Nach dem wütenden Geschrei der vergangenen Woche und in der Sitzung vom 4. Juni dieses Jahres ist nun doch etwas mehr Vernunft eingekehrt. Die klaren rechtlichen Aussagen des Juristischen Dienstes des Landtages, die sich der Verfassungs-, Rechts- und Europaausschuss mehrheitlich zu eigen gemacht hat, haben die Antragsteller immerhin dazu bewegt, einige Änderungen am Einsetzungsantrag vorzunehmen. Die Zeit seit dem Bekanntwerden des neuen Antrages reicht jedoch für eine gründliche Tiefenprüfung nicht aus.
Ich muss jedoch hinzufügen: Es bleibt fraglich, ob der Untersuchungsausschuss auf der Grundlage des vorgelegten Einsetzungsantrages überhaupt voll wirksam werden kann. Möglicherweise kann hier nur der Sächsische Verfassungsgerichtshof endgültige Klarheit herbeiführen. Sollte der Einsetzungsbeschluss – oder Teile davon – vor dem Verfassungsgericht scheitern, so tragen einzig und allein die Antragsteller dafür die Verantwortung; abgese
hen davon, dass der Untersuchungsausschuss zur unumstrittenen notwendigen Aufklärung ohnehin kaum beitragen kann.
Aufklärung ist nur mit rechtsstaatlichen Mitteln möglich. Die Staatsregierung und der Landtag haben hierzu bereits eine ganze Reihe von Maßnahmen eingeleitet.
1. Es gibt den Beschluss der PKK mit der Empfehlung an den Staatsminister des Innern zur Herausgabe der Unterlagen in mehreren Fallkomplexen an die Staatsanwaltschaft.
2. Das Sächsische Staatsministerium der Justiz hat festgelegt, dass die Staatsanwaltschaft Dresden die Ermittlungen führt.
3. Das Sächsische Staatsministerium der Justiz sichert zu, dass die Staatsanwaltschaft Dresden alle erforderlichen Unterstützungen personeller und materieller Art für die Durchführung der Ermittlungen erhält.
4. Daraufhin wurden und werden Dossiers und Akten durch das Landesamt für Verfassungsschutz an die Staatsanwaltschaft übergeben.
5. Die Parlamentarische Kontrollkommission wird über die Übergabe der jeweiligen Dossiers und Akten durch das Landesamt für Verfassungsschutz bzw. das SMI regelmäßig vorher informiert.
6. Alle von Untersuchungen betroffenen Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft, der Justiz und der Polizei werden von Ermittlungstätigkeiten und Entscheidungen entbunden.
7. Die Notwendigkeit disziplinarischer Maßnahmen wird in allen zuständigen bzw. betroffenen Behörden geprüft.
8. Das Sächsische Staatsministerium der Justiz hat ein erstes disziplinarisches Ermittlungsverfahren an sich gezogen.
9. Landesgerichtspräsident Eißer wird als unabhängiger Berater und Beobachter mit richterlicher Unabhängigkeit eingesetzt.
14. Die Generalbundesanwältin wurde zur Prüfung ihrer Zuständigkeit ins Ermittlungsverfahren eingeschaltet. Sie hat es jedoch nicht an sich gezogen.
15. Eine unabhängige Expertenkommission zur Aufklärung und Überprüfung des Landesamtes für Verfassungsschutz mit außersächsischen Experten unter der Leitung von Externen wird eingesetzt.
16. Eine unabhängige Expertenkommission zur Aufklärung und Überprüfung der Organisierten Kriminalität im Landeskriminalamt Sachsen und der Polizeidirektionen mit außersächsischen Experten unter der Leitung von Prof. Reitermayer ist eingesetzt worden.
Warum tun wir das alles? Weil die Staatsregierung aufklären will und bereits seit Langem mit der Aufklärung begonnen hat. All das haben Sie zum großen Teil gefordert, und wenn es jetzt getan wird, passt es Ihnen auch nicht.
Lassen Sie mich noch einmal erklären: Die CDU-Fraktion möchte, dass jedem einzelnen Hinweis auf Straftaten in dem 15 600 Seiten umfassenden Papier nachgegangen und ermittelt wird, was an den Beschuldigungen dran ist. Wenn tatsächlich Vergehen und Verbrechen nachweisbar sind, dann müssen die Verursacher nach Maßgabe der Gesetze bestraft werden. Dies allerdings kann nicht der Untersuchungsausschuss leisten, sondern dazu sind die Strafverfolgungsbehörden und Gerichte da.
Nun für die Fans des Untersuchungsausschusses: Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker. Wenn der Einsetzungsantrag heute eine Mehrheit im Parlament erzielt – wovon ich ausgehe –, dann folgt der nächste Schritt: Wahl der Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder des Ausschusses. Der Untersuchungsausschuss ist erst dann arbeitsfähig, wenn seine 20 ordentlichen Mitglieder gewählt sind. Gelingt dies nicht, wird es wieder heißen, die CDU-Fraktion blockiere doch den Ausschuss.
Ich möchte für meine Fraktion deutlich erklären: Wir akzeptieren das Besetzungsrecht der einzelnen Fraktionen und werden keines der vorgeschlagenen ordentlichen Mitglieder ablehnen. Allenfalls werden sich bei einigen Vorschlägen Mitglieder unserer Fraktion der Stimme enthalten. Auf die Leimrute der FDP und eines Teiles der GRÜNEN, die erklärt haben, sie werden Herrn Bartl nicht wählen, gehen wir nicht. An wem bliebe das Nichtzustandekommen der Arbeitsfähigkeit des Ausschusses denn hängen? Doch nicht an der FDP oder den GRÜNEN, sondern an der CDU.
Ich halte es für höchst unredlich, meine Damen und Herren, auf der einen Seite am Untersuchungsauftrag und am Einsetzungsantrag mitzuwirken sowie der CDUFraktion zu unterstellen, wir wollten blockieren und vertuschen, und auf der anderen Seite anzukündigen, man wolle sich durch Wahlverhalten von den Linken oder wenigstens von einem exponierten Vertreter des ehemaligen SED-Regimes abgrenzen. Damit riskiert man, dass der Ausschuss womöglich nicht arbeiten kann. Sie müssten sich schon entscheiden, was Sie eigentlich wollen.
Lassen Sie mich noch auf eines hinweisen: Auch wenn der Vertreter der NPD nicht gewählt werden sollte, ist der Ausschuss nicht arbeitsfähig. Das sage ich in Richtung Linksfraktion.
(Dr. André Hahn, Linksfraktion: Ja, richtig! – Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Wir wissen das!)
Die CDU-Fraktion wird sich bei Herrn Gansel der Stimme enthalten. Wenn das alle außer der NPD tun, dann ist er mit den Stimmen seiner Fraktion gewählt. Erhält er mehr Gegenstimmen als Jastimmen, dann ist er nicht gewählt. Auch das ist eine Nagelprobe, die zeigen wird, wie ernst es den Antragstellern mit dem Untersuchungsausschuss ist.
(Beifall bei der CDU, vereinzelt bei der SPD und der Abg. Antje Hermenau, GRÜNE – Zuruf des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)
Eine letzte Anmerkung. Mitglieder meiner Fraktion haben mir gesagt, dass Sie Herrn Külow nicht wählen werden, weil gegen ihn ein Mandatsenthebungsverfahren läuft. Die Nichtwahl eines Stellvertreters stellt die Arbeitsfähigkeit des Ausschusses allerdings nicht infrage.