Protokoll der Sitzung vom 28.09.2007

Ihr Antrag ist nicht zielführend. Die Probleme können damit nicht gelöst werden, weil es um eine Erweiterung der Achsen und um eine Integration in die transeuropäischen Netze gehen muss, wenn wir für Sachsen einen großen Nutzen erzielen wollen.

(Caren Lay, Linksfraktion: Schneller nach Athen?)

Deshalb ist es notwendig, bei den Überlegungen eine wichtige Nord-Süd- bzw. Ost-West-Verbindung nicht außer Acht zu lassen: die Sachsen-Franken-Magistrale, die neben Leipzig auch den gesamten Dresdner Raum erschließt und Bestandteil einer transeuropäischen Schienenverbindung ist. Auch hier scheint eine Erweiterung in nördliche Richtung bis zu den Seehäfen Rostock oder Mukran äußerst sinnvoll zu sein. Die Bahn hat insgesamt in den nächsten Jahren viel zu leisten, damit sie gute und ausbaufähige Strecken vorweisen kann, die den gesamten Warenstrom und den Personenverkehr aufnehmen können. Wir müssen dabei nicht nur tolle Ausbaustrecken favorisieren, wie Sie das hier tun, sondern nach guten und durchdachten Lösungen suchen, um den Anforderungen der Zukunft gerecht zu werden. Ihr Antrag ist dabei nicht sonderlich hilfreich und deckt schließlich nur die halbe Wahrheit bei der Entwicklung der Bahn ab.

Deshalb werden wir ihn ablehnen, und wir haben einen entsprechenden Änderungsantrag eingebracht, den wir hier zur Abstimmung stellen. Dieser beschreibt in Gänze die vordringlichen Entwicklungsziele der Nord-Süd- und Ost-West-Schienenverbindung für Sachsen und steht im europäischen Kontext. Ihre Forderung zur Ertüchtigung der Strecke Berlin–Dresden wie auch Ihre Forderung für die Strecke Dresden–Prag, die Sie vielleicht im kommenden Plenum aufmachen werden, sind dabei – und darauf liegt die Betonung – in ein harmonisiertes Gesamtvorhaben integriert. Weitblick und Zukunftsfähigkeit gehen eben vor Polemik, wie Sie es gestern oder heute in einer sächsischen Zeitung getan haben.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Frau Dr. Runge spricht für die Linksfraktion.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!

Eigentlich verstehe ich die Polemik von Herrn Heidan gegen den FDP-Antrag überhaupt nicht.

(Alle Abgeordneten der FDP-Fraktion: Wir auch nicht!)

Das beruhigt mich.

Natürlich geht der CDU-Antrag etwas weiter, weil dies die Sachsen-Franken-Magistrale und vor allem die Aufnahme beider Strecken – Berlin–Dresden und die Sachsen-Franken-Magistrale – in die transeuropäischen Verkehrsnetze bedeutet. Ich weiß natürlich, dass für die Planung und letztlich auch für Investitionsentscheidungen, die beim Bund und bei der Bahn getroffen werden, eine solche prioritäre Liste dennoch wichtig ist, um überhaupt zu solchen Investitionsentscheidungen zu kommen.

Ich möchte nicht das wiederholen, was Herr Morlok zur Strecke Berlin–Dresden vorgetragen hat. Aber ich möchte noch ein Schmäckerchen draufsetzen und einen klaren Auftrag an den Verkehrsminister Herrn Jurk bewirken. Mir ist eine Initiative von Städten aus Sachsen und Brandenburg bekannt, die unterschrieben worden ist unter anderem von der Oberbürgermeisterin aus Chemnitz, aber auch von Brandenburger Bürgermeistern wie aus Bad Liebenwerda oder Elsterwerda. Und zwar plant die DB ab Winterfahrplan den Wegfall von sieben Verkehrshalten durch Intercity- und Eurocityzüge auf der Schienenanbindung Dresden–Berlin. Das betrifft vor allem den Halt Elsterwerda.

Zur Begründung führt die Bahn nach einer Verkehrszählung an, dass angeblich nicht mehr die notwendigen Kunden, die Bahnreisenden, da sind. Die Verantwortlichen vor Ort kritisieren die Art von Verkehrszählung, weil nämlich die Berufspendlerhochzeiten nicht in diese Verkehrszählung einbezogen worden sind. Ich bitte darum, Herr Jurk, dass Sie initiativ werden, um zu erreichen, dass dieser Verkehrshalt Elsterwerda in der Fernverbindung zwischen Berlin und Dresden aufrechterhalten wird. Ich glaube, das, was die Bahn an praktischen Entscheidungen tut, ist so nicht mehr hinzunehmen. Das wird nicht besser,

(Beifall des Abg. Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion)

wenn die Einflussmöglichkeiten des Bundes im Falle eines Börsenganges noch einmal beschnitten werden.

Es ist mittlerweile so, dass zwar in den Investitionsrahmenplan des Bundes die Instandhaltungsarbeiten auf der Strecke aufgenommen worden sind – da muss man jedoch mit Nachdruck schauen, ob das wirklich passiert –; aber wenn ich mir überlege, dass im Langsamfahrstellenbericht der Bahn AG zum Beispiel für Brandenburg insgesamt 35 Langsamfahrstellen ausgewiesen werden und nach Überprüfung der Landesverkehrsgesellschaft Brandenburg über 600 Langsamfahrstellen ermittelt worden sind, dann bestätigt das nur unseren Verdacht, dass die Bahn in ihren Berichten nicht mit offenen Karten spielt

und keine Transparenz hergestellt wird. Ich bitte darum, dass wahrheitsgemäß über die Langsamfahrstellen auch in Sachsen ein Prüfauftrag – meinetwegen an eine externe Gruppe – gegeben wird, weil man sich auf den Bericht der Bahn AG zu diesem Thema einfach nicht verlassen kann.

Das sind unsere Baustellen, die wir zunächst aktuell zu lösen haben. Dann, denke ich schon, muss der notwendige Druck auch über Bundesminister Tiefensee ausgeübt werden, dass letztlich in den kommenden Investitionsrahmenplan der Ausbau der Fernverkehrsstrecke Dresden–Berlin prioritär auch in die Liste transeuropäischer Korridore aufgenommen wird.

In dieser Hinsicht sehe ich keinen großen Widerspruch zwischen FDP-Antrag und CDU-Antrag. Sie ergänzen sich vielmehr. Insofern kann man auch beiden zustimmen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Für die SPDFraktion spricht Frau Dr. Raatz.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Herr Morlok von der FDP-Fraktion! Der Antrag – es wurde ja schon viel dazu ausgeführt – beinhaltet natürlich ein Problem, nämlich die Problemstrecke Dresden–Berlin. Sie sind nicht die Ersten, die das als FDP-Fraktion hier entdecken. Das erregt schon lange viele Gemüter, vor allem die Bahnreisenden. Neulich äußerten sich auch Bundestagsabgeordnete dazu, die auch sagen, wir wollen da etwas tun usw. usf. Wenn man das ehrlich betrachtet, muss man sagen, dass das verheerende Zustände sind, denn die Strecke Berlin–Dresden wurde Anfang der Neunzigerjahre in der ersten Ausbaustufe mit einer Ausbaugeschwindigkeit von 160 Kilometer pro Stunde fertiggestellt. Da ist es doch schon sehr bemerkenswert, dass die DB AG diese für Sachsen wirklich wichtige Verkehrsstrecke in den letzten Jahren in puncto Instandhaltung so vernachlässigt hat, dass wir uns heute mit Ihrem Antrag beschäftigen müssen.

Das Thema ist also nicht neu, es gärt seit vielen Jahren. Aus diesem Grunde bin ich mir nicht sicher, ob das hier die richtige Adresse ist. Wir können hier zwar viele Wissensbekundungen abgeben, aber es sind meines Erachtens noch andere Verantwortlichkeiten zu zitieren. Vor allem wir als Abgeordnete müssen uns auch an andere Stellen wenden. Ich werde dazu noch etwas sagen.

Zur Bahnverbindung Dresden–Berlin stellten regionale SPD-Abgeordnete erst kürzlich folgende Frage an Herrn Hans-Jürgen Lücking – das macht nur noch einmal deutlich, wie die Gesamtproblematik eigentlich ist; Herr Lücking ist ja Konzernbevollmächtigter der DB AG im Freistaat Sachsen. Ich zitiere die Anfragen der Abgeordneten: „Seit dem letzten Fahrplanwechsel hat sich die Verbindung noch einmal deutlich verschlechtert. Wer beispielsweise montags 9 Uhr einen Termin in Berlin wahrnehmen will, muss schon Sonntagabend fahren oder

eine überlange Fahrzeit mit Umsteigen in Kauf nehmen. Insgesamt bedeutet der aktuelle Fahrplan verlängerte Fahrdauer und ein ausgedünntes Angebot. Was ist hier durch die Bahn zur Verbesserung der Situation geplant?“

Die Antwort von Herrn Lücking hierauf ist: „Der weitere Ausbau der Strecke ist im Bundesverkehrswegeplan als Bedarfsplanmaßnahme enthalten, aber nicht finanzierbar.“ Ganz toll! „Durch Veränderungen des Laufweges der Linie im Großraum Berlin ist kein direkter Vergleich mit dem früheren Angebot möglich. Wesentliche Verkürzungen der Reisezeit sind erst nach Realisierung der Bedarfsplanmaßnahmen und der Fertigstellung der Dresdner Bahn in Berlin möglich.“

Nun frage ich Sie: Was sagt uns das? Eigentlich nicht allzu viel, aber auf jeden Fall: Es gibt keinen konkreten Termin, zu dem diese Strecke saniert oder weitergebaut oder in irgendeiner Art und Weise in ihrem Zustand verbessert werden soll. Ich denke, nach der Antwort von Herrn Lücking sind wir genauso schlau wie vorher. Aber genau dorthin gehört Ihr Anliegen, liebe FDP-Fraktion: nämlich auf den Tisch der DB AG.

Nach meinen Informationen hat das sächsische Wirtschaftsministerium alles dafür getan, um sich sowohl gegenüber der Bundesregierung als auch gegenüber der Deutschen Bahn AG nachhaltig für einen schnellstmöglichen Ausbau der Strecke Berlin–Dresden einzusetzen. Der Erfolg ist nicht gerade überwältigend. Deswegen stehen wir ja auch heute hier in dieser Debatte.

Aber ich bin absolut dagegen, dass Sachsen auch hier noch in die Vorfinanzierung gehen soll. Für diese Maßnahme trägt eindeutig die Bahn Verantwortung und sie hat dieser Verantwortung endlich nachzukommen. Die diesbezügliche Lustlosigkeit der Bahn möchte ich heute nicht weiter interpretieren. Aber es wäre schon zielführend, noch einmal prinzipiell darüber nachzudenken, wie man Druck – so wie es Frau Runge heute geäußert hat – ausüben kann, einen wesentlich stärkeren Druck, als er diese Strecke betreffend bisher ausgeübt wurde.

Ich möchte an die Adresse von Herrn Rohwer sagen und an die der Dresdner, die sich gerade mit dem Papier des Stadtverbandes noch mal dazu geäußert haben, – –

Frau Dr. Raatz, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Ja, bitte.

Herr Morlok, bitte.

Frau Kollegin Dr. Raatz, Sie haben gesagt, es wäre notwendig – so habe ich Sie verstanden –, politischen Druck auszuüben. Meinen Sie nicht auch, dass die Befassung und Beschlussfassung in einem Parlament genau das ist, was politischer Druck bedeutet?

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der Linksfraktion)

Das stärkste Argument, das ein Land hat, ist, dass seine Projekte in den Bundesverkehrswegeplan eingeordnet werden, und zwar als prioritäre Maßnahme. Nun bekommen wir aber mitgeteilt: Das ist ja alles ganz gut und schön, aber finanziert wird es trotzdem nicht.

Also das ist die Frage des stärksten Arguments des Landes Sachsen. Und Sachsen hat diese Maßnahme für den Bundesverkehrswegeplan angemeldet. Sie steht auch drin. Trotz alledem passiert aber nichts. Da müssen wir uns doch als Parlamentarier Gedanken machen, wie es weitergehen soll.

– Ja, warum und wie weiter? Dazu möchte ich ein Beispiel, das Sie alle kennen, anführen: die Sachsen-Franken-Magistrale. Die kennen Sie. Das war ja schauerlich, der gesamte Verlauf, die gesamten Debatten, die wir zum Teil auch hier hatten. Aber es haben sich Kräfte gebündelt, nämlich: Wir als Abgeordnete haben uns hinter das Projekt gestellt, es haben sich die Bürgermeister hinter das Projekt gestellt, die Landräte, Verantwortliche sowohl aus Sachsen als auch aus Bayern mit diesem Sächsisch-Bayerischen Städtenetz. Das ist jetzt ein Projekt, das kommt, das wird etwas. Ich habe gemerkt, hier sind die Kräfte gebündelt worden, hier passiert jetzt etwas. Allein das Ministerium auf die Strecke zu schicken und zu sagen „Macht mal was!“ ist nach meiner Meinung nicht unbedingt zielführend. Deshalb so zu agieren wie bei der Sachsen-Franken-Magistrale hielte ich für sinnvoll. Denn gerade Dresden–Berlin ist ein Projekt, das sowohl Sachsen als auch Brandenburg betrifft. Hier müssen wir meiner Meinung nach die Kräfte sehr viel mehr in dieser Richtung bündeln. Darum sage ich, es ist hier nicht das Ministerium die einzige Adresse, sondern es sind sehr viel mehr Dinge zusammenzuführen. Da haben wir noch eine Menge zu tun.

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Trotzdem sind wir doch auch eine Adresse!)

Unabhängig von dem Beispiel, das ich gerade genannt habe, nämlich die Sachsen-Franken-Magistrale, an dem man deutlich sieht, welche Mittel, Wege, Personen zum Ziel führen, muss ich sagen, hat diese Strecke, weil sie eben jetzt auf diesem Weg ist, für mich als Landespolitikerin echt Priorität. Aber unabhängig davon ist auch die Strecke Dresden–Berlin für Sachsen wichtig. Doch sie muss, um wirklich erfolgreiche Verkehrspolitik zu machen und entsprechend integriert zu werden, in einen größeren Kontext gestellt werden, nämlich in den der transeuropäischen Netze. Hierzu hat auch mein Kollege Herr Heidan gerade einiges ausgeführt.

(Zuruf des Abg. Dr. André Hahn, Linksfraktion)

Es macht eben keinen Sinn mehr, nur diese Klein-KleinStrecken zu betrachten. Wir müssen darüber hinausgehen. Ich will gern noch einmal wiederholen, was ich gerade gesagt habe: auch wirklich zu versuchen, hier Kräfte zu

bündeln, um eine Gegenkraft – so komisch das klingt – gegenüber der Bahn darzustellen. Wenn wir ehrlich sind: An Sachsen gehen langsam alle Fernverkehre vorbei. Was für wichtige Verkehre haben wir denn noch in Sachsen?

Polen steht im europäischen Kontext schon an und sagt: Wir wollen die Güterverkehrsströme über unser Land haben. Wenn man sich einmal anschaut, was hier international passiert, dann muss man ganz einfach konstatieren: An Sachsen gehen die internationalen Verkehre vorbei.

Unsere zukünftige Aufgabe wird es sein, diesen zentralostdeutschen Verkehrskorridor im Rahmen des Corridor of Innovation and Cooperation, ein Gesamtkonzept des Bundesverkehrsministeriums, mit allen Kräften zu unterstützen, um einen skandinavisch-zentraleuropäischen Wirtschaftsraum als Integrationsstrategie der östlichen Bundesländer in das neue Europa zu installieren. Es ist dringend geboten und längst an der Zeit, etwas dafür zu tun, dass die Entwicklung nicht wirklich an uns vorbeigeht, so wie es sich derzeit darstellt.

Auf der 34. Regionalkonferenz der Regierungschefs der ostdeutschen Länder am 27. Juni dieses Jahres haben sich die Ministerpräsidenten deutlich für eine Stärkung der Nord-Süd-Verkehrswege ausgesprochen. Das ist nach meiner Meinung ein erster wichtiger Schritt, um dieser Strecke auch eine gewisse Bedeutung und Relevanz zu geben.

Ein Zitat aus der Abschlusserklärung möchte ich hier gern noch anführen: „Die Regierungschefs der ostdeutschen Länder fordern die Bundesregierung auf, die Schienenverkehrsverbindungen zwischen Rostock–Saßnitz über Berlin–Dresden nach Prag sowie von Berlin–Dresden nach Breslau unter entsprechender Anbindung des Raumes Halle, Leipzig, Magdeburg kurzfristig zu leistungsfähigen Schienenverbindungen auszubauen,

(Prof. Dr. Peter Porsch, Linksfraktion: Bis Wien!)

um die Anbindung der ostdeutschen Länder an die Wirtschaftszentren Skandinaviens, Mittel- und Südeuropas, der Balkanländer und Oberitaliens zu ermöglichen.“