Protokoll der Sitzung vom 29.09.2009

Meine Damen und Herren! Ich komme jetzt zur Abstimmung über den Abschnitt I, Konstituierung. Wer diesem Abschnitt I seine Stimme geben will, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Vielen Dank. Damit ist der Abschnitt I mehrheitlich angenommen.

Wir kommen zum Abschnitt II, Präsident, Präsidium, Schriftführer, Sitzungsvorstand. Zum § 3 liegt uns in Drucksache 5/36 die Nr. 2, Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE, vor. Möchte der Einbringer das Wort nehmen? – Kollege Bartl, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die jetzige Regelung sieht vor, dass der Präsident bei der Wahl vom Auszählverfahren nach d’Hondt ausgenommen wird. Mit anderen Worten: Es wird als Erstes der Präsident gewählt und erst ab dem 1. Vizepräsidenten beginnt das Auszählverfahren nach d’Hondt. Das ist nach unserer Überzeugung nicht mit der Verfassung vereinbar. Die Verfassung sagt klipp und klar, dass der Landtag den Präsidenten und dessen Stellvertreter, die zusammen mit weiteren Mitgliedern das Präsidium bilden, und die Schriftführer wählt. Schon die Verfassung macht in § 47 Abs. 1 keinen Unterschied in den dort aufgeführten Funktionen Präsident und Vizepräsident.

In dem Entwurf der Geschäftsordnung, den Sie jetzt vorlegen, haben Sie einen völligen Wertungswiderspruch zwischen dem jetzigen § 3 Abs. 1 und dem § 15. Denn in § 15 Abs. 2, Reihenfolge der Fraktionen, schreiben Sie: „Bei der Besetzung des Präsidiums, der Ausschüsse sowie bei der Benennung der Ausschussvorsitzenden und dergleichen mehr ist für die Feststellung des Stärkeverhältnisses der Fraktionen das Höchstzahlverfahren nach d’Hondt zugrunde zu legen.“ Da der Präsident zum Präsidium gehört, muss er also automatisch beim Auszählverfahren nach d’Hondt eingeschlossen sein.

Wir hatten heute hier die Verfassungsrichter zu Gast. Ersparen Sie uns einfach, dass wir stehenden Fußes schon wieder nach Leipzig müssen. Es ist einfach eine Verletzung der Verfassung, die nichts bringt.

Wir haben vier Wahlperioden hinter uns. Wir haben immer und regelmäßig den Präsidenten ganz selbstverständlich in das Auszählverfahren einbezogen. Das hat weder der Autorität des Präsidenten noch der Funktionsfähigkeit des Parlaments geschadet und auch die Regierung nie benachteiligt. Es ist überhaupt nicht sachgerecht, jetzt auf einmal zu sagen, dass der Präsident dabei nicht berücksichtigt und beim Stärkeverhältnis nicht eingerechnet wird. Dieser Anspruch ist auch nirgendwann in den Klausurtagungen des verfassungsgebenden Ausschusses erörtert worden. Auch bei der legislatorischen Auslegung würden Sie ein echtes Problem bekommen, weil zu keinem Zeitpunkt davon die Rede war, dass wir den Präsidenten aus dem Auszählverfahren herausnehmen.

Wir bitten im Interesse der Vernunft, auf das bisher angewandte Auszählverfahren zurückzukommen. Es ist auch für die Koalition kein Nachteil.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Vielen Dank. – Gibt es weitere Wortmeldungen? – Kollege Piwarz, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir können den hier angesprochenen Widerspruch nicht erkennen. Auch die Verfassung spricht ausdrücklich vom Präsidenten,

(Klaus Bartl, Linksfraktion: Und den Stellvertretern!)

den Stellvertretern und den Schriftführern. Niemand würde, glaube ich, auf die Idee kommen, den Schriftführer gemeinsam mit dem Präsidenten und seinen Stellvertretern zu wählen. Das sind getrennte Positionen, die auch in der Verfassung ausgewiesen sind. Dementsprechend können sie auch getrennt nach d’Hondt veranlagt werden. Nichts anderes sieht die Geschäftsordnung vor. Wir bitten daher um Ablehnung dieses Antrages.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Noch einmal der Einbringer.

Danke, Herr Präsident. – Es ist aus der Antwort für mich nicht erkennbar, wieso die Verfassung an der Stelle in irgendeiner Form sagt, dass der Präsident nicht irgendeiner Fraktion zuzuordnen und nicht in der Reihenfolge der Stärke mitzuzählen ist. Das ist meiner Auffassung nach in § 15 anders formuliert. Sie müssten dann mindestens den § 15 anpassen. In § 15 Abs. 2 steht, dass die Besetzung des Präsidiums nach d’Hondt zu wählen ist. Und dass der Präsident zum Präsidium gehört, dürfte doch wohl handgreiflich sein. Es ist völlig unverständlich, warum Sie das übergehen wollen.

(Beifall bei der Linksfraktion)

Gibt es weitere Wortmeldungen? – Wenn das nicht der Fall ist, dann stelle ich

diesen Änderungsantrag zur Abstimmung. Wer möchte mit Ja stimmen? – Vielen Dank. Mit Nein? – Vielen Dank. Stimmenthaltungen? – Damit ist dieser Antrag mit Stimmen dafür und Stimmenthaltungen dennoch mehrheitlich abgelehnt.

Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zur Drucksache 5/23 Nr. 1, Änderungsantrag der NPD-Fraktion. Ich erteile dem Einbringer das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Uns geht es um das Thema Verhältniswahlrecht. Wir möchten in § 15 Abs. 2 das Wahlverfahren nach Sainte-Laguë und nicht mehr nach d’Hondt. D’Hondt ist ein Relikt aus der Zeit, in der die CDU in der Alleinregierung das für sie genehmste Wahlverfahren angewandt hat. Jede Fraktion, die in der Opposition war, hat immer wieder gefordert, ein anderes Auszählverfahren zu nehmen. Jedes Mal, wenn diejenige Fraktion in die Regierung gerutscht war – erst die SPD, jetzt die FDP –, rückte sie von diesen Forderungen ab, wahrscheinlich weil der große Koalitionspartner so viel Druck macht. Ich denke, es ist an der Zeit, diese Änderung durchzuführen. Fast 20 Jahre nach der Konstituierung des 1. Landtages wäre eine solche Änderung wirklich angebracht.

(Beifall bei der NPD)

Vielen Dank. – Es gibt eine Wortmeldung. Bitte, Kollege Piwarz.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Höchstzahlverfahren nach d’Hondt ist ein anerkanntes Verfahren, das wir hier vorschlagen. Wir bitten um Ablehnung dieses NPD-Antrages.

Vielen Dank. – Gibt es weitere Wortmeldungen? – Ich sehe keine. Wir können also zur Abstimmung schreiten.

Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Vielen Dank. Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist dieser Antrag mit großer Mehrheit abgelehnt.

Wir kommen zur Drucksache 5/30, Nr. 1, Änderungsantrag der Fraktion der GRÜNEN. Ich bitte den Einbringer, das Wort zu nehmen.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch uns geht es um die Umstellung des Sitzzuteilungsverfahrens. Ich möchte mir zwei Minuten Zeit nehmen, um es zu erläutern. Es besteht keine Gefahr, dass mit Sainte-Laguё irgendetwas Geheimnisvolles eingeführt wird. Der Physiker und Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung Schepers hatte sich Anfang der Achtzigerjahre einmal die Nachteile des d’Hondt-Verfahrens angeschaut und festgestellt, dass Verzerrungen zugunsten großer Fraktionen auftreten und damit eine Benachteiligung kleiner Fraktionen entsteht. Er hat dieses einfache Verfahren zu einem ebenso einfa

chen Verfahren weiterentwickelt, das ebenfalls die Höchstzahlen bereitstellt und in der Parlamentspraxis wunderbar anzuwenden ist. Damit treten diese Verzerrungen und die Verfälschung des Wählerwillens nicht auf.

Folglich hat der Deutsche Bundestag bereits seit Anfang der Achtzigerjahre dieses Verfahren bei der Sitzzuteilung für seine Ausschüsse mit großem Erfolg eingeführt. Es gibt keine ernstzunehmende Diskussion mehr, dass der Umstieg auf dieses Verfahren nicht angebracht wäre. Im Gegenteil: Der Bundeswahlleiter hat vor zehn Jahren in einer Studie festgestellt, dass Sainte-Laguё/Schepers das zu empfehlende Verfahren ist – auch wenn es um Wahlen geht.

Dementsprechend sind in diesem Jahr nicht nur die Europawahl und die Bundestagswahl mit diesem Auszählverfahren durchgeführt worden, sondern auch BadenWürttemberg und Nordrhein-Westfalen stellen sich um. D’Hondt ist ein Auslaufmodell.

Ich bitte Sie, noch einmal zu prüfen, ob es wirklich richtig ist, wenn ein Sitzzuteilungsverfahren zur Diskussion kommt, bei dem man erst einmal die Computer anschaltet und schaut, welche Vorteile bzw. Nachteile es bringt. Ist es nicht besser zu schauen, welches Verfahren den Wählerwillen am Besten abbildet? Nach Meinung aller Fachleute ist dies das Verfahren nach Sainte-Laguё/Schepers. Damit sind die Erfolgsgleichheit und auch die Gleichheit der Wahl am besten gesichert. Ich behaupte, die Umstellung ist geboten. Die Empfehlung des Bundeswahlleiters ist bereits zehn Jahre alt. In Sachsen ticken die Uhren etwas langsamer, aber ich denke, zehn Jahre danach ist es höchste Zeit.

(Beifall bei den GRÜNEN, der Linksfraktion und der FDP)

Vielen Dank. – Gibt es weitere Wortmeldungen? – Das ist nicht der Fall. Wir kommen zur Abstimmung. Wer diesem Antrag zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist dieser Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Wir kommen zur Drucksache 5/22, Nr. 2, Änderungsantrag der NPD-Fraktion. Ich bitte den Einbringer, das Wort zu nehmen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag hat sich erledigt.

Damit können wir über § 3 insgesamt abstimmen. Wer § 3 zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Einige Stimmenthaltungen bei der SPD. Damit ist § 3 in der ursprünglichen Fassung angenommen.

Wir kommen zur Drucksache 5/36, § 4, Nr. 3, Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE. Ich bitte den Einbringer, das Wort zu nehmen.

Das hat sich erledigt.

Das ist eine Folgeänderung und hat sich erledigt. – Wir kommen zur Drucksache 5/22, Nr. 3, Änderungsantrag der NPD-Fraktion. Ich bitte den Einbringer, das Wort zu nehmen.

Das hat sich auch erledigt.

Das ist auch eine Folgeänderung. Wir können das somit streichen. Damit können wir über § 4 insgesamt abstimmen. Wer § 4 in der unveränderten Fassung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Stimmenthaltungen? – Damit ist § 4 mit Mehrheit bei Gegenstimmen und Stimmenthaltungen angenommen.

Wir kommen zur Drucksache 5/36, § 5, Nr. 4, Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE. Herr Tischendorf, bitte.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die FDPFraktion ist immer für einen schlanken Staat gewesen. Nun ist sie in der Regierung und bläht ihn als Erstes auf. Es war immer Usus, dass sich die Stärke des Präsidiums an der Stärke der Ausschüsse orientiert. Hierbei weicht die FDP-Fraktion aber ab. Man will die Anzahl der Präsidiumsmitglieder von ehemals 20 auf 27 Mitglieder erhöhen. Es gibt keine sachlich-inhaltlichen Gründe, das Präsidium derartig aufzublähen. Wir lehnen den Änderungsantrag ab.

Es gibt eine Gegenrede.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann das kurz erklären. Es ist für die Arbeitsfähigkeit des Präsidiums sinnvoll, wenn es auch für kleinere Fraktionen die Möglichkeit gibt, mit dem Parlamentarischen Geschäftsführer im Präsidium vertreten zu sein. Das trifft sowohl auf die Fraktion der GRÜNEN als auch auf unsere Fraktion zu. Deshalb empfehle ich, diesen Antrag abzulehnen.

(Zuruf von den GRÜNEN: Wir brauchen es aber nicht! – Heiterkeit bei der SPD)

Vielen Dank, Kollege Herbst. – Gibt es weitere Wortmeldungen? – Herr Kollege Gerstenberg, bitte.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da wir sozusagen gerade in Mithaftung genommen worden sind, möchte ich hier sagen, was ich in der Runde der Parlamentarischen Geschäftsführer bereits gesagt habe. Es ist richtig, dass die Arbeitsfähigkeit einer kleinen Fraktion besser ist, wenn im Präsidium angesichts der Tagesordnungsdebatten die Fraktionsvorsitzenden und die Parlamentarischen Geschäftsführer sitzen. Eine solche Aufblähung des Präsidiums halten aber auch wir für unangebracht. Es ist ein freundliches Angebot der Koalition, aber wir würden

gern darauf verzichten und werden dem Änderungsantrag zustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)