So naiv darf ein Innenminister meiner Meinung nach nicht sein. So eklatant darf meiner Meinung nach eine Regierung nicht versagen.
Mir liegt noch eine Wortmeldung von der Linksfraktion vor. Möchte noch jemand von der CDU- oder der SPD-Fraktion sprechen? – Das ist nicht der Fall.
Will die Koalition mit diesem fadenscheinigen Antrag ihr Image als Aufklärungsverhinderer loswerden? Da ist ein Antrag, der im Grunde besagt, dem Landtag nun endlich das vorzulegen, was die Presse seit Wochen kennt – eine denkbar unglaubwürdige Grundlage.
Oder geht es Ihnen darum, der Opposition noch einmal die Gelegenheit zu geben, ihren glücklosen Innenminister zu demontieren? Das wäre doch gar nicht nötig gewesen. Zwingen Sie uns doch nicht, hier noch einmal auf jemanden einzuschlagen, der ohnehin schon am Boden liegt.
Lassen Sie mich noch einmal, um die Scheinheiligkeit dieses Antrages zu dokumentieren, eine kleine Chronologie des Vorgangs vorstellen.
Im Sommer wurde der Zwischenbericht zum Gutachten der Presse vorgestellt. Der Landtag einschließlich der Mitglieder der PKK erfuhren davon überrascht aus der Zeitung. In der darauffolgenden Sitzung des Innenausschusses reichte die Linksfraktion dazu Fragen ein. Nach einer etwas einsilbigen Antwort des Innenministers, was denn nun im Zwischenbericht stehe, verweigerte die Ausschussvorsitzende Frau Weihnert weitere Nachfragen der Opposition zu diesem Thema. Das Argument lautete: Dafür haben wir einen Untersuchungsausschuss. Ja, wir haben einen Untersuchungsausschuss, dem seit Wochen und Monaten jede Akte verweigert wird.
Das alles hielt die Staatsregierung aber nicht davon ab, den Abschlussbericht wiederum der Presse vorzustellen, nicht jedoch dem Landtag.
Lediglich die Mitglieder der PKK bekamen die Möglichkeit – zeitgleich zur Pressekonferenz auf der anderen Elbseite –, hier im Kämmerlein den Bericht zu lesen. Das habe ich getan, habe mich also hier unter Aufsicht ins Kämmerlein gesetzt und, nachdem ich mich mit Minutenangaben eingetragen habe, diesen Bericht gelesen. Als ich damit fertig war, lief die Zusammenfassung des Berichtes allerdings schon über den Ticker. Ist das ein verantwortungsvoller Umgang mit dem Parlament, wie es in der Demokratie üblich ist? Das kann doch wohl nicht wahr sein!
An einem ereignislosen Wochenende nutzte dann die Koalition die Medienflaute, um der Öffentlichkeit zu verkünden, dass sie diesen Bericht nun im Landtag vorstellen wolle. Als aber die GRÜNEN auf der darauffolgenden Sitzung des Innenausschusses beantragt hatten, diesen Bericht dem Landtag vorzulegen, verneinte die Koalition. Begründung von Herrn Bandmann, CDUFraktion, in ihrer Presseerklärung: Er läge der PKK – und damit dem Landtag – ja bereits vor.
Aber wenn dem so ist, dann muss ich Sie fragen: Warum dieser Antrag, und vor allem: Wie ist er denn jetzt überhaupt gemeint? Ist Punkt 1 des Antrages bereits erledigt, da er der PKK vorliegt? Ist er also schon erledigt, weil die Abg. Caren Lay und möglicherweise auch der Herr Abg. Brangs und der Herr Abg. Kupfer – ich weiß es nicht – diesen Bericht gelesen haben? Das kann doch nicht Ihr Ernst sein! Oder wollen Sie tatsächlich dafür sorgen, dass jeder Abgeordnete diesen Bericht in die Hand bekommt? Da bin ich ja mal auf die Antwort des Innenministers gespannt; denn das, was Sie, Herr Bandmann, dazu ausgeführt haben, war etwas vage formuliert, indem Sie sagten: „in geeigneter Weise“.
Das alles, meine Damen und Herren, beweist: Dieser Antrag ist eine einzige aberwitzige Aktion, in der es letztendlich nur um eines geht: die Aktenaffäre – wie der CDU-Bundestagsabgeordnete Wanderwitz so unglücklich und naiv im Sommer der Presse verkündete – „totzumachen“. Die Strategie der Koalition, vor allem der CDU, besteht doch darin, die gesamte Verfassungsschutzaffäre einer einzigen Mitarbeiterin als Übereifer in die Schuhe zu schieben. Ich muss sagen, bei dem Erdbeben, das sie ausgelöst hat, muss sie ganz schön fleißig gewesen sein.
Nein, meine Damen und Herren, so einfach können Sie es sich nicht machen. Die CDU war es doch, die die Beobachtung der Organisierten Kriminalität durch das Landesamt für Verfassungsschutz durchgesetzt hat. Ohne sie hätte es das Referat, das jetzt kritisiert wird, doch überhaupt nicht gegeben. Übrigens: Hätte die Linksfraktion nicht dagegen geklagt, würden die gleichen Arbeitsmethoden heute noch genauso in diesem Referat, unbesehen von der Öffentlichkeit, weiterlaufen.
Jetzt, meine Damen und Herren, gefallen Ihnen die Ergebnisse nicht, die dieses von Ihnen eingerichtete Referat erbracht hat, und – schwupp – erklären Sie alles als „heiße Luft“. Aber ich frage Sie: Wer hat denn die Fach- und Dienstaufsicht über das Landesamt für Verfassungsschutz? Das ist doch der Innenminister, oder irre ich da?
Welche Verhältnisse herrschen in Ihrem Haus? Zuerst drücken Sie die Einrichtung eines solchen Referates durch, und dann kontrollieren Sie nicht, was daraus wird.
Das können Sie doch einfach niemandem erklären. Deshalb bleibe ich dabei: Sie, Herr Buttolo, tragen die Verantwortung für die Vorgänge im Landesamt für Verfassungsschutz und niemand sonst, und Sie sollten auch die Konsequenzen daraus ziehen.
Das, meine Damen und Herren, sieht der Bericht genauso. Deswegen haben wir auch überhaupt kein Problem damit, dass der Bericht über das Versagen der Staatsregierung jedem Abgeordneten in die Hand gedrückt wird. Wenn die Koalition selbst diese Negativbilanz ihres eigenen Innenministers verbreiten möchte – umso besser für uns. Dann kann sich jeder ein objektives Bild machen und muss sich nicht nur auf die selektive Auswahl von Aussagen durch Herrn Buttolo und Herrn Boos verlassen.
Die Presse hat den Finger schon in die Wunde gelegt. Nur ein einzelner Mitarbeiter des Referates, so liest man in der Zeitung, wurde befragt. Sein Vernehmungsprotokoll las sich überaus interessant; Sie werden ja bald selbst die Gelegenheit dazu haben. Aber, meine Damen und Herren, eines muss ich sagen: Es ist keine verlässliche Grundlage für einen Abschlussbericht, wenn man nur einen einzigen Mitarbeiter befragt hat.
Deswegen dieser Antrag, und ich sage es noch einmal: Ich bin sehr gespannt, wie Sie ihn umsetzen. Ich bin übrigens auch sehr empört darüber, dass bei Dingen, die als amtlich geheim gehalten dokumentiert werden, in einem selbstherrlichen Gusto der Staatsregierung darüber entschieden wird, was an amtlich geheim gehaltenen Inhalten auf einer Pressekonferenz öffentlich vorgestellt wird und was nicht; und das ist ja vielleicht das Entscheidende.
Wenn Sie einen Bericht auf dieser unseriösen Grundlage verbreiten wollen: nur zu! Bei einem werden wir allerdings nicht mitspielen: dass Sie hier den Eindruck erwecken, dass mit der Vorlage Ihrer Berichte bereits alles erledigt wird. Sie boykottieren die Arbeit des Untersuchungsausschusses, wo Sie nur können. Überall nur heiße Luft, im schlimmsten Fall individuelles Fehlverhalten von einzelnen. Gegen eine Referatsleiterin und einen Polizisten werden Verfahren eingeleitet, der Chef des Verfassungsschutzes wurde als Bauernopfer versetzt, und schon soll alles erledigt sein? Das kann doch wirklich nicht Ihr Ernst sein!
Auch die Vorschläge, die Beyer und Irrgang der Presse vorgestellt haben, sind aus meiner Sicht nur Nebengleise. Die Trennung von Beobachtung und Auswertung, eine verlässliche Ausbildung der Mitarbeiter im Landesamt für Verfassungsschutz und im Spiegelreferat im Innenministerium – das muss doch wohl ein Witz sein. Es ist skandalös genug, dass das in Sachsen keine Selbstverständlichkeit ist. Das sind absolute Kleinigkeiten und Lächerlichkeiten, die am Grundproblem nichts ändern.
Deshalb bleibt die Linksfraktion dabei: Zuerst braucht es eine andere Leitung, sprich: einen anderen Minister. Dann
brauchen wir auch effektive Kontrollmechanismen. DIE LINKE hat mit ihrem Gesetzentwurf zur Verbesserung der Kontrollmöglichkeiten der PKK einen Aufschlag gemacht. Wenn die SPD heute signalisiert, dass sie dem zustimmen kann: umso besser.
(Heinz Eggert, CDU: Einen Aufschlag, ja? – Interner Wortwechsel zwischen den Abg. Stefan Brangs, SPD, und Heinz Eggert, CDU)
Außerdem brauchen wir einen arbeitsfähigen Untersuchungsausschuss, in dem das Parlament endlich in die Lage versetzt wird, zu einer Einschätzung zu kommen und seine eigenen Konsequenzen zu generieren. Wenn Sie es mit Ihrem Aufklärungswillen ernst meinen, meine Damen und Herren, dann hören Sie auf, die Arbeit des Untersuchungsausschusses zu boykottieren, und rauben Sie uns nicht die Zeit mit Ihren belanglosen Schaufensteranträgen!
(Beifall bei der Linksfraktion, der NPD, der FDP und den GRÜNEN sowie des Abg. Klaus-Jürgen Menzel, fraktionslos)
Ich sehe im Moment keine Redewünsche aus den Fraktionen und frage deshalb die Staatsregierung. – Herr Staatsminister Dr. Buttolo, bitte.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bevor ich zum eigentlichen Antrag sprechen möchte, gestatten Sie mir eine Vorbemerkung.
denn unser Landesamt für Verfassungsschutz hat bundesweit einen guten Ruf bei der Beobachtung des Extremismus.
Die Arbeit war sehr hilfreich, zum Beispiel beim Verbot rechtsextremistischer Vereinigungen. Wer also den Verfassungsschutz zu schwächen versucht, schwächt die Bekämpfung des Extremismus.