitische Ziel des Emissionshandels, die klimaschädlichsten Energieträger finanziell stärker zu belasten, um sie langfristig zurückzudrängen, würde völlig ad absurdum geführt.

Die derzeitige Politik der Staatsregierung hat nichts mit verantwortungsvoller Energiepolitik zu tun und ist in keiner Weise geeignet, langfristig eine zukunftsorientierte Energieversorgung aufzubauen. Die Ankündigung vom Ministerpräsidenten und vom Wirtschaftsminister, das kürzlich vom Bundestag verabschiedete Zuteilungsgesetz durch den Vermittlungsausschuss zwischen Bundestag und Bundesrat weiter zu verzögern, zeigt die Hilflosigkeit und die fehlende Weitsicht der Staatsregierung.

Wenn die Braunkohlenkraftwerke weiter nach Bedarf mit Emissionsrechten ausgestattet werden, wird auch weiter darin investiert, und bestehende Verhältnisse werden auf lange Zeit zementiert.

Wir von der NPD-Fraktion sehen darin eine völlig falsche Entwicklung und fordern endlich eine Umsteuerung in der sächsischen Energiepolitik. Dies beginnt zwangsläufig bei der Entscheidung darüber, in welche Technologie zukünftig investiert werden soll. Die sächsische Regierung tut alles, um die zentralen Strukturen mit Großkraftwerken weiter zu stärken. Wir aber wollen eine dezentrale Struktur.

Sie fördern eine kapitalintensive Energieerzeugung durch Konzerne, bei der nur wenige Arbeitsplätze entstehen. Wir wollen langfristig eine beschäftigungsintensive

Energieerzeugung schaffen – Arbeitsplätze werden schließlich dringend benötigt. Für uns liegt die Zukunft im Ausbau erneuerbarer Energien, im Aufbau von dezentralen Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung und in der Schaffung von Arbeitsplätzen in einer arbeitsintensiven Energiewirtschaft.

Dem vorliegenden Antrag werden wir zustimmen, weil es keine weitere künstliche Bevorzugung der Braunkohle geben darf. Die sächsische Regierung muss endlich erkennen, dass die Zukunft nicht allein in der Braunkohle liegt, und sie muss endlich damit aufhören, immer weitere Sonderregelungen für die Braunkohlenverstromung zu fordern.

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der NPD)

Ich erteile der Fraktion der FDP das Wort; Herr Morlok, bitte.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Nachdem Sie, Frau Kollegin Hermenau, in Ihrer Einbringungsrede die Braunkohle als CO2-reichsten Energieträger bezeichnet haben, muss ich doch einmal ein bisschen was zum Thema Braunkohle und zu den physikalischen und chemischen Beschaffenheiten sagen,

(Zuruf des Abg. Dr. André Hahn, Linksfraktion)

weil es vielleicht nicht so ist, wie der eine oder andere Grüne vermutet: dass in der Braunkohle irgendwo viel von dem bösen CO2 versteckt wäre, das dann plötzlich irgendwo in Braunkohlenkraftwerken in die Atmosphäre abgegeben wird, sondern es sich um ganz andere Sachverhalte handelt.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Da bin ich aber gespannt!)

Braunkohle, lieber Kollege Lichdi, ist nicht einfach nur Steinkohle, die braun ist, sondern Braunkohle ist wesentlich jünger als Steinkohle.

(Johannes Lichdi, GRÜNE: Ach nee! – Heiterkeit)

Sie ist einfach jünger in ihrer Entstehung, und zwar nicht nur ein paar Jahre, sondern ein paar Millionen Jahre.

(Antje Hermenau, GRÜNE: Mein Gott!)

Und weil dem so ist, ist in der Braunkohle wesentlich mehr Feuchtigkeit enthalten als in der Steinkohle.

(Heiterkeit – Beifall des Abg. Dr. Karl-Heinz Gerstenberg, GRÜNE – Zurufe)

Das ist der entscheidende Unterschied. Und weil in der Braunkohle wesentlich mehr Feuchtigkeit enthalten ist, muss man die Braunkohle eben trocknen. Und zum Trocknen, liebe Kollegen von den GRÜNEN, bedarf es Energie. Und weil dem so ist, –

(Volker Bandmann, CDU: Heimatkunde 3. Klasse!)

Offensichtlich sind die GRÜNEN aber nicht dabei gewesen.

ist der Wirkungsgrad bei der Braunkohle eben geringer als bei der Steinkohle. Deswegen wird klar, wenn man sich das vor Augen führt, – –

(Heiterkeit und Zurufe)

Lachen Sie nicht einfach nur, hören Sie einmal zu, dann sehen Sie von den GRÜNEN, wie abstrus Ihre Argumentation ist!

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Braun- und Steinkohle sind daher zwei unterschiedliche, zwei verschiedene fossile Energieträger.

(Heiterkeit und Beifall bei der Linksfraktion, der SPD und den GRÜNEN)

Und weil dem so ist – Sie haben geklatscht, Herr Kollege Jurk –, macht es Sinn, für diese beiden unterschiedlichen fossilen Energieträger auch unterschiedliche Benchmarks festzulegen.

(Zuruf des Abg. Johannes Lichdi, GRÜNE)

Das ist die entsprechende Antwort auf den Antrag der GRÜNEN. Nicht umsonst werden ja auch für Gas und für Steinkohle unterschiedliche Benchmarks festgelegt, weil es sich eben um unterschiedliche Energieträger handelt, die einen unterschiedlichen Wirkungsgrad in der Verstromung erreichen.

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