Wir haben bei dieser Richtlinie viele kritische Hinweise der Betroffenen ausgewertet. Wir haben versucht, Erleichterungen und ein Stück weit Bürokratieabbau in diese neue Richtlinie einzubauen, und ich bin froher Hoffnung,
dass dies auch bei den Interessenten und bei den Engagierten vor Ort ankommt, und hoffe weiterhin auf Ihre Unterstützung.
In Richtung Herrn Petzold von der NPD darf ich noch Folgendes sagen: Nicht nur, dass ich festgestellt habe, dass Sie unsere Stellungnahme nicht gelesen haben – bezogen auf die Feuerwehr, die Sie angesprochen haben,
scheinen Sie auch nicht zu wissen, dass es außer in unserem Haus noch ein Dutzend Fördermaßnahmen in anderen Ressorts gibt, in denen genau diese Personenkreise, die Sie in Zweifel gezogen haben, gefördert werden.
Meine Damen und Herren! Von dieser Stelle aus noch einmal einen herzlichen Dank – sowohl an die bürgerschaftlich Engagierten hier im Hohen Hause – auf der Tribüne hoffentlich auch und draußen im Land. Ich darf mich ganz herzlich bei allen bedanken. Ohne Sie wären wir in der Gesellschaft an vielen Stellen um ein Vielfaches ärmer. Ich habe die Hoffnung, dass noch mehr Menschen in Sachsen auch in Zukunft mehr als das, was sie für ihre eigene Person an Verantwortung tragen, auch dem anderen zukommen lassen. Das macht unsere Gesellschaft aus. Ich freue mich darauf – herzlichen Dank.
Auf ein Schlusswort haben die Fraktionen der CDU und der SPD verzichtet. Damit stelle ich nun die Drucksache 4/9344 zur Abstimmung und bitte bei Zustimmung um Ihr Handzeichen. – Danke schön. Gibt es Gegenstimmen? – Gibt es Stimmenthaltungen? – Damit ist die Drucksache 4/9344 beschlossen und der Tagesordnungspunkt 4 kann beendet werden.
Ablehnung des Börsengangs der Deutschen Bahn AG in Gestalt einer „teilweisen Kapitalprivatisierung“ des Unternehmens
Hierzu können die Fraktionen wie gewohnt Stellung nehmen. Die Reihenfolge in der ersten Runde lautet: Linksfraktion, FDP, GRÜNE, CDU, SPD, NPD und die Staatsregierung.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrte Frau Vizepräsidentin! Vergangene Woche hat der zuständige Bundesverkehrsminister Tiefensee, Hoffnungsträger der sächsischen SPD,
den Gesetzentwurf mit dem unverdächtigen Titel „Zur Neuorganisation der Eisenbahnen des Bundes“ in den Deutschen Bundestag eingebracht.
Wie kam dieser Gesetzentwurf zustande? Die vorgezogene Bundestagswahl 2005 führte zur Bildung einer Koalitionsregierung aus CDU und SPD. Zuvor wurde, wie das üblich ist, ein Koalitionsvertrag ausgehandelt. Verhandlungsführer der CSU für den Bereich Verkehr war der damalige bayerische Verkehrsminister Otto Wiesheu. Er war es, der darauf drängte, in den Text des Koalitionsvertrages nicht mehr das Ob einer Bahnprivatisierung zur gutachterlichen Prüfung aufzunehmen, sondern nur noch
das Wie der Kapitalprivatisierung der Bahn. Kurz danach wurde Otto Wiesheu Vorstandsmitglied der Deutschen Bahn AG. So wurde unter Umgehung des parlamentarischen Weges mit einem Verhandlungstrick hinter verschlossenen Türen im Auftrag Mehdorns die wichtigste Vorentscheidung getroffen: Die Variante „Verbleib der Deutschen Bahn AG im vollständigen Eigentum des Bundes“ als Gegenstand des Prüfauftrages für das Expertengutachten wurde unter dem Einfluss Wiesheus verhindert.
Mehdorn hatte mit Blick auf den Börsengang vorgesorgt. Viele ehemalige Länderverkehrsminister wurden von der Bahn AG in Dienst genommen und machten Lobbyarbeit unter Politikern. Die vom Magazin „Frontal“ des ZDF veröffentlichte Liste von Namen ist lang. Einige möchte ich noch einmal nennen: Wiesheu, Daubertshäuser, Wedemeyer, Waldenfels, Klimmt, Wendt, Meyer und andere. Es ist eine Art Verlotterung demokratischer Kultur, wenn Abgeordnete des Parlaments in einer für die Zukunft der Bahn in Deutschland und für den Umgang mit Volksvermögen der Bürgerinnen und Bürger so wesentlichen Entscheidung von vornherein ausgebremst und vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Diese politische Unkultur führt zu einer sich vertiefenden Politikerverdrossenheit
und ist Teil der Krise parlamentarisch-demokratischer Verfasstheit des Staates. Die Wählerinnen und Wähler bemerken das und verweigern sich zunehmend bei Wahlen. Die Unabhängigkeit politischer Entscheidungen von unternehmerischen Einzelinteressen durch die von den Bürgerinnen und Bürgern legitimierten Abgeordneten in den Parlamenten, die in ihren Entscheidungen laut Grundgesetz dem Gemeinwohl verpflichtet sein sollen, wird durch solche Vorgänge infrage gestellt. Politik entwertet sich dadurch selbst.
Nur so ist das selbstherrliche Auftreten Mehdorns zu erklären. Er weiß nämlich, welchen tatsächlichen Einfluss er über seine Lobbyisten in der Politik hat. Eigentlich ist Mehdorn nur ein Angestellter des Bundes. Faktisch aber hat das Haus Mehdorn in großer Vertrautheit mit dem Gewerkschaftsführer von Transnet, Norbert Hansen, Tiefensee den Gesetzentwurf in die Feder diktiert. So sieht der Gesetzentwurf dann auch aus.
Das bislang hundertprozentige Eigentum des Bundes an der Bahn soll nach diesem Gesetzentwurf bis zu 49 % an private Investoren verkauft werden. Die Infrastruktur, Bahnhöfe und Schienennetz sollen zwar formell im Eigentum des Bundes bleiben; faktisch aber werden diese Infrastruktur der Bahn zur Bewirtschaftung und Bilanzierung und damit sämtliche daraus resultierenden Rechte für 15 Jahre an die teilprivatisierte Bahn und ihre privaten Investoren übertragen.
Der Gesetzentwurf sieht weiter vor, dass sich der Bund nach 15 Jahren seine Rechte zurückholen kann. Er muss aber dann an die DB einen sehr hohen, heute noch völlig unbekannten Milliardenbetrag zahlen. Jeder Geschäftemacher würde ein solches schlechtes Geschäft ablehnen; denn der Bund hat nicht nur bisher sämtliche Investitionen in die Infrastruktur bezahlt, sondern soll nach diesem Gesetzentwurf durch eine Finanzierungsvereinbarung mit der Bahn auch weiterhin jährlich bis zu 2,5 Milliarden Euro für Investitionen zuschießen, sodass im Falle der Rückholung der Infrastruktur der Bahn gleich zweimal von den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern gezahlt würde. Für den Bund bestünde der einzige Vorteil dieser Transaktion in der einmaligen Einnahme von 5 bis 15 Milliarden Euro aus dem Anteilsverkauf. Gemessen an dem eigentlichen Gesamtwert der großen, 170 Jahre alten staatlichen Eisenbahn, deren Wert vorsichtig auf 150 bis 250 Milliarden Euro geschätzt wird, käme diese Transaktion einer Verschleuderung von Volksvermögen der Bürgerinnen und Bürger in gigantischem Ausmaß gleich. Das ist nicht nur volkswirtschaftlicher Irrsinn, sondern kommt der Veruntreuung von Steuermitteln sehr nahe.
Auf jeden Fall subventioniert der Bund nach der Teilprivatisierung das System Schiene weiterhin – nicht nur in Form von Investitionen, sondern zusätzlich über die
Regionalisierungsmittel für die Länder. Die jährlichen Subventionen des Schienenverkehrs würden dann zunächst insgesamt 9 Milliarden Euro betragen und in der Tendenz steigen, weil ab 2009 die Regionalisierungsmittel jährlich mit 1,5 % dynamisch ansteigen sollen.
Aber nun plant die Bahn, für die Nutzung der Schienen im Regionalverkehr die Trassenpreise kontinuierlich um 2 % pro Jahr anzuheben. In diesem Jahr wurden daraus schon einmal 2,4 %. Aus dieser fest anvisierten kontinuierlichen Trassenpreiserhöhung würde sich eine finanzielle Zusatzbelastung der Länder bis 2011 von rund 900 Millionen Euro ergeben. Die zwar für 2009 wieder um 1,5 % ansteigenden Regionalisierungsmittel pro Jahr an die Länder könnten jedoch die Dynamik der Trassenpreissteigerung nie und nimmer abfangen. Das birgt erhebliche finanzielle Risiken für die Länderhaushalte. Statt die steigenden Ausgaben für den Schienenpersonennahverkehr in den Länderhaushalten hinzunehmen, würden die finanzschwachen Länder zu unliebsamen Entscheidungen greifen müssen, wie Strecken still zu legen und Nahverkehrsangebote zum Nachteil dünn besiedelter ländlicher Regionen zu streichen. Das wäre also ein schlechtes Geschäft – nicht nur für den Bund, sondern eben auch für alle Bundesländer.
Bewertet man diesen geplanten Finanzierungsvorgang, dann kommt man zu dem Ergebnis, dass die Umsetzung des Gesetzentwurfs von Tiefensee darauf hinausliefe, mit Steuergeldern die Renditen und Dividenden der privaten Anteilseigner zu subventionieren und den Länderhaushalten erhebliche finanzielle Risiken aufzubürden. Dass die ostdeutschen Länder darunter besonders leiden würden, kann ich als selbstverständlich voraussetzen. Zu verantworten aber ist dieser Gesetzentwurf vom zuständigen Minister für den Aufbau Ost.
In den umfangreichen Anhörungen zum Gesetzentwurf im Deutschen Bundestag haben sieben von neun Verfassungsrechtlern ihre Meinung geäußert und sind zu der Auffassung gelangt, dass dieser Gesetzentwurf verfassungswidrig ist, zuletzt auch Verfassungsrechtler Prof. Dirk Ehlers, der von den Länderverkehrsministern mit einem Gutachten beauftragt wurde. Er zieht folgendes Resümee: „Das Gesetz zur Neuorganisation der Eisenbahnen des Bundes kollidiert mit den sich aus Artikel 87e Abs. 3 und 4 Grundgesetz ergebenden Vorgaben. Die Feststellung bezieht sich nicht nur auf die Regelung verschiedener Details, sondern auch und vor allem auf die grundsätzliche Konzeption einer Integration von Netz- und Verkehrsbetrieb bei gleichzeitiger Trennung von juristischem und wirtschaftlichen Eigentum, die zu einer Quadratur des Kreises nötigt und eine materielle Teilprivatisierung der Ausübung von Staatsgewalt zur Folge hat.“
Auch in einer anderen Hinsicht verletzt der TiefenseeEntwurf das Grundgesetz Artikel 87, nämlich jenen Artikel, der das Wohl der Allgemeinheit sicherstellen soll. Letzteres aber interessiert den Vorstand der auf Gewinn orientierten Aktiengesellschaft herzlich wenig. Der
Vorstand soll allein den wirtschaftlichen Vorteil der Anteilseigner durchsetzen. Bei dieser Konfliktlage reichen die vorgesehenen Einflussmöglichkeiten des Bundes auf die Infrastrukturunternehmen der Bahn nicht aus, um den Gemeinwohlauftrag durchzusetzen.
Die verkehrspolitischen Auswirkungen der praktischen Umsetzung dieses Tiefensee-Entwurfs wären für den Schienenverkehr verheerend: Ausdünnung der Nahverkehrsangebote in der Fläche und steigende Fahrpreise für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Schon hat die Bahn zu Ende dieses Jahres eine dreiprozentige Steigerung der Fahrpreise im Nah- und Fernverkehr angekündigt. Stattdessen wird Mehdorn, wie jetzt schon, verstärkt auf Einkaufstour ins Ausland gehen und seine Geschäftspolitik klar als Global Player in der Transport- und Logistikbranche ausrichten. Das aber würde zwangsläufig den vom Grundgesetz vorgegebenen Gemeinwohlauftrag, Mobilität für die Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten, unterlaufen und eben auch die Einflussmöglichkeiten des Bundes und der Länder hinsichtlich von Investitionen in die Infrastruktur äußerst gering halten.
Die Linke fordert daher, dass die Bahn mit ihren Töchtern im hundertprozentigen Eigentum des Bundes verbleibt, die Töchter in drei bis vier Führungsgesellschaften zusammengefasst werden und deren Geschäftspolitik auf den Gemeinwohlauftrag konzentriert wird. Diese Reform würde die Arbeitsplätze der heute Beschäftigten bei der Bahn sichern und dauerhaft ein umwelt- und klimaschonendes, preisgünstiges und sicheres Fahrangebot auf der Schiene für Personen und Güter garantieren.
Sehr verehrter Herr Staatsminister Jurk und Herr Ministerpräsident Milbradt! Fassen Sie Ihren Mut zusammen und lehnen Sie diesen Gesetzentwurf im Bundesrat ab.
Denn dieser Gesetzentwurf ist nicht nur verkehrspolitischer, sondern auch verfassungsrechtlicher Irrsinn, der erhebliche Haushaltsrisiken für Bund und Länder zur Folge hat.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Wenn wir uns den Tiefensee-Gesetzentwurf anschauen und zu bewerten versuchen, stellen sich aus unserer Sicht drei zentrale Fragen. Die eine Frage: Ist die Privatisierung sinnvoll oder vielleicht sogar notwendig? Die zweite Frage: Wie ist die sächsische Interessenlage im Rahmen einer solchen möglichen Bahnprivatisierung? Und wenn wir zum Ergebnis kommen, dass die Privatisierung sinnvoll ist, die dritte Frage: Wie hat sie dann sinnvoll zu erfolgen?
Wenn wir uns anschauen, dass wir im europäischen Schienenverkehr einen zunehmenden Wettbewerb haben – wie Sie wissen, können Schienenverkehrsunternehmen
künftig auch im europäischen Ausland auf eigene Rechnung Personen- und Güterdienstleistungen anbieten –, dann muss man sich die Frage stellen, wie wir unsere Deutsche Bahn AG für diesen Wettbewerb aufstellen wollen. Da finde ich es richtig, dass die Deutsche Bahn AG im Ausland aktiv werden soll und im Ausland eben Verkehrsdienstleistungen anbietet.